Freitag, 25. August 2017

The Afghan Whigs, Haldern Pop Festival, 12.08.2017


Konzert: The Afghan Whigs
Ort: Haldern Pop Festival
Datum: 12.08.2017
Dauer: 75 min
Zuschauer: ca. 6.500 ausverkauft





1996 spielten die Afghan Whigs bereits auf dem Haldern Pop Festival. Für mich war es damals der erste Besuch, Mitteilungen über das Line-Up oder gar Uhrzeiten gab es damals ohne Internet nur spärlich. 

Es war noch drei Jahre vor Boris Becker "Ich bin drin"-Kampange, nur mal so zur Einordnung. Tageskarten gab es damals noch, also mit dem Shell-Atlas spontan ins Auto gesprungen (Blumfeld und Tocotronic spielten am selben Tag, da konnte ja nichts schief gehen) und auf in die Provinz. 

Wahrscheinlich haben die alten Haldener damals genau so komisch auf die Bühne geschaut wie ich heute, wenn Clueso auf dem Haldern spielt. Aber so ändern sich halt die Zeiten. Ob aber Clueso in 21 Jahren noch so einen Auftritt hinlegen wird wie die Afghan Whigs 2017, warten wir es ab.

Auf jeden Fall verbindet den Veranstalter die gleiche Liebe zur Band wie mich. Die Whigs waren für mich live immer eine Institution, fantastische Auftritte im Paradiso/Amsterdam und beim Pukkelpop hatte ich schon gesehen. Trotzdem war dieser Tag damals etwas ganz besonders. 



Seitdem hat Sänger Greg Dulli bereits sechs Auftritte am Niederrhein absolviert. Die Whigs lagen ja lange Zeit auf Eis, da kam er eben mit den Twilight Singers oder Mark Lanegan vorbei. Nach der Best of..Comeback-Tour als Headliner in Haldern 2012 nun, zwei neue Alben später, noch eine Einladung. 

So sehr mir die früheren CDs immer noch präsent sind, so ist leider bei den neuen Songs der schwüle Soulanteil etwas verloren gegangen. Auch live zielt es etwas mehr in die reine Rockecke. Cello, Geige und Piano sind nicht mehr so gefragt wie früher. Auch Dullis Stimme ist heute etwas brüchig, die "Baaaby"-Schreie sind nicht ganz so lang wie sonst. 



Das alles ist aber kleinkarierte Fansicht. Als Band machen sich die Whigs auf der Bühne, die in Haldern ja nur noch selten laute Gitarren zulässt, immer noch hervorragend. Der unglaublich coole Riesenbass von John Curley, Dullis immer noch aufregende Mischung aus Troubleshooter und Dandy, dazu mit Patrick Keeler (Jack White/ The Raconteurs) einen der besten Schlagzeuger der Welt, das klingt richtig gut. 

Blindes Verständnis ist Ehrensache, doch leider liegt auf der Tour der schwere Schatten durch den Verlust von David Rosser, der kurz vorher an einem Krebsleiden verstarb. Im zu Ehren gibt es eine Coverversion (große Tradition bei den Whigs), diesmal "Last Goodbye" von Jeff Buckley. "This is our last goodbye, I hate to feel the love between us die. But it's over. Just hear this and then I'll go. You gave me more to live for. More than you'll ever know."

Außerdem auch noch Rossers Lieblingslied "You want love" von der Band Pleasure Club, einen Song den die beiden schon immer einmal covern wollten. 



Dann dreht die Band aber wieder magisch am Regler, steigert den Druck und die Emotionalität von einem tollen "Algiers" zu den heute Abend wenigen, alten Hits. Dulli wollte wahrscheinlich einfach nicht nochmal fast den selben Set abliefern, wie vor fünf Jahren. 

Er ist zurecht stolz auf die neuen Songs, und die Band muss gerade nach dem Verlust des Gitaristen nach vorne schauen. Trotzdem gibt es noch "It kills", "Something hot" und "Going to town", diesmal in einer Pianoversion.



Bonnie Raitt schaut auch noch vorbei: "I can`t make you love me" passt mal wieder perfekt in Dullis Song-Schema. 

Mittlerweile ist es dunkel über dem Reitplatz. Der diesmal weiße, riesige Vorhang strahlt vor den schwarzen, dröhnenden Verstärkern und wirft das Feedback zurück in die Zuschauer. 

Ein letztes Aufbäumen, wie immer. "Faded", Dullis "Purple Rain" muss noch folgen, wie eigentlich bei jedem Konzert. Der Song enthält eine Zeile, die sich in mein Gehirn gebrannt hat, damals 1996. 

Er singt sie immer noch wie früher. Ruhig aber mit der Inbrunst, die mir selbst bei jedem Hören von CD immer Gänsehaut bereitet: "If I go bad.  From time to time. Love to love, but love is not my only crime". Dann wieder ein langgezogenes "Baaaaby"...es möge niemals enden...

Fotos: Denis Schinner



 

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