Konzert: Haldern Pop Festival, erster Festivaltag mit u.a: Get Well Soon, Conor Oberst, Hurray For The Riff Raff, Lisa Hannigan
Ort: Rees-Haldern am Niederrhein
Datum: 10.08.2017
Dauer: den ganzen Tag
Zuschauer: 7000
Mit dem Haldern Pop Festival (und seinen wundervollen Maisfeldern) gemeinsam alt werden. Immer wieder kam mir während dieser 34. Ausgabe des Festivals am Niederrhein dieser Satz in den Sinn. Schließlich war ich beim ersten Mal (2005) noch in den Dreissigern und jetzt bin ich inzwischen hinsichtlich der Jahreszahl meines Geburtstages der 5 näher als der 4. Ich stehe nicht alleine da. Viele Haldern-Gänger sind Wiederholungstäter und kommen Jahr für Jahr wieder. Neben diesen alten Haudegen gibt es aber auch jüngere Fans, die das Haldern jetzt erst für sich entdecken und sicherlich auch im Laufe der Zeit Stammgäste werden. Bei den auftretenden Bands verhält es sich ähnlich. Wenn sie einmal Haldern-Luft geschnuppert haben, wollen sie immer wieder dabei sein. So waren dann auch in diesem Jahr ein paar altbekannte Namen mit am Start, u.a: Conor Oberst, Kate Tempest, Afghan Whigs, Benjamin Clementine, AnnenMayKantereit und Get Well Soon. Die meisten der genannten Künstler haben mal "klein", sprich in der Haldern Pop Bar oder im Spiegelzelt angefangen, so z.B. Benjamin Clementine, Annen May Kantereit und auch Get Well Soon, um die es jetzt in der Folge gehen sollte.
Die Band um Konstantin Gropper spielte 2007, also genau vor 10 Jahren, zum ersten Mal in Haldern und begeisterte im Spiegelzelt sämtliche Anwesenden. Im Anschluss an diesen Sensationsgig verkaufte der gebürtige Mannheimer noch selbstgebrannte CDs (die erste EP und zwar in rauen Mengen!), bevor er nicht viel später bei dem renommierten Berliner Label City Slang unter Vertrag genommen wurde. Heuer sind Gropper und seine Mitmusiker bei Album Nummer vier, genannt Love, angekommen und von diesem Machwerk stammten auch die meisten Songs des leider nur vierzig Minuten langen Gigs. "Love" konnte man in roten Lettern als Bühnendeko lesen und in der Tat versprühten Get Well Soon wieder einmal viel Liebe und auch Spielfreude. Die auf dem Album recht poppigen und sogar bisweilen etwas seichten Nummern wurden live mit viel Schmiss und Rockappeal wiedergegeben und in den letzten 60 Sekunden der jeweiligen Stücke explodierte Konstantin regelrecht im wilden Gitarrenrausch.
Seine Schwester Verena Gropper war mit rotem Jacket ( Geklaut von Angela Merkel?) und rotem Nagellack auf kurzen Nägeln aufgelaufen und sang wie immer glockenklar und wunderschön. Auch alle anderen Musiker auf der Bühne machten einen super Eindruck, die Truppe ist wirklich perfekt eingespielt, hat hunderte (tausende?) Gigs auf dem Buckel und weiss genau wie sie Spannung aufbauen und sie wieder entladen kann.
Seine Schwester Verena Gropper war mit rotem Jacket ( Geklaut von Angela Merkel?) und rotem Nagellack auf kurzen Nägeln aufgelaufen und sang wie immer glockenklar und wunderschön. Auch alle anderen Musiker auf der Bühne machten einen super Eindruck, die Truppe ist wirklich perfekt eingespielt, hat hunderte (tausende?) Gigs auf dem Buckel und weiss genau wie sie Spannung aufbauen und sie wieder entladen kann.
Einer der Highlights im Set war Roland, I Feel You, ein typisch getwellsoonsches Drama-Stück mit viel Emphase und Melancholie aber auch einer angenehm spielerischen Leichtigkeit und einem leicht mexikanisch angehauchten Feeling. Hier spührte man gesanglich eine gewisse Nähe zu Neil Hannon von The Divine Comedy, auch so ein alter Haldern Liebling. Auch das anschliessende You Cannot Cast Out The Demons war melancholisch, aber auch warmherzig und romantisch nahegehend, fast eine Weihnachtmusik, die gegen Ende dramatisch und fast postrockig wurde. Darüber schwebte förmlich das Soprano von Verena. Den Abschluss des Sets bildeten Marienbad und It's a Frog und hinterher war man ein wenig traurig, dass es so schnell vorbei war. Ich hätte mir gewünscht, dass noch ein Song von dem Debütalbum gebracht wird, um den Bogen zu dem Konzert von 2007 zu spannen. Aber auch so war es ein guter Auftritt!
Setlist Get Well Soon
It's Love (vom Album Love)
The Last Days Of Rome (vom Album The Scarlet Beast O'Seven Heads)
It's A Catalogue (Love)
Roland, I Feel You (Scarlet)
You Cannot Cast Out The Demons (Scarlet)
Too Much Love ep (von der Love Bonus CD)
Marienbad (Love)
It's A Frog (Love)
Vor Get Well Soon hatten Hurray For The Riff Raff im Spiegelzelt gespielt und die Band um Frontlady Alyndra Segarra hatte ich vorher eigentlich fest eingeplant. Da meine Anreise von Paris nach Haldern aber etwas länger dauerte als geplant, sah ich nur noch die letzten drei Stücke auf der Leinwelt vor dem Zelt, darunter Living In The City, Pa'Lante und Dancing In The Dark. Pa'Lante war eine wundervolle Ballade, dominiert von der souligen Stimme von Alyndra und einem nahegehenden Text ("dead porto ricans who never knew they were porto ricans who never took a coffee break form the 10th commandment, to kill, kill, kill"), am Ende schrie sie in Patti Smith Manier und das Schlagzeug und das Vintage Piano trieben zusätzlich nach vorne. Junge Damen spielten auch am Bass und am Klavier.
Der Abgang dann mit Dancing in The Dark, geschrieben von dem einzigen Boss den sie akzeptiere, so Alyndra. Bereits Living In The City hatte etwas nach der E Street Band von Bruce geklungen und so war die Auswahl des Springsteen Covers fast logisch.
Tolle Band diese Hurray for The Riff Raff, handwerklich exquisit, textlich versiert und auch auf der Bühne packend. Das Spiegelzelt tobte.
Weniger packend, zumindest für mich waren dann die nächsten Eroberer des Magic Mirror, die Australier Parcels. Ihr funkig angehauchter Discosound mit Falsett Gesang liess mich eher kalt, aber ich konnte ja schon mit den Bee Gees in der Staying Alive Phase nichts anfangen und Tänzer bin ich auch nicht. Insofern...
Mehr mein Stil war A Blaze Of Feather, (Name von der Tochter von Micky Smith gefunden) das neue Projekt von Ben Howard und Micky Smith, welches um 20 Uhr 45 auf der Hauptbühne begann. "It's electronic, it's electronic" sagte der lustige holländische Ansager vorher, aber es war wohl eher Folktronica, die geboten wurde, sprich folkige Musik mit gewissen elektronischen Elementen und einem nach wie vor organischem Ergebnis. Die Band wurde in der Fachpresse als mysteriös beschrieben, weil man sie auf den britischen Festivals wie Citadel und Lattitude auf dem Line up finden, aber zunächst keine Musik hierzu entdecken konnte.
Das Line Up der Band lautete: Mickey Smith, Ben Howard, Nat Wason, India Bourne (Bass, Cello) Kyle Keegan, Richie Thomas. Ihre erste EP zwischen Irland und Cornwall aufgenommen und ihr Haldern Auftritt war der allererste ausserhalb Englands. Und er war gut! Das erste Stück, welches man überhaupt im Internet (auf soundcloud) finden konnte, war Carousel und das haben A Blaze Of Feather natürlich auch beim Haldern gespielt. Ein sehr sphärischer Song, schwebend, irgendwie auch an Pink Floyd erinnernd.
Das ganze Set war ähnlich hübsch und wenn eine Sache störte, dann war es lediglich der immer heftiger werdende Regen, aus musikalischer Sicht gab es keine Beanstandungen.
Setlist A Blaze Of Feather
Soft Day
Grace
Six Years
Carousel
Behold
Valkyrie
Dust In The Wind
We Were Here
Tja und dieser elende Regen sorgte auch dafür, dass ich mich in ein Tipi Zelt zurückzog, in dem man herrlich starken Kaffee trinken konnte. Kaffe ist immer gut, aber trockenes Wetter wäre in dem Moment noch besser gewesen, denn es sollte nun gar nicht mehr aufhören zu schütten. Einen Gang rüber ins Spiegelzelt zu Giant Rooks aus Deutschland ersparte ich mir deshalb auch lieber (man sagt, es sei toll gewesen) und ich kam erst wieder zum Beginn der Show von Conor Oberst unter dem Zelt hervorgekrochen. Inzwischen war es zudem noch unangenehm kühl (zumindest für einen Augusttag) geworden und vor der Hauptbühne harrten nur noch sehr wenige Festivalbesucher aus. Die meisten hatten sich wohl in ihre Zelte zurückgezogen, obwohl Conor doch sicherlich normalerweise ein Publikumsmagnet ist.
Der Amerikaner kam dann nach netten Worten des Ansagers ("I like Connor very much") in einem Armeeparka auf die Bühne geschlurft und hatte mit den Felice Brothers auch eine tolle Band mitgebracht. Den Regengott schien das reichlich wenig zu interessieren, er liess erbarmungslos kaltes Wasser auf die Halderner herunterprasseln und irgendwann hatte auch ich die Schnauze voll bzw. die Regenjacke nass. Ich lief entnervt zum Tipi zurück und tauschte SMS en mit meinem Bloggerkollegen Dirk aus. Unserer beiden Stimmung war auf dem absoluten Tiefpunkt, Dirk erwog gar am nächsten Tage nach Hause zu fahren, wenn es so weiterginge. Ich sah die Lage ähnlich.
Nach einer längeren Wartepause entschied ich mich aber wenigstens den Donnerstagabend positiv ausklingen zu lassen und begab mich ins Spiegelzelt zu Lisa Hannigan. Hier herinnen war es wenigstens kuschelig warm und trocken und auch die gespielten Lieder waren herzerwärmend. Die stammten überwiegend von ihrem aktuellen, von Aaron Dessner von The National produzierten Longplayer At Swim. Ganz wundervoll hiervon die Ballade Snow, bei der die stimmlich Bandbreite von Lisa schön sichtbar wurde, von rauchig und sanft hin zu glockenklar und hoch, sie traf jede Note. Wundervoll auch Fall, bei der sie phasenweise herrlich erdig und energiegeladen sang. Dei leichte Soulnote hierzu ungemein geschmacksicher und erlesen. Prayer For The Dying bestach durch schöne Harmoniegsänge und eine anziehende Schwermut, hach irgendwie war jedes Stück sublim!
Zur Verstärkung waren in der Mitte des Konzertes auch noch etliche Musiker des Cantus Domus aus Berlin hinzugestossen, die den Ohrenschmaus nur noch verstärkten.
Und weil man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist, machte ich nach dem Ende von Lisas Konzert auf den Nachhauseweg.
Setlist Conor Oberst
Afterthought
Four Winds
Get Well Cards
Till St. Dymphna Kicks Us Out
Well Whiskey
Ten Wolan
Train Under Water (Bright Eyes)
Artifact #1
Salutations
Poison Oak (Bright Eyes)
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