Konzert: Battles
Datum: 26.05.2007
Ort: La Maroquinerie, Paris
Zuschauer: ausverkauft
Boah, ey! Haut der aber fest auf sein armes Schlagzeug drauf, da platzt mir ja das Trommelfell! So etwas habe ich ja seit dem Konzert von den New Yorker Heavies von Helmet 2005 im Trabendo nicht mehr erlebt!
So in etwa waren meine Gedanken nach den ersten Stücken der amerikanischen Band Battles, die in der übervollen Maroquinerie auftraten. Peng!, peng!, peng!, es knallte und schepperte nur so in meinen Ohren, wenn der muskulöse Typ seine feuerrot funkelnden Drums massakrierte. Wie ich später erfahren sollte, heißt der Mann John Stanier und spielte damals bei ... Helmet! Die Drumsticks wirbelten nur so durch die Luft und das arme Musikinstrument hatte gar keine andere Wahl als harte und trockene Laute widerzugeben...
Nicht minder verblüffend war, wie das Ex-Don Caballero Mitglied Ian Williams gleichzeitig Gitarre spielte und sein Keyboard bediente und Tyondai Braxton merkwürdige, unverständliche Laute in sein Mikro brabbelte, während er ebenfalls mit Gitarre und Keyboard rumhantierte. Bassist David Konopka war noch die unspektakulärste Erscheinung, zumindest optisch, wenngleich er ein paar markante Bassläufe zu diesem bizarren Soundgemisch beisteuerte.
Was wurde hier eigentlich gespielt, war das (Kraut)-Rock, Elektro, Avantgarde, Free-Jazz, oder eine Mixtur aus all diesen Stilrichtungen? Gar nicht so leicht zu beantworten, bei der Lektüre des Wikipedia-Eintrags zu Battles fiel auch der Begriff Mathrock, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Wo auch immer man das musikalisch verorten will, eins war unzweideutig: das hier heute abend war völlig verrückt, abgedreht, freakig und saulaut! Die Leute in den ersten Reihen liessen nicht nur die Köpfe fliegen, sondern wippten mit dem ganzen Oberkörper rhythmisch mit. Zum Crowdsurfing kam es allerdings nicht.
Mehrfach verließ ich meinen Standort, denn egal, wo ich hinkam, es schallte mir mit einer Höllenlautstärke entgegen. Hier lief wirklich ein Affentheater ab, viele Leute hatten weit geöffnete Münder und staunten über die bizarren Sounds, die hier so kreiert wurden. Das erinnerte manchmal an Musik, die man aus Verfolgungsjagden im Fernsehen kennt, moderne Western, oder die Loveparade. Bei "Tij" hatte man den Eindruck, der Motor eines Autos würde nicht anspringen, oder jemand würde ersticken, was daher rührte das Sänger Tyondai Braxton Stöhnlaute von sich gab. Allein sein langes, stabartiges Mikro sah äußerst abgefahren aus. Bei den "Gesangseinlagen" handelte es sich übrigens um Neuerungen, die die Band mit ihrem aktuellen und bisher einzigen Album eingeführt hat. Die drei vorher erschienen EPs waren hingegen noch rein instrumental. Wobei es weniger um einen erkennbaren Gesang mit Texten ging, sondern eher um das Erzeugen von weiteren Geräuschen.
Nach den einzelnen Stücken brauchte die Band aus New York, die bei dem glänzenden und innovativen Warp-Label (Maximo Park, Grizzly Bear, !!!) unter Vertrag steht, manchmal etwas Zeit um die Steckverbindungen zu überprüfen und sonstige Einstellungen vorzunehmen. Eine dieser Pausen war ausgedehnter, Tyondai sah sich gezwungen, ein paar Takte zu sagen, obwohl er nicht dazu tauge "Small-Talk" zu betreiben, wie er meinte... Davon abgesehen überließen die Musiker dann lieber den Instrumenten das Reden, auf Ansagen, oder Anekdoten wurde verzichtet. Einer der Höhepunkte des jecken Sets war die Singleauskoppelung "Atlas", bei der man den Eindruck hatte, die Teletubbies, oder die Schlümpfe würden um ein Lagerfeuer tanzen. Äußerst tribalisch konnte ich das nur nennen! Ein voller Abräumer, der auch mich auf die Tanzfläche trieb und mir Schweißperlen auf mein Gesicht zeichnete. Und ich war nicht der einzige, der schwitzte. Selten habe ich gesehen, daß ein Musiker, die Bühne verlässt, ohne, daß auch nur eine einzige trockene Stelle auf dem Hemd erkennbar war. Ich spreche von dem diabolischen Drummer John Stainer, der aussah, als hätte er mit Klamotten unter der Dusche gestanden!
Der totale Wahnsinn, der auch noch durch eine Zugabe verlängert wurde!
Battles in Deutschland, noch zwei Termine:
04.06.07: Dortmund, FZW
05.06.07: Leipzig, Cane Island
Setlist Battles Paris:
Bestand aus dem Album "Mirrored" + ein paar Liedern der EPs
von Oliver
1 Kommentare :
John Stanier saß 2005 nicht mehr an den Drums bei Helmet...
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