Konzert: The miserable rich
Ort: Räucherkammer im Schlachthof Wiesbaden
Datum: 17. November
Dauer: etwa 120 min
Zuschauer: etwa 150
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Das letzte Album von The Miserable Rich ist voller Geistergeschichten. Nun sind sie auf kurzer Geistertour durch deutschsprachige Gebiete: Sonntag Hannover, Montag Wiesbaden, Dienstag Nürnberg und Mittwoch Graz. Ich spreche von einer Geistertour, weil sie sich schon 2013 von der Bühne verabschiedet und The Miserable Rich zu Grabe getragen hatten. Aber ich kann hier schon verraten: Ihr Konzert in Wiesbaden war genau so (wenig) gespenstisch wie die Musiker miserable sind.
Der Konzertabend begann schon sehr viel versprechend. Während sich die Schlange vorm Eingang zur Räucherhalle zu bilden begann, tönte es von drinnen lautstark: Ringing the Changes war unsere Musikuntermalung und zauberte allen ein Lächeln ins Gesicht. Gleichzeitig war es die Bestätigung, die richtige Wartegemeinschaft gefunden zu haben (vorher hatte ich mich schon einmal versehentlich für Maxim eingereiht). Den Gesprächen konnte man entnehmen, dass hier viele Fans auf einen besonderen Abend warteten und in der Stunde bis zum Konzertbeginn füllte sich die Räucherkammer sehr gut. Vor der Bühne waren drei Bankreihen aufgestellt, dahinter und an der Bar stand man dicht an dicht.
Ich hatte die Gruppe aus Südengland beim Orange Blossom Special 2012 in Beverungen in mein Herz geschlossen. Sie standen am ersten Abend als letzte auf der Bühne und legten eine so leichtfüßige und zugleich heißblütige Show hin, dass ich mich sofort verliebt hatte. Als nun die kleine Abschiedstour angesagt wurde, hatte ich mir den Abend in Wiesbaden gleich fest vorgemerkt. Die Gelegenheit wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Seither war meine Vorfreude ständig gestiegen. So ging es wohl nicht wenigen im Raum. Als kurz nach 20 Uhr die Musiker die Bühne betraten wurden sie jedenfalls mit lautem Jubel willkommen geheißen:
Jim Briffett: Guitarre
Rhys Lovell: Kontrabass
James de Malplaquet: Gesang
William Calderbank: Cello
Martin Deering: Schlagzeug
Mike Siddell: Violine
Musikalisch begannen sie das Konzert sozusagen ganz am Anfang - das erste Stück der ersten Platte. Mit den so markanten Streichern. Und von ebendieser Scheibe gab es über den Abend verteilt noch sechs weitere Songs, die noch genauso toll sind wie vor Jahren und denen man anmerkt, dass sie sich seitdem auch weiterentwickeln durften.
Zunächst sah es danach aus, als wollten sie ihr nettes und eigentlich auch typisches Geplänkel sehr beschränken. An einem Montag wöllten sie die Geduld des Publikums nicht überstrapazieren und uns bald wieder heimschicken können. Trotzdem waren die knappen Ansagen allesamt sehr lustig. James versuchte es über weite Strecken mit deutsch und machte sich lustig über die reichen Wiesbadener, deren weggeworfene Möbel noch gut genug sind, um in Berlin verkauft zu werden. Da wären sie im Schlachthof wohl bestens aufgehoben. Einigen Spott mussten wir Deutschen für den Ausdruck Affengeil einstecken.
Erst sehr spät durfte Will eine seiner unnachahmlich mäandernde Geschichten erzählen und wurde natürlich lachend dafür zurechtgewiesen. Unerwartet gab es zu den Trennungsliedern aus dem Publikum einen Wunsch: Glückwünsche für ein Goldenes Hochzeitspaar. Als die sechs Musiker die Summe der Jahre ihrer längsten Beziehung zusammenzogen, gab das ziemlich viel weniger als 50 Jahre und ehrliche Bewunderung für die Jubilare.
In der notierten Setlist hatte ich schon viele mir liebe Lieder entdeckt und so verging das Set eigentlich viel zu schnell und sprang für mich persönlich fast nur von Höhepunkt zu Höhepunkt: Chestnut Sunday, Laid up in Lavendar, Let me fade und On a certain night - dann Oliver. Das Finale war gut inszeniert auf den Knaller Under Glass hin, der mit ordentlich Bums abgefeiert wurde. "Our last song" angekündigt, aber wer das glaubt, glaubt wohl jeden Mist ... Wir waren ja ohnehin schon klüger, denn Ringing the Changes war noch nicht dran gewesen. Und so wurde die Band noch einmal herausgebeten für zwei schmissige Hits.
Danach war aber noch niemandem nach Tschüss sagen. Die Band kam von der Bühne und zelebrierte Pisshead und Muswell. Nicht wenige stimmten beherzt mit ein. Aber am Rande war inzwischen die Unruhe schon ziemlich groß, sodass die Innigkeit hier ein bisschen litt. Die Band versuchte, nun einen Schlussstrich unter den Abend zu ziehen, musste sich aber doch noch einmal für zwei weitere akustische Stücke ins Publikum begeben.
Erst danach zerstreute sich die Schar in alle Winde um die Mär unserer deutsch-englischen Walpurgisnacht mit den Männern aus Brighton in die Welt zu tragen.
Setlist:
01: Early Mourning
02: Pegasus
03: Chestnut Sunday
04: The time that's mine
05: Boat Song
06: For a day
07: Laid up in Lavendar
08: The Mouth of the Wolf
09: Let me fade
10: On a certain night
11: Oliver
12: Tramps
13: Over and Over (Hot Chip-Cover)
14: Under Glass
15: Monkey (Z)
16: Ringing the Changes (Z)
17: Pisshead (Z, im Publikum)
18: Muswell (Z, im Publikum)
19: Button my lip (Z, im Publikum)
20: Imperial Lines ? (Z, im Publikum)
Aus unserem Archiv:
The Miserable Rich, Beverungen, 25.05.12
The Miserable Rich, Mannheim, 19.05.12
The Miserable Rich, Paris, 01.06.09
Alle Fotos:
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