Konzert: Martha Wainwright
Ort: Hafen 2, Offenbach
Datum: 14.11.2014
Dauer: gut 85 min
Zuschauer: ca. 60
"Als seine letzte Platte fertig geworden ist, hat Rufus Freunde ins Studio eingeladen, um die Songs anzuhören. Rufus kann alles, Folk, Rock, Pop, Klassik. Und jetzt hatte er mit Mark Ronson Dance-Musik aufgenommen! Mark Ronson ist der schönste Mann der Welt - er ist schön, reich, talentiert, hat ein französisches Unterwäsche-Model als Freundin. Als ich da saß, dachte ich: 'take a break, take a vacation! And write some upbeat catchy fun songs!'" Auf dem Heimweg vom Studio sei sie in dieser euphorischen Stimmung spontan ins Kino gegangen und habe, was sie sonst nie mache, einen Film gesehen... allerdings Melancholia von Lars von Trier. "Und so entstand mein Song Radio star - was ich nie sein werde - ein Upbeat Song über das Ende der Welt."
Martha Wainwright war redselig und gut gelaunt bei ihrem Konzert in Offenbach. Seit ich Martha Wainwright zum ersten Mal gesehen habe, hat sich im Leben der kanadischen Sängerin einiges geändert. Sie ist Mutter zweier Söhne geworden und hat 2010 ihre Mutter, die Musikerin Kate McGarrigle an Krebs verloren. Den Tod der Mutter hat Martha musikalisch auf ihrem letzten Album Come home to Mama verarbeitet. Das Konzert begann mit einem Stück von Kate McGarrigle (I am a diamond), das Teil eines Musicals sein sollte, das nicht mehr veröffentlicht wurde.
Seit Come home to Mama sei sie vor allem in anderen Bereichen produktiv gewesen. Aber sie habe auch Songs geschrieben "since the baby came out!" Ein paar von denen spielte die Musikerin, die mit dem jüngeren (neun Monate alten) Sohn und ihrer Cousine durch Europa tourt, im Hafen 2.
Martha Wainwright ist natürlich auch in Deutschland kein Radio Star, auch keine sonderlich bekannte Künstlerin. Beim Warten auf den Einlaß um zehn Uhr (im Hafen 2 lief vorher ein Film - aber nicht Melancholia) bekam ich Gespräche mit, daß es sich hoffentlich nicht um eine Rocksängerin handele. Viele Zuschauer hatten sich nicht in dem mit ein paar Sitzmöglichkeiten ausgestatteten Raum eingefunden. Die Konkurrenz durch das Gibraltar-Spiel, die Rocksängerin Cat Power und ihren Kollegen Jack White in Frankfurt waren wohl zu groß. Von den rund 60 Zuschauern schienen bei weitem nicht die meisten die Sängerin vorher gekannt zu haben. Aber es ist ja im Umkehrschluß schön, daß so viele Leute auf gut Glück zu einem Konzert gehen. Die Funktion, Kultur den Menschen vor Ort näher zu bringen, scheint der Hafen 2 in Offenbach gut zu erfüllen. Im Sommer hatte mich ein (kostenloses) Lingby Konzert draußen extrem abgeschreckt, weil wirklich niemand sich für die wundervolle Musik interessiert hatte. Das Publikum bei Martha Wainwright war ganz anders - glücklicherweise!
Die Sängerin bot großes Entertainment, obwohl sie alleine mit Gitarre auf der Bühne stand. Sie erzählte zu vielen Liedern Geschichten. Ihr Mann beschwere sich immer, daß ihre Stücke so negativ seien. Sie gebe zwar immer vor, dabei nicht zuzuhören, habe es aber aufgenommen und ein fröhliches Lied geschrieben. Es war eines der neuen Stücke, in dem ziemlich viel Liebe in Australien gemacht wurde. Everything wrong vom letzten Album handele von ihrem ältesten Sohn. Bald könne sie es nicht mehr spielen, weil er den Text dann verstehe.
Warum sie Ayoye von der Band Offenbach covere, wisse sie nicht so genau. Irgendwie habe sie Lust darauf. Offenbach war eine Prog-Rock-Band aus Montreal, das Lied auf Französisch (mit diesem herrlichen Québec-Akzent) sehr schön! Ein anderes Cover stammte von Wade Hemsworth. "Ich spiele jetzt etwas von einem großartigen kanadischen Sänger. Nein, nicht Leonard Cohen. Kein fucking Halleluja!" Es war ein Lied des mir unbekannten Folksängers Wade Hemsworth. "He wrote songs about the canadian wildlife. That's why you've never heard of him."
Die schönste Geschichte erzählte Martha aber vor Four black sheep. Sie habe für das kanadische Radio ein Lied über Québec schreiben sollen. Weil sie Verträge nie lese, habe sie diesen auch nicht angeguckt. Dummerweise gab es aber eine genaue Anweisung, über was geschrieben werden müsse. In ihrem Fall war es ein Musikclub außerhalb Ottawas (Black Sheep), in dem sie einmal mit Freunden gespielt hatte. Also schrieb sie über die Fahrt zum Konzert durch einen Schneesturm. Allerdings endet das Lied tragisch, alle vier Insassen sterben bei einem Unfall. "Sie haben das nicht oft gespielt!"
Bis auf den mitsteppenden Zuschauer und die befremdliche Situation, daß zwei Frauen zu der letzten Zugabe, die Martha über den Krebstod eines engen Freundes geschrieben hat, euphorisch tanzten und die Arme in die Höhe streckten - sonst wurde nicht getanzt - war es ein sehr schönes Konzert. Mein Liebling war Far away vom ersten Album - auch weil Bloody mother fucking asshole diesmal leider nicht gespielt wurde.
Setlist Martha Wainwright, Hafen 2, Offenbach:
01: I am a diamond (Kate McGarrigle Cover)
02: Can you believe it?
03: Some people
04: Four black sheep
05: ("Watch out for the night sky") (neu)
06: Factory
07: Ayoye (Offenbach Cover)
08: Everything wrong
09: Bleeding all over you
10: ("We made love in Melbourne"?) (neu)
11: Radio star
12: Far away
13: My mother is the ocean sea (Wade Hemsworth Cover)
14: Jesus & Mary
15: Proserpina (Kate McGarrigle Cover)
16: This life (Z)
17: (neu) ("Cancer takes no prisoners") (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Martha Wainwright, Nijmegen, 30.05.08
2 Kommentare :
Cat Power spielt aber erst noch in Frankfurt!
Schade, hätte ich gerne gesehen, zumal Martha ja nicht so oft in Deutschland spielt - aber mein Konzertgeld-/Urlaubskontingent ist für dieses Jahr leider sowas von aufgebraucht ...
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