Konzert: Anne Clark
Ort: Bürgerhaus Stollwerck, Köln
Datum: 17.11.2012
Zuschauer: nicht ausverkauft, gut gefüllt
Dauer: knapp 120 min
Was macht eigentlich... Anne Clark?
Our darkness und Sleeper in Metropolis kennt jeder, selbst Menschen, die Castingshows für musikalische Avantgarde halten. Mit diesen beiden Titeln aus den 80er Jahren hat sich die Londonerin Anne Clark ins unser musikalisches Gedächtnis gespielt. Mit großer Sicherheit habe ich die Künstlerin auch über einen der Songs kennengelernt, besonders mochte ich aber ihr Album Hopeless cases, das eine Weile in meinem Kassettendeck hoch und runter lief. Höhepunkt meiner Anne Clark Phase war Abuse von 1990, das heute noch zu meinen liebsten Liedern gehört, danach ließ mein Interesse nach. Ich habe zwar noch ein paar spätere Platten, wirklich gehört habe ich die aber (wohl) nicht.
Vor anderthalb Jahren gab es dann die Gelegenheit, Anne Clark nach langer Zeit wieder einmal live zu sehen. Chance gab es sicher häufiger, für mich war Annes Auftritt in der Bonner Harmonie aber der erste nach sehr langer Zeit. Im Gegensatz zu anderen Jugendhelden - nie werde ich das abscheuliche Sisters Of Mercy Kirmes-Konzert im E-Werk vergessen! - ist Anne Clark nicht nur musikalisch in Würde gealtert. Die Britin kann man guten Gewissens immer wieder ansehen, wenn man ihre Musik mag.
Ausverkauft war das Stollwerck nicht. Das Konzert war bereits vom Gloria runterverlegt worden. Das ist eben doch Nischenmusik, die treue Anhänger hat, vermutlich aber in den letzten Jahren nicht viele neue dazubekommen hat. Das Stollwerck war aber gut gefüllt, optisch war die Entscheidung der Verlegung also absolut sinnvoll.
Es gab keine Vorgruppe, auch kein Soloprogramm eines der Begleitmusiker. Als fünf Männer um kurz nach neun auf die Bühne kamen und ihre Positionen einnahmen, war das der Beginn des Konzerts. Anne Clark wurde von Gitarrist Jeff Aug, Cellist Michael Engel, Schlagzeuger Tobias Haas, Keyboarder Murat Parlak sowie Steve Schroyder am Notebook begleitet.
Anne Clarks Bühnenpräsenz passt perfekt zu ihrer Musik. So, wie sie nicht singt sondern ihre Texte spricht, steht sie auf der Stelle - beim Sprechen am Mikro, sonst weiter hinten - und wippt höchstens einmal mit dem Fuß. Meist blickt sie in Sprechpausen nach oben über den Saal und wartet auf den nächetn Einsatz. Ihre Musiker sind das Gegenteil der Frontfrau. Insbesondere Gitarrist Jeff und Keyboarder Murat kompensieren Annes Bewegungsmangel mehrfach. Jeff Aug lebt die Rhythmen auch in seinem Gesicht mit, da gab es eine Menge zu sehen! Der Unterschied zwischen den rockenden Musikern und der stoischen nicht-Sängerin war frappierend. Wenn man auf so etwas nicht vorbereitet ist, muß ein Anne Clark Konzert sehr merkwürdig aussehen.
Weil ich bei ihr so lange nicht mehr auf dem laufenden bin, kannte ich einen großen Teil des Sets nicht. Prinzipiell mag ich Annes schnellere Lieder lieber als die ruhigen Stücke, die nur Gedichte mit Hintergrund-Melodie sind. Shell song, As soon as I get home und Mundesley Beach, waren mir eine Ecke zu getragen. Im Gegensatz dazu war Elegy for a lost summer (live besser als auf Platte) ein flotter Popsong, der mich entfernt an Mumford & Sons erinnerte (auch wenn er viele Jahre älter als die ist - ich kann es aber heute auch nicht mehr nachvollziehen, warum ich mir das gestern notiert hatte!).
Erstaunlich jedenfalls, wie viel Abwechslung man rund um den immer extrem ähnlichen Sprechgesang aufbauen kann!
Mein Liebling des Abends war Abuse, eben einer meiner Anne Clark Lieblinge. Bei diesem Stück habe ich immer das Gefühl, daß es nur einen kleinen Schubser bräuchte, damit Anne den Text singt - sie macht es nicht. Im Gegensatz zu Abuse mündete Sleeper in Metropolis in einer rheinischen Mitklatschorgie - das bekommt man hier aus den Leuten eben ab November nicht raus, wenn sie Lieder hören, die sie kennen. Das war in der Zeit, als das Lied in keiner Indiedisko fehlte, nicht vorstellbar, aber die Leute werden ja auch älter.
Our darkness als letzte Zugabe hat auch von seinem damaligen Charme nichts eingebüßt. Mich nervte dabei ein wenig das knallende Schlagzeug, ansonsten aber ein würdiger Abschluß eines schönen Konzerts. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wie die Auftritte der Engländerin, die ich damals gesehen habe, im Vergleich waren. Mir waren seinerzeits die Stücke näher und wichtiger, stilistisch kann es sich aber eigentlich nicht sehr geändert haben.
Schöner Abend!
Setlist Anne Clark, Stollwerck, Köln:
01: Full moon
02: Alarm call
03: Short story
04: Leaving
05: Heaven
06: Killing time
07: Off grid
08: The hardest heart
09: Echoes remain forever
10: So quiet here
11: Be drunk
12: Shell song
13: Seize the vivid sky
14: Elegy for a lost summer
15: Ajde Jano (instr.)
16: The haunted road
17: Empty me
18: As soon as I get home
19: Mundesley beach
20: Virtuality
21: Sleeper in Metropolis
22: Boy racing
23: The panther (Z)
24: Abuse (Z)
25: Our darkness (Z)
2 Kommentare :
Das Konzert war ja ordentlich lang!
Ja! Viel spoken word fürs Geld!
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