Konzert: Hanne Hukkelberg
Ort: L'Espace B
Datum: 21.11.2012
Zuschauer: verdammt, leider nur 25
Konzertdauer: eine Stunde
Endlich mal wieder Hanne Hukkelberg live in Paris!
Von ihrem Auftritt im Vorprogramm von Wilco 2012 mal abgesehen, war die talentierte Norwegerin nun seit nunmehr fünf (!) Jahren nicht mehr in der Stadt des Lichts. Ein so langes Fernbleiben müsste ja eigentlich zu einem riesigen Publikumsinteresse führen, aber die Qualitäten der zierlichen Skandinavierin sind wohl nicht ganz nach Indie-Paris vorgedrungen. Lediglich 25 Fans fanden sich im Espace B ein, viel zu wenig um eine angemessene Kulisse für eine solche Ausnahmekünstlerin zu bilden.
Ich selbt trudelte auch ziemlich spät am Ort des Geschehens ein, weil ich vorher noch bei einem Showcase der Wienerin Clara Luzia war. Zu Hanne kam ich dann aber doch noch pünktlich, nahm auf einem einsamen Stuhl am linken Bühenrand Platz und versuchte mich nur auf das Konzert zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Ich sah nicht in den fast leeren Zuschauerraum, störte mich auch nicht weiter an dem funzeligen roten Licht, welches das Fotografieren enorm erschwerte und riss mich zusammen, um nicht über den saturierten und zu basslastigen Sound zu fluchen. Gerade in den ersten dreißig Minuten kamen verzerrte und dröhnende Geräusche aus den Boxen und minderten den Hörgenuss. Das war schon etwas bitter, zumal Hukkelberg mit eigenem Soundmenschen angereist war.
Im zweiten Teil des Konzertes waren aber weniger störende Töne zu beklagen und man hörte auch die fabelhafte Stimme von Hanne nuancierter.
Hukkelberg, ihre sexy Drummerin/Keyboarderin (die rosa Strumpfhose, der knackige Hintern, wow!) und ihr dezent agierender Gitarrist spielten allerdings auch deutlich lauter auf, als ich das erwartet hatte. Hier und heute hörte man weniger Jazz oder Folk wie in den frühen Tagen, sonderen düsteren, gefahrverheißenden Indierock mit verzerten Gitarren im Stile von PJ Harvey in ihrer rebellischen Phase. Besonders die Drummerin war angriffslustig, hieb mit viel Wucht und im Stehen auf ihre Drums ein und stieß bisweilen martialische Kampfschreie aus. Auch Hanne selbst intonierte nicht so samtweich wie insbesondere auf ihren ersten beiden Alben, sondern sang oft mit weitaufgerissenem Mund. Ihre stimmliche Bandbreite war beeindruckend. Sie beherrschte alle Töne. Die hohen, die weichen, die choralen. Mal klang sie eher wie St Vincent, dann aber auch wieder wie Björk, meistens jedoch wie sie selbst. Hanne ist einzigartig, das sollte man wissen,
Die Stimmung der Lieder war oft schwer und schwül, fast stonerrockig. Man fühlte sich dann wie auf einem Roadtrip durch die Wüste in Mexico, mit schweren müden Augen, einem alten Wagen und Angst im Bauch. Kennzeichend dafür der starke Track Bandy Riddles, der schleppend begann, aber gegen Ende sehr druckvoll wurde.
The Time And I What We Make wiederum trug Spurenelemente der verwunschenen, psychedelischen Welt von Grizzly Bear ins sich und war nur schwer zu greifen. Ohnehin war das hier kein kommerzielles Popkonzert mit runden Popmelodien und Texten zum Mitsingen. Das wäre der Norwegerin zu banal, bei ihr ist alles vielschichtig, um die Ecke gedacht und dadurch teilweise etwas sperrig. Daran sollten sich aber wahre Fans nicht stören, im Gegenteil. Wer Hukkelberg genießen will, muss ihren Liedern Reifezeit lassen, sie an sich wachsen lassen.
Typisch für die meisten Stücke war, daß sie höchstens mittelschnell voranschritten, sich aber in schöner Regelmäßigkeit verdichteten, wie zum Beispiel das hervorragende Midnight Sun Dreams.
Anrührendstes Lied im Set war allerdings die traumversunkene Ballade Erik von ihrem letzten Album Featherbrains, von dem die meisten Songs stammten. Schön aber, daß mit Break My Body auch ein alter Liebling gespielt wurde. Er klang etwas anders als auf Platte, aber Hukkelberg hat sich eben weiterentwickelt, ist nur noch ansatzweise die klassisch ausgebildete Jazzmusikerin, die sie mal war.
Abschließend möchte ich auch das kampfeswütige My Devils nennen, das so klingt wie Bat For Lashes, wenn diese gut wäre. Einer der einprägsamsten Songs in einem Set, das zwar nicht unbedingt euphorisierend, aber sehr intensiv war. Sacken lassen und die CDs immer mal wieder hören, so die Devise. Und Hanne, lass uns nicht wieder fünf Jahre auf dich warten!
Setlist Hanne Hukkelberg, Espace B, Paris
01: Featherbrain
02: Seventeen
03: Bandy Riddles
04: Salt Of The Earth
05: The Time And I What We Make
06: Noah
07: Midnight Sun Dream
08: No Mascara Tears
09: No One But Yourself
10: Erik
11: Too Good To Be Good
12: Break My Body
13: My Devils
14: You Tube
15: I Sing You
1 Kommentare :
danke für den bericht. hanne! 25 besucher! irre. da siehste, was falsch läuft in diesem business. wir müssen weiter arbeiten und publik machen, was publik zu machen wert ist!
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