Konzert: Suzanne Vega
Vorband: Maurizio Minardi
Ort: Posthalle, Würzburg
Datum: 29.07.2014
Dauer: 95 Minuten
Zuschauer: maximal 1000
Bericht von Matthias aus Oberhessen
Der Hafensommer in Würzburg hat inzwischen schon Tradition. Die New Yorker Singer/Songwriterin Suzanne Vega trat hier bereits 2011 auf. So freuten wir uns auf einen lauen Sommerabend am Mainufer, den Blick auf die fränkischen Weinberge untermalt von coolen Songs über Großstadtmenschen. Ein heftiger Gewitterregen auf der Autobahn war ein Omen dafür, dass es anders kommen würde. Eher zufällig erfuhren wir von der Verlegung der Veranstaltung in die Posthalle am Bahnhof, ein bunkerähnlicher Saal, der den aushängenden Plakaten nach zu urteilen, von deutschen Pseudo-Gangsta-Rappern häufig frequentiert wird. Trotz der fehlenden Kultursommer-Atmosphäre wurde es aber ein gelungener Konzertabend, und für mich als Veteran von einem Dutzend Suzanne Vega-Konzerten ein besonders herausragendes.
Der Hafensommer in Würzburg hat inzwischen schon Tradition. Die New Yorker Singer/Songwriterin Suzanne Vega trat hier bereits 2011 auf. So freuten wir uns auf einen lauen Sommerabend am Mainufer, den Blick auf die fränkischen Weinberge untermalt von coolen Songs über Großstadtmenschen. Ein heftiger Gewitterregen auf der Autobahn war ein Omen dafür, dass es anders kommen würde. Eher zufällig erfuhren wir von der Verlegung der Veranstaltung in die Posthalle am Bahnhof, ein bunkerähnlicher Saal, der den aushängenden Plakaten nach zu urteilen, von deutschen Pseudo-Gangsta-Rappern häufig frequentiert wird. Trotz der fehlenden Kultursommer-Atmosphäre wurde es aber ein gelungener Konzertabend, und für mich als Veteran von einem Dutzend Suzanne Vega-Konzerten ein besonders herausragendes.
Als Support angekündigt, könnte man Maurizio Minardi auch als Co-Headliner bezeichnen, zumindest der Länge seines Sets nach. In der Besetzung Minardi (Akkordeon/Keyboards) und Shirley Smart (Cello) bot der in London lebende italienische Komponist, der aussieht wie ein jüngerer Sting, gepflegt-langweilige Akkordeonmusik zum Besten, wie man sie etwa aus dem Film „Amelie“ zu Genüge kennt. Perfekt für ein Picknick an einem lauen Sommerabend am Main, in einer tristen, den baulichen Charme der 70’er Jahre verströmenden Mehrzweckhalle, wollte der Funken nicht überspringen. Zumindest nicht bei mir, das anwesende Kultursommer-Publikum delektierte sich durchaus an Minardis, mal nach Ennio Morricone, mal nach Peter Greenaway-Filmen klingenden Instrumentalstücken. Dazu mögen vor allem seine charmanten Ansagen, auf Englisch mit italienischem Akzent, beigetragen haben. Der Mann ist ohne Zweifel ein guter Conférencier, ebenso wie ein hervorragender Jazzpianist, was gelegentlich durchscheint. Sein etwa 50-minütiges Set war für mich auf jeden Fall zu viel des Guten.
Aber ich wartete auch ungeduldig auf Suzanne Vega, die ich einige Jahre nicht mehr live gesehen hatte.
Ich bin ja ein Fan der ersten Stunde, von ihrem ersten Deutschland-Konzert in Hamburg 1985 bis heute. Über die Jahre habe ich sie etwa ein Dutzend Mal live gesehen. Vor zehn Leuten 1985, nach den Hits „Luka“ und „Tom’s Diner“ in der Alten Oper in Frankfurt vor einigen tausend Zuschauern. In den 90’er Jahren wurden dann die Hallen wieder kleiner und die Festivalauftritte zahlreicher. Über 20 Jahre lang spielte sie in Bandbesetzung gemäßigten Folk-Pop ohne große Überraschungen; gerade die Austauschbarkeit ihrer Konzerte hat mich früher sehr beeindruckt. Einige Songs vom jeweils neuen Album, die bekannten Hits, verbunden mit selbstironischen Ansagen und als letzter Song kam immer „The Queen and the Soldier“. Auch ihre Industrial-Phase Mitte der 90’er Jahre rund um das Album „99.9F°“ änderte an diesem Ablauf wenig. Vor einigen Jahren brach sie dann mit dieser Tradition, besann sich auf ihre Folkwurzeln und nahm ihren Back-Katalog in der „Close-Up“-Serie noch einmal neu auf. Live präsentierte sie entschlackte Versionen ihrer Klassiker mit dem Gitarristen Gerry Leonard, der sie auch in Würzburg begleitete, auf dieser Tour mit dem Drummer Doug Yowell, wie Leonard ein Veteran diverser Suzanne Vega-Alben.
Das Konzert beginnt mit „Fat man and the dancing girl“, einem Song von „99.9F°“, in dem in Zirkus-Metaphern von einer auf dem Kopf stehenden Welt berichtet wird. Dann folgt „Marlene on the Wall“, ihre erste Single und wohl einer ihrer besten Songs. Aus der Perspektive des Fotos von Marlene Dietrich über ihrem Bett erhalten wir eine Chronik des Liebeslebens der Protagonistin des Songs. Jens K., überragender Blogger und profunder Musikkenner, meinte auf der Hinfahrt zu mir, dass Warren Zevon die originellsten Liebeslieder geschrieben habe. Suzanne Vega ist da mindestens sein weibliches Pendant. „Caramel“, ein Liebeslied, das eine Verbindung zwischen allen leiblichen Genüssen schafft, ist immerhin noch vor dem Film „Chocolat“ entstanden, der ja ähnliches sehr erfolgreich postulierte. Die Trio-Arrangements dieser älteren Songs funktionieren sehr gut, das druckvolle Spiel von Doug Yowell verleiht den Liedern eine Kraft, die sie vor dem Dahinplätschern bewahrt.
Nun folgt ein Block von Songs aus dem neuen Album „Tales from the Realm of the Queen of Pentacles“. Der Titel des Albums, wie auch der Song „Fools Complaint“ spielen mit der Symbolik von Tarotkarten. Wenn ich diese verstanden habe, melde ich mich wieder. „Jacob and the Angel“ bezieht sich auf eine Geschichte aus dem Alten Testament (1.Mose, 32), anscheinend eine beliebte Quelle der Inspiration für Suzanne Vega, da sie schon mehrfach Songs mit biblischem Hintergrund verfasst hat, die man aber kaum als sonderlich spirituell bezeichnen kann. An dieser Geschichte interessiert sie wohl die menschliche Begegnung mit einem unsterblichen Wesen und wie Jakob darauf reagiert.
Originelle Liebeslieder Teil drei, „Small blue Thing“. Dies ist der Akustik-Teil des Konzerts, den Suzanne Vega alleine mit Gitarre bestreitet. „Gypsy“ ist vielleicht nicht sonderlich originell, aber ein absoluter Favorit bei Livekonzerten. Die Geschichte hinter dem Song erzählt Suzanne Vega gerne ausführlich und das Publikum hängt auch hier wieder an ihren Lippen. Dann folgt „The Queen and the Soldier“ und ich frage mich, ob das Konzert jetzt schon endet, bevor sie „Luka“ gespielt hat. Der Song, der an englische Folkballaden etwa von Fairport Convention erinnert, verfehlt auch beim tausendsten Hören nicht seine Wirkung auf mich. Dann kommen ihre zwei Mitmusiker wieder auf die Bühne und weitere Songs des neuen Albums erklingen. Die Überprüfung bekannter Lebensweisheiten ist ein weiteres Thema in Vega-Songs, „Don’t uncorck what you can’t contain“ passt in diese Kategorie.
„Left of Center“ gefällt mir in dieser Besetzung besonders gut, ein Song, den sie einst mit Joe Jackson aufnahm. Heute kommt er hart und direkt, eher selten bei Suzanne Vega. „I never wear white“ von ihrem neuen Album ist so etwas wie ihr neuer Theme-Song. Von Bono als „Punk-Song in velvet gloves“ bezeichnet, verkündet sie hier ihr Credo: „I never wear white/White is for virgins/Children in summer/Brides in the park/My color is black, black, black/Black is for secrets/Outlaws and Dancers/for the poet of the dark“. Vor den Zugaben werden noch ihre beiden großen Hits gespielt, „Luka“ und „Tom’s Diner“, auf die das Publikum sehnsüchtig gewartet hat, wie man an der Reaktion merkt.
folgen drei Zugaben. „In Liverpool“, eine Art Fortsetzung von „Gypsy“, wie man von ihr erfährt, „Undertow“, originelle Liebeslieder Teil 4, in dem sie sich vorstellt, ihren Geliebten wie die Strömung ganz zu erfassen. „Rosemary“, ein weiterer wunderschöner Folksong, beschließt dieses sehens- und hörenswerte Konzert. Aber noch nicht den Abend. Der Veranstalter hatte vor dem Konzert angekündigt, „das Frau Vega nach dem Konzert für Autogrammwünsche zur Verfügung steht“. Ein Novum, das ich bei Vega-Konzerten noch nie erlebt habe. Sie kommt dann tatsächlich noch aus der Garderobe, um ihr neues Album zu signieren. Es hat nicht den Anschein, dass sie besonders begeistert davon ist, ihrem Publikum so nahe zu kommen, eher, als würde sie es tapfer über sich ergehen lassen. Gerry Leonard unterhält sich derweil mit dem Tourmanager und meint, es sei ein „awesome concert“ gewesen. Wo er Recht hat…
Setlist Suzanne Vega, Würzburg:
01: Fat Man & Dancing Girl
02: Marlene on the Wall
03: Caramel
04: Fool's Complaint
05: Crack in the Wall
06: Jacob and the Angel
07: Small Blue Thing
08: Gypsy
09: The Queen and the Soldier
10: Don't Uncork What You Can't Contain
11: Laying on of Hands / Stoic 2
12: Left of Center
13: I Never Wear White
14: Some Journey
15: Luka
16: Tom's Diner
17: In Liverpool (Z)
18: Undertow (Z)
19: Rosemary (Z)
Ich bin ja ein Fan der ersten Stunde, von ihrem ersten Deutschland-Konzert in Hamburg 1985 bis heute. Über die Jahre habe ich sie etwa ein Dutzend Mal live gesehen. Vor zehn Leuten 1985, nach den Hits „Luka“ und „Tom’s Diner“ in der Alten Oper in Frankfurt vor einigen tausend Zuschauern. In den 90’er Jahren wurden dann die Hallen wieder kleiner und die Festivalauftritte zahlreicher. Über 20 Jahre lang spielte sie in Bandbesetzung gemäßigten Folk-Pop ohne große Überraschungen; gerade die Austauschbarkeit ihrer Konzerte hat mich früher sehr beeindruckt. Einige Songs vom jeweils neuen Album, die bekannten Hits, verbunden mit selbstironischen Ansagen und als letzter Song kam immer „The Queen and the Soldier“. Auch ihre Industrial-Phase Mitte der 90’er Jahre rund um das Album „99.9F°“ änderte an diesem Ablauf wenig. Vor einigen Jahren brach sie dann mit dieser Tradition, besann sich auf ihre Folkwurzeln und nahm ihren Back-Katalog in der „Close-Up“-Serie noch einmal neu auf. Live präsentierte sie entschlackte Versionen ihrer Klassiker mit dem Gitarristen Gerry Leonard, der sie auch in Würzburg begleitete, auf dieser Tour mit dem Drummer Doug Yowell, wie Leonard ein Veteran diverser Suzanne Vega-Alben.
Das Konzert beginnt mit „Fat man and the dancing girl“, einem Song von „99.9F°“, in dem in Zirkus-Metaphern von einer auf dem Kopf stehenden Welt berichtet wird. Dann folgt „Marlene on the Wall“, ihre erste Single und wohl einer ihrer besten Songs. Aus der Perspektive des Fotos von Marlene Dietrich über ihrem Bett erhalten wir eine Chronik des Liebeslebens der Protagonistin des Songs. Jens K., überragender Blogger und profunder Musikkenner, meinte auf der Hinfahrt zu mir, dass Warren Zevon die originellsten Liebeslieder geschrieben habe. Suzanne Vega ist da mindestens sein weibliches Pendant. „Caramel“, ein Liebeslied, das eine Verbindung zwischen allen leiblichen Genüssen schafft, ist immerhin noch vor dem Film „Chocolat“ entstanden, der ja ähnliches sehr erfolgreich postulierte. Die Trio-Arrangements dieser älteren Songs funktionieren sehr gut, das druckvolle Spiel von Doug Yowell verleiht den Liedern eine Kraft, die sie vor dem Dahinplätschern bewahrt.
Nun folgt ein Block von Songs aus dem neuen Album „Tales from the Realm of the Queen of Pentacles“. Der Titel des Albums, wie auch der Song „Fools Complaint“ spielen mit der Symbolik von Tarotkarten. Wenn ich diese verstanden habe, melde ich mich wieder. „Jacob and the Angel“ bezieht sich auf eine Geschichte aus dem Alten Testament (1.Mose, 32), anscheinend eine beliebte Quelle der Inspiration für Suzanne Vega, da sie schon mehrfach Songs mit biblischem Hintergrund verfasst hat, die man aber kaum als sonderlich spirituell bezeichnen kann. An dieser Geschichte interessiert sie wohl die menschliche Begegnung mit einem unsterblichen Wesen und wie Jakob darauf reagiert.
Originelle Liebeslieder Teil drei, „Small blue Thing“. Dies ist der Akustik-Teil des Konzerts, den Suzanne Vega alleine mit Gitarre bestreitet. „Gypsy“ ist vielleicht nicht sonderlich originell, aber ein absoluter Favorit bei Livekonzerten. Die Geschichte hinter dem Song erzählt Suzanne Vega gerne ausführlich und das Publikum hängt auch hier wieder an ihren Lippen. Dann folgt „The Queen and the Soldier“ und ich frage mich, ob das Konzert jetzt schon endet, bevor sie „Luka“ gespielt hat. Der Song, der an englische Folkballaden etwa von Fairport Convention erinnert, verfehlt auch beim tausendsten Hören nicht seine Wirkung auf mich. Dann kommen ihre zwei Mitmusiker wieder auf die Bühne und weitere Songs des neuen Albums erklingen. Die Überprüfung bekannter Lebensweisheiten ist ein weiteres Thema in Vega-Songs, „Don’t uncorck what you can’t contain“ passt in diese Kategorie.
„Left of Center“ gefällt mir in dieser Besetzung besonders gut, ein Song, den sie einst mit Joe Jackson aufnahm. Heute kommt er hart und direkt, eher selten bei Suzanne Vega. „I never wear white“ von ihrem neuen Album ist so etwas wie ihr neuer Theme-Song. Von Bono als „Punk-Song in velvet gloves“ bezeichnet, verkündet sie hier ihr Credo: „I never wear white/White is for virgins/Children in summer/Brides in the park/My color is black, black, black/Black is for secrets/Outlaws and Dancers/for the poet of the dark“. Vor den Zugaben werden noch ihre beiden großen Hits gespielt, „Luka“ und „Tom’s Diner“, auf die das Publikum sehnsüchtig gewartet hat, wie man an der Reaktion merkt.
folgen drei Zugaben. „In Liverpool“, eine Art Fortsetzung von „Gypsy“, wie man von ihr erfährt, „Undertow“, originelle Liebeslieder Teil 4, in dem sie sich vorstellt, ihren Geliebten wie die Strömung ganz zu erfassen. „Rosemary“, ein weiterer wunderschöner Folksong, beschließt dieses sehens- und hörenswerte Konzert. Aber noch nicht den Abend. Der Veranstalter hatte vor dem Konzert angekündigt, „das Frau Vega nach dem Konzert für Autogrammwünsche zur Verfügung steht“. Ein Novum, das ich bei Vega-Konzerten noch nie erlebt habe. Sie kommt dann tatsächlich noch aus der Garderobe, um ihr neues Album zu signieren. Es hat nicht den Anschein, dass sie besonders begeistert davon ist, ihrem Publikum so nahe zu kommen, eher, als würde sie es tapfer über sich ergehen lassen. Gerry Leonard unterhält sich derweil mit dem Tourmanager und meint, es sei ein „awesome concert“ gewesen. Wo er Recht hat…
Setlist Suzanne Vega, Würzburg:
01: Fat Man & Dancing Girl
02: Marlene on the Wall
03: Caramel
04: Fool's Complaint
05: Crack in the Wall
06: Jacob and the Angel
07: Small Blue Thing
08: Gypsy
09: The Queen and the Soldier
10: Don't Uncork What You Can't Contain
11: Laying on of Hands / Stoic 2
12: Left of Center
13: I Never Wear White
14: Some Journey
15: Luka
16: Tom's Diner
17: In Liverpool (Z)
18: Undertow (Z)
19: Rosemary (Z)
1 Kommentare :
Vielen Dank für den Bericht! Für mich auch besonders interessant im Vergleich zum Konzert in Karlsruhe am nächsten Tag, das ich gesehen habe. Die Setlist variiert ja zwischen beiden Tagen nur minimal in den Zugaben.
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