Donnerstag, 28. November 2024

Kaltern Pop Festival - Kaltern (IT) - 26.10.-28.10.2024

 


Konzert: Kaltern Pop Festival 2024
Ort: Kaltern am See (IT)
Datum: 26.10.-28.10.2024
Dauer: 3 Tage
Zuschauer: voll

Von unserem Gastautor Denis (incl. der Fotos):

Es ist schon immer eine Herausforderung, dieses Festival. Letzte Herbstferienwoche Nordrhein Westfalen ist dafür immer blockiert und der Rückweg ist dann zeitlich ganz knapp bemessen, so denn schulpflichtige Kinder oder Lehrkräfte mit involviert sind. Nützt aber alles Nix! 

Das Kaltern Pop Festival ist außerhalb von Pandemien und abseits von familiären Jubelterminen eine feste Größe im Festivalkalender. Zudem ist es natürlich auch das Festival mit dem schönsten Drumherum im schönsten Dorf Südtirols, 

Der erste Abend des Ankommens gehört stets der Begegnung. Freunde aus allen Himmelsrichtungen treffen sich in Kaltern und der näheren Umgebung zum Wein und gutem Essen in den hervorragenden Lokalitäten des Ortes. Zum Stern, dem Rottenbacher Hof, im Weißen Rössl, der Weinschmiede, dem Drescher Keller oder zur Linde. 

Viele weitere müssten hier wohl noch genannt werden. Doch am Ende des Tages versammeln sich alle bei Stefan und Peter in der Kaltern Pop Bar. Oder wie es eigentlich heißen müsste: dem Fixstern des Kaltern Pop Festivals! 

Lasst uns hier immer zusammenkommen ! Die Eröffnung des Festivals durch Cantus Domus aus Berlin ist ein absoluter Pflichttermin. Klassik oder Moderne, Bach oder Batkovic, dieser großartige Chor lässt nichts aus und es  niemanden in der Franziskanerkirche, der nicht angefasst wirkt. Das ein und das andere Tränchen wird verdrückt oder verwischt. Standing Ovation! 

Viel Zeit bleibt nicht um das Südtiroler Weinmuseum aufzusuchen. Glücklicherweise geht es danach bergab zu Fitzgerald & Rimini aus der Schweiz. Das Duo poesiert Lieder voller Bilder, die um die Welt gehen und durch die Zeiten springen. Bosporus - Milli, die Hooligan aus UK - Typhus - Klangwelten mit Akkuschrauber und Laptop… dazu eine verrucht sinnliche Stimme. Alles mehr als schick. 
Wieder bergauf zum Vereinshaus. Turbo Trööt - Balkan Brass Punk.  Funktionierte letztjährig als Open Air und als Walking Act großartig. Auf der Bühne im Vereinshaus war es für mich eher nicht passend. Aber die Band tat alles um mich zu überzeugen. 

Wieder bergabwärts zu Zoll & Saturn - Eine fantastische "One Man" Loop Show. Hat mich allerdings auch ein wenig an Emil erinnert. Wo war der eigentlich in diesem Jahr…? 

Für Font (US) allein hätte sich die Anreise gelohnt. Holy Shit! Alles was mit zwei Drumsets daherkommt gilt es zu inhalieren. Dunkel. Kraftvoll. Indie. Fantastisch! 

Für die Geschichten voller Dreck und Schund, gepaart mit grenzenloser Ehrlichkeit, Wiener Schmäh und Rotzigkeit steht Voodo Jürgens. Gnadenlos gut! „denn es ist mir Wurst wo du herkommst oder was du macht. Hauptsache ist, dass du jetzt da bist!“ Stell dir vor… Voodoo Jürgen träfe Udo Jürgens. David und Stefan. Das wäre ein Ereignis.

Neuer Tag - und neue Startschwierigkeiten nach dem gestrigen, feuchten Ausklang in der „Kaltern Pop Bar“. Da kommt ein wenig Sonnenschein zu guter Musik mit Gringo Mayer und Gina Été im Innenhof des Ansitz Windegg gerade recht. Bei heißen Maronen und einem Lagrein lässt sich der Nachmittag entspannt angehen. 

Deutlich intensiver ging es dann im Vereinshaus bei Godwin weiter. Das Soloprogramm von Rob Godwin ist so dermaßen gefühlseinfließend dicht und fast filigran, wäre, ja wäre da nicht dieser eindringliche Bariton. Untermalt von Lambert am Klavier fasste dieses Konzert alle dermaßen an, dass tatsächlich über weite Strecken kein Gespräch, keine übliche Unruhe oder Bewegung zu verspüren war. 
Ganz anders bei St.Paul Tschäss Band. Die Lokalmatadore lieferten besten Jazz im Weinmuseum. Zurück im Vereinshaus begeistert Mel D. ein etwas verschüchtertes Publikum. Warum auch immer, es dauerte ein wenig, bis der Funken übersprang, aber dann war es ein wunderschönes Fenster ins Überallhin. Duo Udite. Der Slot im Weinmuseum brauchte Mut! 

Die vertonte Lebensgeschichte zweier italienischer Frauen brachte den ein oder anderen zum genussvollen Verstummen. Keine leichte  Kost, Aber wer die Beiden und ganz besonders Bettina im weiteren Festivalverlauf bei dem ein oder anderen Konzert getroffen hat, der konnte die durchdringende Begeisterung für dieses Festival erleben. Und als sie ein schallendes „Bravo“ Fabrizio Cammerata entgegenschmetterte, konnte man erleben, mit welcher Leidenschaft Kunst überall und zu jeder Zeit aufgesogen wird.
Adam French - nach vielen Jahren war er mal wieder in Kaltern und brachte mit eingängigem Sound schnell alle auf seine Seite. Für viele war er ein absolutes Highlight des Wochenendes. Beim Verlassen zur Umbaupause überraschten Ben e Blame & the Sugar Shame im Foyer mit gutgegartem Selbstaufgelegten. Zappelnd lässt sich die Stunde Umbau gut überdauern… 

Wer ein Medley, ein Best Off von Gisbert zu Knyphausen, Kid Kopphausen, Gisbert zu Knyphausen & Band und Husten brauchte, der war hier richtig. Dazu ein Set zusammen mit Cantus Domus. Eines steht fest. Es gibt Künstler an denen ich mich wohl nicht satthören kann - Gisbert zu Knyphausen gehört unweigerlich dazu.

Die traditionell samstägliche Matinee im Fest- und Ballsaal des früheren Grandhotel Penegal war fast überfüllt. Dicht an dicht wollten gefühlt diesmal wohl alle Besucher diese einzigartige Stimmung mitnehmen, und die Künstler in leisem Arrangement erleben. 

Chartreuse, Gina Été, Mel D., Adam French, Fabrizio Cammerata, Gisbert zu Knyphausen und Cantus Domus verzauberten für zwei Stunden die ohnehin klangvolle Welt noch ein Stückchen mehr. Nach der kurvenreichen Abfahrt vom Mendelpass durfte sich das verwöhnte Publikum einen weiteren Set von Fabrizio Cammerata leisten - ein opulenter und großartiger Auftritt des kleinen, großen Italieners mit seiner Wahnsinnsstimme, großer Gestik und noch noch größerem Chor. Cantus Domus in der Franziskanerkirche schaffte herausragend den Übergang zum letzten Abend. Ein Fest in absoluter Reife. Schwerer und gehaltvoller ist kein Lagrain. 

Nominiert auch für das beste Lichtdesign des Festivals. In dunklem Rot und Blau tauchte man mit Gina Etá in sanfte und wunderbar tragende elektronische Klangwelten ab, begleitet von einem Streicherinnentrio und ihrem kongenialen Partner…..und dabei immer mit einem gewinnendes Lächeln im Gesicht.


Die dahinterstehende Wut bricht sich nur selten Bahn. Bisou Gina ! Für Chartreuse tanzen sich die Massen im Foyer des Vereinshauses bei einem Surprise Surprise Act mit Ben E Blame & Sugar Shame warm. Was die Briten dann ablieferten blieb lange hängen. Und dabei kamen die vier völlig unpathetisch und nahbar daher. Wir werden sie im Blick behalten. 

Adam French im Klostergarten der Franziskanerkirche. Verlegt vom innen und außen beschreibt wohl ganz gut das Set. Der Garten war gefüllt und in tiefstes Rot gehüllt. Drei Sets in drei Locations die unterschiedlicher kaum sein können. Er bespielt sie alle. Endless Wellness (AUT) - Bester deutschsprachiger Indiepunk. Sie tanzen und fühlen die Enge der Bühne. Mit einem Unterschied: sie erscheinen gnadenlos optimistisch. Rufen! Wecken! Vereinen! 

Und so endet KalternPop 2024 für mich. Ein Gruß geht noch an Zolf & Saturn. Dem finalen Slot trauerte ich auf dem Brennerzubringer nach. Ich hätte mich so gerne noch ein wenig treiben lassen.


 

Konzerttagebuch © 2010

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