Konzert: The Wedding Present
Ort: La Boule Noire, Paris
Datum: 24.10.2012
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: 90 Minuten
"The Girl from the DDR", schon amüsant, daß die (halb)- legendären ("semi-legendary" wie Frontman Dave Gedge zu scherzen pflegte) The Wedding Present aus Leeds in England diesen Song spielten und meine gute Kumpanin Claudia aus Cottbus gleich neben mir stand. Sie musste lächeln und meinte kichernd: "oh, damit bin ja ich gemeint?!
Es schien ohnehin fast so, als sei ein bestimmter Teil des Sets unserer kleinen deuschen Gruppe gewidmet (neben Claudia war auch Uschi aus Dortmund da), die in der zweiten Reihe das schwungvolle Konzert verfolgte. Außer The Girl From The DDR* gab es nämlich mit dem Klee Cover Erinner' dich sogar ein ganzes Lied in der Sprache Goethes, vorgetragen von der heißen schweizer Bassistin Pepe Le Moko, die mir mit ihren sexy Tattoos an den Armen und der verruchten Strumpfhose den Atem raubte. "Knips nicht immer nur die Mädchen ab" meinte Claudia irgendwann einmal zu mir, denn sie konnte von hinten sehen, daß ich wie ein Gestörter fast ausschließlich die Bassistin fotografierte. "Der Dave ist mir eben zu alt" erwiderte ich schroff und hielt wieder wie so ein Weltmeister auf die Bassfrau drauf. Aber auch die Blondine, die Dave immer die neuen Gitarren brachte (und in einer witzigen Szene dem Gitarristen auch ein Bier), wurde Opfer meiner Knipserei. Sie saß hinten seitlich an der Bühne und ich versuchte krampfhaft, ihre hübschen blauen Augen und ihren noblen blassen Teint für die Nachwelt einzufangen. Ich fragte mich die ganze Zeit, ob sie Daves Frau oder Freundin sei.
Aber kommen wir nach diser yellowpressartigen Einleitung zum musikalischen Teil, denn der hatte es in sich. Vor allem die erste halbe Stunde, in denen Klassiker aus dem Repertoire der Band gespielt wurden, war hochklassig und fetzig. Gedge und seine Mitstreiter, neben der Bassistin Pepe LeMoko gehörten auch Patrick Alexander an der Gitarre und Charles Layton an den Drums zur Band, spielten volle Pulle und feuerten Hits wie My Favourite Dress oder Sports Car ab.
Und dann gab es eben das oben zitierte Klee Cover, bei der die Bassistin ihre hübsche, wenngleich ein wenig dünne, Stimme unter Beweis stellen konnte und die agressiven Gitarren dafür sorgten, daß aus dem netten Popliedchen ein richtig guter Indierocker wurde (zumindest wenn man über den banalen Text hinweghörte). Super war auch Deer Caught In The Headlights von der aktuellen Platte Valentina. Da kamen die ganzen Stärken der Engländer voll zur Geltung. Das kompromisslos schnelle Gitarrenspiel, das explosive Schlagzeug und vor allem am Ende eine fulminante Tempobeschleunigung, die alles in den Schatten stellte, was später noch folgen sollte. Zwar waren natürlich auch Dare, Suck und Corduroy (nach wie vor ein geiler Song!) von Seamonsters (um die erneute Vermarktung dieses alten Albums ging es ja heute im Wesentlichen) grandios, aber irgendwann, so etwa nach einer Stunde Spielzeit, verpuffte ein wenig die hohe Spannung und Intensität der Anfangsphase, gab es einen klitzekleinen Hänger, wo auch ein paar Leute, die vorne standen, nach hinten gingen, um ein Bier zu trinken oder aufs Kloo zu gehen.
Nach etwa einer Stunde und 15 Minuten war nach Octopussy Seamonsters dann abgearbeitet, Balladen hatte es natürlich keine gegeben und der Schweiß rann bei den Musikern in Strömen. Gedge wirkte aber nicht sonderlich erschöpft, im Gegenteil, sein in die Jahre gekommenen Körper schien drahtig, seine Leibesfülle hielt sich in Grenzen. Er war in Form, soviel stand fest und er hatte noch ein wenig Saft über. Genau wie in Köln gab es zunächts Click Click (von dem 1994 er Album Watusi), und dann das heiter wirkende What Have I Said Now? (Bizarro). Zwei Lieder, die nicht unbedingt zu den besten des Sets gehörten. Da hätte ich mir doch ein wenig mehr Fantasie und eine Abwandlung der Setlist gewünscht. The Wedding Present haben so viele stärkere Lieder, hätten mit Sachen wie Interstate 5, A Million Miles oder California aus einem guten Konzert ein sehr gutes Konzert werden lassen.
So aber verblieb unter dem Strich ein grundsolider Auftritt, der tausend mal besser war als das, was man von den meisten jungen britischen Bands so zu hören bekommt, der aber Luft nach oben hatte. Auf die Schule bezogen: es wäre eine eins drin gewesen, wurde aber "nur" eine zwei.
Die Höchstnote konnte allerdings für die Mimik des Drummers gezückt werden. Der wirkte wie ein Fisch im Trockenen, blies immer mal wieder die Backen auf, pumpte Luft in seinen Lungen, zog die Augenbrauen nach oben, glotzte debil aus der Wäsche. In einem Monty Python Film wäre er glänzend besetzt gewesen. "Die spinnen eben die Engländer", diese ständig wiederkehrende Aussage der Franzosen über ihre Erzfeinde stimmt zumindest immer ein wenig. Aber was wäre das Leben ohne britische Pomusik?
P.S. : Vorgruppe war eine junge japanische Girlgroup namens Toquiwa, die rotzigen Garagenrock spielte. Die Mädels waren nicht gut, aber sehr unterhaltsam, coverten am Ende sogar Wedding Present und soffen meinem Kumpel David das Bier aus.
Setlist The Wedding Present, La Boule Noire, Paris
01: End Credits
02: Sports Car
03: Girl From The DDR
04: My Favourite Dress
05: Erinner Dich (Klee)
06: Don't Touch That Dial
07: Deer Caught In The Headlights
Seamonsters:
08: Dalliance
09: Dare
10: Suck
11: Blonde
12: Rotterdam
13: Lovenest
14: Corduroy
15: Carolyn
16: Heather
17: Octopussy
18: Click Click
19: What Have I Said Now?
* bei dem Pepe Le Moko wie auf der CD ein paar deutsche Brocken sang
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