Konzert: Koko von Napoo & Sheraff (Soirée Custom)
Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 29.10.2008
Zuschauer: mittlere Auslastung
Konzertdauer: jeweils circa. 40 Minuten
Als ich ins Nouveau Casino eintrete, haben die drei Mädels und der eine Junge von Koko von Nappo gerade schon begonnen. Die Kulturzeitschrift Les Inrockuptibles organisiert seit ein paar Monaten eine neue Konzertreihe (neben dem bereits etablierten Inrocks Indie Club in der Maroquinerie, über den ich bereits oft hier berichtet habe), die sogenannten Soirées Custom. Pro Abend werden mindestens drei Bands ins Nouveau Casino eingeladen, zwischen denen es in musikalischer Hinsicht aber oft keinen besonderen Zusammenhang gibt. Gäste waren bisher u.a. Get Cape Wear Cape Fly, Jamie Lidell, Midnight Juggernaughts, The Little Ones, Das Pop. Auch Santogold stand bereits einmal auf dem Programm, aber die aufstrebende Sängerin sagte damals kurzfristig ab.
Heute waren nun Anoraak, Koko Von Napoo und Sheraff geladen, allesamt französische Bands, die aber lieber auf englisch singen.
Anoraak, die mir nichts sagten, hatte ich verpasst, aber für die Bands, zu denen ich kommen wollte, war ich pünktlich genug.
Über Koko von Napoo habe ich an dieser Stelle bereits oft berichtet, deshalb hier in der gebotenen Kürze nur das Wichtigste: Es gibt ein neues Lied im Programm und das ist ausnahmsweise auf französisch geschrieben worden. Platine (zu deutsch:Plattenspieler), so der zumindest vorläufige Name, trägt die typische Handschrift der Pariserinnen. Waviger Elektropop mit starkem 80ies-Einschlag und einer catchy Melodie. Keine Frage, die Band hat Hits zu bieten und schert sich auch nicht darum, daß eine gewisse trashige Note dabei ist! Die Bandmitglieder stehen dazu, daß sie ab und zu gerne recht peinlichen Kram aus den 80ern hören, wie.z.B: Samantha Fox, Sabrina, Valerie Dore und Italo-Disco Kram. Natürlich wird das ganze auf die Schippe genommen und mit der eigenen Duftnote versehen. Man nimmt sich von den sogenannten "Guilty pleasures" (Lieder aus den Mainstream- Charts, die man unter der Dusche pfeift und insgeheim ein wenig mag, sich aber dafür schämt) nur die eingängigen Melodien und verwandelt das Ganze in eine fetzige Indie-Version. Polly beispielsweise ist ein solcher Hit. Unverschämt ohrwurmig und mit sphärischen Synthie-Klängen und einem wavigen Bass versehen. Eine starke Nummer, die es bald auf Vinyl-Single geben wird. Auf der Rückseite (keine B - sondern Doppel A-Seite!) wird das schrammelige Agence Blady Trailer sein, ein cooler Song, den man inzwischen auch auf der MySpace Seite anhören kann.
Macht davon Gebrauch und freut Euch wie ich auf das Album, das 2009 erscheinen soll!
Danach kamen die Raubeine von Sheraff zum Zuge, vier heißblütige, gutaussehende Rocker, die besonders bei dem weiblichen Publikum gut ankommen. Ihr Stil, fetziger Garagenrock im Geiste von Bands wie Jet, The Datsuns, The Vines und The Hives, mag zwar im Jahre 2008 nicht mehr unbedingt wahnsinnig angesagt sein, aber Spaß macht er trotzdem. Da wird von Anfang bis Ende wie Hölle gerockt und nie der Fuß vom Gaspedal genommen. Der kurzgeschorene Sänger Ben ist ein besonders wilder Hund, in ihm steckt Adrenalin pur und seine Posen sind bereits jetzt äußerst professionnell. Mit ihrem wuchtigen Sound qualifizieren sich die Pariser als Vorbands ihrer Idole. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie in Zukunft einmal für die Queens Of The Stone Ages, Datsun, oder The Hives eröffnen dürfen. Im Stadion werden sie ohnehin schon bald angekommen sein, obwohl ihr Sound nach wie vor schrammelig und keine Spur glattpoliert ist. Sie werden nämlich am 6. November im Pariser Zénith als Vorgruppe der noch deutlich jüngeren BB Brunes auflaufen!
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