Mittwoch, 2. April 2014

Franz Ferdinand, Wiesbaden, 30.03.14


Konzert: Franz Ferdinand
Ort: Schlachthof, Wiesbaden
Datum:30.03.2014
Dauer: Franz Ferdinand 100 Minuten, Teleman 25 Minuten
Zuschauer: ca. 2000 (ausverkauft)





Franz Ferdinand war eine dieser Bands, bei denen ich irgendwie bereits unbesehen wusste, dass mir musikalisch gefallen würde, und ihr erstes Album leitete 2004 für mich eine Erneuerung meines Interesses an aktueller Musik ein. Viele der spannenden Bands im Kielwasser des "Kaiser Franz" sind längst wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden - beispielsweise spielten am selben Abend We Are Scientists im kleinen Kölner Luxor. Von etlichen dieser Bands kommt auch einfach nichts sonderlich Gutes mehr. Anders bei Franz Ferdinand, ihre Alben weisen eine relativ gleichbleibend hohe Qualität auf, und sie schaffen es nach zehn Jahren immerhin noch, den Schlachthof auszuverkaufen.



Dass seit dem Debütalbum mittlerweile zehn Jahre ins Land gegangen sind, konnte man am Publikum erkennen: Die Studenten von heute hören offenbar etwas anderes, hier waren die Berufstätigen angerückt. Und vielleicht wegen des etwas fortgeschrittenen Altersdurchschnitts im Publikum gab es beim ausverkauften Konzert fast überhaupt nicht gedrängelt - die meiste Zeit konnte ich in der dritten Reihe vor der Bühne prima sehen.




Zunächst befanden sich dort nicht Franz Ferdinand sondern Teleman, ein Nachfolgeprojekt der britischen Band Pete and the Pirates. Ich hatte die Vorgängerband vor einigen Jahren im Rödelheimer Yellowstage gesehen und war nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Teleman ist Pete and the Pirates minus zwei Personen, und auch ihre Musik konnte mich nicht packen.

In etwa 30 Minuten spielte die Band, nachdem uns Sänger Thomas Saunders mit "Hello Weisbaden! [sic] begrüßt hatte, sieben Titel. Sicherlich stammten viele davon vom Debütalbum "Breakfast", das erst am 26. Mail erscheint. Teil des Sets waren die Single "Cristina" und zum Schluss "Lady Low" und "Steam Train Girl", für eine detaillierte Setliste reichen meine Kenntnisse - und mein Interesse - nicht.


Andere finden Teleman aber extrem super, denn nicht nur wurden sie später lobend von Franz Ferdinan-Sänger Alex Kapranos erwähnt, sie haben es in der jüngeren Vergangenheit auch ins Vorprogramm von Suede und in Großbritannien auch vor Metronomy geschafft.

Nach dem Ende des Teleman-Sets wurde der hintere Teil der Bühne enthüllt, in dessen Mitte sich die Projektion einer gewaltigen stilisierten Uhr befand, um diese herum konnte man links und rechts jeweils eine Dia-Imitation eine Flughafen-Abflugtafel sehen, auf der stellenweise nach und nach Flughafenkürzeln aufleuchteten.


Als dann das schottische Quartett die Bühne betrat, musste ich sofort an dessen angeblichen Kunsthoschschul-Hintergrund denken (Wikipedia weiß nichts dazu, die Setliste in Comic Sans spricht irgendwie auch dagegen ...), denn alle vier trugen an sich individuelle, aber sehr seltsam schwarzweiß gemusterte Kleidung. Wann hatte ich eigentlich zum letzten Mal eine Band mit deutlich als solchen erkennbaren "Bühnenoutfits" gesehen? Da fällt mir nur Erdmöbel ein.

Vorab hatte mein Freund bereits vergangene Setlisten recherchiert und mir gesagt, die Reihenfolge der Songs des Abends stünde im Grunde fest, nur "Darts of Pleasure" werde eventuell zu einem anderen als dem vornotierten Zeitpunkt gespielt. Diese Ankündigung sollte sich als größtenteils korrekt erweisen jedoch anders als erwartet - später mehr dazu.


Mit diesem scheinbaren Wissen achtete ich zunächst nicht weiter auf die im Smartphone vorab gespeicherte Liste, denn das auf der Bühne Gebotene schien damit übereinzustimmen: Alte Hits, neuer Hits und immer wieder beim Beginn eines neuen Songs der Gedanke "Ach stimmt, das Lied haben die ja auch! Schön!" Franz Ferdinand begannen äußerst temporeich: "Bullet", "The Dark of the Matinée", "Tell Her Tonight", "Evil Eye", "No You Girls" und "Do You Want To" jagten einander. Gut, dass das Tempo anschließend bei "Fresh Strawberries" und "Walk Away" ein wenig reduziert wurde.


Die Band schien ausgesprochen - mit Ausnahme des Bassisten Bob Hardy - gut gelaunt und geradezu übermotiviert, gesprochen wurde aber abgesehen von dem bereits erwähnten Teleman-Lob wenig. Nick McCarthy wechselte immer wieder zwischen seiner Gitarre und einem Keyboard und sang auch ausgiebig mit - dass am Anfang von "Tell Her Tonight" seine Stimme zu hören ist, war mir vor dem Konzert gar nicht bewusst. Nach "Stand on the Horizon" wechselte er für vier Lieder komplett ans Keyboard.

Als in der Mitte des Sets "This Fire" angestimmt wurde, stupste mein Freund mich an - anders als ich hatte er gemerkt, dass hier eine deutliche Abweichung von unserer angenommenen Setliste vorlag, in dieser war der Song nämlich erst bei den Zugaben aufgetaucht. Die in Wiesbaden gespielte Version war extra lang und ein Highlight des Abends. Alex und Nick animierten das Publikum zum Mitsingen und ließen ähnlich wie zu Beginn des Konzertes nun wieder einen X nach dem anderen folgen: "This Fire", "Take Me Out", "Love Illumination", "Michael" und "Ulysses".


Bei dieser einen Änderung der Setliste blieb es aber nicht, denn nachdem die Band ihr Set mit "Outsiders", zu dem alle Mitglieder gemeinsam aufs Schlagzeug eindroschen (scheint momentan irgendwie Trend zu sein, bei Radiohead und The Notwist wurde das auch so gemacht), beendet hatte, begannen die Zugaben ganz normal mit "Right Action", dann ergriff Nick das Wort - auf Deutsch: "Wir haben jetzt noch etwas ganz Besonderes für Euch vorbereitet. Vielleicht habt Ihr es ja schon gehört: "Erdbeermund"!


Und so spielte die Band die abgedrehte, deutschsprachige, von Nick gesungene B-Seite zu "Wild Starwberries", für die Alex ans Keyboard wechselte, wobei das Publikum eher verwirrt als begeistert schien. Aber immerhin, mir gefällt es, wenn Bands von ihrer Setliste abweichen und etwas anders machen, statt jeden Abend genau das Gleiche durchzuziehen. Und eine Live-Premiere eines Liedes hat man auch nicht jeden Abend (für uns war es in dieser Woche allerdings schon das zweite Livedebüt eines Songs).


Wegen "Erdbeermund" musst aber wohl "Darts of Pleasure" mit seinem deutschen Quatschtext "Ich heiße superphantastisch, ich trinke Schampus mit Lachfisch" von der Setliste weichen, vielleicht wäre es für die Band sonst allzuviel des Deutschsprachigen gewesen. Das Set endete mit "Jacqueline", das irgendjemand gewidmet wurde, der es gecovert hatte, dann folgte als letztes Lied sehr passend "Goodbye Lovers & Friends" mit seiner letzten Textzeile "Goodbye lovers and friends… you can laugh as if we’re still together but this really is the end".

Mit dem Konzert haben Franz Ferdinand bewiesen, was eigentlich auch zu erwarten gewesen war: Die Band veröffentlicht nach wie vor tolle neue Songs, die alten sind aber ebenfalls überhaupt nicht abgenudelt oder peinlich. Die Band hat offensichtlich nach wie vor Spaß an dem, was sie tut und kann damit ihr Publikum begeistern. Beim nächsten Mal möchte ich aber bitte gerne auch noch "Darts of Pleasure" hören ..


Setliste Franz Ferdinand, Schlachthof, Wiebaden:

01: Bullet
02: The Dark of the Matinée
03: Tell Her Tonight
04: Evil Eye
05: No You Girls
06: Do You Want To
07: Fresh Strawberries
08: Walk Away
09: Stand on the Horizon
10: Can't Stop Feeling
11: Auf Achse
12: Brief Encounters
13: Lucid Dreams
14: This Fire
15: Take Me Out
16: Love Illumination
17: Michael
18: Ulysses
19: Outsiders

20: Right Action (Z)
21: Erdbeermund (Z)
22: Jacqueline (Z)
23: Goodbye Lovers & Friends (Z)


Links:

- aus unserem Archiv:
- Franz Ferdinand, Köln, 12.03.14
- Franz Ferdinand, Barcelona, 31.05.12
- Franz Ferdinand, Minehead, 11.12.10
- Franz Ferdinand, Paris, 17.03.09
- Franz Ferdinand, Köln, 14.03.09
- Franz Ferdinand, Stockholm, 15.11.08
- Franz Ferdinand, Melt!, 19.07.08

Bilder: Dirk von Platten vor Gericht

1 Kommentare :

Nummer Neun hat gesagt…

Wir haben sie dann einen Tag später hier in München gesehen - mit Erdbeermund (was hier ähnlich verhalten angenommen wurde) und Darts of Pleasure, das allerdings bereits im regulären Set gespielt wurde.

Auch bei der Publikumsbeschreibung kann ich zustimmen: Die jungen Leute von heute scheinen was anderes zu hören.

 

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