Freitag, 4. Februar 2011

Maps & Atlases & Oh No Oh My, Paris, 03.02.11


Konzert: Maps & Atlases & Oh No Oh My

Ort: La Maroquinerie, Paris

Datum: 03.02.11

Zuschauer: voll, aber nicht ausverkauft

Konzertdauer: Oh No Oh My knapp 1 Stunde, Maps & Atlases 75 Minuten


Zu dumm nur, daß es schon die Shins gibt, die das Gleiche in besser machen! Dergestalt waren meine Gedanken, als ich am Dienstag die texanische Indiepop Band Oh No Oh My* bei einem Showcase im Plattenladen Fnac gesehen hatte. Die wohlgenährten Jungs aus Austin (haha, ich muß grad' reden, ich fetter Sack!) sind dabei ihr zweites Album People Problems ("it's absolutely great ",wie sie selbst sagten) zu promoten und touren gerade durch Frankeich, bevor sie im Laufe des Februars auch durch deutsche Indieclubs ziehen werden.



Heute durften sie als Vorgruppe von Maps & Atlases in der Pariser Maroquinerie ran. Und es war durchaus gefällig und Laune machend, was man hörte. Eine Band mit gleich zwei Sängern, die sich je nach Stück immer wieder abwechselten und dem typisch amerikanischen College Rock/Indiepopsound. Neben den Shins könnte man problemlos auch noch The New Pornographers, Death Cab For Cutie, Cursive, The Good Life, REM, Someone Still Loves You Boris Yeltsin und noch einige andere nennen. Bei sovielen ähnlichen Bands, fiel es mir schwer, das Eigenständige bei Oh No Oh My zu erkennen. Aber was soll's, man stößt halt eben nicht alle Nase lang auf eine essentielle Gruppe, die die Musikwelt revolutioniert. Und ein paar gute Songs hatten die Texaner ja allemal zu bieten. Die Variationen entstanden durch die wechselnden Sänger. Wenn der bärtige Greg Barkley sang Jamesmercerte es und wenn der rundliche Daniel Hoxmeier zum Mikro griff, Robersmithte es sogar ein wenig. Das allerletzte Lied des Sets bestritt allerdings ausnahmsweise Tim Reagan mit seiner bluesigen Whiskeystimme. Unter dem Strich ein passables Konzert, gut zur Einstimmung.

Dann durften Maps & Atlases ran. Die zahlreichen Amerikaner im Publikum scharrten schon mit den Hufen und johlten als die Truppe um den bärtigen Brillenträger die Bühne berat. Ohne die amerikannische Gemeinde in Paris wären Konzerte von US-Indierockkapellen wohl deutlich schlechter besucht und kaum einer würde die Texte kennen. Hipster nennt man diese Typen wohl. In der Regel gutsituiert, gebildet und betont lässig auftretend. Kinder reicher Eltern, die sich locker machen, den Schlips in die Ecke donnern, sich lange Haare und Bärte wachsen lassen und den Mainstream verachten. Individuell und kreativ will man sein, um sich von den anderen Pappnasen, die Jura studiert haben, abzugrenzen. Zu dumm nur, daß durch die rasend schnelle Informationsverbreitung im Internet, Bands wie Maps & Atlases in der Szene schnell bekannt werden und über kurz oder lang auch ein paar Mainstreamler anziehen werden, die der Hipster hasst. Blame it on pitchfork.

Maps & Atlases scheinen mir ohnehin der Inbegriff der Bloggerlieblinge zu sein. Schräg, gegen den Strich gebürstet, mit zahlreichen Ecken und Kanten und Tempiwechseln aufwartend und einem Sänger mit Hippielook und nasaler Stimme. Clever wie sie sind, vereinen sie alle angesagten Stile der letzten 5 Musikjahre auf sich. Mathrock, Afro-Indie, Psychedelic-Folk. Mit dieser Mischung und ihrem nonchalanten, netten Auftreten, versuchen sie an unsere Kohle zu kommen. Wenn es die Truppe aus Chicago nicht gäbe, mussten man sie als Indieplatten-Boss klonen! Schon eine clevere Masche das Ganze. Aber hey, halt, warte! Jetzt nicht aufschreien und mir Boshaftigkeit unterstellen. Wohlgemerkt, ich mag Maps & Atlases, sie sind toll, haben mir einen prima Abend beschert. Ich wollte nur anmerken, daß eine kleine Kapelle wie Maps & Atlases genau wie großkotzige Arroganzler wie die Killers ganz genau durchdachte Karrierpläne einhalten und keinen Bock darauf haben, auf immer und ewig ein paar CDs an Freude und Bekannte aus dem Kofferraum ihres bemalten VW- Busses zu verscherbeln. Das sind eben Amerikaner, denen wurde in der Schule nicht eingebläut, daß Konsum per se etwas Schlechtes ist und ein Brainwashing durch die wirren Thesen eines Karl Marx haben sie auch nicht erfahren. Daß der Sänger Dave Davison schon fast aussieht wie der Enkel des Trieres ändert daran nichts. Und wir wissen ja auch, wie Oberkomunarde Rainer Langhans geendet ist. Im Dschungel, aber anschließend mit 50.000 Euro mehr auf dem Konto.

Zu den gespielten Songs: allesamt quirlig, bunt, federnd, perlend, euphorisierend. Opener Pigeon kommt mit Afroeinschlag à la Vampire Weekend daher, Israeli duftet nach dem Saft kalifornischer, sonnengereifter Apfelsinen und hätte so ähnlich auch von den Magic Numbers stammen können, CavesWill erinnert mit seiner verwunschenen Psychedelic- Note an Grizzly Bear und Closer Solid Ground ist der Hit der Band schlechthin. Ein Ohrwurm, der Maps & Atlases noch deutlich bekannter machen wird.

Schön auch, daß die Band am Schluß vier akustische Lider inmitten des Publikums performt. Die Zuschauer bilden einen Kreis und können den Künstler aus nächster Nähe beim Musizieren zusehen.

Exklusiver geht es bei der Aftershow Session zu. Renaud von Le Cargo kam mit seiner Kamera vorbei und filmte noch zwei Tracks mit der Band in der Kabine. Zutritt für Normalsterbliche verboten. Ich selbst hätte die Chance gehabt, reinzukommen, war aber zu lahm. Aber wie das Ganze war, können wir dann ja später auf der Seite von Le Cargo bewundern.

Setlist Maps & Atlases, La Maroquinerie, Paris:

01:Pigeon
02: The Sound They Make
03: Artichokes
04: Israeli Caves
05: Ted Zancha
06: Will
07: The Charm
08: Witch
09: If This Is
10: Was
11: Every Place is A House
12: Living Decorations
13: Daily News
14: Is
15: Solid Ground

2 der akustischen Songs hat mein Freund Laurent (merci!) erkannt, es handelet sich um Carrying The Wet Wood und The Ongoing Horrible. Laurent merkte auch an, daß die Reihenfolge der getippten Setlist nicht immer eingehalten wurde.

* aufgepasst beim Namen! Nicht zu verwechseln mit Oh No Oh No. Außerdem muss man wissen, daß Oh No Oh My die ursprünglich verwendeten Ausrufezeichen aus seinem Bandnamen gestrichen hat.

Ausgewählte Konzerttermine Oh No Oh My (ohne Gewähr):

11.02.2011: Baden (Schweiz) - One Of A Million Festival
13.02.2011: Wien - Fluc
14.02.2011: Innsbruck, Weekender
15.02.2011: Dresden, Ostpol
16.02.2011: Berlin, Café Zapata
17.02.2011: Hannover, Feinkost Lampe
18.02.2011: Leipzig, UT Connewitz
19.02.2011: Offenbach, Hafen 2
20.02.2011: Karlsruhe, Kohi
25.02.2011: Köln, King Georg

Ausgewählte Konzertermein Maps & Atlases (ohne Gewähr)

07.02.2011: Oberhausen, Drucklufthaus
08.02.2011: Münster, Gebäude 9
09.02.2011: Berlin, Festsaal Kreuzberg
14.02.2011: Leipzig, UT Connewitz
15.02.2011: Prag, 007
16.02.2011: Wien, Szene
17.02.2011: München, Orangehouse
18.02.2011: Zürich, Plaza
19.02.2011: Köln, Gebäude 9

Aus unserem Archiv:

Maps & Atlases, Paris, 14.10.10



3 Kommentare :

E. hat gesagt…

auf scheibe sind oh no oh my jedenfalls deutlich von allen kapellen zu unterscheiden, die du als referenz angeführt hast. live kann ich sie nicht beurteilen, aber das aktuelle album macht freude. rezension steht morgen im blog.
maps & atlases würde ich mir auch gern geben, ob das so hinhaut, wie wollte, weiß ich aber noch nicht. danke für deine eindrücke!

Oliver Peel hat gesagt…

Jetzt bin ich doch auf Oh No Oh My neugierig geworden, ich glaube ich lege mir das neue Album mal zu.

Maps & Atlases solltest du mitnehmen, wenn es irgendwie geht. Prima Band.

E. hat gesagt…

ab heute ist die rezension zu oh no oh my im blog zu lesen:
http://dasklienicum.blogspot.com/2011/02/oh-no-oh-my-people-problems-2011.html

 

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