Konzert: Keren Ann
Ort: Paris Saint Denis, Studios des Fernsehsenders Canal + ("Album de la Semaine")
Datum: 21.02.2011
Zuschauer: ausverschenkt
Konzertdauer: 75 Minuten
Meine Frau hat mir neulich hämisch grinsend das Ergebnis einer Studie vorgelesen, wonach Männer nicht in der Lage sind, sich auf den fachlichen Inhalt zu konzentrieren, wenn eine schöne Frau einen Vortrag hält. Verkürzt gesagt: glotzen und zuhören geht bei uns nicht gleichzeitig.
Natürlich habe ich diese dubiose Studie als Unsinn von irgendwelchen dahergelaufenen Emanzen bezeichnet, zumal ich ohnehin nicht repräsentativ bin. Ich kann nämlich sexy Weiber beglotzen und gleichzeitig vor Lüsternheit sabbern, äh, quatsch, ich meine natürlich aufpassen, was sie sagen!
Was das mit Musik zu tun hat? Nun ja, Keren Ann (die Holländerin/Französin, Israelin/Amerikanerin, ich weiß es immer noch nicht so genau) sah bei ihrem Auftritt für den TV Sender Canal plus so unverschämt attraktiv aus, das ich mich konzentrieren musste, beim Bewundern ihrer sensationell schönen Beine auf die Texte zu achten. Worum ging es noch mal in Chelsea Burns? Ach, ist ja auch egal. Die Verpackung zählt (hochelegantes schwarzes Kleid, schwarze edle Pumps, Perrücke (!) im Stile von Louise Brooks), nicht der Inhalt. Nein Blödsinn ,natürlich andersrum wird ein Schuh draus.
Eine Stimme aus Samt und Seide, abwechslunsgreiche brillant dargebotene Songs, eine Band, in der nicht nur ein Thereminspieler seine verblüffenden Künste zeigte, sondern gleich drei Geiger und ein Cellist aufs Schönste um die Wette strichen, ein Sound, der an Klarheit und Raumklang nicht zu überbieten war, ich hätte das Konzert auch mit geschlossenen Augen voll genießen können. Es war eben mit offenen Äuglein nur noch einen Tick schöner.
Das Repertoire der Keren Ann ist sehr weitreichend, die Haupteinflüsse scheinen aus Paris und New York zu kommen. Einen Hauch von Edith Piaf, Françoise Hardy und Gainsbourg/Birkin kann man bei ihr heraushören, aber auch Loud Reed, Velvet Undergound und Nico sind manchmal nicht sehr weit. Bei ihrer neuen Hitsingle My Name Is Trouble klingt sie gar fast wie Blondie. Ein treibender Diskosound wird von einem funkigen Bass unterlegt, bevor das Lied einen Schlenker macht und in dreampoppige Gefilde à la Kate Bush abdriftet. Die Leute im Studio standen drauf und tanzten zu der Nummer, die bei der Zugabe sogar noch einmal wiederholt wurde. Mir persönlich gefiel In Your Back besser, ein Song der von dem selbstbetitelten 2007 er Album stammte und zusammen mit For You And I und Chelsea Burns (beide von Nolita) den Backkatalog von Keren Ann repräsentierte. Ansonsten kam der ganze Rest vom neuen, noch nicht erschienen Album 101, auf das man sich sicherlich freuen darf.
Ein richtig gutes Konzert, obwohl ich eigentlich kein Fan dieser Studio-Gigs bin, da fehlt mir ein wenig die richtige Live-Atmosphäre. Und von dem Animateur, der einen vorher nötigt, zehnmal das Klatschen zu üben, rede ich lieber gar nicht. Wie im Club Med, so'n Käse!
P.S.: Hiermit versichere ich an Eides Statt, das ich diesen Konzertbericht eigenhändig verfasst habe, keinen Ghostwriter benutzt und keine nicht belegten Quellen verwendet habe. Falls sich aber herausstellen sollte, daß ich doch abgeschrieben haben sollte ( das wären dann "gravierende Fehler, unbewusste natürlich"), verzichte ich einfach auf meinen Konzertblogger-Doktortitel.
(Dr.) Oliver Peel
Anmerkung: Die Fotos stammen vom Konzert in der Bellevilloise vom 18.02.11.
2 Kommentare :
auf tonträger (kenne zwei alben) ist ihre musik etwas, ähm..., fad, nein, zahm eher. live kann ich das nicht beurteilen.
@ Eike: ich kann dir das gut nachempfinden. Nolita fristete auf meinem ipod jahrelang ein Schattendasein, weil ich es ebenfalls etwas fad und ohne Biss fand.
Live hat Keren Ann aber einen famose Band zusammen und verleiht den Songs Intensität, Tiefe und Wucht. Sie ist grandios keine Frage!
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