Montag, 14. Februar 2011

Esben and the Witch, Köln, 13.02.11


Konzert: Esben and the Witch
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 13.02.2011
Zuschauer: sehr gut gefüllt
Dauer: Esben and the Witch 50 min., Vorgruppe zu lange


Vor zwei Wochen erschien das Debütalbum des Brightoner Trios Esben and the Witch auf Matador. In Haldern hatte ich keine Gelegenheit, die Band zu sehen, weil sie im Zelt spielte und ich das im vergangenen Jahre mied, um mich nicht über Schlangen und dämliche Wartereien ärgern zu müssen. Also war erst heute meine erste Berührung mit den wichtigsten Vertretern des Genres Nightmare Pop, so jedenfalls nennen die Engländer ihren Stil. Hätte ich mich vorher noch weniger mit ihnen beschäftigt, hätte ich schon beim Annähern ans Gebäude 9 gedacht, die Band spiele bereits, Nightmare Rock (eher) könnte nämlich auch eine gute Beschreibung der Musik sein, die da um neun begonnen hatte. Da das aber weder düster war, noch einem Hype entsprechend ankam, musste es sich um eine nicht angekündigte Vorgruppe handeln.

Soul Irgendwas hießen die Kölner wohl, ich habe es nicht richtig verstanden; den Grund, warum sie vorher aufgeboten wurden, übrigens auch nicht. Die ersten beiden Lieder klangen nach den Soundtracks der ersten Schimanski Tatorte (Chris Norman und andere Unmusiker), dann brüllte jemand aus dem Publikum "viel schneller!" nach vorne, der Sänger griff das auf und versprach, es würde jetzt schneller. Die Geister, die er rief... Es wurde nicht unbedingt schneller, es wurde fieser, es folgte ironiefreier, seelenloser 70er Jahre Gitarrenrock. Solche Musik hat sicher ihre Berechtigung, es gehen ja auch Leute zu Nickelback oder den Scorpions, aber sie passt doch bitteschön nicht ins Gebäude 9 vor Indiepublikum. Im Zelt einer Eifeldisko kommen die großen Rockgesten sicher prima an, vor Leuten, die auch jenseits der Kirmes Konzerte sehen, wirkt so etwas albern. Wenn mein Patenkind mit seiner elektrischen Pappgitarre, die es Weihnachten gab, Rockstar spielt, macht er exakt die Posen, die vier Erwachsene da fabriziert haben.

Aber weil die Vorgruppe aus Köln stammt und bestimmt furchtbar nett ist, will ich mal nicht zu gemein werden.


In der Pause wunderten wir uns dann darüber, daß restlos alles, was auf der Bühne gestanden hatte, abgebaut wurde, einschließlich des sagenhaft großen und aufwendigen Schlagzeugs. Nur zwei Laternen, die rechts und links davon geleuchtet hatten, blieben. Esben and the Witch brauchen trotzdem nicht furchtbar viel Aufbau, lernte ich in der sympathisch kurzen Umbauphase. Drei Mikros, ein Keyboard, eine Trommel in der Mitte und viele Gitarreneffekte links, mehr nicht.

Esben and the Witch sind die beiden Gitarristen Thomas Fisher und Daniel Copeman und Sängerin und Trommlerin Rachel Davies.

Live klingen Esben and the witch deutlich düsterer als auf Platte. Das kann gut sein, wie bei I Like Trains zum Beispiel, heute bedauerte ich es, weil düsterer in erster Linie bedeutete, daß es weit weniger klar klang, die Lieder hörten sich matter an, deutlich matter. So wie das Licht so runtergedimmt war, daß man die Musiker kaum einmal wirklich erkennen konnten, schienen auch die Stücke gedämpft zu sein.

Dieses Matte führte dazu, daß die monotonen Phasen, die es auf Platte gibt, verstärkt wurden, es wurde manchmal ziemlich ereignislos eintönig. Natürlich ist Eintönigkeit nicht direkt langweilig, The xx machen gelangweilt klingend fabelhafte Livemusik. Bei Esben and the Witch fehlte mir aber das ein oder andere Mal der Pepp.

Aber es war trotzdem kein schlechtes Konzert. Die minimalistischen Lieder der Band sind dafür zu gut. Minimalistisch bezieht sich dabei auf den Klang der Stücke, nicht auf ihre Struktur, denn die ist vielfach komplex, hat Melodien, die sich
immer wieder ändern. Dabei sind die vorher erwähnten xx keine gute Referenz, weil deren treibenden Rhythmen viel neuer klingen. Esben and the Witch erinnern mich in ihren besten Momenten an Siouxsie & the Banshees und in den glücklicherweise extrem seltenen schlechten an Evanescence.

Daß Soundeffekte auch live eine große Rolle spielen würde, hatte ich erwartet. Der
linke Gitarrist (ich weiß leider nicht, wer von beiden das war) spielte dann auch dauern an seinen Effekten und wurde zwischen den Stücken manchmal herrlich hektisch, rannte hin und her, weil er irgendeinen Regler noch verändern musste. Gegen Ende des Sets zog er einen Kopfhörer auf, den er dann auch beim folgenden Stück trug, als Gitarrist auch eher ungewöhnlich. Am schönsten waren aber die Stücke, die er auf unverstärkter Gitarre spielte. Sein Instrument war kaum auszumachen, es schien ihn aber nicht nervös zu machen, war also offenbar keine Panne sondern ein gewollter Effekt - herrlich! Vielleicht wäre das auch ein Stilmittel für die Vorgruppe.

Setlist Esben and the Witch, Gebäude 9, Köln:

01: Argyria
02: Marching song
03: Chorea
04: Hexagons IV
05: Marine fields glow
06: Lucia, at the precipice
07: Warpath
08: Battlecry/Mimicry
09: Eumenides

10: Swans (Z)



1 Kommentare :

Nelle hat gesagt…

Findest du, dass man die Musiker schlecht erkennen konnte? Ich fand es eigentlich zu "klar" - hätte eine schöne Portion Nebel bevorzugt.

Ansonsten störte mich - neben der unsäglich Vorband - wie gestern bereits gesagt vor allem das Kameradauerklicken der sieben oder acht Pressemenschen um mich rum bei den ersten vier Liedern (also fast das halbe Konzert lang) und das endlose "Record... Record"-Blinken auf dem Display des filmenden Typens schräg vor mir. Starten wir einen Volksentscheid gegen Kameras ohne Sucher, die man nur via Display bedienen kann?
Jedenfalls kam ich vor lauter Störfaktoren nur selten so richtig ins Konzert rein und es blieb daher weit, weit hinter dem Haldernauftritt zurück - auch wenn es knapp doppelt so lang war.

Bei letzten Lied ging die Gitarre des Herrn vor dir übrigens meinem Empfinden nach wirklich nicht mehr. ;-)

 

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