Donnerstag, 20. April 2017

Jens Lekman, Köln, 19.04.17


Konzert: Jens Lekman
Ort: Artheater Köln
Datum: 19.04.2017
Dauer: Jens Lekman gut 80 min, Joe Scholes knapp 30 min
Zuschauer: 200 vielleicht



Anfang Februar saß ich in einem Zug, als mich ein Freund anrief und fragte, ob ich im April mit zu Jens Lekman nach Köln kommen wolle, dann kaufe er für mich ein Ticket mit. Natürlich wollte ich, der schwedische Sänger ist schließlich viel zu selten in Deutschland. Und er ist toll! Wir waren beide überzeugt, daß das Konzert schnell ausverkauft sein würde, daher schien Eile geboten. Daß mir das später Terminprobleme bereiten würde, wusste ich da noch nicht*, es war aber auch egal. Jens Lekman! 

Zuletzt hatte ich Jens Lekman (mit Band) 2013 beim wundervollen End Of The Road Festival in England gesehen. Er spielte damals auf der Pfauen-Bühne, die nicht nur eines der Viecher als Dekoelement am Bühnenaufbau hatte, die Wiese vor der Bühne war das Wohnzimmer von zig der Angebervögel. Im Artheater war das Publikum normaler.

Das Konzert begann mit einem kurzen Programm eines Singer/Songwriters, der mit einem Lied You look so guilty begann und sich dann als Joe Scholes "straight outta Köln-Nippes" vorstellte. Supportbands straight outta nähere Umgebung sind gerade während der Woche oft lästig, Joe Scholes' Musik war aber unterhaltsam und gefiel mir gut. Vor allem passte sie zum Hauptprogramm, denn auch Joe erzählte Geschichten in seinen Liedern, in denen - wie in A good man ("ist autobiographisch") - es nicht immer gut für ihn lief. Neben eigenen Liedern seiner Debütplatte Songbook vol. II (produziert von Ekki Maas) spielte Joe zwei Smokey Robinson Cover, weil er die Musik des Amerikanes verehre.

Setlist Joe Scholes, Artheater, Köln:

01: You look so guilty
02: Ballerina Valerie
03: The love I saw in you was just a mirage (Smokey Robinson Cover)
04: The life I know
05: A good man
06: Jam in Amsterdam
07: The composer (Smokey Robinson Cover)
08: Perfect

Das Artheater hat eine lustige Bühne, die auf beiden Seiten noch etwas Platz bietet. Man kann also auf einer Höhe mit der Band stehen, wenn man das denn will. Da der Backstage-Bereich hinter dem Zuschauerraum ist, kam Jens Lekmans Band durchs Publikum Richtung Bühne, um sich aber erst einmal an den Rand zu stellen, das erste Lied spielte der Schwede nämlich alleine. Wir hatten aber natürlich schon vorher am Bühnenaufbau gesehen, daß es eine echte Band geben werde. Bei seinem letzten Besuch im Rheinland (2011 in Düsseldorf - das letzte Köln-Konzert war vor neun Jahren!) hatte Jens nur einen Schlagzeuger dabei. Damals kam sehr viel (Elektronisches) vom Band, heute war die Besetzung Schlagzeug, Gitarre, Bass und Keyboard, und alle Posten neben Jens waren weiblich besetzt (auch der am Mischpult). 

To know your mission war das erste Stück; wie so oft begann also ein Konzert mit dem ersten Lied der aktuellen Platte (Life will see you now). Jens begleitete sich auf seiner winzigen Gitarre, die so etwas wie eine Mischung aus akustischer Gitarre und Ukulele ist. Das Lied war irre lang und sehr schön. Danach kamen Jens' Bandkolleginnen auf die Bühne, Julia (Schlagzeug), Hannah (Bass) und Emily (Keyboard). Ich glaube nicht, daß eine der drei beim End Of The Road dabei gewesen ist, bin aber nicht sicher.

Mit Band spielte Jens Lekman gleich die nächsten beiden Lieder der Platte, Evening prayer mit sehr lustigem Beat, obwohl an dem Lied sonst nichts lustig ist. Aber dieses Bittersüße ist ja so typisch für Jens Lekman. Und genau diese Tatsache spielte eine Rolle bei Lied drei der Platte und des Konzerts. Vor 13 Jahren sei er mit einer Freundin mit Liebeskummer durch einen Park in Malmö gegangen. An einem Riesenrad hatte er sie gefragt, ob sie das Rad kurzschließen könne. Beide konnten das nicht. Sie bat ihn, wenn er jemals ein Lied darüber schreiben würde, solle es nicht eines seiner traurigen Stücke sein. Es habe 13 Jahre gedauert, bis er die Episode in einem fröhlichen Song habe umsetzen können.

Auch die nächsten beiden Lieder stammten vom neuen Album (das ich bisher viel zu selten gehört habe). Bei Postcard #17 legte Jens die Gitarre weg und bediente seinen kleinen Synthie. Am Ende des Lieds hob er das ganze Dings mit Gestell hoch in die Luft, warum auch immer. Aber es sah schön aus und ist eine ähnlich lustige Geste wie sein Luftglockenspiel-Spiel, das er früher gerne eingebaut hat.

Das erste ältere Stück war dann I know what love isn't ("from a very cynical time in my life"). I know... ging am Ende in einen wilden Discobeat über, Jens zog seine Jacke aus und alle außer der Schlagzeugerin (hihi, doofer Job!) tanzten plötzlich kräftig rum. Dieser Tanzübergang führte zum wundervollen How we met, the long version, einem meiner aktuellen Jens-Lekman-Lieblinge. Die beiden Lieder alt und neu passen perfekt zusammen und wirkten wie eines. Und weil das so gut klappte, gab es so etwas danach gleich noch einmal: What's the perfume that you wear ging (inhaltlich passend) in Sipping on the sweet nectar über. Medleys sind ja eher Bigband-Standard, diese beiden Mini-Medleys gefielen mir aber ausgezeichnet! 

What's the perfume... hatte übrigens noch andere Folgen. Weil Jens darin den Duft des Parfums so genau beschreibt, hat er es nachbrauen lassen und verkauft es jetzt als Merch-Artikel (riecht nach Zitrone, Kardamon, schwarzem Pfeffer, Ingwer, Lavendel und Jasmin). 

Das schönste Lied des Abends war wieder ein altes: Black cab. Alle drei Frauen sangen den Refrain mit Jens, das Lied war perfekt. Ein kleiner Schönheitsfehler war die laut redende Frau mit den Ohrstöpseln im Publikum, die ziemlich schreien musste, um ihrer Freundin spannende Dinge erzählen zu können. Mit Ohrstöpseln muß man eben 33 dB lauter reden als ohne (ist Physik; kannste nichts dran machen). Sie erwähnte das aber auch gleich am Anfang während eines der ersten Lieder. Wir seien ja schließlich nicht zum CD-Hören da, da gehöre das eben dazu.

Ein weiteres neues Lied beendete das Hauptprogramm, Dandelion seed. Bis auf Our first fight und How can I tell him hatte Jens Lekman damit alles von Life will see you now gespielt. Weil danach das Zugabe-Ritual nicht recht funktionieren wollte - die Band stand eben direkt neben der Bühne - kamen die vier Musiker nach wenigen Sekunden zurück und spielten zwei Lieblinge, The opposite of Hallelujah (mit Glockenspiel-Intro - leider aber vom Keyboard) und A postcard to Nina ("yours truly Jens Lekman").

Neun Jahre hatten eine ganze Menge Nachholbedarf erzeugt, wir klatschten sehr lange nach jedem Lied, besonders lang nach I know... / How we met..., "ihr mögt das? - That makes me so happy!" Also kam Jens zurück, diesmal alleine und noch einmal für drei Lieder. Das erste war A man walks into a bar. Bevor er das begonnen hatte, riefen Leute Liedwünsche. Ich traue mich sowas nie, hätte mir Shirin aber wohl auch gewünscht (und Every little hair knows your name und And I remember every kiss und und und).

Shirin sei ein guter Wunsch, den erfülle er. Und nach Shirin spielte Jens noch das nächste schönste Lied des Abends, Pocketful of money mit uns als Chor (wobei ich es bei lautlosem Singen belassen habe, besser ist besser).

Mein bisher liebstes Jens Lekman Konzert war wohl das vor neun Jahren in Frankfurt (das mit den Schlüsseln um den Hals). Aber das heute war kaum weniger toll und verdiente einen deutlich weniger abgehetzten Bericht.  


Setlist Jens Lekman, Artheater, Köln:

01: To know your mission (Jens Lekman solo)
02: Evening prayer
03: Hotwire the ferris wheel
04: Postcard #17
05: Wedding in Finistère
06: I know what love isn't
07: How we met, the long version
08: What's the perfume that you wear
09: Sipping on the sweet nectar
10: Black cab
11: Dandelion seed

12: The opposite of Hallelujah (Z)
13: A postcard to Nina (Z)

14: A man walks into a bar (Jens Lekman solo) (Z)
15: Shirin (Jens Lekman solo) (Z)
16: Pocketful of money (Jens Lekman solo) (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
-
Jens Lekman, Larmer Tree Gardens, 01.09.13
- Jens Lekman, Frankfurt, 01.12.12
- Jens Lekman, Düsseldorf, 15.10.11
- Jens Lekman, Frankfurt, 24.02.08


* an diesem Mittwoch wollte ich auch Japandroids in Hamburg sehen, die ich nicht in Köln gucken kann, weil sie da zeitgleich mit The Jesus and Mary Chain (Darmstadt) spielen, die ich wiederum nicht in Köln ansehen möchte (LMH). Also muß ich zu Japandroids nach Frankfurt fahren, was bedeutet, daß ich Esben and the Witch nicht wie gewünscht in Wiesbaden am Sonntag sondern in Köln am Samstag sehen muß. Und ja, das ist mein Hobby.




1 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Schöner Bericht, das Konzert in Paris habe ich ähnlich erlebt. Black Cab war auch mein Liebling. Dass du Jens Lekman sehr magst, kann man daran sehen, dass du das- von der Band und Jens geförderte- Mitklatschen mit keiner Silbe erwähnst.

 

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