Freitag, 22. April 2016

Locas in Love, Karlsruhe, 21.04.16


Konzert: Locas in Love
Ort: Jubez Café in Karlsruhe
Datum: 21. April 2016
Dauer:  65 min
Zuschauer: etwa 30


Wer meine Konzertempfehlungen liest, weiß, dass ich mich auf dieses Konzert ganz besonders gefreut habe (*). Bevor die Band Locas in Love 2007 in mein Leben trat, hatte ich gedacht, ich würde niemals deutschsprachiger Musik verfallen können. Dann kam das Album Saurus und ich war wie elektrisiert. Und diese Begeisterung hat sich über die Jahre seitdem erhalten. Leider beschränkten sich unsere Live-Begegnungen auf viel zu wenige der Wintergalas in Köln - auch weil ich es schweren Herzens zweimal wegen Wetters lassen musste (Züge und Wintereinbrüche und Sturm usw...). 


Beim letzten mal - am Nikolaustag 2015 aber - fuhr ich mit besonders leichtem Herzen nach Hause, denn dort wurde mir verraten, dass sie im April im Jubez in Karlsruhe auftreten würden. Seitdem hatte ich mich regelmäßig gezwickt und halb neben mir stehend vermutet, dass da bestimmt noch etwas dazwischen kommen würde - weil es zu schön wäre zum wahr werden.
 


Seit in meinem Leben wieder Zeit für Konzerte ist, waren die Locas tatsächlich nicht ganz so fleißig unterwegs wie ich mir das gewünscht hätte. Zuletzt in Karlsruhe waren sie wohl 2004 im Vorprogramm von Superpunk. Nun gut - 2004 wohnte ich noch 400 km weiter nördlich und außerdem wußte ich ja noch gar nicht, dass es die Band gibt.
 


Leider fiel das Konzert in Karlsruhe im Jahr 2016 auf einen Tag, an dem ich nur hoffen konnte, dass meine Abschätzung so einigermaßen hinkommen würde und ich es noch zu den Locas schaffen würde. Während ich noch das Fahrrad abschloss, erklang schon der erste Akkord von drin - puh! das war knapp gewesen! Im hereinkommen war es als erstes Bennie, den ich direkt vor der Bühne stehen sah und der mir das Gefühl von Kontinuität vermittelte, war er doch bisher auf allen Konzerten (in Köln) prominent mit von der Partie gewesen. 
 

Beim Blick auf die Bühne, fand ich dort

am Bass Stefanie Schrank,
an der Gitarre Björn Sonnenberg und

am Schlagzeug Saskia von Klitzing.

Ein kleines inneres Oh: ganz ohne Niklas und ganz ohne Tasten ... !? Das instrumentale Intro (auf der Setlist hatte es den Namen 2 Bass) war laut und rockig und rotzig und zeigte damit schon die Färbung für die nächste Stunde. Danach wurden wir  von Stefanie willkommen geheißen. Björn blieb tatsächlich über den Abend hinweg untypisch (verglichen mit seiner Wintergala-Laune jedenfalls) ruhig. Ein wenig vermisste ich seine mäandernden Einlassungen. Als mir heute der Spruch unterkam: Die Möglichkeiten der deutschen Grammatik können einen, wenn man sich darauf, was man ruhig, wenn man möchte, sollte, einlässt, überraschen - dachte ich sofort - ja, darin hätte sich Björn köstlich und mit viel Enthusiasmus verheddert haben können.
 


Im Publikum waren wir nur mittelviele. Das wirkt im Café im Jubez trotzdem ok, aber es spiegelte zurück was Björn von der Bühne aus als Delle bezeichnete. Nach der ganz frischen Todesnachricht von Prince und wohl auch dem Rhythmus der Tour folgend, waren sie ein wenig suboptimal aufgelegt. Nun gut - sagte ich mir - eine Wintergala-Stimmung wäre wohl auch für Karlsruhe ein wenig zu hoch geschraubte Erwartung meinerseits gewesen.
 


Aber was soll's - schon im nächsten Stück war der Funke bei mir übergesprungen. Mein so heißgeliebtes Sachen - ein evergreen; mit der zugleich lakonischen wie tröstlichen Grundstimmung. Und überhaupt hatte ich in dem Moment das Gefühl, dass sie es mit dem Publikum im Jubez nicht schwer hatten. Das waren viele, die wie ich die Locas tief im Herzen immer bei sich tragen. Einige, die sogar 2004 schon beim Konzert waren und sich recht textsicher zeigten.
 


Tatsächlich ist es so, dass das Album Saurus immer noch so einen ganz besonderen Status in meinem Herzen hat mit fast all seinen Stücken. Wobei ich die Menschen dahinter eigentlich wirklich ins Herz schloss mit dem Album Winter und den Videos dazu (**). Nach dem Lemminge-Album hat erst das aktuellste Album Kalender wieder so richtig gezündet und daran sind vor allem solche Stücke schuld wie Ich werd ein Lied für alle schreiben. Das hat nämlich diese Hymnen-Qualität, die ich so besonders schätze. Ein Großer Gott wir loben Dich-Moment, wie ihn so feierlich und realistisch in einem Atemzug wohl nur die Locas hinkriegen.
 


Anschließend bekam mein Fan-Herz weiteres Futter. Wie immer wenn Stefanie singt Ich gebe zu ich habe dies Tür eingetreten trat ich neben mich und musste einerseits lächeln, weil das so unwahrscheinlich klingt und dabei so liebenswürdig und die Musik fast eine Schunkelnummer ist und nebenbei wird im Text mal eben eine ganze Welt oder eine ganze Beziehung brutalst demoliert. Weiter im Programm ging es mit drei aktuellen Songs. Ultraweiß rührt mich immer mit seinen Versprechungen und seiner Transparenz, aber es schwingt auch immer eine Portion Angst mit, dass all das Leuchten und Aufheben von Schmerz die finale Explosion unseres Heimatplaneten meinen könnte. Richtige Mitsing-Qualität für mich hat der Song Oh!. Wobei hier von Stefanie auch ganz schöne Tretminen unters Volk gebracht wurden:  Eine Müdigkeit, die ganz tief innen sitzt hat mich befallen. Oh oh oh oh, nichts ändert sich in mir. Oh oh oh oh. So fein eingebettet in die Ohs kann man das schon mal überhören und erschrickt sich dann jäh, wenn die message auf's Hirn trifft.
 


Die einzige Ansage zu einem der Lieder war Ruinen gewidmet - also ein Trennungslied, wo es eine/r nicht hinkriegt:  Und wenn wir für immer auseinandergehen, kannst du mich nicht einfach mitnehmen? Dann ... Monkey! Bei den hingeseufzten einleitenden Ah ah hatte ich schon Gänsehaut, dann das vertraut tickende Schlagzeug - wieder so ein Evergreen vom Saurus Album, der so tröstlich versöhnlich vom Affen auf dem Rücken spricht. Richtig schön zum mitgrölen eignet sich ja der Refrain von Nein und in der rotzigen live-Fassung wurde das dann doch eher eine Art Manifest. Die Band versuchte dann mit einem weiteren Instrumental  und einem ganz rockigen Black Box (riesig!) - das voll die von mir so geschätzten Stärken ausspielte: realpolitische und rockig Strophen neben einem hochpoetischem Refrain - aus dem Konzert zu gleiten. Aber natürlich baten wir - zum Glück erfolgreich - um Zugaben!


Nach etwas Plenum wurde uns ein weiterer alter Kracher angeboten. Nur die Locas kommen damit durch Schande, Scham, Schuld  in so einen Song zu packen, dabei ganz poetisch zu klingen und voll zu rocken! So etwas zu hören und um die Ohren geschlagen zu kommen, dafür war ich gekommen. Und es hätte gut als Gehet hin in Frieden dienen können, nur natürlich gänzlich unversöhnt mit den Zumutungen der Welt und des Lebens. Dafür hatte Björn aber seine ganz eigene Variante. Er ging nämlich durchs Publikum und umarmte jede/n und verabschiedetet sich damit ganz persönlich. Als Praline gab es anschließend noch ein Angebot zum mitsingen Run away, turn away. Popvorbilder, die auch so prima traurigen (leider wahrhaftigen) Text zu tanzbarer Musik boten. 



Mein Fazit des Abends: 35 Tausend Millionen leuchtende Augen, die Hoffnung, dass es nicht wieder zwölf Jahre braucht und Mabuse im Set wäre eigentlich auch sehr schön gewesen.

(*) So wie auf die wenig und immer zu für mich unpraktischen Zeiten tourenden Afenginn (zuletzt in Basel abgepasst) und Arstidir (für die ich 2014 extra nach Gera gefahren bin)
(**) Ich hasse Videos eigentlich.


Setlist:
01: 2 Bass
02: Sachen
03: Ich werd ein Lied für alle schreiben
04: Zum Beispiel ein Unfall
05: Ultraweiß
06: Oh!
07: Ruinen
08: Monkey
09: Über Nacht Ist Ein Ganzer Wald Gewachsen 
10: Nein
11: Leyendeckerstraße
12: Black Box

13: Auto destruct (Z)
14: Small town boy (Z, Bronsky beat-cover)

Tourdaten:
15.04. Düsseldorf Zakk (Staatsakt Labelabend mit LIL & Isolation Berlin)
16.04. Dortmund Sissikingkong
17.04. Offenbach Hafen 2
18.04. große Überraschung
19.04. München Feierwerk
20.04. Nürnberg MUZclub
21.04. Karlsruhe Jubez
22.04. Jena Glashaus im Paradies
23.04. Bremen Etage 3  Lagerhaus
24.04. Münster Skater's Palace


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