Sonntag, 30. November 2014

Owen Pallett, Köln, 29.11.14

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Konzert: Owen Pallett
Ort: Stadthalle Mülheim, Köln (Week-End Fest #4)
Datum: 29.11.2014
Dauer: 70 min




"Ich begrüße ihn mit den Worten, die er jetzt sein Leben lang hören wird: 'Here comes Academy Award nominee, Owen Pallett!'" 

Daß mein kanadischer Liebling Teil des Week-End #4 Lineups sein würde, war mir lange schon klar. Owen Pallett ist "Freund des Hauses" und musste irgendwann einfach das Kölner Festival spielen. 2014 war ideal, da das das Owen Pallett Jahr war. Im Frühjahr die Oscars (er gewann zwar leider mit der Musik für Her nicht und war daher auch nicht auf diesem doofen Selfie), im Mai sein eigenes Album und anschließend das erneute Touren als Support und zweite Geige* bei Arcade Fire.

Diese Doppelfunktion bei Arcade Fire hatte Owen Pallett auch schon beim vermutlich besten Konzert meines Lebens gespielt. 2005 hatten Arcade Fire im 3 km entfernten Gebäude 9 gespielt. Vorgruppe war Final Fantasy, also Owen solo mit Geige.

Seitdem habe ich den Kanadier immer wieder gesehen - in allen erdenklichen Konstellationen. Mal alleine, mal mit Gitarrist, mit ganzer Band oder mit Orchester. Am liebsten mochte ich aber bisher die Auftritte, bei denen der Musiker nur mit Geige, Keyboard und Loopstation seine herrlich kauzigen Melodien reproduzierte. Vor dem Week-End Fest hatte ich mich gefragt, ob es auch diesmal (wie zuletzt beim Arcade Fire Support) ein Solo-Auftritt werden würde. Der Aufbau beantwortete die Frage. Owen wurde von einem zweiten Keyboarder (und Bassisten) und einem Schlagzeuger begleitet. 

Um kurz nach zehn (zehn Minuten vor dem Zeitplan) kam aber der von Conférencier Dave Doughman angekündigte Violinist zunächst alleine auf die Bühne und begann mit That's when the audience died vom Final Fantasy Debüt-Album. Vermutlich hatte er das auch damals im Gebäude 9 gespielt (da hat aber niemand die Setlist dokumentiert - shame on me). Bevor er mit Song song song ein Lied vom zweiten Album He poos clouds spielte, erklärte er, daß er das für Kölner Freunde mache. "Some old songs. 'Yeah, old songs!'"


Nach Keep the dog quiet (ich: "yeah, newer songs!"), das der Künstler auch noch solo vortrug, kam die Band dazu. Der Schlagzeuger sei Ersatz für den normalen Trommler (Geburtsauszeit) und spiele sein erstes Konzert! Der Bassist (der aber doch eine Gitarre hatte? Oder einen sechssaitigen Bass? Das Instrument klang bassig) kam mir bekannt vor. Die Namen der beiden habe ich leider nicht verstanden. Daß der Drummer neu war, merkte man ihm nicht an. Sicher ist es fürs Lampenfieber auch nicht hilfreich, wenn der Chef immer wieder betont, daß es das Debüt ist. Aber Schlagzeuger (und besonders er) scheinen Stoiker zu sein - der Owen-Trommler machte seinen Job hervorragend!

In Bandkonstellation spielten die drei nur neuere Songs, also Lieder der Platten In conflict und Heartland. Nach Tryst with Mephistopheles verschwand der Schlagzeuger vorerst wieder. Der Bassist zögerte, bis Owen ihn fragte "willst du bleiben?" Er wollte. Zu zweit spielten sie einen der stärksten Songs, das wundervolle Scandal in the parkade von der EP zwischen den beiden letzten Plattem (der Hintergrund des Textes ist alles andere als wundervoll, die Melodie und das Arrangement aber in der Owen-Top-3). 


Bei Konzerten mit Band spielt das Loopen zwar auch eine Rolle, es steht aber nicht so im Vordergrund wie bei Owens Solo-Auftritten. Dieses schichtweise Aufnehmen der Rhythmen hat für mich nichts von seiner Faszination eingebüßt. Bei zwei oder drei Mann auf der Bühne achtet man natürlich nicht nur darauf. Außerdem gibt es das Schlagzeug als Rhythmusgeber. Alleine erloopt sich der Kanadier die Songstrukturen. Aber - lange Rede, kurzer Sinn - mir gefiel die Band-Herangehensweise diesmal so gut wie bisher nie. Ich bin nicht mehr sicher, wie ich Owen Pallett am liebsten mag (doch: möglichst oft!). 

"We have to fill 70 minutes!" sagte der Sänger irgendwann. Gottseidank! Wenn ich all die Lieblingslieder aufzählen müsste, die er nicht gespielt hat (CN Tower, Lewis I, Midnight directives, This lamb sells condos, Many lives...), hätte Owen auch gut und gerne zwei Stunden spielen dürfen. Aber ich will mich nicht beschweren. Das Konzert war zwar nicht weiter überraschend, weil ich wusste, daß seine Auftritte immer herausragend sind und weil kein absurd-schönes Cover gespielt wurde (wir hatten uns vorher etwas von einer der Kölner Folk-Bands gewünscht) - er war aber eben auch... wieder herausragend. Wie gut, wenn Festivalmacher solche Freunde haben!

Setlist Owen Pallett, Week-End Fest #4, Köln:

01: That's when the audience died**
02: Song song song**
03: Keep the dog quiet**
04: Soldiers rock
05: In conflict
06: Tryst with Mephistopheles
07: Scandal at the parkade
08: The great elsewhere
09: The secret seven
10: Infernal fantasy
11: This is the dream of Win and Régine
12: The riverbed
13: Lewis takes off his shirt

14: Song for five & six**

Links:

- aus unserem Archiv:
- Owen Pallett, Dresden, 17.06.14
- Owen Pallett, Paris, 11.12.12
- Owen Pallett, Düsseldorf, 26.05.12
- Owen Pallett, Eindhoven, 11.11.11
- Owen Pallett, Köln, 23.06.11
- Owen Pallett, Paris, 22.02.11
- Owen Pallett, Eindhoven, 18.02.11
- Owen Pallett, Paris, 01.06.10
- Owen Pallett, Barcelona, 28.05.10
- Owen Pallett, Frankfurt, 15.03.10
- Final Fantasy, Haldern, 14.08.09

* 'tschuldigung!
** Owen solo





Kate Tempest, Köln, 28.11.14

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Konzert: Kate Tempest
Ort: Stadthalle Mülheim, Köln (Week-End Fest #4)
Datum: 28.11.2014
Dauer: knapp 50 min



Vor gut 20 Jahren war ich zum ersten Mal bei einem Konzert in der Stadthalle Mülheim. Damals spielte Anne Clark, an die ich während des Konzerts von Kate Tempest immer wieder erinnert wurde. Nachvollziehen wird das niemand können, auch ich kann es nicht näher erklären. Hier die sehr lyrische, still stehende und vertonte Gedichte vortragende Anne Clark, da die wütend rappende Kate Tempest. Die offensichtliche Gemeinsamkeit der beiden Britinnen: sie begeistern mich für Sprechgesang (mit mehr oder weniger hohem Anteil Gesang).


Schon der Beginn war aufregend! Zunächst kam die Band auf die Bühne - zwei Schlagzeuger, eine Keyboarderin und eine Rapperin und begann, eine Melodie zu spielen. Kurz später kam Kate Tempest dazu - und die Musik stoppte! Die Londonerin sagte die ersten Strophen ihres Stücks Marshall law auf, ganz puristisch, minutenlang. Mittendrin dann, mit der Zeile "something was happening" setzte Musik ein, Kates Vortrag ging nahtlos im Satz in Gesang über. In Gesang, der immer wütender wurde. Was für eine Energie von der unscheinbar wirkenden Dichterin ausgeht, wenn sie rappt - irre! Wer nicht wusste, was ihn hier erwartete, wurde mit der zweiten Hälfte von Marshall law gepackt. Ich höre Kates Album häufig, nachdem ich es von Beginn an für besonders (gut), aber auch anstrengend hielt, dann aber die Kurve bekam und mehr und mehr begeistert wurde. Aber bitte - was ist denn die Platte gegen diesen Auftritt? Ich wusste also grob, was mich erwartet. Bei dem sehr speziellen Lineup des Week-End Fests weit jenseits von allen Booking-Konventionen (was brillant ist), ging dies aber vermutlich nicht allen so. 


Sich Kate Tempests Konzert zu entziehen, erschien mir aber schwer vorstellbar, zu faszinierend waren die knapp 50 Minuten gerappter Songs über Becky, Pete, Harry. Die ersten gut sieben Minuten Marshall law waren schlicht brillant und der Saal hin und weg. Und in Bewegung.


Bei einem Stück gab es noch einmal einen ruhigeren Moment, in dem Kate nur ein paar Sätze aufsagte, der Rest war wild und laut - und verflucht gut. 

Alle Stücke stammten vom Mercury Prize nominierten Album Everybody down. Besonders toll neben Marshall law waren The truth und vor allem The beigeness! Der Auftritt war spannend, kurzweilig und packend (wenn man keinen Rap-Hintergrund hat, sollte man Begriffe wie "flow" vermeiden) und leider viel zu schnell vorbei. Die große Begeisterung des Publikums schien sich auch auf die Künsterin zu übertragen. Sie schien ernsthaft beeindruckt von Saal und Publikum und vom Festival. Kate lobte uns und freute sich besonders auf den nachfolgenden Act. "Can't wait for ESG! Can't wait!"

Das Week-End Fest wird hoffentlich eine Dauereinrichtung in Köln! Die Mischung aus Musikhelden (wenn die Talking Heads irgendwann noch mal auftreten, dann in Mülheim. Biete eine Wette dazu an!) und spannenden neuen Künstlern ist einzigartig und kann nicht hoch genug gelobt werden! Das wird nie dazu führen, daß Massen das sehen wollen, dafür sind A Certain Ratio oder Teenage Fanclub nicht mehr hip genug. Es wird aber das Festival auch unter Musikern immer wichtiger werden lassen. "Ach, das sind die, die ESG geholt haben."
  

Kate Tempest wird riesig. Sie ist jung, voller Talente und eine brillante Performerin. Bevor sie das letzte Lied begann, fragte sie das Publikum, ob es eher ein schönes Stück, "heart breaking" hören wolle oder "hardcore". Die Entscheidung für Hardcore quittierte sie lachend mit "this is Germany!" Das letzte Stück wurde Happy end mit kleinen Scooter Melodien.

Vermutlich war die Zugabe dann das romantischere Stück, es war das einzige nicht von der ersten Platte stammende Lied Hot night cold spaceship, das ein fabelhafter Abschluß war. 

Setlist Kate Tempest, Week-End Fest #4, Köln:

01: Marshall law
02: The truth
03: Chicken
04: The beigeness
05: Stink
06: The heist
07: Circles
08: Happy end

09: Hot night cold spaceship (Z)


Samstag, 29. November 2014

Konzerttipps München im Dezember

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die livepräsenz von bands bzw. künstlern hat an bedeutung gewonnen. dem wollen wir gern rechnung tragen, indem wir immer mal wieder etwas deutlicher hinweise auf entsprechende veranstaltungen geben. das können tourdaten einzelner künstler sein, aber auch wie heute übersichten nur für eine stadt. dass uns münchen dabei am herzen liegt, dürfte auf der hand liegen. gleichsam bemühen wir uns nicht um einen kompletten überblick, sondern picken uns die perlen heraus. 


Wir danken Eike, der diese Liste mit Liebe zusammengestellt und hier veröffentlicht hat (dort gibt es auch viel zu hören).   
 
01.12. anais mitchell, hauskonzerte.com
01.12. owen pallett u.a., hansa 39
01.12. rival sons, strom
01.12. annenmaykantereit u.a., zenith
02.12. joey badass, hansa 39
02.12. ryan keen, strom
02.12. northcote / andrew paley, milla
03.12. little dragon, freiheiz
03.12. protoje, hansa 39
03.12. yun seok cheol trio u.a., unterfahrt
03.12. ami warning, strom
03.12. mazen kerbaj, einstein kultur
03.12. the dead brothers, milla
03.12. rakede u.a., ampere 
04.12. blau die band, glockenbachwerkstatt
04.12. the rural alberta advantage u.a., atomic cafe
04.12. shan 69 u.a., hansa 39
04.12. mariemarie u.a., freiheiz
04.12. alien ensemble, milla
04.12. errdeka u.a., ampere
05.12. karaba, import export
05.12. maybecyborgs u.a., sunny red
05.12. carl carlton, freiheiz
05.12. monza u.a., kafe marat
05.12. ceux qui marchent debout, ampere
06.12. youth avoiders u.a., kafe kult
06.12. lamb, strom
06.12. al jones band, unterfahrt
06.12. navel u.a., milla
06.12. cassandra wilson & band, philharmonie
06.12. antilopen gang, kranhalle
06.12. rampue u.a., kong
07.12. monza / frana u.a., sunny red
07.12. radio citizen, milla
07.12. demenzia kolektiva u.a., kafe marat
08.12. the boys u.a. hansa 39
08.12. pegasus, kranhalle
08.12. nine black alps, strom
08.12. aufbau west, milla
08.12. curtis harding, ampere
09.12. guerilla toss / atatakakatta, kafe kult
09.12. audrey horne u.a., hansa 39
09.12. jerry leonide, unterfahrt
09.12. the wave pictures, strom
10.12. alexander von schlippenbach trio, unterfahrt
11.12. lovewash, substanz
11.12. uriah heep, circus krone
11.12. kalle mattson, milla
11.12. inter arma / mantar u.a., kafe kult
12.12. weiky / shimé u.a., sunny red
12.12. schiller-ulher duo, einstein kultur
13.12. the cold shpes u.a., milla
13.12. junior roy u.a., sunny red
13.12. markus acher u.a., substanz
14.12. die libellen / zunder!, sunny red
14.12. rosalie and wanda, milla
14.12. embryo, kafe kult
15.12. bürokratic monster u.a., glockenbachwerkstatt
15.12. cats on trees, strom
16.12. mighty oaks, tonhalle (soundbsp.)
16.12. mono u.a., hansa 39 (soundbsp.)
16.12. triska u.a., glockenbachwerkstatt
16.12. girls in airports, unterfahrt (soundbsp.)
16.12. turbostaat, backstage club
17.12. hoffmaestro, strom
17.12. abi wallenstein - hubert hofherr duo, unterfahrt
17.12. the very pleasure, unter deck
18.12. manfred mann's earth band, muffathalle
18.12. brothers of santa claus, milla
18.12. g.rag / zelig implosion, unter deck
18.12. spaceman spiff u.a., glockenbachwerkstatt
19.12. torch / das fest u.a., hansa 39
19.12. dafarahn, import export
19.12. pete york drum boogie, unterfahrt
19.12. the wandrin' stars and titus waldenfels u.a., milla
20.12. riders sound u.a., sunny red
20.12. samaris u.a., milla
20.12. rapture u.a., hansa 39
20.12. sunspiration u.a., kranhalle
21.12. kofelgschroa, muffathalle
21.12. misfits, theaterfabrik
21.12. blind & lame, orangehouse 
22.12. hundreds, ampere
22.12. impala ray, heppel & ettlich
22.12. peter and the test tube babies, backstage halle
23.12. oliver gottwald, milla
25.12. capsolé kollektiv u.a., sunny red
27.12. we will fly u.a., sunny red
27.12. hajo hoffmann & modern string quartet, unterfahrt
28.12. bluekilla, milla
29.12. tom wu u.a., import export (soundbsp.)
29.12. you can pay u.a., sunny red
30.12. monobo son, substanz
30.12. johanna schneider quartet, unterfahrt


Freitag, 28. November 2014

Teenage Fanclub, Köln, 27.11.14

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Konzert: Teenage Fanclub
Ort: Stadthalle Mülheim, Köln (Week-End Fest #4)
Datum: 27.11.2014
Dauer: 95 min




Nein, meine Begeisterung fürs Week-End Fest hat nichts mit den frischen Eindrücken des fantastischen Konzerts von Teenage Fanclub zu tun, das den ersten Abend um kurz nach eins beendete. Das Week-End Fest ist so toll, weil es einzigartig in Deutschland ist. Schöne Säle (der Nostalgie-Charme der Stadthalle Mülheim ist wundervoll!) haben andere auch, nette Ideen wie Kurzauftritte in den Pausen wie letztes Jahr oder Papierorchester diesmal vielleicht auch. Die Einzigartigkeit liegt anderswo. Ich mag keine Festivals. Zumindest nicht das, was man allgemein darunter versteht. Diese schrecklichen Wochenenden mit 80% schlimmer Musik, widerlich-betrunkenen Idioten, anderen Idioten sind oft notweniges Übel, um eine Band zu sehen, die nur da spielt. Aber ein Vergnügen kann das niemandem bereiten, der wegen der Musik da ist. 

Die guten Festivals werden von Leuten gemacht, die selbst schon bei vielen schlechten waren und ihres nicht wegen der Finanzierung von Haus, Auto oder Urlaub sondern wegen der Musik machen. Bei Week-End Fest liegt es noch anders, glaube ich. Das wird, meiner Theorie nach, nämlich offenbar von Leuten gemacht, die noch nie bei solchen schrecklichen Festivals waren und die Zwänge und Mechanismen, der Festivalmacherei nicht kennen und stattdessen so buchen, wie sie es sich wünschen. Das Ergebnis sind Linups, die vollkommen unvorhersehbar sind und die komplett auf die Bands der Saison verzichten. 

A Certain Ratio, Owen Pallett, Kate Tempest und Teenage Fanclub als Headliner gibt es ganz sicher nirgendwo sonst! Und auch wenn man mit vielen der Namen nichts anfangen kann, ist solch ein Wochenende herrlich horizonterweiternd und zigmal spannender als jedes neue Großereignis in Berlin. 


Ich wäre also auch sicher ohne Teenage Fanclub gekommen - ohne die Band, die man so gut wie nie in Deutschland sieht und die Donnerstag Nacht alles an die Wand gespielt hat!

Teenage Fanclub stammen aus Glasgow, veröffentlichen seit 1990 Alben und waren zuletzt 2010 auf richtiger Tour. Seitdem fanden lediglich eine Handvoll Konzerte statt. Anfang des Jahres erscheint ein neues Album. Zu einem solchen Zeitpunkt ohne aktuelle Tourtermine zu haben, nach Köln zu kommen, spricht für Band und Festival.


Der Zeitplan des Abends hinkte von Beginn an 30 min zurück. Teenage Fanclub begannen fast eine Dreiviertelstunde später als geplant. Mit dem ersten Stück waren meine Sorgen um die extrem kurze Nacht weg. Und wenn schon! Was sind Augenringe gegen Star sign? Oder About you oder Start again


Viel zu beschreiben gibt es bei diesem Auftritt nicht. Außer dem ständigen Wechsel des Sängerjobs passiert ja nicht viel bei "Shows" der Schotten. Warum auch? Wer zu viel Petersilie übers Essen streut, lenkt ja auch von fehlender Kochkunst ab (ansonsten gibt es keinen Grund, dieses widerliche Zeug zu benutzen). Norman Blake muß auch während eines Konzerts nicht seinen Pullover wechseln, alles ist prima genau so, wie es ist. In der Mülheimer Wirklichkeit bedeutete das 70 min Hits - vor allem von den fünf Alben in der Mitte ab Bandwagonesque und der letzten (Shadows), Did I say vom Best of Album und ein Lied vom kommenden Album. Natürlich war das besonders spannend. Aber auch dazu gibt es nicht viel zu erzählen. Das Stück, das wohl I'm in love heißt ("it feels good, when you're next to me"), ist nämlich genauso wie die anderen Lieder des Abends - ein Hit eben. 


Um halb eins kamen die fünf Schotten für vier Zugaben zurück, darunter das wunderbare Everything flows, das einzige Stück vom ersten Album. "Das geht noch bis eins", raunte mir mein Nachbar zu. Wegen vieler kurzer Nächte wäre das normalerweise eine Drohung gewesen. Hier war es bei uns beiden Ausdruck der Hoffnung, noch mehr zu hören. Kurz vor eins gingen Teenage Fanclub. Mit Hilfe des wieder hochsympathischen Conférenciers Dave Doughman kamen sie aber noch einmal wieder und spielten zum Schluß What you do to me.

Oh, es war großartig! Warum wissen so wenige, wie fabelhaft Teenage Fanclub sind? Warum füllt ein Typ mit Bärchenmaske und lieben Reimen am gleichen Abend die zigmal größere Halle? Ich reiße mich nicht drum, daß mein guter Geschmack so exklusiv ist und von nur einigen Hundert in Köln geteilt wird. Aber solange es Festivals gibt, die sich nicht dem Massengeschmack ergeben, funktioniert ja alles!

Wundervolles Konzert, wundervolles Festival!

Setlist Teenage Fanclub, Week-End Fest #4, Köln:

01: Star sign
02: About you
03: Start again
04: Sometimes I don't need to believe in anything
05: The past
06: It's all in my mind
07: Don't look back
08: Baby Lee
09: I need direction
10: Did I say
11: Verisimilitude
12: neu ("it feels good whne you're next to me")
13: Ain't that enough
14: Can't feel my soul
15: The concept
16: Sparky's dream

17: Near you (Z)
18: I don't want control of you (Z)
19: Your love is the place where I come from (Z)
20: Everything flows (Z)

21: What you do to me (Z)


Links: 

- aus unserem Archiv:
- Teenage Fanclub, New York, 30.09.10


Mittwoch, 26. November 2014

Morrissey, Paris, 27.10.14

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Konzert: Morrissey
Ort: le Grand Rex, Paris
Datum: 27.10.2014
Zuschauer: ausverkauft, etwa 2700
Konzertdauer: etwa 90 Minuten

Setlist:

01: The Queen Is Dead (The Smiths)
02: Speedway
03: Kiss Me A Lot
04: I'm Throwing My Arms Around Paris
05: World Peace Is None Of Your Business
06: Neal Cassady Drops Dead
07: Istanbul
08: One Of Our Own
09: Trouble Loves Me
10: The Bullfighter Dies
11: Earth Is The Loneliest Planet
12: Yes, I Am Blind
13: Kiss The Bride Down The Aisle
14: Meat Is Murder (The Smiths)
15: Staircase At The University
16: I'm Not A Man
17: Asleep (The Smiths)

18: Suedehead
19: Everyday Is Like Sunday


Ach menno, dieses sehr vielversprechende Konzert hat mich dann doch nicht so richtig gepackt. Woran lag's ? Nun, da wäre zunächst der frühe Beginn zu kritisieren. 20 Uhr 30 als Start für eine Show, ein schlechter Witz für Spätankömmlinge wie mich ! Ich kam erst um 20 Uhr 55 angeschlichen und habe satte 25 Minuten verpasst. Konzerte sollten nicht vor 21 Uhr beginnen ! Dennoch mea culpa. Dann: das eigentlich komplett bestuhlte Konzert fand schließlich doch im Stehen statt, weil das Publikum keine Lust hatte zu sitzen, was absolut verständlich war. Bloß sind dann 78 Euro dafür ziemlich happig, zumal nach vorne hin zu meinem eigentlichen Platz kein Durchkommen mehr
war.

Das Konzert selbst: Morrissey war sehr gut bei Stimme, sah aber etwas ausgezehrt aus. Nachvollziehbar, weil man ja inzwischen weiß, daß er an Krebs erkrankt ist. Vor diesem Hintergrund eine sehr gute stimmliche Leistung. Aber: es kam nicht so viel rüber wie ich mir das erhofft hatte. Das Publikum war alt, lahm und träge und anstatt zu tanzen, klatschen die Leute meistens nur blöd im Takt mit. Man fühlte sich teilweise wie bei Dieter Thomas Heck. Nicht allein Morrissey's Schuld, aber sowas liegt natürlich dann auch an den Eintrittspreisen. Bei knapp 80 Euro kommen kaum junge Leute und ich war umzingelt von Leuten meines Alters. Ehemalige Rebellen, die heutzutage eher bürgerlich geworden sind, gute Jobs und eine hohe Kaufkraft haben. Die Herren mit den kurzen grauen Haaren, den schwarzen Hornbrillen und den Fred Perry Jäckchen + Paul Smith Schals arbeiten sicherlich im richtigen Leben im Verlagswesen, als Lehrer oder Professoren, als Homöopathen oder Freiberufler.


Die Songauswahl war eher mäßig, zumindest aus meiner Sicht. Allein 10 Lieder stammten vom neuen Album und das hatte ich eben dummerweise vorher nicht gehört, deshalb rauschten diese Songs an mir vorbei. Auch meine Schuld, aber ich hatte mir schon erhofft, daß Lieder von You Are The Quarry, oder  Ringleader Of The Tormentors gespielt würden. Da konnten auch die vereinzelten The Smiths Songs nichts rausreißen, denn The Queen Is Dead wurde gleich an den Anfang gestellt und folglich von mir verpasst, Yes I'm Blind kannte ich gar nicht (sorry, es gibt größere Experten als mich, was die Diskografie der Kultband anbelangt), Asleep hätte ich gerne gegen How Soon Is Now ausgetauscht, was in anderen Städten innerhalb der Tour gespielt wurde und zu Meat Is Murder gab es abstoßende Videos von mißhandelten Zuchttieren, von denen man nicht wußte woher sie stammten. Da hätte ich mir schon gewünscht, daß Ross und Reiter genannt werden, ansonsten ensteht eben der (sicherlich von Morrissey gewünschte) Eindruck, in jedem Zuchtbetrieb würde es ganz genau so brutal und barbarisch zugehen, was ich zumindest anzweifele. Morrissey kniete zu dem Stück theatralisch Richtung Bildschirm gewandt (und somit mit dem Rücken zu den Zuschauern) als sei er Willy Brand, der den Kniefall von Warschau vor den Tieren wiederhole. Seltsamerweise war Morrissey hinsichtlich der Behandlung von Mitmenschen nicht so zimperlich. So wurden denn gleich nach den Ekelvideos Fans, die auf die Bühne gekraxelt kamen, um Crowdsurfing zu betreiben mit unerbitterlicher Härte behandelt und ins Publikum zurückgeschmissen wie die armen Hühner deren Mißhandlung man in den Videos vorher ertragen musste. Da hätten ich mir schon erhofft, daß der Starsänger die Ordner anweist, sanfter mit den Leuten umzugehen, aber die grobe Behandlung der Fans schien ihm schnuppe zu sein (beim Stierkampf will er ja auch, daß der Stierkämpfer und nicht der Stier getötet wird).

In musikalischer Sicht fiel mir auf, daß der Mann aus Manchester immer schnulziger wird. Vom ehemaligen Indierock der Smiths ist nicht mehr viel übrig geblieben, Morrissey geht bewußt den Weg Richtung Crooner à la Sinatra oder Elvis Presley. Junge Bands die die Smiths lediglich imitieren, klingen da inzwischen frischer als das Original. Und Boz Boorer ist sicherlich ein sehr guter Gitarrist, aber optisch und szenisch wirkte er wie ein feister Kneipenmusiker.




Letzlich kam dann erst zu den Zugaben Suedehead und Everyday is Like Sunday so richtig Stimmung auf. Das rhythmische Mitgeklatsche störte allerdings eher, sowas brauchte ich nicht. Auch das Verteilen von Handzetteln von sexy gekleideten Peta Ladys mit dem Konterfei von Morrissey mit dem auf den Fingern tätowierten Worten  "meatfree" hätte man sich sparen können, das wirkte missionarisch und lästig. Platten gab es hingegen keine zu kaufen, da neue Album war nicht verfügbar, weshalb auch die Musiker zum Ende der Show mit weißen T-Shirts und dem schwarzen Audruck "Fuck Harvest" aufliefen.

Letztlich eine solide Show des Briten (immer mit dem erhobenen Zeigefinger gespielt), aber defintiv kein Konzerthighlight für mich. Eine alter Konzertkumpel, der seit Jahrzehnten kein gutes Konzert ausfallen läßt, brachte es auf den Punkt: "The Queen is almost dead." (und damit spielte er keineswegs auf den Gesundheitszustand von Morrissey an, sondern auf musikalische Aspekte).



Dienstag, 25. November 2014

Morrissey, Essen, 24.11.14

5 Kommentare

Konzert: Morrissey
Ort: Colosseum, Essen
Datum: 24.11.2014
Dauer: Morrissey gut 85 min (abgebrochen), Anna Calvi 42 min
Zuschauer: knapp 1.500 (ausverkauft) - darunter 10 Idioten 



"Remember me, forget my fate", zitierte Morrissey Klaus Nomi, als er mit seiner Band wieder auf die Bühne kam, um Zugaben zu spielen. Es wäre einer der emotionalen oder aufwühlenden Momente gewesen, wären nicht Augenblicke später einige Schwachköpfe auf die niedrige Bühne geklettert, um die Aufmerksamkeit, die sie in ihren langweiligen Leben nicht bekommen, vor 1.500 Zuschauern zu erfahren. Morrissey hatte die erste Zeile von Everyday is like sunday noch nicht beenden können, als er sich von allen Seiten bedrängt sah und die Bühne eilig verließ. Die Band folgte einen Augenblick später - das Konzert war nach gut 85 Minuten beendet.


Schade, daß ein sehr schöner Abend so endete. Und leider bleibt ja genau das hängen. So wie eine tranig schmeckende letzte Pistazie im Beutel.



Wären die Menschen ohne Kinderstube nicht gewesen, würde ich mich an dieses vermutlich letzte meiner Morrissey-Konzerte ganz anders erinnern. Als eines in einem überraschend schönen und kleinen Saal (in das Colosseum passen nicht einmal 1.500 Leute!), mit einem blendend aufgelegt wirkenden Sänger, der die Schwächen in der Setlist mit seinen Entertainer-Qualitäten wegwischte!


Vor dem Konzert hatte ich Bedenken, daß die Stimmung in dem bestuhlten ehemaligen Industrie-Bau nicht gut werden könne. Als wir nach herrlich unkompliziertem Einlass auf unseren Plätzen in der neunten Reihe ankamen, wurden die nicht kleiner. Die Sesselreihen waren zu dicht hintereinander, um Stimmung aufkommen zu lassen, dachte ich. Noch dazu diskutierten die Ordner mit jedem, der nach dem Anna Calvi Support vorne stand, daß er sich bitte setzen möge. Als Morrissey um neun auftrat, stand allerdings jeder auf und von verhaltener Stimmung war nichts zu merken. Das war die angenehme Niederlage der Securities.


Eröffnet hatte den Abend die Engländerin Anna Calvi. Wie üblich waren die Veranstalter nicht in der Lage, die Anfangszeiten anzugeben. Auf Nachfrage im Colosseum erhielten Gäste wohl die Auskunft, Anna Calvi gehe um acht auf die Bühne. Sie begann aber bereits um 19:45. Bei früheren Morrissey-Supports mag das niemand gestört haben, Anna Calvi kam aber bei der überwiegenden Mehrheit der Zuschauer gut an, sie und ihre drei Begleiter bekamen mehr als nur höflichen Applaus.


Die Musik der Britin ist eigentlich weit jenseits meiner Bluesrock-Toleranzschwelle. Sie hatte mich aber schon in Haldern und in Köln 2011 beeindruckt. Ein Großteil des Konzerts kam mir auch wie die damaligen vor. Obwohl Anna 2013 ihr zweites Album One breath veröffentlicht hat, das hervorragende Kritiken erhielt (das ich aber bisher ignoriert habe), waren die meisten Stücke älter. Jezebel, Desire, First we kiss, Love won't be leaving und Blackout waren dann auch mit Abstand die besten Lieder des Sets. Schon gut, daß Kristeen Young Morrissey verhext hat (wenn ich das richtig verstanden habe) und nicht mehr als Lieblingssupport eingesetzt wird.

Setlist Anna Calvi, Colosseum, Essen:

01: Suzanne and I
02: Eliza
03: Cry
04: Surrender
05: Blackout
06: First we kiss
07: I'll be your man
08: Desire
09: Love won't be leaving
10: Jezabel (Frankie Laine Cover) 

In der Pause lief eine neue Auflage des Zusammenschnitts von Musik, Interviews und Filmausschnitten. Nach den Ramones, Chris Andrews oder den New York Dolls kam am Ende vom Band The bullfighter dies ("gaga in Malaga") und dazu Stierkampf-Videos, in denen der Stier gewann. Die brutalen Bilder waren verstörend. Sie waren aber auch wieder aus meinem Kopf raus, als Augenblicke später Morrissey in einem 50er-Jahre US-Mechaniker Hemd (ich alter Modeblogger!), seine Band in weißen Hemden mit Hosenträgern auf die Bühne kamen und mit Suedehead eröffneten. Ich hatte gehofft, das endlich live zu hören, es war toll! Morrissey war der gewohnt große Entertainer, er schmiss das Mikrokabel, guckte theatralisch, litt mit jeder Zeile des Abends mit, berührte viele Hände, ohne sich (wie vor ein paar Jahren) danach angeekelt die Hand and der Hose abzuwischen. Es war gut! Richtig gut!


Daß die Lieder der neuen Platte nicht wie gehofft live besser zünden als auf Platte, war da egal. Einige sind gut, einige langweilig - in der Essen-Setlist war das Verhältnis neu-alt leider zu sehr Richtung neu ausgerichtet. Aber das wäre nicht weiter ärgerlich gewesen, da dazwischen ja immer wieder Perlen zu finden waren, meist alte Perlen. The Queen is dead oder How soon is now? von den Smiths, die B-Seite Yes, I'm blind (von Ouija board, ouija board), Trouble loves me. Lediglich das wundervolle I'm throwing my arms around Paris war sehr kurz und hatte ein lustloses Ende.


Das mit Abstand lahmste der neuen Stücke ist Kick the bride down the aisle, das dazu noch schrecklich lang ist. In der Zeit hätte man vier Freundinnen im Koma beweinen können. Oder fünf. 



Vor Meat is murder wurde es wieder aufwühlend. "I'm not American! They celebrate Thankskilling. Can anybody with a working brain tell me why?" Zu dem Smiths-Stück liefen Videos über Tiermißhandlungen in der Lebensmittelindustrie, nach "Produktgruppen" unterteilt. "Eggs", "Dairy", "Poultry." Morrissey stand in der langen Instrumentalphase in der Mitte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen direkt vor der Leinwand, noch jenseits des Schlangzeugers und guckte zur Dokumentation.

Musikalisch kam danach mein Highlight, Speedway von Vauxhall and I von 1994. Das Stück, das Langzeit-Gitarrist Boz Boorer (von Morrissey als "more in hope than in anger" vorgestellt) geschrieben hat, hatte ich noch nicht bei einem Konzert gesehen und als (heimlich) bestes Stück des Abends empfunden!

Und dann kam Klaus Nomis melancholisches Zitat, das vor dem Hintergrund, daß eine weitere Tour auch unabhängig von Morrisseys Erkrankung höchst unwahrscheinlich war, noch eine Spur trauriger wirkte. Bevor aber da zu viele Grübeleien entstehen konnten, vertreuten die Irren diesen Kloß-im-Hals-Moment.


Weil es bei so einem ADHS-Ausbruch ja wohl um Aufmerksamkeit geht, bekommt Ihr die jetzt noch einmal: Idioten, Idioten, Idioten!

Setlist Morrissey, Colosseum, Essen:

01: Suedehead
02: Staircase at the university
03: The Queen is dead (The Smiths)
04: Kiss me a lot
05: I'm throwing my arms around Paris
06: World peace is none of your business 
07: Scandinavia
08: Earth is the loneliest planet
09: Istanbul
10: One of our own
11: Trouble loves me
12: How soon is now? (The Smiths)
13: Yes, I'm blind
14: Neil Cassady drops dead
15: Kick the bride down the aisle
16: Meat is murder (The Smiths)
17: Speedway

18: Everyday is like sunday (abgebrochen nach wenigen Takten) (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Morrissey, Lüttich, 05.07.12
- Morrissey, Dublin, 31.07.11
- Morrissey, Köln, 11.06.09
- Morrissey, Offenbach, 09.06.09
- Morrissey, Esch, 05.06.09
- Morrissey, Lille, 19.01.08
- Morrissey, Frankfurt, 12.12.06
- Morrissey, Paris, 25.08.06
- Anna Calvi, Karlsruhe, 05.08.14
- Anna Calvi, Paris, 14.02.14
- Anna Calvi, Paris, 07.11.11
- Anna Calvi, Köln, 05.10.11
- Anna Calvi, Saint Cloud, 29.08.11
- Anna Calvi, Haldern, 11.08.11
- Anna Calvi, Paris, 04.11.10
- Anna Calvi, Paris, 22.06.10
- Anna Calvi, Paris, 15.06.11





Montag, 24. November 2014

Les concerts de la semaine à Paris du 24 au 30 novembre 2014

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Les concerts de la semaine à Paris du 24 au 30 novembre 2014



Semaine très très chargée ! Il y a de bons concerts un peu partout et évidemment je suis super motivé pour ma Oliver Peel Session avec French For Rabbits (photo) et Hologram ce soir !!

24.11.2014: Warpaint, Le Trianon, reporte au 16/03/2015
24.11.2014: Zaza Fournier et Auden, Les Trois Baudets 
24.11.2014: And You Will Know Us By The Trail Of Dead, La Maroquinerie
24.11.2014: Mina Tindle at La Gaité Lyrique
24.11.2014: Oliver Peel Session avec French For Rabbits  et Hologram, 21h
24.11.2014: Suuns et Jerusalem In My Heart, Le Chinois
24.11.2014: Mustang et Cléa Vincent, Point Ephémère 
25.11.2014: Breton et Camp Claude, Casino de Paris
25.11.2014: Arianne Monteverdi et Tara King Th, La Terrasse du Batofar, gratuit
25.11.2014: Amen Dunes, Point Ephémère
25.11.2014: Orouni et Minou, Les Trois Baudets
25.11.2014: Allo Darlin, Espace B
26.11.2014: Mac DeMarco, Le Bataclan 
26.11.2014: Palace, Le Pop Up Du Label
26.11.2014: K!, La Java
26.11.2014: Chinese Robots, Le 114
26.11.2014: Arcole et Louise Eliott, OPA 
26.11.2014: Swann, Les Nautes
26.11.2014: Allyson Ezell, Le Môtel 
26.11.2014: Cloud Nothings, La Maroquinerie
26.11.2014: Marc Morvan et Ben Jarry et Rach Three, Espace B
27.11.2014: Christophe, Le Trianon
27.11.2014: Jamie T, La Flèche d'or 
27.11.2014: Tops, Espace B 
27.11.2014: Caandides et Inigo Montoya, Le Pop Up Du Label
27.11.2014: La Féline, Nouveau Casino 
27.11.2014: Martha Rose, La Fabrique Balades Sonores
27.11.2014: Natas Loves You et Cristobal And The Sea, La Maroquinerie
27.11.2014: Odds & Ends et A Light Goes Out, Petit Bain
27.11.2014: Sophie Oz et Versari, Mains d'Ouevres
27.11.2014: Calypsodelia, Le China 
27.11.2014: Marika De et Mademoiselle Marie@ Le Truc, 33 ru du Capitaine Dreyfus, Montreuil
27.11.2014: Caandides, Le Pop Up Du Label
27.11.2014: 21:30 S.R. Krebs, Café Charbon
28.11.2014: George Ezra, La Gaité Lyrique, complet
28.11.2014: Demi Mondaine et Paulette, Café la Pêche, Montreuil
28.11.2014: Ciguri (à 19h et 21h), Théatre de l'Atalante, dans le cadre du Festival Trois 6 Neuf 
28.11.2014: Kim et Cléa Vincent dans le bar des Trois Baudets, 18:30 
28.11.2014: Les Lignes Droites, Pop In 
28.11.2014: Karen Lano et The Stumps, FGO Lab'
28.11.2014: Fiodor Dream Dog et François And The Atlas Mountains, Massy
28.11.2014: Clara Moto, 23:25, Divan Du Monde 
29.11.2014: Concert privé avec Cristobal And The Sea, 13:30, près de Notre Dame, sur réservation

28.11.2014: Aquaserge et Rien et Centenaire, La Maroquinerie
30.11.2014: Laetitia Sadier et Superbravo, Olympic Café 
30.11.2014: Sam Amidon, Badaboum 
30.11.2014: Sean Croft, Abracadabar 


Gudruns Konzerttipps im Dezember

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Konzerte im Dezember. Eine kleine Auswahl. Wärmstens ans Herz gelegt.



Alice Rose

26.11. München - Cord Club
27.11. Karlsruhe - Wohnzimmerkonzert
28.11. Biel - Wohnzimmerkonzert
29.11. Leipzig - Noch Besser Leben
03.12. Berlin - Ä
04.12. Kiel - Prinz Willy


The Wave pictures

Empfehlung vom klienicum

26.11. Köln Gebäude 9
27.11. Münster Der Stur
28.11. Lauenau Kesselhaus
29.11. Lübeck - Blauer Engel
30.11. Berlin Antje Öklesund
01.12. Berlin Antje Öklesund
02.12. Dresden Beatpol
03.12. Wien Chelsea
04.12. Graz Orpheum
05.12. Rosenheim Vetternwirtschaft
06.12. Rorschach Treppenhaus
07.12. Mulhouse House show (17:00)
08.12. Bern Café Kairo
09.12. München Strøm
10.12. Zürich Helsinki
11.12. Luxembourg Rocas
12.12. Brussels Atelier 210


Steve Folk

29.11. greyskysessions Darmstadt
30.11. Jazzclub, Kelkhiem
01.12. Nussbreite, Berlin
02.12. Madame Claudes, Berlin
03.12. Schöngemütlichgroß, Houseconcert, Berlin
04.12. Cafeduuflien, Flien
05.12. Wohnzimmerkonzerte Karlsruhe
06.12. Die Pallete, Stuttgart
07.12. Houseconcert, Köln


Mad Caddies


29.11. Hannover – Faust
30.11. Hamburg – Knust
01.12. Köln – Live Music Hall
03.12. Berlin – SO36
04.12. Karlsruhe – Substage
05.12. Saalbach – Bergfestival
06.12. Lindau – Club Vaudeville w/ Talco




Owen Pallett
Owen Pallett, Paris, 11.12.12

29.11. Köln WEEK-END Festival
30.11. Karlsruhe Jubez
01.12. München Feierwerk
02.12. Zürich Rote Fabrik
09.12. Leipzig Schauspiel
10.12. Wien brut (im Künstlerhaus)


The Rural Alberta Advantage

The Rural Alberta Advantage, Paris, 01.06.11

29.11. Münster Gleiss22
01.12. Köln Knust
03.12. Berlin Lido
04.12. München Atomic Café
05.12. Frankfurt  Zoom


Mono

Mono, Karlsruhe, 12.12.12

01.12. Hamburg Hafenklang
13.12. Berlin C-Club (Pelagic Label Night)
14.12. Köln  Gebäude 9
15.12. Karlsruhe  Jubez
16.12. München  Feierwerk
18.12. Dresden  Beatpol


Dad Rocks!

Dad Rocks!, Dresden, 01.09.12

01.12. Hamburg - Kleiner Donner
02.12. Berlin - Antje Øklesund
03.12. Köln - Die Wohngemeinschaft


Garda mit Streichern

Garda, Dresden, 01.09.13

05.12.  Erfurt - Franz Mehlhose
06.12.  Lauenau - Kesselhaus

(c) Markus Werner
Einar Stray ABGESAGT!!
Einar Stray, Köln, 20.06.12

06.12.  Mainz - Schon Schön
07.12.  Freiburg - Waldsee
08.12.  Heppstädt - Theater Kuckucksheim
09.12.  Haldern Pop Bar
10.12.  Halle - Objekt 5
11.12.  Göttingen - Heimathafen


Locas in Love
Locas In Love, Köln, 22.12.13


07.12. Köln Wintergala


The Burning Hell (Duo)
The Burning Hell, Karlsruhe, 24.05.13 

09.12. Berlin Ackerstadtpalast
13.12. Hamburg Hasenschaukel
14.12. Northeim Alte Brauerei (Nachmittagskonzert) 
 


Andrea Schroeder
Andrea Schroeder, Beverungen, 25.05.12

10.12. Wien - Akzent Theater
13.12. Berlin - Frannz Club
18.12. Stuttgart - Theaterhaus



Echo Me

Echo Me, Köln, 13.12.13

10.12. Aarhus "Fatter Eskil"
11.12. Copenhagen "Huset KBH"
17.12. Hildesheim "Club VEB"
18.12. Köln "Weltempfänger Café"
20.12. Stuttgart "Café Galao"


Poppy Ackroyd

10.12. Münster  - Westfälisches Landesmuseum
11.12. Hannover  - Feinkost Lampe
12.12. Dresden  - Scheune
13.12. Berlin  - Grüner Salon
14.12. Karlsruhe  - Jubez


Hundreds

10.12. Jena, Kassablanca
11.12. Heidelberg, Karlstorbahnhof
12.12. Zürich, Komplex Klub
14.12. Potsdam, Waschhaus
15.12. Wiesbaden, Schlachthof
16.12. Würzburg, Posthalle
17.12. Leipzig, Täubchenthal
18.12. Essen, Zeche Carl
19.12. Münster, Sputnikhalle
21.12. Stuttgart, Wagenhallen
22.12. München, Ampere
29.12. Hamburg, Grünspan


Buttshakers

10.12. Bonn - Harmonie
12.12. Solingen - Cobra
13.12. Frankfurt - Dreikönigskeller
16.12. Hannover - Cafe Glocksee
17.12. Bremen - Ms Treue
19.12. Mainz - Schon Schön
20.12. Köln - Sonic Ballroom


The Tiger Lillies


11.12. Chemnitz Schauspielhaus
12.12. Leipzig UT Connewitz
14.12. Berlin Volksbühne
15.12. Hamburg Uebel & Gefährlich
17.12. Bremen Schwankhalle
18.12. Gockhausen Zürich Atelierhäuser am Waldrand
19.12. Zürich Theater Rigiblick
20.12. Brackenheim Kulturforum
21.12. Karlsruhe Tollhaus



Honig

20.12. Düsseldorf, Zakk


Susie Asado
Susie Asado, Stuttgart, 24.04.13

28.12. Köln - Blue Shell







The Vaselines, Utrecht, 22.11.14

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Konzert: The Vaselines
Ort: De Helling, Utrecht (Le Guess Who? Festival)
Datum: 22.11.2014
Dauer: 55 min
Zuschauer: 150 bis 200



Im Zeitalter der Romantik war Deutschland* eines der Zentren der europäischen Kultur, vermutlich sogar die Gegend mit dem besten Musikgeschmack. Denn nur da, wo ihr Wirken geschätzt wird, können Musiker erfolgreich arbeiten und andere Musiker inspirieren. Mehr Künstler fördern wieder den Geschmack, guter Geschmack lockt wiederum andere Musiker an. Umgekehrt funktioniert das leider auch. Wenn man hiesige (Mainstream-) Radios anhört, stellt man schnell fest, daß wir uns in Deutschland in einer kulturhistorischen Phase der Musikverweigerung befinden, vermutlich in der schlimmsten, die es bisher gab. 

Man muß nur über die Grenzen schauen, um gezeigt zu bekommen, wie es auch funktionieren kann. Ein Tagesausflug nach Utrecht zum Le Guess Who? Festival ließ uns erneut merken, wie ernst das nicht schrecklich große Nachbarland Kulturförderung nimmt. Als wir mittags schon einmal in der Festivalzentrale im Tivoli Vredenburg waren, staunten wir nicht schlecht. Das Konzertgebäude ist riesig hoch und verfügt über fünf Säle, zahllose Sitzecken, Cafés, Theken. Insgesamt können rund 8.000 Zuschauer dort Konzerte sehen. Über unzählige Roll- und normale Treppen gelangt man höher und höher durch eine atemberaubende Architektur. Das Gebäude hat 150 mio Euro gekostet und dient ausschließlich Kulturveranstaltungen. In einer Stadt mit 330.000 Einwohnern! Wundervolle Niederlande!

Aber nicht nur in diesem eindrucksvollen Gebäude (neben dem Haus, auf dem eine monstergroße Teekanne steht, das aufregendste in Utrecht) fanden Konzerte beim Le Guess Who? statt. Unsere beiden letzten Veranstaltungen waren in dem kleinen Club The Helling, auf der anderen Seite der Stadt angesetzt. Den Abschluß (und Hauptgrund) unseres Ausflugs bildeten die Vaselines aus Glasgow, für die ich gerne in Kauf nahm, erst um vier wieder zu Hause anzukommen.

Die Vaselines bestehen seit Mitte der 80er Jahre. Nach einem Album und ein paar EPs lösten sie sich allerdings schnell wieder auf. Erst seit 2006 spielten die beiden Gründer Fran McKee und Eugene Kelly wieder sporadisch Konzerte. 21 Jahre nach dem Debüt Dum Dum erschien 2010 mit Sex with an x das zweite Studioalbum. Die Vaselines spielten das von Belle & Sebastian gestaltete Bowlie 2 und einige (sehr) wenige Deutschland-Termine im Winter 2010 / 2011, die ersten Konzerte in Deutschland überhaupt.

Vor einigen Wochen erschien das dritte Album des Duos, V for Vaselines, meine Lieblingsplatte des Jahres! Zwar führte die kleine Tour die Schotten auch nach Deutschland, allerdings nur mit einer Station in Berlin. Deutschland ist für Indiebands einfach nicht mehr relevant. Ausverkauft werden die Clubs in anderen Ländern viel eher. Wenn das erste deutsche Konzert gerade mal 70 Zuschauer anlockt, ist es kein Wunder, daß Bands einen großen Bogen um uns machen und nur des Prestiges wegen Berlin besuchen. Aber das haben wir selbst verbockt, weil wir nur den Mist hören, der im Radio läuft. Verfluchte Bouranisierung!

Voll war das De Helling auch nicht. Nach Ought, die vorher spielten, gingen viele wieder aus dem kleinen, etwas abseits gelegenen Club weg. Die Vaselines begannen um 23:30, nachdem sie den Aufbau selbst vorgenommen hatten. Begleitet wurden Frances und Eugene diesmal nicht von Belle & Sebastian Mitgliedern. An Stelle von Bobbie oder Stevie spielten drei, recht jung aussehenden Musiker, die ich nicht kannte. Drei Gitarren, Bass, Schlagzeug sind eine wuchtvolle Untermalung der Melodien der Vaselines, zumal die neue Platten nur noch wenig von den rohen Songs der ersten Bandphase haben. Aber es passte ausgezeichnet! Das Konzert war vorzüglich!

Die fünf Musiker wirkten eingespielt und routiniert, aber nur im guten Sinne. Erstaunlich, wei wenig man Eugene und Fran die im Verhältnis zur Bandgeschichte kleine Bühnenerfahrung anmerkt. Gerade die (wie wir hinterher feststellten erschreckend wenig gealterte) Sängerin ist eine ausgewachsene Rampensau. Sie teilte zwar deutlich weniger verbale Tiefschläge als bei meinen ersten beiden Vaselines-Konzerten aus, war aber auch in Utrecht extrem unterhaltsam. Vor der Bühnenmitte standen eine Handvoll sehr junger und sehr betrunkener Fans, die ihr abwechselnd Heiratsangebote und sonstige Liebesbekundungen machten. Frances ging darauf ein und flirtete mit. Als Eugene Sex with an x ankündigte und daraus ein kleiner Dialog der beiden entstand, sagte sie, sie habe andere Pläne. "I save myself for the young man!" Bei Son of a gun schmachteten zwei der Groupies sie tanzend an, was sie mehrfach lachend aus dem Konzept brachte. Normalerweise sind überalkoholisierte Radaubrüder sehr anstrengend, die hier machten Spaß.

Die Mischung des Konzerts war wundervoll! Natürlich fehlten etliche Riesenhits, Aber eine Band, bei der fast jedes Lied genial ist, kann in 55 Minuten eben nicht mehr als 20 Knaller spielen. Montag bei Morrissey wäre es mir recht, wenn der Schwerpunkt nicht unbedingt auf dem aktuellen Album läge. Bei den Vaselines hätten es ruhig nach einige Lieder mehr davon sein dürfen. Von den neuen Stücken gefiel mir live das düstere Earth is speeding ganz besonders. Neben den vielen Evergreens auf der Platte, ist es mir beim normalen Hören weniger aufgefallen.

Es war jedes Gähnen wert, bis tief in die Nacht einer unbekannten Glasgower 80er Band zuzugucken! Hoffentlich fasst mal einer der zahlreichen deutschen Festivalveranstalter Mut und bucht die Band! Sie zahlen es mit Billanz und einem guten Stück Musikgeschichte zurück!

Setlist The Vaselines, De Helling, Utrecht:

01: Oliver twisted
02: High tide, low tide
03: I hate the 80s
04: The day I was a horse
05: Monsterpussy
06: One lost year
07: Such a fool
08: Molly's lips
09: Sex with an x
10: Crazy lady
11: The devil's inside me
12: Earth is speeding
13: Jesus wants me for a sunbeam
14: Sex sux
15: Slushy
16: Ruined
17: Son of a gun
18: Dying for it

Links:

- aus unserem Archiv:
- The Vaselines, Offenbach, 30.01.11
- The Vaselines, Minehead, 12.12.10

Mehr Fotos später!

* (das es damals natürlich nicht als Staat gab)


Sonntag, 23. November 2014

Savages & Bo Ningen, Utrecht, 22.11.14

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Konzert: Savages & Bo Ningen "Words to the blind"
Ort: Tivoli Vredenburg, Utrecht (Le Guess Who? Festival)
Datum: 22.11.2014
Dauer: 36 min
Zuschauer: ca. 1.500




In Zürich entstand vor etwa hundert Jahren der Dadaismus. Eine seiner damals auftauchende Kunstformen war das Simultangedicht, die gleichzeitige Lesung verschiedener Texte. Bei der ersten Aufführung eines Simultangedichts im Cabaret Voltaire wurden drei Texte in verschiedenen Sprachen vorgetragen. Dies war eine Reaktion auf den gerade stattfindenden Weltkrieg oder eher ein Deutungsversuch für dessen Ursachen. Mehrere Texte werden durch das gleichzeitige Handeln vollkommen unverständlich, es entsteht Chaos!


Savages und Bo Ningen, die englische Frauenband mit französicher Sängerin und die japanische Männerband mit langen Haaren und quietschenden Gitarren, griffen die Idee des Simultangedichts auf und komponierten gemeinsam ein Musikstück Words to the blind, das von beiden Bands bei einem gleichzeitigen Konzert im Mai 2013 in London aufgeführt werden sollte. Words to the blind enthält ein zweites Dada-Kunststück, das Lautgedicht, ein Gedicht, dessen Worte als Text keinen Sinn ergeben. 

Die Idee der beiden Bands wurde umgesetzt und in der Londoner Red Gallery aufgeführt. Ursprünglich als einmalige Performance geplant, fand bisher (mindestens) eine Wiederholung in London statt. Beim Le Guess Who? Festival in Utrecht gab es die dritte Gelegenheit, Words to the blind zu sehen.



Als wir vorher schon kurz bei Baby Dee im Saal "Ronda" des Konzertzentrums waren, wunderten wir uns über den Bühnenaufbau mit zwei Stegen, die ins Publikum ragten. Solche Stege, die Bands wie Coldplay benutzen. Beim Aufbau für Words to the blind wurde deutlich, daß die Brücken einen anderen Zweck erfüllten. Die Bühne bildete ein U, auf dessen beiden langen Seiten sich je eine der Bands aufbaute. Die beiden Schlagzeuger (Fay Milton / Savages und Monchan Monna / Bo Ningen) saßen nebeneinander an der kurzen Seite hinter ihren Instrumenten. Auf den beiden langen Seiten standen zunächst die Gitarristen (Gemma Thompson auf der Savages-, Kohhei Matsuda auf der Bo Ningen-Seite), davor bei Savages Ayse Hassan (Bass) und rechts bei den Japanern Yuki Tsujii und ganz vorne Sängerin Jehnny Beth und Sänger Taigen Kawabe. Alle Musiker guckten nicht nach vorne sondern zur anderen Seite zu ihren Gegenparts. Im Inneren des Us war ein Teil des Publikums, das 270 Grad Unterhaltung geboten bekam.



Es sollte um 19:15 Uhr anfangen. Allerdings lief da gerade erst der Soundcheck, der bei zwei Bands spektakulär aussah. Beim Abstimmen jedes Instruments hoben erst immer alle acht Musiker den Arm und senkten ihn nach und nach, wenn aus den Monitor-Boxen der richtige Sound kam. Es dauerte ewig, die richtige Abstimmung zu finden, da aber alle acht Musiker auf ihren Laufstegen standen, umringt von Zuschauern, war auch dies unterhaltsam. Als Kohhei Matsuda um ein paar Gitarrentöne gebeten wurde, legte er eine sagenhaften Metal-Einlage hin, Ayse Hassan brach beeindruckt in Lachen aus! 

Irgendwann ging es dann vor vollem Haus los. Weil Bo Ningen Sänger Taigen Kawabe auch Gitarre spielt, Jehnny Beth aber nicht, hing dieses Extra-Instrument wie ein Windspiel hinter dem Steg auf der Savages-Seite des Bühne. Aber die ersten Minuten waren ausschließlich instrumentfrei. Jehnny las einen französischen Text, Taigen einen japanischen vor. Auch wenn ich theoretisch den französischen zumindest zum Teil hätte verstehen können, funktionierte das Konzept so, wie es sich Dadaisten 1916 ausgedacht haben, es klang nach Text, es war aber nichts konkret auszumachen.

Dann setzten die anderen Musiker ein, allerdings nur mit abgehackten Geräuschen, ganz ohne Melodien. Es waren nur sphärischen Klänge, die die Gedichte untermalten. Oder störten, was eher dem Konzept entspräche. Diese erste extrem sperrige Phase dauerte rund zehn Minuten, danach begannen zunächst die Schlagzeuge in eindrucksvoller Synchronität Struktur zu bringen. Obwohl der Versuch, ein dadaistisches Stück deuten zu wollen, vermutlich absurd ist, kam mir diese aufkommende Ordnung wie ein Ausweg aus der ursprünglichen Verständnislosigkeit vor. Gegen Ende klangen die Sänger fast wie Sänger. 

Words to the blind besteht aus fünf Teilen. Ich tat mich ein wenig schwer damit, die Setlist mitzuschreiben (hatte meinen Kuli vergessen und musste einen Edding benutzen), bin aber sehr sicher, daß alle fünf auch in Utrecht gespielt wurden, wegen des Improvisations-Charakters aber vielleicht durchaus abgewandelt zur Uraufführung in London.

Es war etwas Besonderes, Words to the blind sehen zu dürfen. Aber mir wird es nicht nur im Gedächtnis bleiben, weil es wenige Chancen gibt, dies zu sehen, sondern weil das Stück eindrucksvoll und spätestens nach zehn Minuten sehr gut war. 

Setlist Savages & Bo Ningen, Words to the blind, Utrecht:

01: The voice is humanity, the voice is demons
02: The noise is the world
03: The voice versus the world
04: Silence / harmony
05: Chaos and destruction

Links:

- aus unserem Archiv:
- Savages, Köln, 20.11.13 
- Savages, Den Haag, 16.11.13
- Savages, Larmer Tree Gardens, 30.08.13
- Savages, Frankfurt, 19.05.13
- Savages, Paris, 23.02.13





 

Konzerttagebuch © 2010

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