Samstag, 16. Mai 2009

Toy Fight & Bell X 1, Paris, 14.05.09


Konzert: Bell X 1 & Phantom Band & Soft Pack & Toy Fight (Inrocks Indie Club)
Ort: La Maroquinerie
Datum: 14.05.2009
Zuschauer: nicht ausverkauft




Zu diesem Konzert kam ich wie die Jungfrau zum Kinde! Nun ja, nicht ganz...

Paris ist voller netter Leute und besonders nett sind natürlich die fleißigen Konzertgänger. Wer gute Musik mag, kann kein schlechter Mensch sein, sagte ja bereits... Goethe? Oder so. Wie auch immer, beim famosen Konzert von Shearwater am Mittwoch traf ich Pascal, der immer schon ein glückliches Händchen bei Gewinnspielen hatte. Diesmal hatte er zwei Karten für den am Donnerstag stattfindenden Inrocks Indie Club gewonnen und bot mir sein überschüssiges Plätzchen an. Zunächst winkte ich vielmals dankend ab, denn ich erklärte ihm, daß ich am Donnerstag schon auf das Konzert der jungen Kanadierin Coeur de Pirate gehen würde und insofern unmöglich an zwei verscheidenen Orten gleichzeitig sein könne. Später aber fiel mir ein, daß meine neue französische Lieblingsband Toy Fight als erste Band des Clubabends sicherlich schon um 19 Uhr 30 antreten würde und ich dann anschließend noch die Zeit hatte , um zu Coeur de Pirate in die Boule Noire zu fahren. Ich kam also auf das Angebot von Pascal zurück, machte ihm gegenüber aber deutlich, daß ich schon nach der allerersten Band abzischen würde. Ihn störte das nicht weiter und so trafen wir uns um 19 Uhr 30 vor der Maroquinerie. Schon toll dieser Zusamenhalt unter den Konzertkunkies, da hilft man sich immer gegenseitig aus, das fördert die Gemeinschaft und entlastet das in Paris arg strapazierte Portemonnaie!

Toy Fight waren dann schließlich auch das frühe Erscheinen allemal wert, denn sie verzückten mich erneut mit ihrem unwiderstehlichen Powerpop, ihrem Charme und ihrer guten Laune, die sie überall wo sie auftreten, großzügig verbreiten. Sie waren ja kürzlich auch schon auf deutschen Konzertbühnen unterwegs (Berlin, München) und versuchen nun auch in ihrer französischen Heimat bekannter zu werden. Und das ist gar nicht so leicht, denn Franzosen stehen ihren Landsleuten in musikalischer Hinsicht recht skeptisch gegenüber. Aber heute gab es einige meiner französischen Konzertfreude, die sich genau wie ich begeistert zeigten und hinterher von hibbeligen Launeaufhellern wie Your Own Fireworks oder Trucmuche schwärmten. Eine halbe Stunde mit Toy Fight wirken besser als zwei Pillen Prozac so viel ist sicher! Und wenn dann zu Victims Hairdo auch noch die reizende Mina Tindle hinzustößt, die gerade erst zwei Tage zuvor auf brilliante Art und Weise für den Trompeter Beirut im Bataclan eröffnet hatte, dann kommen auch bei den männlichen Zuschauern die Hormone ordentlich in Wallung. Diese schwarze Kleid das Mina heute trug war einfach entzückend! Aber im Grunde ginge es auch ohne Mina, denn wenn man einen nach vorne preschenden Hit wie High Noon zu bieten hat, braucht man sich vor der Konkurrenz nicht zu fürchten! Ein Lied dieses Kalibers gab es beim Label City Slang, wo die Franzosen unter Vertrag stehen seit... Arcade Fire und Laika nicht mehr!* Wenn ihr mich fragt: High Noon ist der Indie Hit des Jahres und das abschließende The Drum Drum Boy war auch nicht von schlechten Eltern. Ich bin süchtig nach der Musik von Toy Fight, Widerstand zwecklos. Und nun muß ich mir endlich das erste Album Peplum besorgen, es wird höchste Zeit!

Höchste Zeit zu gehen war es dann auch für mich, denn es war schon 20 Uhr 15 und ich plauderte mich noch eine ganze Weile fest, so daß ich schließlich erst um halb neun Richtung Boule Noire abzischte und zu spät zum Konzert von Coeur de Pirate kam. Nachdem die süße Blondine fertig hatte düste ich zurück in die Maroquinerie, denn es starteten insgesamt 4 Bands und um 22 Uhr war die Messe noch nicht gelesen. Allerdings waren die besseren Gruppen anscheinend schon durch, denn sowohl zu The Soft Pack als auch zur Phantom Band hörte ich positive Kommentare (Olivier Jourdan, der Sänger der HushPuppies hatte sogar das Album der Phantom Band in Vinyl unter dem Arm), während sich bei Bell X1 etliche Leute ins Café verdrückt hatten. Ich sollte aucherfahren wieso: Der schmaltztriefende Käse, den die Iren zur Verzückung von (fast) ausschließlich englischen (oder irischen?) Mädels boten, war so scheußlich, daß man Angst haben mußte, mit Diabetes wieder rauszukommen. Wenn ich sage, daß Coldplay im Vergleich zu diesen Softies fast Hardrock machen, ist wohl alles klar, oder?

Setlist Toy Fight, La Maroquinerie, Paris:

01: Where The Avalanches Are
02: Your Own Fireworks
03: Minute Song
04: Trucmuche (The Punch Line)
05: Golden Make Up
06: Victims Hairdo
07: Les Indes Noires
08: High Noon
09: The Drum Drum Boy

* und es sage mir niemand, daß Rebellion (Lies) oder Keep The Car Running besser seien!




5 Kommentare :

E. hat gesagt…

dieses "goethe-zitat" hätte ich doch gerne mal im original!

Oliver Peel hat gesagt…

Schweif' nicht wieder vom Thema ab, Eike, sondern äußer Dich lieber mal euphorisch zu Toy Fight. Da Du das bisher nicht getan hast, gehe ich davon aus, daß Du sie nicht magst, was ein Jammer ist. Ich kenne Dich, mein Lieber, Schweigen bedeutet bei Dir meistens nichts Gutes ;-)

Das Goethe Zitat gibt es nicht. Angeblich soll aber Nietzsche gesagt haben, daß das Leben ohne Musik ein Irrtum sei.

E. hat gesagt…

hihi, goethe sagte doch viel mehr etwas im sinne von 'wer nicht jeden ein lied sänge und ein gedicht läse usw...', hä?
gemein, ich weiß!
mein schweigen impliziert bitte nicht, dass ich die musik toy fights nicht möge. ich kenne sie einfach zu wenig. dass deine berichte eine klasse für sich sind, steht bei diesem act wie bei allen anderen außer frage. somit möchte ich mich mit dem immergleichen kommentar "riesiger bericht!" in abwandlung von "toller bericht!", "sensationeller bericht!" etc. nicht lächerlich machen.
das tummeln auf nebenschauplätzchen verheißt also nichts anderes als: "ich war hier, habe aufmerksam gelesen."

Oliver Peel hat gesagt…

Wo findet man diese Zitate von Goethe, Eike? Ich müsste mal wieder etwas für meine Allgemeinbildung tun!

Ob mein Toy Fight Bericht wirklich so toll ist (trotzdem, danke für die Blumen!), weiß ich nicht. Ich glaube ich wiederhole mich in meinen Ausführungen zu dieser Band, weil mir einfach das Album noch nicht vorliegt. Hätte ich es, könnte ich vielleicht auch einmal auszugsweise auf Texte (die sie hoffentlich abgedruckt haben) eingehen und somit stilistisch variieren.

E. hat gesagt…

der zweifel der großen! er sei dir unbenommen, denn er schürt ehrgeiz und lässt dich nicht die zügel lockern!
alsdann:

"Man soll alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen."

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates