Sonntag, 17. Mai 2009

Coeur de Pirate, Paris, 14.05.09


Konzert: Coeur de Pirate (Revolver)
Ort: La Boule Noire, Paris
Datum: 14.05.2009
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: ca. 65-70 Minuten



Wann Coeur de Pirate denn in der Boule Noire anfangen würde, wollte ich von meinem Bekannten Fabien wissen, der die Blondine Béatrice Martin bereits am Mittwoch gesehen hatte. "Gegen 20 Uhr 50", war seine Auskunft.

Als ich kurz vor neun abgehetzt von der Maroquinerie (wo ein anderes Konzert stattgefunden hatte) in der Boule Noire ankam, glaubte ich deshalb höchstens ein bis zwei Lieder verpasst zu haben. Die Leute standen bis zur Eingangstür und diejenigen, die früh gekommen waren, hingen bräsig auf Stühlchen, um der jungen Pianistin beim Klimpern zuzusehen. Ich fragte einen Besucher neben mir, seit wann das Konzert schon begonnen habe. "Depuis une demi heure", raunte er mir zu. Was? Seit einer halben Stunde? Na wunderbar, ich hatte nicht nur die vorzügliche französische Vorgruppe Revolver verpasst, sondern auch sechs Lieder von Béatrice Martin! Das hatte ich nun von meinem Clubhopping! Man kann nun einmal nicht gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein. Zunächst recht enttäuscht über dieses Versäumnis, befahl ich mir, mich zu relaxen und marschierte den schmalen Gang an der Wand entlang nach vorne, um die Tätowierungen der jungen Nachwuchskünstlerin abzulichten. Es war allerdings so eng, daß ich ins Straucheln geriet und meine Kamera gegen die Steinmauuer schlug. Aber ich hatte Schwein gehabt, wie durch ein Wunder blieb meine Knipsmaschine unversehrt! Wäre ja auch zu schade gewesen, wenn die Nachwelt nicht erfahren hätte, wie unglaublich niedlich Beatrice aussah! Alleine schon diese entzückenden Schüchen, ein Traum! Und dann noch dieses hübsche, unschuldige und engelsgleiche Gesicht, das im krassen Kontrast zu den Seefahrertätowierungen auf ihrem Oberarmen stand. Also optisch war schnell die Note 1 gezückt! Es gab nur ein Problem: Die Musik gefiel mir nicht sonderlich! Sie war zu brav, zu süßlich, zu sehr auf Wohlkang getrimmt. Ecken und Kanten: Fehlanzeige! Macht Coeur de Pirate Indie: Nö! Aber ich glaube, das ist auch nicht unbedingt Ziel ihres Major Labels, bei dem sie unter Vertrag steht. Die Damen und Herren von Barclay/Universal werden schon darauf achten, daß auch möglichst musikuntrainierte Ohren Gefallen an den ach so schönen Chansons finden und daß sich das Album reißend verkauft. Allein schon die mainstreamigen Pappnasen, die im Publikum saßen, gaben mir schnell den Rest! Keine einzige Person, die ich je zuvor gesehen hatte und ich gehe nun einmal auf fast alle guten Konzerte. Ich fühlte mich fehl am Platze. Das Bild änderte sich auch nicht dadurch, daß Coeur de Pirate mit Étienne d'Aout nun eine Coverversion der durchaus nicht schlechten kanadischen Band Malajube anstimmte. Ihr Cover war nämlich nicht besonders gelungen, zu klebrig das Ganze. Kurzum: Das Konzert war nichts für mich! Ihre vielen kleinen Ansagen und Koketterien mit dem Publikum waren lieb gemeint und sie ist ja auch noch so jung, da nimmt man ihr das übertriebende Geplappere und Gekichere nicht wirklich übel (die meisten im Saale fanden das ja eh unglaublich charmant, vielleicht wegen des Akzents aus Québec), aber besser wurde dadurch die Musik auch nicht. Am Ende holte sie auch noch ein sogenannntes Omnichord heraus, ein elektronisches Musikinstrument von Yamaha aus den 80er Jahren, das laut Béatrice für Arthrosekranke (Gelächter im Publikum) entwickelt wurde und leicht zu bedienen sei. Nun ja...

Ich wußte immer noch nicht, warum ich überhaupt gekommen war, aber dann fiel es mir wieder wie Schuppen von den Haaren! Richtig, mit dem Hit und dem dazu passenden Video zu Comme des Enfants hatte sie mich um den Finger gewickelt. "Et moi je t'aime encore plus fort", säuselt sie dazu sinnlich. Herrliche Musik gegen die allgegenwärtige Krise. Fühlst Du dich deprimiert, lass dir einfach von einer süßen Blondine Honig um den Bart schmieren und schon sieht die Welt wieder ganz anders aus! Bloß, daß dieses Antidepressivum nicht sehr lange wirkt und nur in kleinen Dosen gut veträglich ist. Ich war allerdings der einzige Grieskram im Publikum, die anderen waren hingerissen und klatschten Beatrice und ihren männlichen Begleitmusiker, der an Gitarre und Fiedel hantierte, noch mehrfach wieder heraus, um unter anderem noch eine Coverversion von Rihanna's Umbrella geboten zu bekommen. Die war ok bis geht so, mehr nicht, genau wie das ganze Konzert. Und mein Bedürfnis hinterher in voller Lautstärke Metallica zu hören, riesig!

Pour nos lecteurs français:

Oui elle mignonne, charmante, accessible, souriante et rigolote. Tout ça c'est vrai. Elle vas aller loin avec ces quailtés, c'est sûr aussi. Mais honnêtement: C'est pas très bon ce qu'elle fait. Trop sucré, trop gentil, trop lisse. C'est la variété française et n'a rien avoir avoir le pop indé du groupe Malajube qu'elle adore et dont elle a repris le titre Étienne d'aout. Mais Béatrice Martin alias Coeur de Pirate a choisi le bon moment pour se lançer: C'est la crise et les gens adorent d'oublier leur soucis en écoutant et regardant une fille mignonne avec une voix sensuelle derrière son piano. Moi ça m'a sûrtout donné envie d'écouter quelque chose de méchant après le concert sur mon i-pod. Comme je n'avais pas Metallica, j'ai choisi Joy Division. Que c'est beau la déprime!


Setlist Coeur de Pirate, La Boule Noire, Paris:

01: Le Long Du Large
02: Fondu Au Noir
03: La Vie Est Ailleurs
04: Ensemble
05: Berceuse
06: Corbeau
07: Francis
08: Loind d'Ici
09: Etienne d' Aout (Malajube Cover)
10: Pour Un Infidèle
11: Comme Des Enfants

12: Umbrella (Rihanna Cover)

13: Place De La République
14: neues Lied




3 Kommentare :

Christina hat gesagt…

Seit wann ist denn Grosse Boîte ein fetter Major??? Ich hielt das immer für ein kleines, sympathisches, kanadisches Indielabel, das mich regelmäßig mit toller Musik versorgt. Oder hat sie das Label mittlerweile gewechselt....??

Ich wäre übrigens gerne dabei gewesen. Selbst schuld, wenn es dir nicht gefällt. Tsss.

Oliver Peel hat gesagt…

Barclay/Universal in Frankreich. Unabhängig von der Labelfrage hat das Ganze aber mit Indie überhaupt nichts zu tun.Leider.

Christina hat gesagt…

Schon klar, und nur Indiemusik ist gute Musik. Jedenfalls habe ich mir in den vergangenen Monaten, während ich ihre CD rauf- und runterhörte, nicht eine Sekunde Gedanken darüber gemacht, ob das jetzt Musik ist, die ich als Indiemädchen mögen darf oder nicht.

 

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