Sonntag, 21. August 2016

Bobo (in white wooden houses), Eberswalde, 19.08.16


Konzert: Bobo (in white wooden houses) acoustic Concert (solo) 
     mit special guest Flora Camille
Ort: Klein Ahlbeck in Eberswalde
Datum: 19. August 2016
Dauer: 80 min
Zuschauer: etwa 200
 

Bobo in white wooden houses haben mich in einer Periode meines Lebens tagtäglich begleitet, getröstet und gestärkt, die inzwischen schon 25 Jahre zurück liegt. Sie hatten diesen ganz neuen, ganz eigenen Sound, dazu die Worte für meine Traurigkeit und meinen Trotz und gaben mir dabei das Gefühl, dass alles irgendwie gut werden musste. Für mich wurde das vor allem getragen durch die unverwechselbare Stimme der Sängerin (von der ich annahm, sie wäre die Bobo im Namen der Band) und dem drängenden Sound, den ich erst vor zwei Jahren mit dem Namen Frank Heise  (gest. 1995) zu verbinden gelernt habe (*).
 

Darüber hinaus spielte wohl auch eine Rolle, dass sie die gleiche Heimat haben wie ich und doch gesamtdeutsch einschlugen. Schon, weil wir uns sonst wohl gar nicht gefunden hätten. Denn das war noch kurz vor dem Internet und auch lange vor einer Periode in meinem Leben, wo ich mir Zeit nehmen konnte, auf Konzerte zu gehen. Die Liebe zu ihrer Musik hat sich dabei in der langen Zeit nie wirklich verloren - die Songs sind kein Stück gealtert oder von heute aus als "Kinder ihrer Zeit" erkennbar. Daneben wuchsen in den letzten etwa zehn Jahren neue Projekte von Bobo: Zuerst mit Liedern der Romantik und später Volksliedern in urig ergreifender Darbietung (mit Sebastian Herzfeld), die mir ähnlich gut gefielen und meinen innersten Kern ansprachen.
 

Freilich, seit ich wieder auf Konzerten bin, nagte diese Traurigkeit an mir: Dass es kein Konzerterlebnis mit meiner vielleicht liebsten Band geben würde. Was nicht wirklich gebessert wurde durch die Entdeckung, dass es letzten Mai zu Pfingsten wohl DIE Chance gegeben hätte, die dem eigentlichen Erlebnis noch am nächsten gekommen wäre - ein Konzert aus Anlass des 25jährigen Jubiläums in Berlin - ich davon aber nichts mitbekommen hatte... Lange Rede kurzer Sinn: Als zwei akustische Konzerte von Bobo Mitte August in Eberswalde und Mitte September in Weimar auf meinem Horizont auftauchten, war mein erster Gedanke, dass ich diese Chance nutzen würde!


Es war nützlich, dass wir immerhin zufällig einen Urlaub geplant hatten, der uns auf 90 Autominuten an Eberswalde heran führte. Und es war sehr nützlich, dass mein Mann alle meine oben geschilderten Gefühle für die Musik teilt. Als sich auch noch abzeichnete, dass wir einen wunderbaren Sommertag am 19. August bekommen würden, war eigentlich nicht mehr viel zu besprechen... Denn das, was wir uns nach den Vorberichten als Konzertort vorstellten, würde unter diesen Umständen so oder so einen wunderbaren Abend garantieren: Eine Bühne am Rand eines Sees mit Badestelle, inmitten von Wald und Idylle. Tatsächlich war uns in dem Moment, in dem wir uns das (ziemlich zeitig vor Ort) mit eigenen Augen ansahen klar, dass heute nichts schief gehen konnte.


Udo Muszynski hatte sich das ziemlich gut überlegt und die richtigen Mitstreiter, um das alles gut und unaufdringlich in Szene zu setzen und eine entspannte und einladende Atmosphäre zu schaffen. Es waren Stühle für etwa 100 Leute aufgestellt - es kamen schließlich sogar weit mehr, die dann dahinter standen oder sich auf die Seite in den Sand setzten.  
    Natürlich hatten wir uns im Vorfeld überlegt, ob wir uns nicht eine Enttäuschung vorprogrammierten, wenn wir nun mit all der emotionalen Ballast und hohen Erwartungen in ein Programm gehen, das nicht dafür gemacht ist, sie zu erfüllen. Aber all das war ganz und gar vergessen in dem Moment, wo wir uns an diesem schönen Ort fanden.


Schließlich begann der Abend mit einigen neueren und neuen Songs, die mir eines bestätigten: Bobos Stimme ist noch sehr die, in die ich mich vor so langer Zeit verliebt habe und sie ist nach wie vor wunderbar. Einerseits vertraut, aber doch auch unvorhersehbar im jähen brechen und springen. Die Präsenz auf der Bühne war ganz dem Publikum, dem Ort und dem Moment zugewandt und begrüßte damit alle, egal aus welchem Grund sie den Weg an den See gewählt hatten. Aus den  neuen Songs stach für mich Sanctuary heraus als spontan wunderbar und zugänglich. 


Nach fünf Songs gab es die so lange geliebten Lieder in einiger Vielfalt. Sie waren in der akustischen Umsetzung natürlich weniger drängend und nicht genauso wie vertraut. Aber wie ja eigentlich immer mit richtig tollen Songs, machte das fast nichts - außer, dass sie eine neue Seite zeigen durften, manche Textzeile auf einmal anders aufschillern konnte und sie Resonanz im Herzen auslösten. Ich mag hier nicht gern etwas herauspicken, außer vielleicht das Privileg Passing stranger zu hören (das sie wohl selten live spielt), das explizit ein Gruß an den so sehr vermissten Frank Heise wurde.


Und dass das erste Set (erst auf Nachfrage: Soll ich noch weiterspielen?) durch mein ebenso lieb gewonnenes Wildvögelein und ein portugiesisches Lied abgerundet wurde, stimmte und passte wunderbar. Anschließend war Pause für ein am Ort verweilen (das war zumindest der Wunsch der Organisatoren) - aber es war klar, dass auch viele sich freuten, Bekannte und Freunde zu treffen, mit denen allerhand zu besprechen war - auch manche Erinnerungen an den See Klein Ahlbeck von früher zu teilen.


Im zweiten Teil war klar der Fokus auf das gerichtet, als was sich Bobo wohl nach ihren Worten den Abend vorgestellt hatte: Ein Lagerfeuerkonzert. Es wurden also die alten Lieder der alten Helden herausgeholt und aus tiefstem Herzen in eigener Manier gesungen gemeinsam mit ihrer Tochter Flora Camille. Man spürte, wie sehr sie aufeinander eingestellt sind und sich gut ergänzen in der Stimmlichkeit und letztlich auch im Feeling für die Lieder. Für das Pink Floyd cover wurde zuvor ein Preis ausgelobt für den ersten, der erkennt, was das wird. Das Publikum blieb aber nur ganz kurz ruhig und löste das Rätsel fix...


Die Idee funktionierte hervorragend - man spürte wie auch im Publikum das eine Ah und Oh mit Erinnerungen kam und auch mal leise mitgesummt wurde. Oder spontang beklatscht. Und das, was ich im Radio kaum ertragen hätte, wurde auf einmal etwas intimes und dabei herrlich Gemeinschaft stiftendes und passte auch zu einem Sommerabend am See. 


Als die Sonne längst untergegangen und schließlich auch der fast volle Mond aufgegangen, verabschiedeten sich die Menschen etwas widerwillig von diesem schönen Ort und dem gerade erlebten und auch wir fuhren schließlich unsere Tour zurück durch die Nacht mit Liederseelen-Album im Auto, das einfach perfekt zu unserer Stimmung passte.



Setlist:
01: Die and become
02: Time is a healer
03: Sanctuary
04: So called pride
05: Keep moving on
06: Furious sun
07: These words behind
08: White wooden houses
09: Passing stranger
10: Travel in my mind
11: Hole in heaven
12: Wildvögelein
13: Uns versos (Adriana Calcanhotto)

 - Pause-

14: Running up that hill (Kate Bush cover)
15: It's no good (Depeche Mode cover)
16: Dreams (Fleetwood Mac cover)
17: Time (Pink Floyd cover)
18: Ever the wind
19: Edge of seventeen (Stevie Nicks cover)
20: Heroes (David Bowie cover)

21: I feel you (Depeche Mode cover)
22: Roam (B 52 cover)

(*) Die Geschichte dazu gehört auch einmal in aller Ausführlichkeit erzählt...


Dies und Das:
Konzertaufzeichnung Bobo in white wooden houses von 1993
Ankündigung des Abends in der MOZ 

Tourdaten:
31.08. Liederseelen @Kirche Carwitz (Uckermark)
10.09. Bobo akustisch mit Flora Camille 
    @Weimar Kasseturm (Radio Lotte Jubiläums Fest)




 

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