Samstag, 31. Mai 2014

Maifeld Festival 2014 in Mannheim Tag 1


Konzerte: 
  Kristian Harting (35 min)
  Nicholas Chim (25 min)
  Fenster (45 min)
  Scarlett O'Hannah (40 min)
  Clickclickdecker
Ort: Parcour d'Amour Maimarktgelände Mannheim
Datum: 30. Mai 2014
Zuschauer: zwischen 300 und über 1000


Ich bin kein Mensch für den Festivals passen. Ich komme zu Konzerten wegen der Musik und weil ich den Musikern zusehen will. Nicht wegen der Gaudi. Und das beißt sich umso wahrscheinlicher mit den Plänen anderer, je größer der Kreis der Teilnehmer gezogen wird. 


Das Maifeld hatte mich im letzten Jahr mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Das klingt undankbar und pedantisch, aber das tollste Lineup ist für mich vergebliche Liebesmüh, wenn der Anteil der Krawallnasen einen gewissen Prozentsatz übersteigt. Leider sind sehr wenige Störer genug, um vielen Leuten den Spaß zu versalzen. Zweiter Punkt war, dass es zum Teil so viel zu laut war, dass ich selbst mit Hörschutz keinen Ort fand, um den Lärm irgendwo aushalten zu können.


Die Lautstärke ist ein Aspekt, den die Macher eigentlich in der Hand haben, den ich deshalb besonders ärgerlich fand. Außerdem ist die Regelung, dass ich viermal Schlange stehen muss, um einmal etwas zu trinken kaufen zu können für mich ärgerlich, weil mir diese Zeit für wichtigeres fehlt. Dem gegenüber stehen die tollen Seiten des Maifeld Derbys: Musik wie für mich persönlich ausgesucht; alle lieben Leute, die ich sonst nur über Fotos und Berichte "treffe", sind da und man kann die Erlebnisse wirklich teilen. Außerdem finde ich es Herz erwärmend, wenn im Publikum überall Musiker zu finden sind. Solche, die beim Festival auftreten und solche, die selbst einfach Gäste sind.



So habe mir dann doch wieder ein Early horse ticket geholt. Und Reklame gemacht und mir den Mund fusslig geredet. Zurecht, denn das Lineup 2014 hat eigentlich nur einen Fehler: Bands, die ich unbedingt sehen will, finden mehrfach gleichzeitig statt. Mein erhoffter Höhepunkt in diesem Jahr werden Get well soon sein (wobei ich noch sehr gespannt bin, ob zu der Tageszeit im Palastzelt das Publikum mehr von der Musik als vom Alkohol begeistert sein wird und ob ich überhaupt etwas sehen kann). In der Woche vor dem Maifeld festigte sich außerdem die Erwartung, dass das Wetter wohl ganz gut sein würde, was für so eine Veranstaltung vieles einfacher macht.


Eingedenk meiner 2013er Erfahrungen hatte ich mich für den Freitag auf die für mich komfortabelste Lösung geeinigt. Ich nehme die Überschneidungen hin (verpasse z.B. mit blutendem Herzen Bled white, Rah Rah und Lucy Rose) und bleibe im Parcour d'amour. Und ich hatte mir ein Zeitlimit gesetzt, um nicht schon nach dem ersten Tag k.o. zu sein. Klingt nicht sehr Rock'n Roll, wird auch hier nicht zur Nachahmung empfohlen, ist aber die einzige Variante, über die ich redlich Zeugnis ablegen kann.


Leider gab es beim Einlass schon den ersten Dämpfer des Tages. Obwohl eigentlich im Vorfeld gesagt worden war, das Tetrapacks mit Getränken einer vernünftigen Größe ok seien, wurde mir prompt mein Wasser abgenommen. Es geht mir nicht um das Geld, denn ich würde auch gern für einige alkoholfreie kühle Biere zahlen,  aber in den Umbauzeiten von 10-20 min schaffe ich es nicht, vom Parcour zu gehen, etwas zu trinken zu besorgen und an meinen Platz zurück zu kommen und muss auch noch damit rechnen, überhaupt nicht mehr Einlass zu finden, weil der Parcour voll ist. Ist übrigens auch ein Risiko, wenn man nur mal austreten gehen muss.



Ich weiß, ich bin nicht die Regel, aber so kommen wir halt auch nicht zusammen. Ich komme für die Musik und nicht um mich zu ärgern. 

Nachdem ich meinen Platz im Parcour gefunden hatte, war aber alles bestens. Vor dem ersten Konzert schon gab es mehrere nette Wiedersehen und diverse Schwätzchen und in allen Umbaupausen wiederholte sich das Spiel, neue Gesichter zu begrüßen und mich darüber zu freuen. Bis vor Clickclickdecker tauschte sich das Publikum auch jedes Mal fast komplett aus und so konnte ich auch locker rumlaufen und Leute treffen. 


Über den Dänen Kristian Harting wusste ich im Vorfeld nicht viel - z.B. weil ich Future Islands Konzerte bisher ignoriert habe. Er tourte gerade mit ihnen und irgendwie passte das auch zu der Art Musik die er macht. Klingt etwas absurd, denn er ist ein Ein-Mann-Orchester. Aber wie er ausholt, um gigantische Sounds zu malen, das lässt manche Band alt aussehen. Ich fand es jedenfalls rundum beeindruckend und werde in der Zukunft ein Auge auf den netten Dänen haben. Für das Maifeld Publikum muss gesagt werden, dass sogar für diesen frühen Slot sehr viele Leute den Weg in den Parcour gegangen waren und sich als sehr, sehr begeisterungsfähig erwiesen! Und für die Security, dass sie sehr nett aber bestimmt das Rauchverbot durchsetzten (bis es bei Clickclickdecker zu viele Leute wurden und auch das Publikum sich nicht mehr um Hinweise scherte).


Nicholas Chim konnte ich vor kurzem für ein Wohnzimmerkonzert in der Waldstadt begrüßen. Ich war besonders gespannt, wie die nicht-akustische Version seiner Musik klingen würde mit Rayner Lim an verschiedenen winzigen Gadgets, die über einen Mac mal Rhythmussektion und mal Keyboard ersetzten. Haute für mich gut hin. Passte hervorragend in den Parcour und hatte nur den kleinen Schönheitsfehler, dass er etwas hastig die Bühne räumen musste, weil er so versunken war, dass er die Hinweise auf das letzte Lied jetzt verpasst hatte. Aber Overboard war auch diesmal wieder ein reinster Gänsehautmoment. Schade, dass der Lärm mindestens einer anderen Bühne diesem ruhigen Set ziemlich zusetzte.



Für Fenster füllten sich die Sitze wieder fast bis an den Rand. Anscheinend ist die Formation beim Maifeld Publikum hinreichend bekannt und beliebt. Leider war das auch das erste Set, das erst mit Verspätung begann, weil die Soundcheck-Zeit zu kurz eingeschätzt worden war und hatte dann auch immer wieder Probleme mit Rückkopplungen. Schade, weil das Konzert deutlich zeigte, was sie für faszinierende Musik machen und auch wie sie in der Gruppe immer wieder neue Strukturen einnehmen und die Plätze wechseln. Es war auch das erste Set, wo die Musiker ins schwitzen kamen  und wo sich blauer Himmel zu zeigen begann.


Ganz ähnlich geschah es mit Scarlett O'Hanna - Zeitverzug war vorprogrammiert und Soundprobleme durchsetzten das Set. Trotzdem wusste sie zu überzeugen und die Sängerin war über das ganze Programm für mich ein echter Hingucker - und zum zuhören einladend. Sehr witzig (sicher nicht für die Stagecrew) auch die französische Art mit der Aufforderung zum Ende zu kommen umzugehen: ignorieren und in Ruhe noch ein Lied spielen, obwohl der Zeitplan schon total im Eimer war.



Für Clickclickdecker füllte sich der Parcour d'amour auf den letzten Platz und es lag eine Erwartungsfrohe Stimmung in der Luft. Auch vier Autoren des Konzerttagebuchs fanden sich zwischen den vielen Menschen vereint. Der Soundcheck war lang aber auch eine nette Vorführung, wie man spielerisch mit so einer Situation umgehen kann. 


Mit großer Verspätung begann das Set aber die Stimmung war bestens und rings um mich sang man textsicher mit. Mit glasigen Augen und offenem Herzen. Der Parcour machte seinem Namen alle Ehre. Erst im Gehen verstand ich, dass selbst das die schaumgebremste Variante war, denn draußen stand noch eine lange Schlange, die erst in diesem Moment Zugang bekam, weil noch ein weiterer Teil der Tribüne für die Musikfreunde freigegeben wurde.


Ich weiß freilich nicht, ob das schon für die anschließend spielende Höchste Eisenbahn war, muss aber nach den Erlebnissen drinnen schließen, dass es zumindest in Teilen Clickclickdecker waren, die all diese Liebe anzogen.

Für mich war der erste Tag des Festivals vorbei. Der Parcour d'amour war seinem Namen wieder einmal mehr als gerecht geworden.


Aus unserem Archiv:
Maifeld Derby, Tag 1
Maifeld Derby, Tag 1 - U.
Maifeld Derby, Tag 2
Maifeld Derby, Tag 2 - U. 
Maifeld Derby, Tag 3
Maifeld Derby, Tag 3 - U.

Nicholas Chim, Karlsruhe, 21.05.14
Fenster, Dresden, 02.09.12
Fenster, Paris, 01.10.11

ClickClickDecker, Beverungen, 25.05.12
ClickClickDecker, Bochum, 09.04.07





2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Gemischte Gefühle beschreibt es wohl am besten. Eigentlich ein tolles Festival, eigentlich viele tolle Bands, eigentlich, eigentlich...
Aber viele Kleinigkeiten haben mich gestört und an der einen oder anderen Ecke empfand ich das Festival irgendwie lieblos. Ich hatte bei einem relativ großen Anteil des Publikums auch das Gefühl, dass man mittlerweile zum Maifeld geht, weil "da was los ist" und die Musik völlig zur Nebensache wird...

Wasserturm hat gesagt…

Tja, das Derby ist grösser geworden und das gönne ich den Veranstaltern von vollen Herzen, dass dies nicht mehr so familiär wie bei den ersten beiden Ausgaben ist dürfte klar sein.
Der kleine, intime, wunderbare Parcour D'Amours ist leider ein Opfer des Erfolgs. Mehr Besucher, heisst auch mehr Besucher, die sich da die Konzerte anschauen wollen und da es wenige Sitzmöglichkeiten (auch kein rasen) gibt, sich dort auch ausruhen und quatschen wollen.
Diese Quatscherei ist schade, vor allem weil ich in Mannheim eigentlich ein "fachkundigeres" Publikum erwarte.
Was für mich bleibt sind aber wieder drei Tage mit ausgesucht guter Musin und einigen Entdeckungen (vor allem Parcour, Charity Chlidren waren grandios). für die ich den MAchern dankbar bin.

 

Konzerttagebuch © 2010

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