Dienstag, 20. Mai 2014

Slowdive, London, 19.05.14


Konzert: Slowdive
Ort: Village Underground
Datum: 19.05.2014
Dauer: Slowdive 85 min, Younghusband 33 min
Zuschauer: rund 1.000 (ausverkauft)



Als Slowdive am 21. Mai 1994 ein Konzert in Lee's Palace in Toronto spielten, sollte es das letzte für fast 20 Jahre bleiben. Ich hatte die Band wie viele andere, deren Musik mir wichtig ist, damals nicht gesehen und war daher bei der Comeback-Ankündigung euphorisch. Allerdings war es diese fragile Euphorie, die einen bei vielen Wiederkehrern überkommt, bei der immer einiges an Zweifel dabei ist. Das Geld-Argument zieht dabei bei mir nicht. Sie spielen nur aus finanziellen Gründen wieder? Na und? Das sind Berufsmusiker, die verdienen damit ihre Vollkornbrötchen. Vielleicht fehlt mir die Romantik, daß nur ein in Geld- und Liebesdingen ordentlich gequälter Musiker gute Kunst abliefert. Entscheidend ist doch allein, ob das Ergebnis taugt. Allerdings kamen auch da Zweifel. "Die waren damals live nicht dolle." Das war das bessere Argument, aber auch das verhinderte nicht, daß ich Montagabend in der Warteschlange des Village Underground, eines Backsteinclubs in Shoreditch stand und auf den Einlaß wartete. Die mit mir Wartenden waren erstaunlich bunt gemischt. Viele sehr junge Leute (Anfang zwanzig), einige mit Heavy-Band Shirts, einer der sich Maroon Five News anguckte.

Drinnen liefen Moon River und anderen Filmschmacht-Lieder, am Merch verkaufte ein nettes Paar Jutetaschen, Tassen und T-Shirts (und hatte Probleme mit dem Wechselgeld - er fragte mich, ob das ein Pfund Münzen seien, die er mir zurückgeben wollte), es gab Dosenbier und war herrlich unaufgeregt. Darum ist eben England das Mutterland des Pop (und nicht, wie ich befürchte, wegen Lily Allen).

Um acht begann der Support vor noch recht leerem Saal. Das Village Underground ist ein ehemaliges Lagerhaus aus dem späten 19., frühen 20. Jhd. Neben einem Hauptraum mit schrägem Dach gibt es zwei Nebenräume, die wie Tunnels davon abgehen.

Als um kurz nach neun das Zeichen kam, das die Band bereit sei, war der Raum vollgestopft. Erst Mitte des Sets, nachdem Rachel geasgt hatte, wie heiß es sei, ging eine Lüftung kurz an. Vor- und nachher waren die Temperaturen ein schönes Training für den Sommer.

Slowdive spielen wieder in Originalbesetzung, also mit Simon Scott, dem Drummer, der auf den beiden ersten Alben aktiv war. Am Vorabend hatte es bereits einen ersten Auftritt gegeben, beim Jubiläum des Sonic Cathedral Labels, es war offenbar die Generalprobe. Aber daß Bands vor dem Comeback-Konzert bereits andere spielen, ist auch nicht neu. Als Pavement ihr Publikum zum ersten Konzert seit vielen Jahren begrüßten, hatte es vorher schon eine ganze Reihe Shows gegeben, die später dazugekommen waren.

Das Konzert begann mit Slowdive und Avalyn, also ganz alten Stücken. Aber nichts daran klang altbacken. Die beiden und das nachfolgende Cath the breeze, das in herrlichem Krach endete, waren ein blendender Beginn. Die Band hatte irgendwann vor ein paar Wochen den Status Quo beschrieben. Nick habe beispielweise ewig keinen Bass mehr in der Hand gehabt. Davon war nichts zu spüren. Auch nicht von den fehlenden Live-Qualitäten der Band! Daß Neil Halstead jetzt nicht nur Haare über den Augen sondern über allen Gesichtsteilen trägt, passt optisch nicht zur Musik, das hatte ich aber schon bei seinem Solo-Auftritt im King Georg erlebt. 

Die Band hatte am Vorabend einige Lieder wohl zum ersten Mal live gespielt, Crazy for you und Blue skied an' clear. Beide stammen von der dritten Platte, die durch den Split nicht mehr betourt wurde. Und beide standen - wie alles andere vom Vortag - auch heute auf dem Programm. Nur am Schluß, nachdem es mit dem wundervollen Syd Barrett Cover Golden hair mit dem sagenhaft schön gehauchten Beginn von Rachel und der langsamen Steigerungen von Tempo und Lautstärke geendet hatte und die Band wieder auf dei Bühne kam, bekamen wir auch noch eine Premiere serviert. Rutti war die erste Zugabe, die fast so lang wie auf Platte wurde. Alison bildete den Abschluß. 

Es war anstrengend, weil es warm und eng war. Aber es war auch enorm gut! Das ist nämlich so schön an den Reunions wirklich toller Bands. Die machen vor allen musikalisch Sinn! Und wenn Slowdive dann offen darüber sprechen, daß dieses Konzert und das beim Primavera Festival dafür gedacht sind, ein neues Album zu schreiben, umso besser! Beim Primavera hatte ich gedanklich den Slowdive Slot schon an eine Konkurrenzband vergeben, da spielt schließlich so viel parallel. Der Gedanke erscheint mir jetzt sehr abwegig!

Die wirklich sehr gute Vorgruppe Younghusband wäre mir nach den meisten anderen Konzerten oder auf einem Festival mehr im Gedächtnis geblieben. Ich mochte ihren Klang, ihre Stücke, ihr Auftritt passte ausgezeichnet zu Slowdive. Da aber die Hauptgruppe in einer anderen Liga spielte, war die Erinnerung an Younghusband schnell wieder verloschen.

Setlist Slowdive, Village Underground, London:

01: Slowdive
02: Avalyn
03: Catch the breeze
04: Crazy for you
05: Machine gun
06: 40 days
07: Blue skied an' clear
08: Souvlaki space station
09: When the sun hits
10: Morningrise
11: She calls
12: Golden hair (Syd Barrett Cover)

13: Rutti (Z)
14: Alison (Z)
 


 

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