Konzert: She Keeps Bees & Wild Moccasins (Tornado) Ort: L'International, Paris Datum: 05.03.2011 Zuschauer: sauviele
So, jetzt ist hier mal Schluss mit Süßwarenpop à la Those Dancing Days. Zumindest vorübergehend. She Keeps Bees aus Brooklyn gastierten in Paris und boten saftigen Rock ohne Schnörkel und Chichi. Die hatte ich Christoph mal gegönnt, aber der hätte wahrscheinlich mit der bluesig-rohen Darbietung nix anfangen können. Zu wenig Honig für ihn, trotz der Bienen im Namen. Egal. Ich zumindest ließ mir gerne von Jessica und Andy den Arsch aufreißen. Eine Rockröhre am Fender Stratocaster und ein Bursche hinter den Drums, mehr brauchte es nicht, um für gehörigen Lärm zu sorgen. Das banausenhafte Samstag-Abend Publikum gröhlte mit, ohne zu wissen, wer da eigentlich spielt. Deppen. Gesindel. Gutdurchesser. Und eine Arschgeige von Fotograf vor mir, der hunderttausend Fotos geschossen hat und mir permanent die Sicht versperrte. Ich hätte ihm am liebsten seine Canon über die Rübe gezogen.
Dennoch ließ ich mir meinen Spaß am Auftritt von She Keeps Bees nicht nehmen. Schließlich war es mein erstes Konzert von und mit Jessica und Andy und das wollte ich so gut es geht genießen. Durch geschicktes Lückenausnutzen (man könnte auch sagen: vordrängeln), war es mir gelungen, in die allererste Reihe zu gelangen. Und das ist in einem kleinen Laden wie dem International unbezahlbar, denn wenn es wie heute proppenvoll ist, sieht man hinten und an den Seiten so gut wie nichts. Wäre sehr schade gewesen, Jessica Larrabee nicht aus nächster Nähe zu beobachten, denn sie hat ein bildhübsches Gesicht und ein unverschämt charmantes Lächeln, mit dem sie nicht geizte. Bestens gelaunt war sie zu später Stunde (etwa 23 Uhr 30) auf der Bühne erschienen und gab von Anfang bis Ende Vollgas. Ihr Drummer, Produzent und Lover Andy saß unterdessen ganz relaxt hinter seiner Schießbude und teilte aus wie ein Preisboxer.
Das gespielte Songmaterial war mir unbekannt. Obwohl ich vor allem durch wohlwollende Besprechungen auf dem Klienicum auf She Keeps Bees aufmerksam geworden war, hatte ich bis zum heutigen Tage keine CD der beiden New Yorker im Regal. Bislang stehen zwei Longplayer (Minisink Hotel 2006, Nests 2008) und zwei EPs (Shhh Ep 2007 und Revival 2009) auf der Habenseite, im Laufe dieses Jahres soll dann das dritte Werk Dig On erscheinen, von dem heute auch bereits ein paar Songs performt wurden. Alles klang roh, stripped to the bone und direkt und verfehlte nicht seine stimulierende Wirkung. Meine Müdigkeit war wie weggeblasen und wurde postwended durch Adrenalinstöße ersetzt. Keine Frage: was She Keeps Bees da boten, war aggressiv und brachial. Ich hätte fast Lust gehabt, ein wenig Pogo zu tanzen und Rumzuschreien wie ein gesenktes Schwein. Man darf nicht vergessen, daß ich als junger Mensch Death Metal gehört habe (ich Held, ich!) und irgendwo schlummert noch ein nicht unbedeutendes Aggressionspotential in mir (ich Rambo, ich!). Trotzdem blieb ich ruhig, obwohl ein paar Leute richtig nervten.
Ich beachtete sie nicht und konzentrierte mich stattdessen auf die Musik, die frontal und punktgenau serviert wurde. Bluesig und leicht verraucht sang Jessie die Lyrics der oft sehr kurzen Stücke. Schwüle Wüstensand- Atmosphäre breitete sich aus, die Spannung der Lieder war kisternd und es war klar, daß auch schleppend beginnende Stücke irgendwann ausbrechen würden. In diesen Momenten drehte Jessica gesanglich voll auf und keifte wie eine Furie, während Andy hinten cool as fuck seine Felle vermöbelte. Das Ganze erinnerte mich an die frühen Black Keys, weniger an die oft zitierten White Stripes und schon gar nicht an die aktuelle PJ Harvey. Auch Cat Power passte als Referenz nicht. Stattdessen sah ich eher Parallelen zu Liela Moss und The Duke Spirit, der Band Of Skulls oder den Raveonettes.
Zwei Lieder performte Jessica sogar a'cappella und greinte tief und bluesgetränkt.
Dann war Schluß. Zumindest was das International anbelangt. Handverlesene Gäste wie ich kamen nämlich noch in den Genuß eines sehr späten Privatkonzertes mit She Keeps Bees in der Crêperie von Erwan Le Floch in Saint Ambroise. Davon berichte ich in einem anderen Post.
Ein paar Worte gilt es aber noch zu den vor She Keeps Bees auftretenden Wild Moccasins zu sagen, denn die fünfköpfige Band aus Texas wusste mit ihrem Powerpop und der rassigen, hyperaktiven Sängerin Zahira Gutierrez (die sich prima mit dem Sänger Cody Swann ergänzte) zu gefallen. Zu dumm nur, daß es vor der Bühne so dermaßen voll war, das es für mich keine Möglichkeit gab, nahe am Geschehen zu sein. Die Leute trampelten sich halb tot, es drangen immer mehr und mehr vergnügungsgsüchtige Mitbürger in den Laden und ließen die Temperaturen auf gefühlte 55 Grad Celsius steigen. Ich musste mich mit dem undankbaren Platz auf der Treppe begnügen, sah die Gruppe nur von der Seite und kam auch nicht in den Genuß eines normalen Sounds. Was ich aber hörte, machte total Laune und ich habe es nicht bereut, die CD skincollisionpast erworben zu haben. Die ist dermaßen frisch und perlend, das gibt es gar nicht!
Tornado aus Frankreich hingegen waren öde und langweilten mich gräßlich.
Konzerttermine Wild Mocassins (ohne Gewähr):
06.03.11: Kaffe und Kuchen Matinee, Az Achen, Achen 07.03.11: Halle, Heidelberg 08.03.11: Gasthaus Sutter, Zweibrücken 09.03.11: La Brasserie du.., Lausanne, Schweiz 10.03.11: Sinkkasten, Frankfurt 11.03.11: Swamp, Freiburg 12.03.11: Zwölf Zehn, Stuttgart 13.03.11: Asta-Kneipe, Rosenheim 14.03.11: rhiz, Wien 15.03.11: Paris Syndrom, Leipzig 16.03.11: Bang Bang Club, Berlin 17.03.11: Kulturhaus III & 70, Hamburg 20.03.11: Prinz Willy, Kiel 22.03.11: Café Glocksee, Hannover 23.03.11: Druckluft, Oberhausen 24.03.11: Hafen 2, Offenbach 26.03.11: d:qliq, Luxemburg
Lesenswert: Blogger-Dr. Freiherr von und zu Eike vom Klienicum zu She Keeps Bees mit Link zu einem Interview. Klick! (@ Eike: Jessica lässt dir schöne Grüße aurichten ("How do you spell his name? Eike? What a nice guy! He is so supportive for many many years now")
Mein Zuhause. Mein Blog. ist als kleines privates Konzert- Tagebuch entstanden. Und weil es zur Zeit musikalisch so spannend ist, wächst unsere Sammlung schnell. Wir schreiben die Berichte spontan, unüberarbeitet und so zeitnah wie möglich. Die Reviews stehen meist noch in der gleichen Nacht online, spätestens jedoch am nächsten Tag. Musik ist für uns vor allem Spaß und keine Wissenschaft.
Wir sind: Oliver Peel aus Paris Christoph aus nicht weit von Köln Julius aus Wien Gudrun aus Karlsruhe Tanita aus Mainz Jens aus Stuttgart Ursula aus Frankfurt Michael aus Chemnitz Dirk aus Mönchengladbach Vielen Dank unseren Gastautoren!
Willst Du mitmachen? Oder hast Du Anregungen? Über Kommentare (auch kritische) freuen wir uns sehr.
1 Kommentare :
wow. danke für die grüße von jess! würde die sonne nicht eh schon scheinen, dank deiner wäre sie aufgegangen!
Kommentar veröffentlichen