Sonntag, 23. September 2007

Kim Novak, Paris, 22.09.07

Konzert: Kim Novak (+ Rachid Taha)
Ort: Le Cabaret Sauvage, Paris (Festival Arvest)
Datum: 22.00.2007
Zuschauer: nicht sehr viele


Wenn ich mir Musik noch auf Vinyl anhören würde (was ich teilweise tue, allerdings mangels Plattenspieler nicht in Paris), hätte die Platte "Luck & Accident von Kim Novak schon tiefe Rillen. Seit dieses melancholische Meisterwerk im Mai dieses Jahres erschienen ist, läuft es in schöner Regelmäßigkeit auf meinem i-pod und der kleinen Stereoanlage im Wohnzimmer rauf-und runter. Die gebrochenen Stimme von Sänger Jérémie, die melodischen Gitarrenriffs von Hairday, die markanten Bassläufe von Ugo und das dynamische Schlagzeug von Cyrill, all dies wirkt wie Balsam auf meiner schwarzen Seele. Wenn ich Kim Novak höre, ist die Welt einfach ein bißchen besser, das Leben leichter zu ertragen...

Hocherfreut war ich deshalb, als ich las, daß die vierköpfige, rein männliche Band nicht nur im November im Vorprogramm meiner ebenfalls heißgeliebten Wedding Present auftreten würden, sondern noch im September einen Termin in Paris auf dem Zeitplan hatten. "Festival Arvest" hieß die Veranstaltung und wenn ich das richtig verstanden habe, sollen hierdurch Künstler aus der Bretagne bekannter gemacht werden. Das Problem ist bloß, daß Kim Novak aus der Normandie kommen...

Normandie oder Bretagne, all dies war mir aber reichlich egal, die anderen Musiker (bis auf Rachid Taha) sagten mir überhaupt nichts und ich wollte sowieso nur "meine" Dark-Rocker sehen.

Kim Novak waren um 20 Uhr 45 angesetzt, reichlich früh, gerade für einen Samstag und so war es auch nicht verwunderlich, daß sich noch nicht allzuviele Zuschauer im wunderbaren Spiegelzelt "Cabaret Sauvage" eingefunden hatten. Viele lungerten noch auf der lauschigen Terrasse herum und genoßen den Abend, oder hielten sich weiter hinten im Saale auf. Vorne vor der Bühne war allerdings fast gar nichts los, als mit "Some Photographs" ins Set eingestiegen wurde. Photografien wollte ich auch nehmen und hatte mich deshalb vorne links zum Knipsen aufgebaut. Jérémie, der Sänger, hatte mich erkannt, zwinkerte mir zu, was mich sehr freute. Jedesmal, wenn die Band in Paris spielt, bin ich auch dabei und dies ist den vier sympathischen Kerlen natürlich nicht verborgen geblieben.Schön von ihnen, daß sie Kontakt zu einzelnen Fans halten, mit über 100 000 Profilaufrufen bei MySpace sind sie längst keine Unbekannten mehr. Zumindest nicht in Insider-kreisen, wozu das heutige Publikum im Cabaret Sauvage aber wohl nicht gezählt werden konnte, denn den Meisten sagte Kim Novak überhaupt nichts. Trotzdem glaube ich, daß auch heute der ein-oder andere Beobachter von den melancholischen und manchmal noisigen Titeln auf Anhieb begeistert war und die Band seinen Freunden weiterempfiehlt. Als "Kenner" von Kim Novak war ich persönlich begeistert von "My Fever" einem Non-Album-Track, der ziemlich gut die Qualitäten der Truppe verdeutlicht: wavige und melodische Gitarren, dramatisch aufgebaute Songstrukturen und natürlich die durch Mark und Bein gehende Stimme von Jérémie. Schade, daß ich diesen Song mangels Veröffentlichung noch nicht auf meinem i-pod habe! In der Folge begeisterte vor allem "If", ein Track, den man auf dem Album finden kann. Er besticht durch einen scharfen Basslauf zu Beginn, knackigen Gitarren und unter die Haut gehenden Texten. Die größte Überraschung stellte aber heute eine im Gegensatz zum Album veränderte Version der wundervollen Ballade "Around Your Neck" dar. Startete das Lied zunächst noch gewohnt verhalten, steigerte es sich zu einer veritablen Noisekeule, die mich emotional ordentlich durchschüttelte und Jérémie mitsamt Gitarre in die Knie zwang. Erwähnung finden muß allerdings an dieser Stelle auch einmal die unfassbare Energie, mit der Cyril sein Schlagzeug bearbeitet, der muskulöse, thoughe Bursche ist wirklich eine Wucht! Eine Wucht war dann auch das abschließende Stück "Reaction", welches wie "My Fever" auf "Luck & Accident" fehlt. Es handelt sich mit Sicherheit um das rockigste Stück der Band und ist mit seiner sich steigernden Dramaturgie wie geschaffen für das Ende eines Sets.

Setlist Kim Novak, Cabaret Sauvage, Paris:

01: Some Photographs
02: Turn A Rabbit
03: My Fever

04: Female Friends
05: If
06: Lost At Play
07: Swallow
08: Around Your Neck
09: Reaction

Danach spielte auch noch Rachid Taha und obwohl ich kein allzu großer Fan von Rai-Musik bin war das wirklich nicht übel! Der kleine Mann mit dem Wuschelkopf hatte nämlich eine unglaubliche Energie zu bieten und überraschte auch diejenigen, die mit seinem Musikstil eigentlich normalerweise nicht allzuviel anzufangen wissen. Er spielte mit einer mehrköpfigen Band allerdings nur eine Handvoll Lieder, bevor er unter langanhaltendem Applaus verabschiedet wurde. Aufmerksam wurde ich übrigens zum ersten Mal auf Rachid Taha, als ich vor ein paar Jahren den Clash-Klassiker "Rock The Casbah " ziemlich gekonnt coverte. Ich werde den Burschen weiter im Auge behalten und kann mir nach diesem Abend durchaus vorstellen, ihn noch einmal exclusiv zu beobachten. Für uns war nach dem Auftritt von Rachid allerdings Schluß, obwohl es im Cabaret Sauvage mit anderen Bands, die ich allesamt nicht kannte, weiterging...



 

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