Montag, 16. März 2015

Warpaint, Brüssel, 15.03.15


Konzert: Warpaint
Ort: Cirque Royal, Brüssel
Datum: 15.03.2015
Dauer: Warpaint 73 min, The Garden 25 min
Zuschauer. vielleicht 1.500 



Nach dem tollen Auftritt von Warpaint im Sommer im WDR Sendesaal bei der c/o pop hatte ich beschlossen, sie auch im November noch einmal in Brüssel zu sehen. Der dortige Saal, der Cirque Royal, ist einer der schönsten Konzertsäle, die ich kenne. Der königliche Zirkus ist kreisrund und wirkt wie die kleine, von jedem Prunk befreite Schwester der Royal Albert Hall. Im Herbst kam mir meine Idee dann plötzlich weniger gut vor. Ich hatte die Amerikanerinnen in der Zwischenzeit noch zweimal gesehen - beide Konzerte waren sehr gut - wollte es aber nicht übertreiben. Sie vermutlich auch nicht, denn das Konzert wurde kurz vorher abgesagt, ein neuer Termin für das Frühjahr angekündigt. Da hatte ich wieder Lust.


Das Konzert am Sonntagabend in Brüssel ist Teil einer weiteren (kleinen) Europatour. Aus ihrer kalifornischen Heimat hatten Warpaint auch einen Support mitgebracht, The Garden, Zwillingsbrüder aus dem Orange County, die "conceptual punk" spielten, so ihre Selbstbeschreibung.  Fletcher & Wyatt Shears begannen mit einigem conceptual Gepose und spielten in den ersten knapp acht Minuten fünf Lieder. Manche der Stücke waren durchaus gut, sie hörten aber in der Regel nach spätestens zwei Minuten auf. Nichts gegen kurze Punkstücke (eines der besten Lieder der Menschheitsgeschichte ist auch nur 2:02 lang - allerdings kein Punk), die The Garden Lieder waren aber unfertige Fragmente (oder ich habe das Konzept nicht verstanden). 


Zu Lied sechs schaltete der dunkelhaarige Zwilling Musik vom Band an, sein blonder Drummerbruder Fletcher stand auf, machte eine Rolle vorwärts über die Bühne und begann mit dem Bruder schönste Ausdruckstänze. Ich bin Siegfried und ich bin Roy. Es war grotesk! Ihr Waldorfschulen-Tanz dauerte einige Lieder lang. Manchmal sang der Bassistenbruder ein paar Worte, mal setzte er sich ans Schlagzeug und spielte ein übertriebenes Playback. Ich vermute, die beiden hatten früher Ferienjobs in einer Piratenshow im heimatlichen Disneyland. Für den Cirque Royal reichte das nicht.


Nach "conceptual" kam gegen Ende wieder etwas "punk". Die letzten wirklich live vorgetragenen Liedchen waren dann auch wieder deutlich besser. Die Kombination aus Bass und Schlagzeug gefiel mir. Aber auch bei den letzten Stücken hatte ich oft das Gefühl, daß ein paar gute Ideen leider nicht weiter ausgearbeitet worden sind.

Wahrscheinlich haben Warpaint sie mit auf die Tour genommen, weil Wyatt und Fletcher ein paar ausgezeichnete Kartentricks beherrschen und jonglierend durch brennende Reifen springen können. So ein Flug und innereuropäische Busfahrten sind lang.

Während The Garden hüpften und tanzten, war der Cirque Royal noch ziemlich leer. Bis neun waren der Innenraum und auch viele der Tribünen so voll, daß es nicht mehr peinlich wirkte. Bis auf einige Lücken auf den oberen, steilen Tribünen und am Rand war der Cirque Royal voll. Von 2.000 möglichen waren vermutlich gut 1.500 Zuschauer da.

Das Konzert begann mit ein paar Minuten Verspätung. Daß mir Warpaint-Auftritte noch nicht aus dem Hals raus hängen, hängt vor allem damit zusammen, daß kein Konzert so ist wie das andere. Die Band variiert nicht nur die Setlisten, auch die Art, wie sie die Lieder spielen, ist immer anders. Elephants, das sie immer im Programm haben, gibt es in zig Versionen. Die Lieder weichen nicht von einander ab, weil Warpaint keine gute Musikerinnen sind, die sie nicht live zweimal gleich spielen könnten. Sie weichen vielmehr ab, weil die vier Frauen so exzellent sind und es können.



Das Brüssel-Konzert begann mit Warpaint, auch in einer Version, die ich noch nicht kannte. Trotz der vermutlich erst kurz vorher erfolgten Anreise wirkte die Band frisch und wach. Nur Bassistin Jenny Lee Lindberg wirkte auf mich angeschlagen. Sie verbrachte den größten Teil des Konzerts unter eine Kapuze, die sie auch aufbehielt, als ihr das Kapuzenshirt selbst zu warm wurde. Im Gegensatz zur Bassistin waren die beiden singenden Gitarristinnen Theresa Wayman und Emily Kokal sehr aufgekratzt, tanzten auffallend viel über die Bühne und schienen großen Spaß zu haben. 


Die erste Konzerthälfte bestand aus einigen der üblichen Verdächtigen (Undertow, Composure, dem Überhit Love is to die), bevor das "neue" No way out, das die Band neulich so vorgestellt hatte, das sie aber auch seit anderthalb Jahren spielt. No way out war sehr gut und ewig lang. Es folgte Intro und damit wieder eine Spielerei. Das Eröffnungsstück der aktuellen Platte würde ich - wäre ich die Band - auf allen Touren zu dieser Platte auch als erstes Stück spielen. Gleich gefolgt von Keep it healthy, da die beiden zusammengehören und ein perfekter Einstieg sind. Das ist der Band offenbar zu langweilig. Im Sommer hatte ich schon bei einem Konzert erlebt, daß Intro mittendrin gespielt wurde, da allerdings von Love is to die gefolgt. Im Cirque Royal spielten Warpaint das Intro / Keep it healthy Doppel. Dann das Doppel-Lied Disco // very und dann - auch das war mir neu - die beiden letzten Stücke der Debüt-EP (Burgundy und Krimson) quasi als Medley nacheinander (aber als ein Lied). Das war spektakulär! Und es passte perfekt, nicht nur, weil die beiden Farben so gut harmonieren.


Theresa kündigte danach noch zwei letzte Lieder an, wurde von Emily aber korrigiert, die sich vorher mit Schlagzeugerin Stella und Jenny Lee besprochen hatte. Ich weiß nicht, ob da die Müdigkeit Streichungen nötig machte. Jedenfalls war auch das letzte Stück Elephants so kurz wie lange nicht mehr (gerade mal fünf Minuten - oft ist es mehr als doppelt so lang). 

Nach den beiden Zugaben Bees und Biggy war endgültig Schluß.

Ich hatte mir vorher (als Gegenmittel gegen meine vermutete Warpaint-Müdigkeit) eingeredet, daß der eigentliche Star des Abends ja der Saal sei und ich viel zu lange nicht mehr in dem Konzerte gesehen hatte. Das war aber Quatsch. Der Star sind die phänomenal guten Liveversionen der wundervollen Warpaint-Lieder. Immer wieder.

Setlist Warpaint, Cirque Royal, Brüssel:

01: Warpaint
02: Undertow
03: Love is to die
04: Composure
05: No way out
06: Intro
07: Keep it healthy
08: Disco // very
09: Burgundy / Krimson (Medley)
10: Elephants

11: Bees (Z)
12: Biggy (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Warpaint, Münster, 06.09.14
- Warpaint, Luxemburg, 25.08.14
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- Warpaint, Köln, 20.08.14
- Warpaint, Ewijk, 29.06.14
- Warpaint, Mannheim, 31.05.14
- Warpaint, Barcelona, 29.05.14
- Warpaint, Köln, 23.02.14
- Warpaint, Den Haag, 16.11.13
- Warpaint, Larmer Tree Gardens, 31.08.13
- Warpaint, Rüsselheim, 20.07.12
- Warpaint, Rüsselsheim, 20.07.12
- Warpaint, Prag, 10.07.12
- Warpaint, Lüttich, 05.07.12
- Warpaint, Haldern, 13.08.11
- Warpaint, Köln, 28.06.11
- Warpaint, Amsterdam, 19.06.11
- Warpaint, Barcelona, 28.05.11
- Warpaint, Frankfurt, 11.11.10
- Warpaint, Paris, 06.11.10
- Warpaint, Brüssel, 16.05.10



 

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