Dienstag, 17. März 2015

Marianne Dissard, Karlsruhe, 27.02.15


Konzert: Marianne Dissard mit Support Allyson Ezell
Ort:  Kellerhalle in Karlsruhe
Datum: 27. Februar
Dauer: 30 min + 80 min
Zuschauer: 60-70


Was war das jetzt eigentlich gewesen? Das fragten wir uns nach dem denkwürdigen Konzert in ehrlicher Bewunderung. Da waren aber diverse Schubladen ganz elegant und ordentlich zu Kleinholz gemacht worden... Und der Staub hat sich auch heut - 14 Tage später noch nicht so recht wieder gelegt.

Ich hatte mich schon sehr lange auf den Abend gefreut und besonderes erwartet. Die Atmosphäre der Kellerhalle musste einfach perfekt für so eine expressionistische Künstlerin passen und das Publikum (also auch ich) ganz nah dran! Aber am Ende war es noch viel ungewöhnlicher und auch ein bisschen verstörend gewesen, was wir da gerade erlebt hatten. Ein wenig Zirkus, viel Show, und Musik mit vollem Einsatz.


Marianne Dissard hatte sich (wie im Herbst 2014 schon) den Pariser Gitarristen Yan Péchin und die amerikanische Sängerin Allyson Ezell (die derzeit in Paris lebt) als Band mitgebracht. Darüber hinaus einen jungen Percussionisten Bumby aus Paris. Die bunte Truppe brachte auch noch die Kunstwerke von Dan Glasser und Anthony Vallon mit, die von den auch als Best boys fungierenden Bastien Forestier Rischard und Jonathan F. Kugel in Szene gesetzt wurden als Bühnenausstattung. Alles in allem waren also sechs Leute on the road.


Als ich kurz vor dem anberaumten Konzertbeginn ankam, hielt gerade ein kleiner Transporter an und es stieg ein Rudel Leute aus. Oh, Teile der Band kam wohl gerade noch von einer Besorgung? Nein, tatsächlich hatte es die Dissardsche Roadshow gerade erst bis in die Karlsruher Oststadt geschafft und musste in Windeseile aufbauen und den Sound konfigurieren und war wahrscheinlich auch total erledigt von einer furchtbaren Fahrt. Aber alles wurde professionell effektiv tatsächlich in etwas weniger als 30 min gemeistert und gleich noch ordentlich Stimmung gemacht. 


Nur wenig später als sonst in der Kellerhalle üblich ging es mit dem Set von Allyson Ezell los. Sie hatten den noch sehr jungen Burschen Bumby für einen großen Teil des Sets als Unterstützung an einem elektronischen Drumset dabei. Für fast alle im Raum war sie ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Das änderte Allyson in der nächsten halben Stunde mit ordentlich Feuer und präsentiertem musikalischen Können. 


Im ersten Song Landmine klappte dem Publikum die sprichwörtliche Kinnlade fast hörbar herunter: was für eine Stimme!! Im zweiten Song rappte Allyson ihren Namen und sorgte damit für viel Lachen und auch etwas Alberei. Ähnlich Rhythmus-zentriert war wenig später auch Pick it up. Immer wieder lustig ist es ja, wie gern die uralten Omnichords eingesetzt werden. Auch hier verfehlte es nicht seine Wirkung in Beat this drum. Für Talk to me wurde vom Computer einiges zu- und unterfüttert, was aber ganz rund wirkte und die Musik gut abrundete. In der Kloschlange war jedenfalls die einhellige Meinung - WAS WAR DAS!? (im besten Sinn)



Setlist:
01: Landmine
02: Hi My Name Is A. L. L. Y. S. O. N.
03: Disappear (What I Do)
04: Pick It Up
05: Beat This Drum
06: Phoenix
07: Talk To Me
08: The Fire Takes


Das Set von Marianne begann, indem ihr Gitarrist die Bühne betrat und zunächst fast unbemerkt zu spielen begann. Er war über den ganzen Abend für mich ein ganz und gar faszinierender Künstler. Sowohl in dem was er uns zu hören gab als auch ihm dabei zu zu sehen. Oiseau ist ein sehr expressives Stück und braucht für die musikalische Entwicklung einen langen Atem. Es erscheint mir deshalb einigermaßen mutig, ein Set mit so einem Lied zu beginnen, weil erst einmal wenig fassbares passiert. Aber das Publikum ging zum Glück gleich gut mit. Fahrt nahm das Set dann anschließend mit Election auf und Bumby unterstützte ab hier an den E-drums.


Das danach folgende Mouton Bercail ist ein Lied, fast wie man es von Mariannes älteren Platten kennt. Dem französischen Chanson nicht unähnlich. Wenngleich gesanglich bei ihr eigentlich immer die große Geste fehlt. Besonders im Gedächtnis geblieben ist allen wahrscheinlich die Nummer Les confettis, weil es dabei echt albern wurde und mit abschließendem Konfettiregen zur Sache ging. Auch White Wedding war eine echt krasse Show. Anschließend wurden die Kostüme getauscht. Bumby kam im Halloween Kostüm und auch die zwei Sängerinnen waren nun fast ganz in Schwarz gekleidet.


Tortue nahm fast den rhythmischen Sprechgesang von Allyson Ezell auf. Es hat eine ziemlich drängende Basslinie und ließ Yan Péchin ordentlich Raum, seine Gitarre zu quälen. Doll Circa handelte anscheinend von misshandelten Barbie-Puppen und war mehr Sprechgesang und Soundkulisse für einen Film im Kopf. Die Gitarre durfte wieder ordentlich kreischen und brummen. Etwas albern ging es in Pomme zur Sache mit Mundharmonika und Banjo und Kinderreimen.


Je ne le savai pas war etwas bombastisch trotz des Wiegenrhythmus. Die Best Boys machten Backgroundchor aus dem Publikum und schunkelten ordentlich. Anschließend wurde das Tempo heruntergefahren. Am letzten war extrem introvertiert und fast nur gehaucht. Und auch das allerletzte Stück bestand im wesentlichen aus Sprechgesang und Gitarrensound: Le draps sourds übersetzte sie spontan auf Deutsch, denn im Gegensatz zur beschwingten Fassung auf CD war es eher ganz auf den Text orientiert.


Ein bisschen plötzlich war das Konzert damit zu Ende. Es gab keine Zugaben, da konnte der Saal noch so toben. Marianne und Allyson standen etwas später hinten am Merch und waren ganz offensichtlich ziemlich hin. Marianne konnte gar nicht mehr sprechen. Wie sie das Konzert eben noch geschafft hatte...? Chapeau! Und - ich bin immer noch ganz erleuchtet von diesem besonderen Abend in der Kellerhalle.

Setlist:
01: Oiseau
02: Election
03: Mouton bercail
04: Le Lendemain
05: Les Confettis
06: Cayenne
07: White Wedding
08: Tortue
09: Doll Circa
10: Pomme
11: Je ne le savais pas
12: Am letzten
13: Les Draps Sourds


Aus unserem Archiv:
Marianne Dissard, Stuttgart, 25.09.14

Alle Bilder:



Bericht aus Köln 

Tourdaten
18.02. Paris  – Alimentation Générale
19.02. Duisburg – Steinbruch
20.02. Köln – Die Wohngemeinschaft
21.02. Düsseldorf - Kit Café
22.02. Bielefeld – Forum
23.02. Berlin – Roter Salon
24.02. Praha – Podnik
25.02. Chemnitz – Weltecho
26.02. München – Milla
27.02. Karlsruhe – Kellerhalle
28.02. Offenbach – Hafen2

 

Konzerttagebuch © 2010

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