Konzert: Kafka Tamura
Ort: Das Bett, Frankfurt
Datum: 17.03.2015
Dauer: 47 min
Zuschauer: etwa 50
Kennengelernt habe ich Kafka Tamura im Dezember 2013 in Paris. Die britisch-deutsche Band hatte am Vorabend eine Oliver-Peel-Session gespielt, ich war auf dem Weg zu einem Dean Wareham Konzert. Wir trafen uns auf Olivers Terrasse. Die drei Lieder der Band, die es damals gab, habe ich auf dem Rückweg 24 Stunden später wieder und wieder gehört. Auch wenn ich die Musik nicht richtig einordnen konnte (Trip-Hop? Indie-Soul? Daughter-Gitarren), mochte ich sie sofort (wobei das Quatsch ist - warum sollte ich sie deshalb nicht mögen?).
In den 15 Monaten seit der Begegnung ist mein Kafka Tamura Liedschatz nicht viel gewachsen. Eine neue Single ist seitdem erschienen, No hope, vor ein paar Wochen. Zur Single gibt es ein sehr schönes (und hochprofessionelles) Video, die junge Band scheint nicht nur musikalisch geschmackvoll und stilsicher zu sein. Meine wenigen Chancen, Kafka Tamura live zu sehen, musste ich verstreichen lassen. Zuletzt vergangene Woche, als ich vergeblich zu Morrissey nach Tilburg fuhr, während Kafka Tamura im schönen Studio 672 in Köln auftraten. Dann also Frankfurt. Berlin von einigen Tagen war rappelvoll, berichtete mir Markus. Wie viele Menschen an einem Dienstag ins Bett in Frankfurt kommen würden, konnte ich nicht einschätzen. Wenn in Berlin, dessen Publikum ja oft viel zu cool für Bands ist, der Club voll war, sollte Kafka Tamura doch auch in Frankfurt Leute anlocken.
Es wurden etwa 50 und damit weit weniger als gedacht. Da einige von denen aber Stimmung für zehn machten und jeden Liedbeginn frenetisch feierten, empfand die Band den Abend vermutlich trotzdem (zurecht) als Erfolg.
Mir war Kafka Tamura (nach der Hauptperson des Haruki Murakami Romans 海辺のカフカ* benannt) als Trio bekannt, bestehend aus der englischen Sängerin Emma Dawkins und den beiden Deutschen Gabriel Häuser und Patrick Bongers. Die drei fanden sich, als Gabriel und Patrick im Internet Lieder von Emma fanden und sie auf eine Zusammenarbeit ansprachen.
Im Bett traten die drei Kafka Tamuras aber mit zwei zusätzlichen Musikern auf. Emma, die früher live auch Gitarre spielte, singt jetzt nur noch. Begleitet wird sie von Keyboard, Gitarre, Bass und Schlagzeug. Nur bei der Zugabe Liar traten nur die drei Stamm-Mitglieder auf. Mir gefiel das enorm gut, der (etwas anders klingende) Rest aber eben auch, daher weiß ich nicht, ob die beiden weiteren Instrumente es nun besser machten.
Die Lieder stammten offenbar überwiegend vom im Juni erscheinenden Debüt-Album. Meine beiden alten Lieblinge Somewhere else (mit Reprise) und Lullabies waren sehr früh dran, ein Zeichen, daß die Band berechtigterweise selbstbewußt genug ist, unbekannte Stücke an prominenteren Stellen im Set zu spielen.
Die Lieder der Band haben zwar wundervolle Melodien und clevere Instrumentierungen, das herausstechendste Merkmal, das sie von denen von anderen Bands mit wundervollen Melodien unterscheidet, ist aber ganz sicher Emmas Stimme. Hätte ich erst die Musik und dann die Band gekannt, wäre ich im Leben nicht darauf gekommen, daß die Sängerin blutjung ist. Ihre Stimme ist gewaltig - auch live. Daß Emma gerade mal 18 ist, merkte man nur zwischen den Stücken ein wenig. Da sie keine Gitarre trug, wusste sie nicht recht, was sie mit den Händen anfangen sollte. Meist hatte sie sie verschränkt vor dem Bauch, immer wieder zog sie das kurze Kleid nach unten, sie wirkte da unsicher. Sobald ein neues Lied begann, war das aber vorbei.
Stärkste Stücke des Abends waren neben dem wundervollen Liar und den Singles Bones und Blood stains. Bei Bones gefiel mir die etwas aus dem Rahmen der anderen fallende Songstruktur, Blood stains hatte fantastisch klingende Gitarren, die mich an Daughter erinnerten. Wie es sich bei talentierten Bands gehört, war das eine Cover im Programm (No rest for the wicked von Lykke Li) das schlechteste Stück des Abends. Und wie es auch nur bei talentierten Gruppen vorkommt, war es trotzdem besser als das Original.
Meine seit anderthalb Jahren aufgebauten Erwartungen an Kafka Tamura waren nicht übertrieben, die Band ist toll, das Album wird ein Tipp! Ein Geheimtipp ist die Gruppe sicher nicht mehr lange, aus denen wird etwas, denke ich.
Setlist Kafka Tamura, Das Bett, Frankfurt:
01: Intro
02: Nothing to everyone
03: Somewhere else
04: Somewhere else (Reprise)
05: Lullabies
06: Feral child
07: Find me well
08: Blood stains
09: Bones
10: Ho hope
11: No rest for the wicked (Lykke Li Cover)
12: Bruises
13: Liar (Z)
* Tschuldigung. Kafka am Strand heißt der Roman bei uns.
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