Konzert: Locas In Love
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 02.10.2011
Zuschauer: gut gefülltes Gebäude 9
Dauer: 95 min
Als ich aus dem Gebäude 9 kam, war es Mitternacht, 17 Grad warm, und ich hatte ein Indiekonzert, einen folkloristischen Chorauftritt und eine Comedytruppe erlebt. Ein ungewöhnlicher Oktoberabend.
Locas In Love haben im Juli mit Lemming ihr drittes Album veröffentlicht, das Eric Pfeil in der FAZ schon vorher zur Platte des Jahres erklärt hatte. "Wirklich: Besser wird es 2011 nicht mehr im deutschsprachigen Pop. Sorry, Ja, Panik." Deutsche Indiebands kranken gerne daran, daß Kritiker sie lieben, der gemeine Musikhörer aber reflexartig "die mag ich nicht" auspawlowt. Lemming werden so auch wieder viele Menschen nicht hören, die das Album eigentlich lieben würden. Sie könnten es sich aber alleine wegen des wundervollen Covers kaufen, aber ich will nicht so plump missionieren.
Als ich am sommerlichen Gebäude 9 ankam, spielte die erste Vorgruppe schon. La More aus, ja woher eigentlich? Die drei Männer und die Frau spielen Franzosen, tragen Baskenmützen, die Männer angeklebte Schnauzbärte, sprechen Englisch mit französischem Akzent. Puh, auf so etwas hatte ich gar keine Lust. La More spielten ein paar punkige Songs, Ça plane pour moi von Plastic Bertrand zum Beispiel. Klingt doof? Dachte ich am Anfang auch noch. Aber dann drehten La More mächtig auf. Sie bekamen nämlich ein Zeichen, daß sie noch Zeit hätten. "We have ten minutes, ten minutes!" Der Sänger erklärte, sie wollten nicht mehr spielen, sie lösten sich nach dem Konzert auf. Wer Lust hätte, könne für ein Bier Gage jetzt als Ersatzband die letzten zehn Minuten bestreiten. Es fanden sich Keyboarder, Bassist, Gitarrist und Percussionistin, die erst noch mit La More, dann nach und nach alleine spielten, es war köstlich.
Und dann sollten wir den Saal verlassen, denn der nächste Programmpunkt fand im Hof statt. Draußen hatte sich schon ein Halbkreis um ein paar Sänger in Matrosenhemden gebildet. Das war der Rockaway Shanty Chor, der auf Lemming mitgesungen hatte. Die Seeleute sangen Lieder wie Fahrwasser zur Hölle, Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, Seemannsleben über alles oder Krabben Krabben her (Gabba gabba hey). Daß das großartig war und die Zuhörer begeisterte*, liegt auf der Hand.
Es ging wieder in den Saal und dauerte auch nur noch ein paar Augenblicke, bis Locas In Love auftraten. Neben Sänger Björn Sonnenberg, Bassistin Stefanie Schrank und Gitarrist Jan Niklas Jansen spielt jetzt Saskia v. Klitzing (Fehlfarben) Schlagzeug.
Das Konzert begann mit meinem Lieblingslied von Lemming Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug), das auch live, mit lautem Schlagzeug und roher fabelhaft ist. Es folgte vieles von Lemming und dessen Vorgänger Saurus (grandios: Sachen!). Auch wenn Locas In Love ihre Lieder nur runterspielten, wären die Konzerte gut. Aber das Besondere an Auftritten der Kölner ist die intime Atmosphäre, in der sie stattfinden. Intim ist im Konzertkontext gewöhnlich ein Euphemismus für schlecht besucht. Das Gebäude 9 war zwar nicht ausverkauft, es war aber gut gefüllt; ich meine also das andere Intim. Wenn Björn das Publikum anspricht, stammt das nicht aus dem Rockstarlexikon. Man meint, er rede mit Freunden. Eigentlich sind alle ihre Gigs Wohnzimmerkonzerte, nur in großen Wohnzimmern, mit vielen Zuschauern. Als auf die Begrüßung "danke, daß ihr an so einem schönen Abend da seid, das bedeutet uns viel!" aus dem Saal ein "morgen ist ja auch Feiertag" kam, lachte der Sänger.
Neben Sachen und Über Nacht... gefiel mir Auto Destruct ganz besonders gut. Die Lemminge Stücke funktionieren aber alle in der abgespeckten Liveintrumentierung hervorragend, da gibt es wirklich nichts zu meckern. Abgespeckt bedeutet allerdings nur, daß weniger Instrumente dabei sind, Lautstärke und Gitarrenwände waren reichlich vorhanden und machten besonderen Spaß!
Eine Besonderheit kam gegen Ende, als Bandmanager Benjamin sich vorne auf die Bühne stellte und einen Stapel Schilder hochhielt. Auf diesen Plakaten war der Text von vs. Kong, Benny der Teleprompter für Björn. War ein Plakat abgelesen, flog es nach hinten ins Publikum. Bei anderen Konzerten hatte die Band dann Mühe, diese Souvenirs wieder einzusammeln, heute war es egal, es war Tourabschluß.
Letztes reguläres Stück war die Single An den falschen Orten, bei der am Ende nur noch Saskia trommelte. Der Rest hatte die Bühne da schon verlassen, kam aber schnell zurück und spielte I wanna be sedated von den Ramones zum gleichen Schlagzeugrhythmus.
Drei Zugaben später war Schluß (zu Spoiler Warning kamen die Seefahrer auf die Bühne) - vorerst. Locas In Love kamen noch einmal zurück, um eine weitere Zugabe (Moe Tucker) zu spielen. Geplant war dies nicht, das Publikum hatte aber noch nicht genug (und Montag ist Feiertag). "Macht bitte das Saallicht an, das ist ja die geheime Zugabe!"
Ein hervorragendes Indiekonzert, ein folkloristischer Chorauftritt und eine Comedytruppe, gar nicht verkehrt für einen Sonntagabend.
Setlist Locas In Love, Gebäude 9, Köln:
01: Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen
02: Manifest
03: Sachen
04: Una Questa
05: Auto Destruct
06: Mabuse
07: Saurus
08: Lemming
09: Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint
10: Road Movie
11: vs. Kong
12: Maschine
13: Zum Beispiel ein Unfall
14: Monkey
15: An den falschen Orten
16: I wanna be sedated (Ramones Cover)
17: Spoiler Warning (Z)
18: Die zehn Gebote (Z)
19: To get things straight (Z)
20: Moe Tucker (Z)
* (wobei ich auch das in mein linkes Ohr gebrüllte Gespräch zwischen der Frau, die beim Kölnmarathon ab Kilometer 36 nicht mehr wusste, wo sie war, sich aber immer an den Tonnen abgekühlt hatte und das Ziel also gut erreicht hatte, und ihren Freunden faszinierend fand)
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 02.10.2011
Zuschauer: gut gefülltes Gebäude 9
Dauer: 95 min
Als ich aus dem Gebäude 9 kam, war es Mitternacht, 17 Grad warm, und ich hatte ein Indiekonzert, einen folkloristischen Chorauftritt und eine Comedytruppe erlebt. Ein ungewöhnlicher Oktoberabend.
Locas In Love haben im Juli mit Lemming ihr drittes Album veröffentlicht, das Eric Pfeil in der FAZ schon vorher zur Platte des Jahres erklärt hatte. "Wirklich: Besser wird es 2011 nicht mehr im deutschsprachigen Pop. Sorry, Ja, Panik." Deutsche Indiebands kranken gerne daran, daß Kritiker sie lieben, der gemeine Musikhörer aber reflexartig "die mag ich nicht" auspawlowt. Lemming werden so auch wieder viele Menschen nicht hören, die das Album eigentlich lieben würden. Sie könnten es sich aber alleine wegen des wundervollen Covers kaufen, aber ich will nicht so plump missionieren.
Als ich am sommerlichen Gebäude 9 ankam, spielte die erste Vorgruppe schon. La More aus, ja woher eigentlich? Die drei Männer und die Frau spielen Franzosen, tragen Baskenmützen, die Männer angeklebte Schnauzbärte, sprechen Englisch mit französischem Akzent. Puh, auf so etwas hatte ich gar keine Lust. La More spielten ein paar punkige Songs, Ça plane pour moi von Plastic Bertrand zum Beispiel. Klingt doof? Dachte ich am Anfang auch noch. Aber dann drehten La More mächtig auf. Sie bekamen nämlich ein Zeichen, daß sie noch Zeit hätten. "We have ten minutes, ten minutes!" Der Sänger erklärte, sie wollten nicht mehr spielen, sie lösten sich nach dem Konzert auf. Wer Lust hätte, könne für ein Bier Gage jetzt als Ersatzband die letzten zehn Minuten bestreiten. Es fanden sich Keyboarder, Bassist, Gitarrist und Percussionistin, die erst noch mit La More, dann nach und nach alleine spielten, es war köstlich.
Und dann sollten wir den Saal verlassen, denn der nächste Programmpunkt fand im Hof statt. Draußen hatte sich schon ein Halbkreis um ein paar Sänger in Matrosenhemden gebildet. Das war der Rockaway Shanty Chor, der auf Lemming mitgesungen hatte. Die Seeleute sangen Lieder wie Fahrwasser zur Hölle, Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, Seemannsleben über alles oder Krabben Krabben her (Gabba gabba hey). Daß das großartig war und die Zuhörer begeisterte*, liegt auf der Hand.
Es ging wieder in den Saal und dauerte auch nur noch ein paar Augenblicke, bis Locas In Love auftraten. Neben Sänger Björn Sonnenberg, Bassistin Stefanie Schrank und Gitarrist Jan Niklas Jansen spielt jetzt Saskia v. Klitzing (Fehlfarben) Schlagzeug.
Das Konzert begann mit meinem Lieblingslied von Lemming Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug), das auch live, mit lautem Schlagzeug und roher fabelhaft ist. Es folgte vieles von Lemming und dessen Vorgänger Saurus (grandios: Sachen!). Auch wenn Locas In Love ihre Lieder nur runterspielten, wären die Konzerte gut. Aber das Besondere an Auftritten der Kölner ist die intime Atmosphäre, in der sie stattfinden. Intim ist im Konzertkontext gewöhnlich ein Euphemismus für schlecht besucht. Das Gebäude 9 war zwar nicht ausverkauft, es war aber gut gefüllt; ich meine also das andere Intim. Wenn Björn das Publikum anspricht, stammt das nicht aus dem Rockstarlexikon. Man meint, er rede mit Freunden. Eigentlich sind alle ihre Gigs Wohnzimmerkonzerte, nur in großen Wohnzimmern, mit vielen Zuschauern. Als auf die Begrüßung "danke, daß ihr an so einem schönen Abend da seid, das bedeutet uns viel!" aus dem Saal ein "morgen ist ja auch Feiertag" kam, lachte der Sänger.
Neben Sachen und Über Nacht... gefiel mir Auto Destruct ganz besonders gut. Die Lemminge Stücke funktionieren aber alle in der abgespeckten Liveintrumentierung hervorragend, da gibt es wirklich nichts zu meckern. Abgespeckt bedeutet allerdings nur, daß weniger Instrumente dabei sind, Lautstärke und Gitarrenwände waren reichlich vorhanden und machten besonderen Spaß!
Eine Besonderheit kam gegen Ende, als Bandmanager Benjamin sich vorne auf die Bühne stellte und einen Stapel Schilder hochhielt. Auf diesen Plakaten war der Text von vs. Kong, Benny der Teleprompter für Björn. War ein Plakat abgelesen, flog es nach hinten ins Publikum. Bei anderen Konzerten hatte die Band dann Mühe, diese Souvenirs wieder einzusammeln, heute war es egal, es war Tourabschluß.
Letztes reguläres Stück war die Single An den falschen Orten, bei der am Ende nur noch Saskia trommelte. Der Rest hatte die Bühne da schon verlassen, kam aber schnell zurück und spielte I wanna be sedated von den Ramones zum gleichen Schlagzeugrhythmus.
Drei Zugaben später war Schluß (zu Spoiler Warning kamen die Seefahrer auf die Bühne) - vorerst. Locas In Love kamen noch einmal zurück, um eine weitere Zugabe (Moe Tucker) zu spielen. Geplant war dies nicht, das Publikum hatte aber noch nicht genug (und Montag ist Feiertag). "Macht bitte das Saallicht an, das ist ja die geheime Zugabe!"
Ein hervorragendes Indiekonzert, ein folkloristischer Chorauftritt und eine Comedytruppe, gar nicht verkehrt für einen Sonntagabend.
Setlist Locas In Love, Gebäude 9, Köln:
01: Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen
02: Manifest
03: Sachen
04: Una Questa
05: Auto Destruct
06: Mabuse
07: Saurus
08: Lemming
09: Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint
10: Road Movie
11: vs. Kong
12: Maschine
13: Zum Beispiel ein Unfall
14: Monkey
15: An den falschen Orten
16: I wanna be sedated (Ramones Cover)
17: Spoiler Warning (Z)
18: Die zehn Gebote (Z)
19: To get things straight (Z)
20: Moe Tucker (Z)
* (wobei ich auch das in mein linkes Ohr gebrüllte Gespräch zwischen der Frau, die beim Kölnmarathon ab Kilometer 36 nicht mehr wusste, wo sie war, sich aber immer an den Tonnen abgekühlt hatte und das Ziel also gut erreicht hatte, und ihren Freunden faszinierend fand)
4 Kommentare :
Keine Fotos?
Die laden gerade hoch.
Meinst du mit dem zweiten Absatz etwa mich?! ;-)
Hab auch ein paar Fotos gemacht: http://www.flickr.com/photos/sarrelibre/sets/72157627831256664/
Viel Spaß!
Viele Grüße von Zippo!
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