Konzert: Erin Lang & Edward Barrow & House Of Wolves
Ort:La Mécanique Ondulatoire, Paris
Datum: 17.10.11
Zuschauer: etwa 40
Die in Montreal lebende Kanadierin Erin Lang ist mir in den letzten Wochen ans Herz gewachsen. Ihr Album You Are Found läuft bei mir rauf und runter und auch ihre herzliche, natürliche Art hat es mir sehr angetan. Nachdem sie am 18. September im International gespielt hatte, waren wir ins Gespräch gekommen und sie erzählte mir ganz offfenherzig, daß sie mal mit Roger O'Donnell, dem Keyboarder von The Cure, liiert war. Noch immer verstünden sie sich gut und deshalb war sie auch zum Bestival 2011 (ein Festival auf der Isle Of Wight) gereist, wo die Kultband um Robert Smith aufgetreten war.
Einen Einflluss auf ihre Musik scheint The Cure aber nicht unbedingt gehabt zu haben. Statt Post Punk/New Wave dominieren bei Erin eher die leisen, folkig-ätherischen Töne. Sie verfügt über eine solch hauchzarte Stimme, daß man sich an Stina Nodenstam, Mazzy Star oder Isobel Campbell erinnert fühlt. Genau mein Wetter!
Schön also, daß Erin schon im Oktober zurück in der Stadt der Liebe war. Völlig aufgedreht und recht fassunglos erzählte sie mir vor ihrem Konzert von ihren verrückten Abenteuern auf der Tour. Zum Beispiel davon, daß ihr Cellist unterwegs abgesprungen war, höchtswahrscheinlich weil er gerade eine depressive Episode durchmacht. Abgefahren! Da verliert der zierliche Persönchen tatsächlich unterwegs ihr Bandmitglied (und nebenbei auch noch den Schlüssel zum Tourbus) , mit dem sie aus Kanada aufgebrochen war. Was tun? Örtlichen Ersatz suchen! Unglaublich, daß Erin in der Tat am Tage ihres Konzertes den französischen Violinisten Marius aufgetan hat, mit dem sie mittags probte und dann auch an diesem 17. Oktober abends live spielte.
Die beiden harmonierten wirklich prima zusammen und hätte ich es nicht gewusst, ich hätte nie gedacht, daß sie erst heute zueinander gefunden haben. Das Konzert war allererste Sahne und Erin stellte mir mit ihrem butterweichen, glockenklaren Gesang sämtliche Nackenhaare auf. Wow, war das atemberaubend intim! Wobei Erin Lang live eine Spur rockiger ist, als auf ihrer sehr getragenen CD (von der sie kein einziges Lied performte). Wenn sie E-Gitarre spielte, merkte man, daß in ihr Feuer lodert und sie nicht nur ein schüchternes kleines Mäuschen ist. Ab und zu griff sie wirklich beherzt in die Saiten und erinnerte dann fast an die frühe PJ Harvey oder Julie Doiron. Aber auch eine Kalimba kam zum Einsatz und dann wurde es ruhiger und exotischer.
Instrumententechnisch konnte Erin dennoch nicht aus dem Vollem schöpfen, denn wenn sie in Kanada ist, spielt sie mit ihrer Band The Foundlings (eine variable Anzahl befreundeter Musiker), in der es Trompete, Kontrabass, Mandoline und Akkordeon gibt. Allerdings nicht weiter tragisch, daß dies am Montag alles fehlte, da auch die abgespeckte Variante an jenem 17. Oktober ganz vorzüglich klang.
Wunderbarst!
Setlist Erin Lang, La Mecánique Ondulatoire, Paris:
01: Anchor
02: Threds
03: Taps
04: Carried Away
05: Kalimba
06: Quite
07: A Fire In This House
Anschließend waren die Herren an der Reihe. Zunächst erklomm der Franzose Edward Barrow die kleine Bühne, schnappte sich die Autoharp und spielte hochmelancholische Balladen, die er mit einer Fußtrommel untermalte. Sein barock-folkiges Set fand ich nicht durchgängig packend, aber mit Life Is Beautiful zauberte er ein unfassbar schönes Lied aus seinem nicht vorhanden Hut. Meine Güte war das wundervoll! Das setzt sich der Kerl allen Ernstes dahin und singt mit der traurigsten Stimme der Welt*, daß die Welt schön sei. Ein formidabler Widerspruch. Ich muss ihn im Auge behalten, zumal er sonst normalerweise mit einer Band unterwegs ist und dann sicherlich mehr Abwechslung in sein Konzert bringen kann, als dies heute der Fall war.
Ganz zum Schluß trat noch der amerikanische Singer/Songwriter Rey Villalobos aka House Of Wolves auf, der mit einer brüchig-wehleidigen, sehr leisen und an Chris Garneau erinnernden Stimme fragile Folkballaden auf der Akustischen vortrug und damit vor allem die Damen im Publikum verzauberte.
Auch er hat in seiner Heimat eine Band um sich, die er aber aus Kostengründen nicht mitbringen konnte. Aber auch solo und völlig reduziert, wußte und weiß er Herzen zu erwärmen!
* machen sagen, sie erinnere an Anthony von den Johnsons, ich tendiere eher zu Scott Walker.
Achtung: House Of Wolves am 20. Oktober im King Georg in Köln und am 21. Oktober in der Haldern Pop Bar in Rees-Haldern. Hingehen!
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