Samstag, 8. August 2009

Peter Doherty, Berlin, 07.08.09


Konzert: Peter Doherty
Ort: Mainstage, Flughafen Tempelhof (Berlin Festival)
Datum: 07.08.2009
Konzertdauer: 65 Minuten


Kommt er? Kommt er nicht? Seit Jahren werden die gleichen Diskussionen im Vorfeld geführt, wenn es um Auftritte des sog. Skandalrockers Peter Doherty geht. Als langjähriger Fan der Libertines und der Babyshambles bin ich natürlich auch schon in den zweifelhaften Genuß von abgesagten, hochgradig verspäteten oder miserablen (wenn ich da an Rock en Seine 2005 zurückdenke, ein lallender und völlig zugedröhnter Pete, schlimm!) Konzerten gekommen, aber seit circa einem Jahr hat sich Mister Doherty recht gut gefangen und erscheint pünktlich und in zum Teil bestechender Form. Im Rahmen seiner Solotour hat er mir 2009 gleich zwei beeindruckende Konzerte im Pariser Bataclan beschert und alle Lügen gestraft, die in ihm nur eine Witzfigur aus der Boulevard-Presse sehen.

In Paris erschien Peter vor ein paar Monaten allerdings mit einem ausgewachsenen Ensemble, bestehend aus Streichern, seinen beiden Tänzerinnen, seinem Kultproduzenten Stephen Street (The Smiths, Blur, Kaiser Chiefs), der zarten Sängerin Dot Allison und Kollegen von den Babyshambles. Und an der Gitarre war sensationellerweise sogar Graham "wieder Blur" Coxon dabei! Heute in Berlin aber musste Peter ganz ohne seine illustren Musikerfreunde
auskommen. Nur seine beiden grazilen Ballettänzerinnen leisteten dem prominentesten Hütchenträger der Welt, der überraschenderweise auf die Minute genau pünktlich erschien, ab und und zu Gesellschaft und wirbelten mit hochgestreckten Beinchen links und rechts um ihn herum.

Eine große Halle, wie den Hangar des Tempelhofer Flughafens, alleine mit der Akustikgitarre zu beschallen, wahrlich eine sehr schwierige Aufgabe! Sie erwies sich dann in der Tat als zu anspruchsvoll, denn im Laufe des gut einstündigen Sets machte sich das Fehlen eines satten Schlagzeugs und einer elektrischen Gitarre doch irgendwann bemerkbar. Was in einem kleinem Raum funktionieren kann - eingefleischte Fans akustisch zu animieren - verfehlte hier und heute teilweise seine Wirkung. Und das lag eigentlich nicht an Peter! Der greinte und schrammelte nämlich so gut es eben ging seine zahlreichen Hits aus allen Schaffensphasen, ohne das das mitunter fachlich unwissende Publikum (aufgeschnapptes Zitat: "eigentlich kenne ich kein Lied von ihm, sondern lese nur von seinen Eskapaden in der Bild-Zeitung") richtig auftaute. Selbst bei Klassikern
von den Libertines wie Don't Look Back Into The Sun oder What A Waster waren die Reaktionen der Besucher (unter ihnen Schauspieler Daniel Brühl, der gleich vor mir stand) eher verhalten.

Aber einen Vorwurf muss man Peter doch machen: Er kommunizierte zu wenig mit den Zuschauern. Außer einem kurzen Statement auf deutsch: "Was ist los? - Wunderbar, wunderbar!", blieb er zwischen den Songs stumm und in sich gekehrt und wirkte fast zu professionell. Von Chaos und Anarchie war wenig zu spüren, stattdessen erlebte man einen Künstler, der sein Programm abspulte und ohne große Geste nach Salomé und 65 Minuten Spielzeit von der Bühne schlurfte.

Doherty hatte sein Soll erfüllt- er war erschienen und hatte musikalisch eine solide Leistung erbracht -, allerdings nicht die üblichen Emotionen und Wechselbäder der Gefühle ausgelöst. Und wo war eigentlich Fuck Forever? Neben einer wilderen Stimmung habe ich diesen traditionellen Rausschmeisser Song, mit dem der Hüne bisher noch fast jedes Publikum zum Ausrasten gebracht hatte, am meisten vermisst...


Auszug aus der Setlist Peter Doherty, Berlin Festival (wird noch ergänzt- es fehlen drei Titel - und in die richtige Reihenfolge gebracht):

- For Lovers
- Arcady
- The Man Who Would Be King (Libertines)
- Killamangiro (Babyshambles)
- Last Of The English Roses
- 1939 Returning
- Back From The Dead
- Don't Look Back Into The Sun (Libertines)
- Palace Of Bone
- What A Waster (Libertines)
- Can't Stand Me Now (Libertines)
- Lady Don't Fall Backwards
- Music When The Lights Go out (Libertines)
- What Katie Did (Libertines)
- Time For Heroes (Libertines)
- Delivery (Babyshambles
- Salomé

Links:

- aus unserem Archiv:
- Pete(r) Doherty am 10.03.09 in Paris
- und am Abend vorher
- im November 2008 in Paris
- und - ganz legendär - im Juni 08 in der Kneipe Truskel
- Babyshambles, Montreux Jazz Festival, 15.07.08
- Babyshambles, Paris, 04.02.08
- Babyshambles, Köln, 22.01.08
- Babyshambles, Paris, 14.01.08
- Babyshambles, Paris, 18.10.07
- Babyshambles, Paris, 14.11.06

- mehr Fotos von Peter Doherty vom Berlin Festival


2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

des weiteren fand ich es seltsam, dass der gute peter ueberwiegend libertines songs gespielt hat. war er nicht da um sein neues solo album zu promoten?

Tour hat gesagt…

ist dieses jahr auch wieder am start
siehe
http://www.ticket-news.de/peter-doherty-berlin-postbahnhof-11-04-2011/

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates