Dienstag, 24. Juni 2008

Kim Novak, Paris, 18.06.08


Konzert: Kim Novak (soirée Pamela Hute reçoit)
Ort: La Flèche d'or; Paris
Datum: 18.06.2008
Zuschauer: ca. 200
Konzertdauer: 37 Minuten


Morrissey, Joy Division, Interpol - Hugo, Bassist der französischen Sensationsband Kim Novak mustert aufmerksam die Band-Buttons, die an meiner Tasche befestigt sind und gratuliert mir zu meinem guten Geschmack. Nicht gesehen hat er die anderen Pins, die auf der Rückseite angebracht sind: The Fall, Gang Of Four und erneut und immer wieder Joy Division und Morrissey. All diese Kultgruppen sind mit Sicherheit auch wichtige Enflüsse für die reine Herrenband Kim Novak gewesen, die aus der Normandie stammt.

Die vier hochsympathischen Jungs sind noch nicht an der Reihe als dieser Plausch stattfindet. Wie so oft werden sie ungünstig platziert. Bei der reizenden Soirée mit der tollen und rockenden Gastgeberin Pamela Hute haben sie die undankbare Aufgabe als letzte zu starten und dies bedeutet konkret 23 Uhr 45, ein Zeitpunkt zu dem schon einige Leute die Flèche d'or verlassen haben.

"Merci d'être resté" bedankt sich dann auch Sänger Jérémie artig, als Kim Novak endlich mit ihrem rassigen und hocheleganten Set starten. Schon als die ersten melancholischen und hochmelodischen Gitarrenriffs von "Some Photographs" ertönen, bin ich in den Bann gezogen. Wow, was für ein Song, was für eine Band! Und nach wie vor sträflich unbekannt, selbst in ihrer Heimat Frankreich. Während ähnliche Kapellen wie die famosen The National, die Editors und meine Lieblinge von Interpol internationale Erfolge feiern, tingeln Kim Novak noch durch kleine Clubs. Dabei hat ihr Debütambum "Luck & Accident" richtig gute Kritiken bekommen, nicht nur in Frankreich, sondern auch in der deutschen Intro und sogar in den englischen Magazinen Q und Uncut. 3 Perlen dieses Albums, neben "Some Photographs" auch "Female Friends" und "Lost At Play" bekommen die Zuschauer die geblieben sind in neuen und aufregenden Live-Versionen geboten.

Ich möchte mich allerdings in diesem Bericht auf die Non-Album -Tracks konzentrieren. Als erster dieser Reihe wäre "Deep Show" zu nennen, ein für Kim Novak Verhältnisse recht poppiger und optimistischer Song, in dem gleich zu Beginn der textliche Ratschlag "Forget about your pain" gegeben wird. Stimmlich erinnert Jérémie hier an den kultigen Dandy Brian "Roxy Music" Ferry, während die Melodie etwas von den Briten von Keane hat. Völlig eigen und prägnant ist aber bei Kim Novak, dass Stücke, die langsam beginnen, sich zu laut rockenden und psychedelischen Schockern verdichten und immer schneller werden, ohne je die herrliche Grundmelodie zu verlieren.

Zweiter neuer Song des abends dann "Oh We're" ein Stück, das selbst die niveauvollen Amerikaner von The National nicht besser gebracht hätten. Hochelegant wummert der Bass von Ugo durch das Lied und Gitarrist Hairday entlockt seiner Gitarre herrlichste Töne, die selbst Daniel "Interpol" Kessler nicht perfekter und harmonischer hinbekommen hätte. Kim Novak zuzuhören ist ein himmlischer Genuss! Ihre Musik verleiht mir regelmässig Flügel, versetzt mich in einen Parallelzustand, eine Art Hypnose.

Auch "White Fever" ist ein Juwel. Als ständiger Konzertgast hatte ich bereits mehrfach das Glück diesen noisigen Stampfer hören zu dürfen. Jérémie und Hairday lassen ihre Gitarren mit hohem Tempo durch das Stück hüpfen und treiben auch den jungen neuen Drummer an seine Grenzen. Der Frischling spielt mit einem teuflischen Dampf unter dem Kessel und ersetzt Stammschlagzeuger Cyril vorzüglich, selbst wenn er zu Beginn von "Lost At Play" aus dem Takt kommt. Er kann sich ein herzliches Lachen nicht verkneifen. Seine unbekümmerte und ungestüme Art tut der Band sehr gut, selten habe ich Kim Novak so dynamisch und druckvoll erlebt!

Da ist es auch zu verschmerzen, dass das nagelneue und noch nie zuvor gespielte "NYC" nicht ganz meinen Geschmack trifft, zumal "Somebody New" den bestmöglichen Abschluss bildet. Dieser Song, der auch auf der MySpace Seite vertreten ist, ist es wahrlich wert, die letzte U-Bahn zu verpassen (obwohl ich sie letzlich noch gerade so bekommen habe)...

Heiter und melodisch fängt dieser Knüller an und Jérémie singt aus voller Kehle die "Ohohoho-Passage", während Schlagzeug und Bass perfekt aufeinander abgestimmt, durch den Hit poltern. Dann aber zur Mitte hin, die Wende: das Lied wird plötzlich tottraurig, ja fast suizidal. "It's only when I'm almost dead that I need somebody new". Ich taumele wie ein angeschlagener Boxer durch die Flèche d'or und der neue Drummer versetzt mir ständig neue Schläge, das Lied wird zum Höllenritt. Jérémie gibt jetzt alles, er schreit, flucht keift, legt 200 % Herzblut in das Lied, peitscht sich selbst an "Oh come on"! Hairday marschiert unterdessen cool durchs Publikum. Kurze Zeit später verstummt der Smash-Hit...

Ob Kim Novak selbst wissen, dass sie da einen Klassiker wie "There's A Light That Never Goes Out" (Morrissey), "We Walked in Line" (Joy Division) oder "Slow Hands" (Interpol) aufs Parkett gelegt haben? Und wann gibt es endlich einen Button von der Band, den ich an meine Tasche heften kann?

Setlist Kim Novak, La Flèche d'or, Paris:

01: Some Photographs
02: Deep Show
03: Female Friends
04: Oh We're
05: White Fever
06: Lost At Play
07: NYC
08: Somebody New

Links:

- aus unserem Archiv:
- Kim Novak, Paris, 02.11.07
- Kim Novak, Paris, 22.09.07
- Kim Novak, Paris, 17.07.07
- Kim Novak, Paris, 02.05.07
- Kim Novak, Paris, 12.10.06

- Videos:

- "Female Friends" live. Angucken!!
- "Lost At Play" live in Brüssel
- "In the Mirror" live in Brüssel
- "Female Friends", Original Videoclip
- "Swallow", Original Videoclip




 

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