Dienstag, 3. Juni 2008

Fleet Foxes, Paris, 02.06.08


Konzert: Fleet Foxes
Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 02.06.2008
Zuschauer: 400-500
Konzertdauer: knapp 40 Minuten


Ach menno!! Können sich die Veranstalter in der Flèche d'or nicht mal an die Zeitpläne halten, die sie vorher im Internet veröffentlichen? Regelmässig passiert es nämlich, dass die Reihenfolge innerhalb der angesetzten Bands (oft bis zu vier) in letzter Minute über den Haufen geworfen wird.

Mit meinen Lieblingen von Beach House rechnete ich eigentlich erst gegen 23 Uhr, sie waren an vierter Stelle erwähnt. Als ich gegen 22 Uhr abgehetzt in dem überfüllten Laden ankam, waren die Dream Popper aber schon durch mit ihrem Programm. Mir blieb nur noch der sehnsüchtige Blick auf den verschlossenen roten Vorhang und die tröstenden Worte meines Freundes Philippe: "Oliver, Du hast sie doch erst neulich als Vorgruppe von Scout Niblett gesehen, ist doch nicht so schlimm!" Hach, er hatte gut reden, er war ja pünktlich da und hatte sogar schon ein kleines Konzert der Born Ruffians im Truskel hinter sich, das um 18 Uhr 30 begonnen hatte. Auf Gratisbasis wurde in Paris also wieder einmal musikalisch so einiges geboten!

Und das hervorragende Line-Up des heutigen Abends zog natürlich etliche Kenner, Dauerkonzertgänger, Musikjournalisten und Musiker an, die alle bei der Veranstaltung des glänzenden Labels Cooperative dabei sein wollten, das auch Künstler von Bella Union beherbergt. Bella Union macht seinem Namen alle Ehre, da sind nämlich einige Schönheiten vertreten. Schon allein für die famose Band Midlake würde ich gerne persönlich den Laden mein Eigen nennen!

Wer war also heute unter den zahlreichen Besuchern? Nun, zunächst schon einmal viele Freunde und Bekannte von mir, aber auch prominente Musiker. Der hervorragende Schwede Peter von Poehl, Neuzugang bei Bella Union, war z.B. Gast. Aber auch Ex-Posies Sänger und Neupariser Ken Stringfellow wurde gesichtet, darüber hinaus Dorothée von The Rodeo, ihre Kollegin von Hopper, Mitglieder von Housse de Racket, den Shades und schliesslich Faustine, die Drummerin von Koko von Napoo und zudem gefürchtete Kritikerin beim Magazin Magic. Sie erzählte mir von einem guten Auftritt von Beach House, der jedoch ein wenig von Tonproblemen gestört wurde. Allerdings war sie auch gekommen, um die Fleet Foxes zu interviewen. Gerne hätte ich diesen Job für sie übernommen, aber vielleicht bekommen wir vom Konzerttagebuch ja in Haldern einmal die Chance, die aufstrebenden Amis mit Fragen zu löchern...

Bevor die Fleet Foxes an der Reihe waren, traten aber zunächst Port O'Brien aus Kalifornien auf. Und die mehrköpfige Band, in der neben Sänger und Gitarrist Van Pierszalowski auch eine fesche brünette Lady Banjo und Mandoline spielte, war wirklich gut. Eine tolle Entdeckung also und wenn man sich ansieht, mit wem die Aufsteiger dieses Jahr so auf Tour sind, erahnt man schon, dass die klasse sein müssen! Wer darf schon solch exquisite Acts wie Vetiver, die Silver Jews, die Fleet Foxes, die Dodos, Bon Iver und Frank Black supporten? Eben! Also unbedingt den begeisternden Indie-Folk von Port O' Brien entdecken und wie die Leute heute in der Flèche d'or zu Hits wie "I Woke Up Today" mitwippen! Glänzend!!

Danach fieberten alle dem Auftritt der Fleet Foxes aus Seattle entgegen, die Flèche d'or war nach wie vor knackig voll und man stand dicht an dicht. Zur Abkühlung brachte mir ein Bekannter eine Cola mit, die der vor mir stehende Fotograf prompt aus Versehen umkippte. 5 Euro waren nutzlos auf den Boden geflossen, aber von solchen Kleinigkeiten liess ich mich jetzt nicht mehr ablenken.

Der Vorhang ging auf und die fünfköpfige Band faszinierte sofort mit herrlichen, a-cappela vorgetragenen Chorgesängen. "What a life I lead in the summer, what a life I lead In The Spring" drang es aus den weitaufgerissenen Mündern des Bassisten und des verwuschelten Sängers mit dem Zottelbart und der Mütze. Fast pastoral mutete der glänzende Opener "Sun Giant" von der gleichnamigen EP an. Ein Auftakt nach Mass also und das trotz meiner trockenern Kehle und der unangenehmen Enge.

Das nächste Stück ("Drops In The River") wurde schon an den ersten zarten Gitarrenklängen erkannt, da im Publikum auch einige Amerikaner waren,
die die Fleet Foxes wahrscheinlich schon einmal in ihrer Heimat gesehen hatten. Ganz verwunschen und träumerisch begann es und in die reduzierten Klänge mischten sich immer lauter werdend die Ohuohu- Chöre, die dann in die ersten Strophen mündeten. Der Song wurde immer lauter und forscher und die Instrumentierung üppiger und satter, es war ein Genuss! Die Atmosphäre war dicht und knisternd, genau wie sie sein soll. Teilweise hatte das Lied klassische Folk-Rock Strukturen, die aber immer wieder durch kurze Brüche und Tempowechsel durchkreuzt wurden, so dass eine interessante Mischung aus Tradition und Moderne entstand. Die Stimme von Sänger Robin Pecknold war aussergewöhlich und erinnerte mich irgendwie an Jim James von My Morning Jacket, was ja wahrlich keine schlechte Referenz ist.

Die Fleet Foxes selbst lobten aber lieber andere über den grünen Klee, genauer gesagt ihre Labelkollegen und Tourpartner Beach House. "They are the best band in America right now!", wiederholte vor allem der rothaarige Bassist mehrfach.

Beach House sind die beste amerikanische Band zur Zeit? Stimmt das wirklich?
Sind das nicht die Fleet Foxes selbst? Das Songmaterial um diesen Titel zumindest für 2008 zu beanspruchen, hätten die Kerle durchaus! Man höre sich doch nur einmal das leicht an Grizzly Bear erinnernde "English House" an! Wunderbar hier erneut die Chöre zu Beginn, die hochmelodischen kurzen Gitarrenriffs, das trippelnde Schlagzeug, das Zusammenspiel der Band, einfach alles! "Oho, my love" sang Robin, bevor wieder die Band einsetzte und losstürmte.

Bei der "White Winter Hymnal" erreichte meine Laune ihren Höhepunkt, dieser Ohrwurm ist jetzt schon einer der besten Songs des Jahres 2008!

Dazu könnte sich aber auch problemlos das nachfolgende "Your Protector" gesellen, bei dem Pecknold seine überragenden stimmlichen Fähigkeiten perfekt ausspielen konnte. Mit solchen Killersongs kommen sie bedrohlich nahe an die beste amerikanische Folkrock- Band der letzten Jahre, die Band Of Horses, heran.

Das nachfolgende von Pecknold solo vorgetragene "Oliver James" konnte da nicht ganz mithalten, unterstrich aber die Ähnlichkeit der sensationellen Stimmen von Robin und Jim "My Morning Jacket" James (selbstverständlich könnte man in diesem Zusammenhang auch Ben "Band Of Horses" Bridwell nennen).

Danach trat die komplette Band wieder hinzu und schmetterte schwungvoll das treibende und begeisternde "Mykonos",
das von einer wunderbaren Melodie und einer zarten Melancholie durchzogen wurde. Und den Abschluss bildete ein weiterer Knüller, nämlich "Blue Ridge Mountains", bei dem die Mandolinen und Gitarren auf das Schönste durch das Lied hüpften.

In lediglich 38 Minuten hatten die Fleet Foxes eindrucksvoll bewiesen, warum sie zu den besten Bands des Jahres 2008 gehören. Auf ihren Auftritt beim Haldern Festival freue ich mich riesig!

Und wer das Glück hat, in Hamburg oder Berlin zu wohnen, kommt am 4. Juni im Knust und am 5. Juni im Café Zapata schon früh in den Genuss der wunderbaren Songs der Amerikaner.

Setlist Fleet Foxes, Flèche d'or, Paris:

01: Sun Giant
02: Drops In The River
03: English House
04: White Winter Hymnal
05: Your Protector
06: Oliver James (solo)
07: Mykonos
08: Blue Ridge Mountains

Links:

- das schreibt Bloggerfreund Eike über die Fleet Foxes. Unbedingt lesen!
- Livemitschnitt aus dem Pariser Point FMR von English House




1 Kommentare :

E. hat gesagt…

ich habs gewußt! sie musste dir gefallen! schön!

 

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