Konzert: Lisa Morgenstern
Ort: Alte Mensa, Freiberg
Datum: 29. Oktober 2014
Dauer: 90 Min
Zuschauer: ca. 40
Auf Gudruns Tipp hin bin ich nach Freiberg gefahren, um Lisa Morgenstern zu erleben. Der Klub „Alte Mensa“ liegt in der Fußgängerzone unweit des Obermarktes und präsentiert sich an diesem Abend als Treffpunkt der Freiberger Gothic Szene durchsetzt mit Fans und Neugierigen wie ich. Mit einem schnell erworbenen einheimischen Getränk in den Händen suchte ich mir einen Platz im bestuhlten Saal und musste feststellen, dass dieser ein riesiges architektonisches oder statisches Problem hat: direkt vor der Mitte der Bühne steht eine fette Säule. Die Stühle waren demnach links und rechts aufgereiht und besetzt, mir blieb ein einzelner Regiestuhl in der Mitte mit etwas Platz nach beiden Seiten. So dachte ich, an der Säule mal hier, mal da vorbeischauen zu wollen. Ich habe nicht versucht, mich in die Künstler zu versetzen...
Anders als in Chemnitzer Locations begann das Konzert bereist knapp 30 Minuten nach Einlassbeginn. Lisa Morgenstern betritt die Bühne nach Benni Cellini am Cello und Katharina Parczyk an der Violine und Gesang. Als Trio sind sie inzwischen zum vierten Mal auf der Bühne.
Es entwickelt sich ein musikalisch vielseitiger Abend bestehend aus zwei Teilen. Lisa erzählt zwischen den Stücken unter anderem, dass der erste Teil noch recht optimistisch klingt und sogar ein Liebeslied enthält. Ursprünglich geschrieben für einen lieben Freund widmete Lisa es an diesem Abend dem wunderschönen Flügel aus den 1930er Jahren ihrer Lieblingsfirma Blüthner.
Bennie Cellini streicht das skelettierte Cello meist in tiefen Tönen, Katharina Parczyk unterlegt die Violine etwas heller und unterstützt Lisas Gesang von Zeit zu Zeit harmonisch. Das und Lisas Spiel am Piano, ihr Gesang und Tanz auf der Bühne verweben sich zu einem meist in Moll gehaltenen Ganzen. Die Geschichten drehen sich um die Freundin Mond, das Vergraben werden oder Vergraben sein und nach knapp 40 Minuten geht der erste Teil zu Ende.
Nach der Pause bringt Lisa Morgenstern ein Stück wie von Dead Can Dance. Ihre Stimme klingt exakt wie die von Lisa Gerrard und die Sprache erscheint mit ebenfalls wie ein Phantasiegebilde, welches sich um die Musik rankt. Im nächsten Stück spielt sie voller Verve am Flügel und ich fühle mich bei einem Klavierkonzert von Tschaikowski. Und dann folgt mit Eskalation der Höhepunkt für mich an diesem Abend, bei dem sich mir die Haar aufstellen und ich meine, dass das Schreien, Weinen und Lachen von Lisa Morgenstern echt sein muss. Keiner wird es wirklich wissen, da ihr Gesicht während des Liedes hinter ihren langen Haaren verborgen bleibt. Am Ende hat sie sich verausgabt aber auch wieder unter Kontrolle. (Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut wenn ich nur die CD-Version höre ohne Cello und Geige.)
Und so geht der zweite Teil tiefmelancholisch weiter, auch wenn darunter ein Titel ist, der in Dur beginnt. Es gibt unter anderem „Amphibian“, „Lieber Tod“ und das zarte Eurythmics Cover „Sweet dreams“. Dass ich am Ende aber nicht gänzlich gebückt die Stadt verlasse, dafür sorgen Lisas humorvolle und situative Zwischentexte. So mag sie gern Nebelmaschinen, aber diese hier in Freiberg sei wohl ähnlich aufgeregt wie Lisa selbst und daher etwas laut und ob sie sie abstellen dürfte. Damit verschwand sie kurz am Bühnenende und knipste das Ding aus.
Ein Abend voller Zitate (Absicht?) und musikalischen Referenzen (weil ich sie so empfunden habe) neigte sich dem Ende, es gab noch zwei Zugaben, dann endete eine sehr abwechslungsreiche Performance. Die Spannung im Saal nach den den Liedern über Abschied und Tod im zweiten Teil löste sich. Lisa und ihre Mitmusiker verließen die Bühne und das Publikum zerstreute sich in die Nacht.
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