Dienstag, 7. Oktober 2014

Fear Of Men, Heidelberg, 06.10.14


Konzert: Fear Of Men
Ort: Karlstorbahnhof, Heidelberg (als Support von Hundred Waters)
Datum: 06.10.2014
Dauer: ca. 35 min
Zuschauer: knapp 50



Bei Facebook geistern zur Zeit allerlei musikalische Bestenlisten rum. Auch ich wurde dieser Tage gebeten, meine zehn liebsten Platten zu benennen. Ich dachte vorher immer, daß mich das überfordern würde, dabei war es ganz einfach, spontan die zehn runterzuschreiben, die meinen Musikgeschmack geprägt haben, die mir vor allem aber seit dem ersten Hören - meist vor mehr als 20 Jahren - bis heute riesengroßen Spaß bereiten. "A record is not just a record" Auch wenn ich meine Liste fast komplett ohne Nachdenken aus dem Bauch raus geschrieben habe, gilt eine Einschränkung. "Nein, Loom kommt nicht in die Liste! Nein! Nein! Nein!" Dabei ist das Debüt von Fear Of Men nicht nur mein großer Liebling des Jahres, die Platte wird auch lange bleiben. Nicht unwahrscheinlich, daß sie in meiner Top-10 in zehn Jahren auftauchen wird. Ich versuche, nicht immer so überschwänglich zu loben, manchmal geht es aber nicht anders. Der Beginn von Loom - Alta, Waterfall und Green sea - ist aber vermutlich der beste Start einer Platte seit dem Basslauf auf The Organs Brother



Daß die Konzerte der Band aus Brighton mit diesen drei Stücken und dem ebenso fabelhaften Mosaic starten, die ersten drei ohne Pause, ohne Klatsch-Chancen, ist wunderbar! Und clever, weil danach das (überschaubare) Publikum infiziert war. Sie wollten ihre Konzerte wie das Album beginnen und enden lassen, sagte mir Gitarrist Dan. Der Nebeneffekt eines perfekten Plattenstarts ist dann ein ebensolcher Konzertbeginn.



Es gibt alte Live-Videos, auf denen die Stimme von Sängerin Jess manchmal etwas wackelig klingt. Bei meinen vier Konzerten von Fear Of Men waren Gesang (aber auch alles andere) phänomenal gut und - so heißt es wohl - auf den Punkt. Was sich seit Juli 13 aber geändert hat, ist die Souveränität, mit der die jungen Musiker ihre Shows bestreiten. Fear Of Men werden immer besser, was erstaunlich ist, weil sie auch bei meinem ersten Konzert schon hervorragend waren. Selbst Indiepop-Szene-Größen wie die Pains Of Being Pure At Heart spielten Fear Of Men als Vorgruppe massiv an die Wand. Und nein, ich steigere mich in nichts rein, ich bin hochgradig objektiv!



Der Auftritt in Heidelberg war erneut ein Supportjob. Dreimal habe ich die Engländer bisher in Clubs gesehen, keines der Konzerte war eine Headline-Show. Heute war die Hauptgruppe Hundred Waters, die hochgelobte Band aus Florida, die mich alles andere als begeistert und zu einer frühen Heimfahrt gebracht hat.


Weil sie wieder nur eine gute halbe Stunde Zeit hatten, verzichten die vier Briten auf große Pausen. Viele Lieder, nicht nur der Anfang, gingen in das nächste über. So fühlte es sich wie ein komplettes Konzert an, trotz des kurzen Zeitbudgets. Neben den Stücken von Loom (dem Anfang und dem Ende) spielten Fear Of Men Lieder der ersten Singles, die noch einmal auf der EP Early fragments erschienen waren, u.a. das wunderbare Doldrums und Ritual confession, auf das ich gehofft hatte. 

Und dann war da noch das Chills-Cover Pink frost, für das das gleiche wie für die Konzerte der Band gilt, es wird größer und größer! Fear Of Men haben das 1984 erschienene Stück der Neuseeländer in eine sagenhaft gute neue Form gepackt. "Das Chills-Lied ist toll, oder?" fragte Dan. Ja, schon. Aber Eure Version ist unendlich viel toller! Pink frost ist das einzige Stück, bei dem Jess nicht Gitarre spielt und stattdessen mit geschlossenen Augen tanzt. Das erinnerte mich an Szenen aus Breaking glass, dem Film, mit dem Hazel O'Connor, einer meiner Lieblinge aus der Top-10-Liste bekannt wurde.


Fast wie Loom endete die Platte mit Descent und Inside (Atla, das kurze Schlußstück spielen Fear Of Men nicht live). Descent wird am Ende herrlich schnell, das langsam und ruhig startende Inside wird auf der Bühne am Ende sehr krachig und endet in wahren Gitarrenwänden.

Wow, was für eine grandiose Band, was für grandiose Konzerte! In einer Bestenliste tauchen Fear Of Man auf alle Fälle Anfang Januar auf!

Setlist Fear Of Men, Karlstorbahnhof, Heidelberg:

01: Alta
02: Waterfall
03: Green sea
04: Mosaic
05: Doldrums
06: Luna
07: Seer
08: Pink frost (The Chills Cover)
09: Ritual confession
10: Descent
11: Inside

Links:

- aus unserem Archiv:
- Fear Of Men, Brüssel, 03.10.14
- Fear Of Men, Köln, 25.06.14
- Fear Of Men, Ripley, 28.07.13
- mehr Fotos vom Konzert

Tourdaten Fear Of Men:

07.10. Astra Stube, Hamburg
08.10. Schokoladen, Berlin
09.10. Klub 007 Strahov, Prag
11.10. Freiraum, St Pölten
12.10. Klub Močvara, Zagreb
13.10. Život, Rijeka
14.10. Ohibò, Mailand
15.10. Circolo degli Artisti, Rom
16.10. Mattatoio CultureClub, Carpi (Modena)
17.10. Gewerbehalle, Luzern
18.10. Treppenhaus, Rorschach
20.10. Point Ephémère, Paris




2 Kommentare :

Hendrik hat gesagt…

Was Licht so alles ausmachen kann! Dieses kühle Türkis auf dem Brüssel-Fotos steht der Band irgendwie besser. ;)

Das Hamburg-Konzert war ebenfalls super. Sie haben noch zwei, drei Songs mehr gespielt, sodass es ungefähr 45 Minuten gedauert haben dürfte. Leider auch nur ein sehr kleines Publikum, aber mehr passten in den kleinen Laden auch wirklich nicht rein.
Als laut Setlist ungeplante Zugabe wurde übrigens "Atla" von Jess solo performt. Gelegentlich kommt es wohl also doch zur Aufführung. :)
Ansonsten hat mich "Pink Frost" sehr positiv überrascht. Richtig starke Cover-Version! Die Band wird auf jeden Fall auch in meiner Jahresendabrechnung auftauchen.

Oliver Peel hat gesagt…

Nette kleine Band Indie-Band, die ich am gestrigen Montag in Paris gesehen habe. Sie spielten frisch und sympathisch auf, haben mich aber nicht wirklich begeistert. Das Ganze hatte zweifelsohne Charme, klang aber doch noch ziemlich amateurhaft und unausgegoren. Der Sound kam seltsam leise und unausgegoren aus den Boxen, Stimmung kam so kaum im Publikum auf. Es fehlte auch an Bühnenpräsenz, die Bassistin hatte sich weit nach hinten zurückgezogen, der Gitarrist poste ein wenig und die Sängerin schüttelte immer mal wieder ihren schicken Pagenkopf, mehr passierte nicht. Das Konzert in Paris dauerte 50 Minuten war mir aber fast zu lang, da sich die Lieder untereinander stark ähnelten. Musikalisch Neues habe ich nicht herausgehört.

 

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