Samstag, 29. September 2012

Peter Doherty, Paris, 28.09.12

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Konzert: Peter Doherty
Ort: Le Gibus, Paris
Datum: 28.09.12
Zuschauer: ausverkauft 
Konzertdauer: geschätzte 80 Minuten


Der Kerl ist einfach unberechenbar! Da reden alle wieder nur über seine abgebrochenen Entziehungskuren in fernen Winkeln der Erde und da haut der so einen Hammer von Konzert raus! Großartig war es im Pariser Gibus Club und Peter voller Spiellaune und Einsatz. Kaum jemand hatte mit einem solch guten Auftritt gerechnet. Auch ich war sehr skpetisch, nach den wieder einmal chaotisch verlaufenen letzten Wochen und Monaten im Leben des sogenannten Skandalrockers. Beim kürzlichen Festival de L'Humanité hatte er wohl mitten im Set für 15 Minuten wortlos die Bühne verlassen und so manchen Fan stutzig gemacht.



Wie immer lautete deshalb heute die Frage: In welcher Verfassung wird er sich präsentieren? Bzw. kommt er überhaupt? Und wenn ja, kommt er pünktlich?



Nun, er kam und zwar relativ pünktlich. Gegen 23 Uhr war sein Auftritt angekündigt worden, um 23Uhr 30 stand er schließlich auf der Bühne und schmetterte den schub-schub-schubdilalila- Song What Katie Did, während seine zwei französischen Ballerinas Céline (die Brünette) und Octavie (die Blonde) ihre Runden zogen und ihre Beinchen hoben. 

 
Irgendwie war von da an schon klar, daß es mindestens ein ordentliches, womöglich sogar ein gutes bis sehr gutes Konzert werden würde. Doherty intonierte klar und deutlich, lallte nicht und war beweglich und dynamisch. Schaulustige, die Skandale oder Aussetzer sehen wollten, wurden enttäuscht. Alles verlief reibunsglos und Hit reihte sich an Hit. Der Anfang war also schon einmal vielversprechend und als an ungefähr fünfter Stelle im Set der nie auf einem Studioalbum veröffentlichte Libertines Song What A Waster herausgehauen wurde, erlebte man sogar sehr intensive und berauschende Momente. Peter ließ also an einigen Stellen immer wieder sein Talent aufblitzen, war aber nicht durchgängig brillant, sprich nicht genial wie es seine unkritischen Harcore Fans behaupten. Dafür war einfach wieder sein Gitarrenspiel zu unsicher, gab es doch recht zahlreiche Fehler und Fehlerchen und wurden Lieder wie z.B. Delivery deutlich verkürzt. Unter dem Strich aber überwogen die faszinierenden Stellen die seltsamen Passagen deutlich, sah man ein tolles und sehr stimmungsvolles Konzert mit einem jungen und begeisterungsfähigen Publikum. 
 
Es war so viel los im ausverkauften Gibus Club, daß nicht jeder ordentlich sah. Diejenigen, die wie ich auf der linken Seite des kultigen Nachtclubs positioniert waren, mussten wohl oder übel durch eine mittelgroße Öffnung schräg auf die Bühne schauen und erspähten den Briten oft nur selten oder halb. 

 
Einen Hut trug er aber zumindest am Anfang nicht, so viel sah jeder. Dann aber warfen ihm Fans gleich drei verschiedene zu und er hatte die Qual der Wahl, welchen davon er aufsetzen sollte. Interessiert fragte er in die Runde, ob es "le" oder "la" chapeau heißen würde und er machte sich ein Witzchen daraus, die Leute zu ermahnen, nicht alle gleichzeitig (natürlich mit "le") zu antworten.


Er war also recht luzide und zu Scherzen aufgelegt, wenngleich man nicht so naiv sein sollte, zu glauben, daß er den Drogen und dem Alkohol abgschworen hat. So gut geht es ihm sicherlich auch nicht und der Weg in ein drogenfreies Leben ist definitiv noch lang.


Aber konstatieren wir einfach einmal, daß er das heute gut hinbekommen hat und seinen Fans etwas geboten hat. Vor allem der extensive und furiose Zugabenteil war außerordentlich. Eigentlich hatte ich das Gefühl, daß er nach gut einer Stunde und dem vermeintlich abschließenden Albion fertig war, weil mindestens 5, wenn nicht 10 Minuten lang die Bühne verwaist blieb. Dann aber kam er doch noch einmal zurück und knallte uns Can't Stand Me Now und ein großartiges Fuck Forever um die Ohren, in das er als Intro Killamangiro und im Mittelteil Passagen von Unstookie Titled eingebaut hatte. 



Alle sangen lauthals mit, der Saal tobte. Dann war wirklich Schluß und Peter schweißgebadet. Er hatte uns wieder einmal überrascht, dieser Chaot!

See you soon, Peter!

Auszug aus der Setlist, nicht in der richtigen Reihenfolge

What Katie Did
Dilly Boys
Last Of The English Roses
Lady Don't Fall Backwards
1939 Returning
What A Waster 
Salome
Time For Heroes 
Arcady
The Boy Looked At Johnny
Music When The Lights Go Out
Delivery
Albion

Can't Stand Me Now
Fuck Forever




Donnerstag, 27. September 2012

Admiral Fallow, Köln, 24.09.12

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Konzert: Admiral Fallow
Ort: Blue Shell, Köln
Datum: 24.09.2012
Zuschauer: ca. 80
Dauer: ca. 80 Minuten


von Karina aus Bonn


Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Ich sollte mir vermutlich mehr Zeit nehmen, um diesen Bericht zu schreiben, die Formulierungen überdenken, ein bisschen recherchieren. Aber ich kann nicht warten. Ich muss loswerden, wie absolut toll die Musik dieser Band ist. Dass es ein guter Abend werden würde, hatte ich gehofft, aber nicht erwartet. Klar, ich habe die Alben gehört und wusste, dass die Musik klasse ist. Aber wieviele vielversprechende Bands habe ich schon gesehen, die die Songs von der Platte nicht auf die Bühne übertragen bekamen?

Das Blue Shell war leer. Ich bin noch nie vorher dort zu einem Konzert gewesen, keine Ahnung wie es ist, wenn es voll ist. Gestern waren nur so knapp 80 Leute da. Admiral Fallow hatten Slow Down Molasses aus Kanada als Support dabei. Die waren auch super. Habe mir notiert demnächst näher reinzuhören. Kann mich aber jetzt nicht mit denen aufhalten. Muss weiter von Admiral Fallow schwärmen.

Admiral Fallow aus Schottland, die jeder gehört und gesehen haben muss.  Punkt.


Sie starteten mit “Tree Bursts” in ihr Konzert und schon war ich begeistert. Toll, manchmal ist es echt so einfach. Sechs Musiker standen auf der Bühne, bepackt mit allerhand Instrumenten: Klarinette, Akkordeon, Flöte und natürlich die üblichen Gitarre, Bass, Schlagzeug. Was auf CD ein bisschen kitschig daher kommt, funktionierte live ziemlich gut. Wer eine Schublade zum Denken braucht, der öffne die auf der Elbow und die auf der Frightened Rabbit steht, entnehme den Inhalt und werfe sie in die Schublade auf der Mumford and Sons notiert ist. Heraus kommt diese tolle Musik. Songs wie “Subboteo” oder “Squeling Pigs” die automatisch in die Füße gehen, am liebsten würde man sofort wie doof durch die Gegend hüpfen.  Musik die laut ist, zum Tanzen animiert, die aber auch leise (“Four Bulbs”) sein kann und die Leute zum Mitsingen bringt (“Isn’t This World Enough”). Und über allem die Stimme von Louis Abbot. Gern unterstützt von der zuckersüßen Stimme Sarah Hayes, aber auch solo eine Wucht. Und  – wenn mir ein kleiner fangirly Moment erlaubt ist – Mann, der Typ hat echt tolle blaue Augen.

Kurz gesagt: diese Band gehört auf eine große Bühne. Ich hänge mich hoffentlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass es vermutlich nicht allzu lange dauern wird, bis wir ihre aktuelle Single “Guest Of The Goverment” in den diversen Indie-Diskos hören werden. Vielleicht tut sie das ja schon, keine Ahnung, ich gehe zu selten in Indie-Diskos. Aber  speziell diesen Song kann ich mir super auf der Tanzfläche vorstellen oder auf einer großen Bühne oder auch auf einer kleinen, aber dann hoffentlich wenigstens vor ausverkauftem Haus!

Setlist Admiral Fallow, Blue Shell, Köln:

01: Tree Bursts

02: Subbuteo
03: Squeling Pigs
04: Beetle In The Box
05: The Paper Trench
06: Isn’t This World Enough
07: Dead Against Smoking
08: Guest Of The Government
09: Brother
10: The Way You Were Raised
11: Four Bulbs (akkustisch)
12: Oh Oscar

13: You And I Are A Gang Of Losers (The Dears Cover) (Z)
14: Old Balloons (Z)



Lou Doillon, Paris, 7.09.12

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Konzert: Lou Doillon, Paris, 7.09.12
Ort: Fnac des Ternes, Paris 17
Datum: 07.09.2012, 18 h
Zuschauer: 100 oder so
Konzertdauer: 16 Minuten


 
Großereignis! Das erste Konzert von Lou Doillon, der Tochter von Jane Birkin und Halbschwester von Charlotte Gainsbourg!


Sämtliche Musik, Kultur- und Modezeitschriften hatten das dünne Mädel auf die Titelseiten gehievt und ihr dadurch eine riesige Promo beschert. Und die Kritiken für ihr erstes Album Places waren durch die Bank weg sehr gut. Ob Magic, Inrocks oder Telerama, alle waren sich einig, ein veritables Meisterwerk gehört zu haben.

Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an diesen Showcase in der Fnac zu Ternes, der am 7. September um 18 stattfand und bereits eine gute Viertel Stunde später wieder beendet war.


Aber die kurze Zeit reichte, um mir ein Bild von den gesanglichen Fähigkeiten von Lou Doilllon zu machen. Mein Urteil: scheußlich! Die sympathisch und natürlich wirkende Frau knödelte sich durch ihr Set, forcierte ihre Stimme, versuchte krampfhaft soulig wie eine Amy Winheouse zu klingen. Ihr englischer Akzent war fürchterlich, was umso erstaunlicher war, weil ich überall gelesen hatte, sie sie zu Hause englischprachig aufgewachsen. Vermutlich hat sie dann aber doch zu viele Franzosen englisch reden gehört und die sprechen nun einmal miserabel englisch!

Lou hatte eine ausgewachsene Band mit Piano dabei, die die durchaus hübsch arrangierten Songs auch gut vortrugen. Aber das half alles nichts, der Gesangstil, die seltsame Aussprache, die merkwürdig dunkle Stimme (frühstückt sie Wackersteine oder wie?) sagten mir überhaupt nicht zu. Ein wenig schade, denn gerade der letzte Song des extrem kurzen Sets, die Ballade und Single I.C.U., hatte definitiv Potential. Vielleicht sollte man Amy Winehouse mal wiederbeleben, sie würde das Stück perfekt singen können!

Das Großereignis war somit eher ein Non-Event.

Setlist Lou Doillon, Fnac Ternes

01: Devil Or Angel
02: Questions & Answers
03: Same Old Game
04: I.C.U.








House Of Wolves, Paris, 24.09.12

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Konzert: House Of Wolves
Ort: L'International, Paris
Datum: 24.09.12
Zuschauer: etwa 60-70
Konzertdauer: ungefähr 35 Minuten



Im Wettbewerb um das Schreiben des traurigsten Lieders der Welt dürfte Rey Villalobos aka House Of Wolves gute Chancen auf den Titel haben. Die äußerst sanften Melancholiker Damon & Naomi hatten in der Vergangenheit bei einem Konzert mal geäußert, daß genau dies ihr Ziel sei: "we try to write the sadest songs in the world", Nun liefern sich die Künstler unbewußt ein Wettrennen.


Auch sonst ist House Of Wolves in bester Gesellschaft. Elliott Smith, Matt Ward, Sufjan Stevens, Chris Garneau, Sparklehorse, Barzin, die Elite der depressiven Leisetreter dürfte zumindest als Einfluss für das besinnliche Ouevre des Singer/Songwriters gedient haben.

Aber Villalobos hat seine ganz eigene Geschichten zu erzählen und seine Stimme hat ein wunderbares, sehr spezielles Timbre, das einem sanften Wimmern gleicht. Gerade wegen dieser Fragilität und der Stille des Vortrages hätten die Zuschauer mucksmäuschenstill sein müssen. Dem war aber leider nicht so. So einige Störenfriede plauderten ungeniert laut und beeinträchtigen so massiv das Konzert. Vielleicht spielte Villalobos auch deshalb ein solch kurzes Set.

Aller widrigen Umstände zum Trotz konzentrierte ich mich genau auf die bewegende Musik, setzte mich direkt hinter die Box am Bühnenrand und versuchte so gut es geht, die lauten Geräusche auszublenden. Es war einfach himmlisch, wie schön der Amerikaner sang, geradezu atemberaubend, wie viel Wehmut er seiner Stimme zu verleihen mochte.

Viele Lieder stammten von dem ersten Album Fold In The Wind, so auch das Highlight des Sets 50's. "Kiss me like it's the 50's" sang Rey so eindringlich, daß mir ganz warm ums Herz wurde. Dieser Titel, eine Art kleine Schwester von Between The Bars von Elliott Smith hätte allein das Kommen gerechtfertigt. Er endete textlich mit dem Bekenntnis: "it's the bitter side of life that I like".

Aber auf Fold In The Wind sind gleich mehrer solcher Kleinode drauf. Das grandiose Label Fargo aus Paris wird das Album deshalb im November noch einmal neu herausbringen. Darauf darf man sich freuen, es ist perfekt für kalte Herbst/Wintertage, von denen wir in nächster Zeit ja sicherlich noch einige bekommen werden.

Anmerkung: Vor House Of Wolves spielte Angela Correa alias Correatown. Auch dies war ein schönes Konzert. Da ich sie aber am nächsten Tag noch einmal im Espace B gesehen habe, werde ich ihre beiden Konzerte in einem Bericht zusammenfassen. 

Aus unserem Archiv:

House Of Wolves, Paris, 17.10.11


Dienstag, 25. September 2012

Caroline Keating, Frankfurt, 25.09.12

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Konzert: Caroline Keating
Ort: Brotfabrik, Frankfurt
Datum: 25.09.2012
Zuschauer: 60
Dauer: genau 60 min




Ehrlich gesagt habe ich Caroline Keating in den letzten beiden Jahren aus den Augen verloren. Es gibt halt zu viel Musik - überall - auch wenn ein Großteil davon schrecklich ist. Seit Künstler mit Aufnahmen immer weniger verdienen, touren sie auch immer häufiger, also geraten Künstler schnell einmal aus dem Fokus, weil eine Welle anderer Musiker sich zwischenzeitlich Aufmerksamkeit erspielt. Bei Caroline Keating kam erschwerend dazu, daß ich zwar eine 2009er Tour EP nach dem Kölner Konzert gekauft hatte, daß es außer den vier Stücken aber meines Wissens nach bisher keine Veröffentlichungen zu kaufen gab. Die Pianistin, die in Montreal lebt, veröffentlicht im Oktober ihr Debüt Silver Hearts auf dem Beverunger Label Glitterhouse und tourt mit den Stücken der Platte bis November durch Deutschland (siehe unten).



Bei gaesteliste.de hatte ich vom Essener Konzert gelesen, daß Caroline von zwei Musikern begleitet würde. Als ich (früh) in die Brotfabrik kam, waren auf der Bühne Geige und Kontrabaß rechts und links von einem Konzertflügel aufgebaut. Damals im Motoki hatte die Sängerin ihre Lieder nur vor einem Keyboard sitzend vorgetragen, das war schon vorzüglich, die neue, breitere Intrumentierung machte die Musik noch eine große Portion aufregender, das zeigte sich ganz schnell.



Caroline (in einem kurzen Spitzenkleid) und ihre beiden Begleiter Sebastian Chow (Geige) und Matthew Perrin (Kontrabaß) betraten schon kurz nach 20.15 Uhr die Bühne. Wenn man weiß, daß es so früh losgeht, ist das eine tolle Startzeit für Konzerte (und leider vollkommen ungewohnt!). Hätte ich nicht vom frühen Beginn gewußt, wäre ich erst gegen neun da gewesen, auf der Website des Clubs und auf meinem Ticket stand acht als Zeit, was wenn nichts anderes vermerkt ist, normalerweise immer die Einlaßzeit bedeutet. Dann hätte ich zwar noch vier, fünf Lieder von Caroline mitbekommen (die alle die Anreise gerechtfertigt hätten), hätte aber auch eine ganze Menge verpasst.


Die Brotfabrik war bestuhlt, strenggenommen sogar betischt, vier, fünf Stühle standen jeweils um kleine Tische. Auch wenn es kurz vor acht noch nicht danach ausgesehen hatte, füllte es sich bis zum Beginn ganz gut. Dabei war das Publikum für meine üblichen Konzertabende ungewöhnlich. Junge Indie-Leute waren deutlich in der Unterzahl, dafür waren viele ältere Zuschauer da, die meiner Theorie nach grundsätzlich zu interessanten Kulturveranstaltungen gehen, und nicht etwa speziell wegen Caroline da waren. Es war also eine Schnittmenge aus ernsthaften Kulturfreunden und den üblichen Verdächtigen, wenn es um unser normales Indiemusik-Zeugs geht, etwa so, wie bei Veranstaltungen von Künstlern wie Rufus Wainwright oder Anthony and the Johnsons, nur um Längen angenehmer (das Publikum, meine ich).

 

Das Konzert begann mit zwei Stücken, die ich nicht kannte (kein Wunder), die aber auch nicht auf ihrem Album sind. Nicht nur akustisch war das Zusammenspiel der drei Musiker beeindruckend. Die drei kennen sich in- und auswendig, wohnen quasi zusammen, wie Caroline erklärte, und wirkten auf der Bühne so, als spielten sie bereits seit vielen Jahren in dieser Konstellation. Es gab zwar bei einem der ersten Lieder ein paar Tonprobleme, es knisterte und man hörte kurz fremde Stimmen, dabei blieb es aber, der Rest hatte Radiokonzert-Qualität!

 

Besonders gut gefiel mir... alles. Und davon They say und The pier am besten. Carolines Stimme mit dem leichten kanadischen Akzent, ihr vorzügliches Klavierspiel (sie hat mit sechs Jahren begonnen) und die beiden dezenten Begleitinstrumente, die ganz variabel eingesetzt wurden, machten aus den Keyboard-Stücken von vor zweieinhalb Jahren, satte aber nicht übertrieben arrangierte Pop-Perlen. Und weil Caroline eine so gewinnende Art hat und charmant immer wieder Lieder erklärte und kurze Ansagen machte, kam auch die übliche Distanz, die alleine durch einen mächtigen Flügel auf einer Bühne entsteht, gar nicht erst auf. Glitterhouse-Rembert hatte bei Facebook geschrieben, die Band sei sicher noch müde, weil sie am Vortag in Beverungen lange gefeiert hätte. Caroline erzählte davon, obwohl sie Probleme hatte, den Ort im Weserbergland auszusprechen. Sie hätten gekegelt, Team Kanada gegen Team Deutschland. Das sei gar nicht so ungewöhnlich, weil auch Sebastian und sie gerne und häufig zum Bowling gingen. One, eines der älteren Lieder im Programm, kündigte sie damit an, daß es von einer verrückten Person handelte - aber nicht von ihr. "I'm maybe a little bit crazy - but I'm not this crazy!"


Vor Pit stop wurde das Einwöchige ihrer Deutschland-Tour begangen. Viele schöne Landschaften hätten sie gesehen (in Beverungen - Einheimische bitte weggucken - fühlte sich Caroline an Wes Anderson Filme erinnert), viel deutsches Bier getrunken. "The beer is wonderful", was Bassist Matthew mit Daumen hoch und einem glücklichen Blick bestätigte. Meine Lieblingsansage machte die Musikerin vor Holiday: "It's a song about being on vacation. But in Europe you call it holiday, so the song is called Holiday."


Nach Montreal (auch einem älteren Stück, das es 2009 schon gab), ging Matthew von der Bühne. Sebastian begleitete Caroline, die sich hingestellt hatte, bei Ghosts auf seiner Violine, die er wie eine Ukulele spielte. Auch das war sehr schön, allerdings ist auch die voll instrumentiere Version des Lieds hervorragend.

 


Alleine kam die Kanadierin danach zur Zugabe Silver hearts zurück. Caroline Keating wurde auch danach noch einmal zurück auf die Bühne geklatscht, weil sie aber bereits all ihre Stücke gespielt hätten, endete das Konzert.


Es war wundervoll - ich glaube, das merkt man mir an. Bitte hingehen, Caroline, Matthew und Sebastian touren (und kegeln) noch eine Weile durch den deutschsprachigen Raum!

Setlist Caroline Keating, Brotfabrik, Frankfurt:

01: Riots
02: Old Faithful
03: They say
04: The pier
05: Holiday
06: So long, Solange
07: One
08: Lusty Dusty
09: Pit stop
10: Montreal
11: Gatsby
12: Ghosts

13: Silver heart (Z) (Caroline Keating solo)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Caroline Keating, Paris, 16.03.10
- Caroline Keating, Köln, 30.01.09
- mehr Fotos vom Konzert

Tour:

27.09.12: Basel, Parterre   
28.09.12: Zug, Chollerhalle   
02.10.12: Göttingen, Apex   
03.10.12: Halle, Objekt 5
04.10.12: Köln, Die Wohngemeinschaft   
05.10.12: Neustadt bei Hannover, Schloss Landestrost   
06.10.12: Magdeburg, Moritzhof   
08.10.12: Leipzig, NaTo   
09.10.12: Dresden, Societaetstheater   
11.10.12: München, Rationaltheater   
12.10.12: München, Rationaltheater   
13.10.12: Erfurt, Franz Mehlhose   
27.10.12: Aachen, Raststätte   
03.11.12: Darmstadt, Bedroomdisco   
22.11.12: Hamburg, Nachtasyl (Thalia Theater)   
24.11.12: Graz, Autumn Leaves Festival   
25.11.12: Erlangen, E-Werk  




Fanfarlo, 13.09.12

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Konzert: Fanfarlo
Ort: River King Boat, Paris
Datum: 13.09.12
Zuschauer: 40 oder so
Konzertdauer: etwa eine Stunde


Ist schon fast wieder zwei Wochen her, war aber eine Mordsgaudi. Fanfarlo exklusiv auf einem kleinen Hausboot auf der Seine zu sehen, eine ganz feine Sache, oder etwa nicht?!


Das Ganze war auf dem fruchtbaren Mist der Marke Pepe Jeans gewachsen, die Gratis-Plätze für dieses Ereignis verloste, wahrscheinlich um dieMarke bei der Jugend (zu der ich persönlich nicht mehr gehöre) bekannter zu machen und cooler erscheinen zulassen.

Wie auch immer, ich und einige meiner guten Freunde waren jedenfalls dabei, als das Boot tatsächlich in See stach. Mit Beginn des Konzertes schipperten wir los und fuhren an berühmten Mounumenten wie der Kirche Notre Dame und dem Eiffelturm vorbei. Der Motor machte dabei mächtig Lärm und erschwerte es der Band aus England ungemin, einen ordentlichen Sound zu gewährleisten. Das machte aber nichts, denn die netten Fanfarlos gingen mit viel Einsatz und Spielfreude zu Werke und störten sich auch nicht daran, daß wir höchstens 40 Leutchen waren und das Schiff hinten reichlich leer war. Eine sympathische Truppe!

Hits mit viel Stimmunsgpotential gab es jedenfalls reichlich. Allen voran seien die alten Nummern The Walls Are Coming Down und I'm A Pilot genannt, die nach wie vor die Endorphine strömen ließen und mich sogar dazu bewegten, daß Tanzbein zu schwingen. Auch die neuen Sachen wie Lenslife oder Deconstruction waren nicht übel, aber mir fehlte hier ein wenig die Geige und die sanfte Melancholie, die die Titel des ersten Albums umwehten. Stattdessen spielte die Violinistin Cathy nun verstärkt Keyboard, was das Soundbild moderner, aber auch eine Spur kühler und weniger folkig erscheinen ließ.

Toll war es immer, wenn die feine Trompete zum Einsatz kam, das verstärkte das kammperpoppige Moment und streichelte das Herz. Die Zeit schien jedenfalls auf dem Boote noch schneller als sonst zu vergehen, wir hatten gerade die Zeit, eine kleine Runde durch Paris zu drehen, da näherten wir uns schon wieder dem modernen 13. Arrondissement, wo das Boot gestarte war. Zum Abschluss gab es mit Shiny Things noch den flottesten Track des neuen Albums und zur Krönung des Ganzen als Zugabe auch noch einen meiner All Time Favoriten Harold T. Wilkins. Der klang zugebenermaßen noch stark nach Arace Fire (was bei den neuen Sachen nicht mehr der Fall ist), hatte aber einen so unwidersthlichen Drive und Rhythmus, das alle das Boot mit einem breiten Grinsen auf den Lippen (und einer geschenkten Jute-Tasche von Pepe Jeans) verließen.

Spitze!

Setlist Fanfarlo River King Boat, Paris

01: Lenslife
02: Tightrope
03: Feathers
04: I'm A Pilot
05: The Walls Are Coming Down
06: Tunguska
07: Comets
08: Deconstruction
09: Finish Line
10: Luna
11: Shiny Things

12: Harold T. Wilkins





V.O., Paris, 22.09.12

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Konzert: V.O.
Ort: La Boule Noire, Paris (Le Nouvel An Belge)
Datum: 22.09.12
Zuschauer: etwa 200
Konzertdauer: zwischen 35 und 40 Minuten



Die Abkürzung V.O. steht im französischen für Version Originale. Die Band V.O. kommt allerdings nicht aus Frankreich, sondern dem belgischen Brüssel. Belgien war das Thema dieses Wochenendes, denn es wurde in Paris das "Nouvel An belge" gefeiert. In vielen Kneipen, Bars und Clubs traten belgische Künstler gratis auf und erfreuten die Herzen der Musikfans. Das kleine Nachbarland von Frankreich hat eine überaus reiche Musikszene zu bieten und kann durchaus mit den Schweden oder den Dänen mithalten. Es gibt nicht nur Deus, das wurde hier ganz deutlich.


Ein Symbol für die Kreativität Brüssels war der absolut gelungene Auftritt von V.O in der kultigen Boule Noire (in dem kleinen Laden spielten u.a. schon Metallica und Interpol). 



Es handelt sich um eine sechsköpfige Indie Popband, die von dem Sänger und Gitarristen Boris Gronemberger angeführt wird. Der schnauzbärtige Musiker, der bereits bei einer Oliver Peel Session geglänzt hatte, versammelt eine erlesene Band um sich herum. Klarinettistin und Vibraphonspielerin Aurelie Muller kennen Insider sicherlich noch von Soy Un Caballo, aber auch der kahlköpfige Drummer Frank Baya kam und kommt beispielsweise auch bei Mièle zum Einsatz und trommelte bereits für Françoiz Breut. Die anderen Musiker haben ebenfalls allesamt Erfahrungen in anderen Formierungen gesammelt. Es präsentierte sich den neugierigen Zuschauern also so etwas wie eine Supergroup der belgischen Indie Popszene und was man zu hören bekam, war zum mit der Zunge schnalzen.


V.O. spielten eine absolut innovative, komplexe und geistreiche Musik, die aber nie zu experimentell und kopflastig wurde. Lediglich auf das übliche Schema: Strophe-Refrain-Strophe wurde verzichtet und das war eine Wohltat. Stattdessen wurde mit Stimmungen, Texturen, Melodien und Tempowechseln laboriert und auch der Sprung in cinematografische Gefilde gewagt. Als Soundtrack zu einem Movie würde sich die Musik von V.O. jedenfalls definitiv eignen und wird auch in der Tat dafür eingesetzt (was ich aber erst später erfuhr).


Stilistisch werden V.O teilweise mit Brian Wilson oder Robert Wyatt verglichen, ich persönlich dachte beim Konzert manchmal an die Beta Band, John Cale, die Besnard Lakes, Grizzly Bear, Midlake oder auch Field Music. Es war wiklich ein spannender Ritt durch die Musikgeschichte der vergangenen 40 Jahre, zu dem die Band aus Belgien ein interessantes neues Kapitel hinzufügt. Harmoniegesänge, psychedelische Phasen, etwas Progrock, Indierock, Pop, hier gab es von allem ein bißchen, ohne das deshalb ein planloser Gemischtwarenladen draus wurde. Ein inneres Band hielt die famos arrangierten Songs meisterlich zusammen.

Die Tracks stammten meistens von dem dritten Album On Rapids. Man höre nur den exzellenten Track When You See Red, um meine Schwärmerei zu verstehen. Aber auch auf französisch wurde gesungen, wenngleich nur in Ausnahmefällen, so zum Beispiel bei dem sehr schönen Dans La Pénombre.

Kurzum,V.O. sind wirklich eine fantastische Gruppe, die ihr unbedingt für euch entdecken solltet. Und nun seht euch bitte die eingebunden Videos an. Danke!








Montag, 24. September 2012

Les concerts de la semaine du 24 au 30 septembre 2012

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Les concerts de la semaine du 24 au 30 septembre 2012

Ben, cette semaine c'est simple. Il faut aller voir Leonard Cohen trois fois de suite à L'Olympia. Petit problème: c'est complet! Optez donc pour Correatown (photo) de Los Angeles et faites une belle découverte!

24.09.2012: House Of Wolves & Correatown, International, gratuit
25.09.2012: Iggy And The Stooges, Casino de Paris
25.09.2012: Correatown & Feather Feather, Espace B
25.09.2012: Encore!, International, gratuit
25.09.2012: Les Colettes, Le China, gratuit?
26.09.2012: Minors, Square Villemin, 17h gratuit
26.09.2012: Husky, Nouveau Casino
26.09.2012: Chew Lips, La Flèche d'or
26.09.2012: Cult Of Youth, Espace B
26.09.2012: Marie-Pierre Arthur, La Bellevilloise
27.09.2012: Musique en jeu: avec Gaspar Claus, Marie Möör, Laurent Chambert, Jac Berrocal, Gilles Sivilotto, Les Voûtes, Paris 13, 10 Euro
27.09.2012: Paper Beat Scissors, Le Motel

27.09.2012: Dead Can Dance, Le Grand Rex, complet
27.09.2012: Boy, La Maroquinerie
27.09.2012: Wovenhand, Le Trabendo
27.09.2012: Showcase Emma Russack & Grand Salvo, La Fabrique des Balades Sonores, gratuit
27.09.2012: Breton, La Gaité Lyrique, complet
27.09.2012: Cave, LePoint Ephémère 
28.09.2012: Showcase Acoustique d'Archive, Fnac Montparnasse, 13 h, gratuit
28.09.2012: Signing Session avec The Kills, Nouveau Magazin de Marc Jacobs, gratuit
28.09.2012: Showcase Claire Bergerault, Souffle Continu, 18 h 30, gratuit

28.09.2012: The View, La Flèche d'or, Paris
28.09.2012: Peter Doherty, Le Gibus Club
28.09.2012: Leonard Cohen, Olympia, complet
28.09.2012: The Front Bottoms, Les Combustibles
28.09.2012: The Magnetic North & Marie-Flore, La Maroquinerie
28.09.2012: Dirty Beaches, Point Ephémère
29.09.2012: Défistival, Champ deMars, avec entre autres Jelila à 15 h 45, 10-21heures, gratuit
29.09.2012: Frightened Rabbit (& Dark Horses & Benjamin Francis Leftwich), La Flèche d'or
29.09.2012: Maissiat, L'Estival, Paris
29.09.2012: Leonard Cohen, Olympia, complet
29.09.2012: Square Edouard Vaillant, David Abel 16 h, gratuit

30.09.2012: Leonard Cohen, Olympia, complet 



The Helio Sequence, Paris, 22.09.12

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Konzert: The Helio Sequence
Ort: L'International, Paris

Datum: 22.09.2012
Zuschauer: 100 oder so


Kennt hier jemand das Duo The Helio Sequence aus Portland/Oregon? Es handelt sich um einen Zweier, der schon seit den späten 1990er Jahren aktiv ist und auch schon einige Alben bei dem vorzüglichen Label Sub Pop veröffentlich hat. Trotzdem ist die Band bisher an mir vorbeigegangen und wenn man bedenkt, daß ihr ursprünglich in der 500 er Location Flèche d'or geplantes Konzert (zusammen mit Amanda Mair) wegen schwacher Vorverkaufszahlen gecancelt wurde, war ich wohl nicht der einzige dem das so ging.



Dabei handelt es sich wirklich um ein gutes und entdeckenswertes Projekt, wie ich im Pariser International erfahren durfte. Sänger und Gitarrist Barnon Summers und Drummer und Keyboarder Benjamin Weikel (ein Bursche, der seltsame Grimassen schnitt) spielten nämlich ein gelungenes Set voller melancholischer Indierocknummern, die im ersten Teil vom neuen Album Negotiations und im zweiten Teil vom 2008 er Werk Keep Your Eyes Ahead stammten. Songs, die epische Phasen hatten, aber zum Glück nie allzu bombastisch wurden. Das war romantisch-hymnischer Pop, in etwa vergleichbar mit Acts wie Death Cub For Cutie, British Sea Power, Athlete, Idlewild, The Stills, Interpol Morning Runner, My Morning Jacket, Snow Patrol oder Keane. Sprich es war eingängig, melodiös und leicht pathetisch, aber im Gegensatz zu einigen der vorgenannten Bands nicht auf Teufel komm raus auf einen Refrain getrimmt. Stattdessen wurden Shoegaze- und Dream Pop Phasen eingebaut und geschickt mit Halleffekten gearbeitet.

Die besten Songs im Set? Schwer zu sagen, da es ein sehr ausgeglichenes Knzert war, in dem es keine Hänger gab, aber auch kein Überhit besonders hervorstach. Als Anspieltipps könnten Hall Of Mirros, vom dem ich ein Video eingebunden habe, oder das abschließende Keep Your Eyes Ahead dienen, das einen wunderbar forschen Vorwärstdrang hatte und Gitarrenparts aufwies, die mich angenehm an Interpol erinnerten.




Fazit: ansprechendes Konzert, empfehlenswerte Band. Und am 26. September spielen sie im Gebäude 9 in Köln!

Setlist The Helio Sequence, International, Paris

01: One More Time
02: October
03: The Measure
04: Downward Spiral
05: Negotiations
06: Hall Of Mirrors
07: Can't say No
08: Capture
09: Hallelujah
10: Lately
11: Keep Your Eyes Ahead 

Konzerttermine The Helio Sequence:

24.09.2012: Comet Club, Berlin
25.09.2012: Paradiso, Amsterdam
26.09.2012: Gebäude 9, Köln
27.09.2012: Stuk, Leuven


The Wedding Present, Köln, 23.09.12

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Konzert: The Wedding Present (play Seamonsters)
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 23.09.2012
Zuschauer: ganz gut gefüllt aber nicht ausverkauft
Dauer: 90 min



Auf der Rückfahrt vom Gebäude 9 lief im Radio die neue Muse Single Madness. Das Lied hatte ich bisher nur am Donnerstag live erlebt und fand es nicht gut, die Radioversion war allerdings reichlich scheußlich und erinnerte mich weniger an Queen oder U2 als an George Michael. Auch wenn das Lied objektiv schlecht ist, hatte es noch das Pech, daß ich gerade anderthalb Stunden humorloser aber brillanter Gitarrenmusik erlebt hatte, ohne Lichterketten an den Instrumenten und ohne Pathos in der Stimme. 

Der Sozialpsychologe spricht dabei vom Kontrastprinzip, glaube ich.

Den Hauptteil der heutigen Wedding Present Show hatte ich im Mai bereits gesehen, die eins zu eins Wiedergabe des 91er Albums Seamonsters. Wie schon mit den beiden vorherigen Platten spielen Wedding Present ihre ersten Alben um einige weitere Songs erweitert in ganzer Länge und richtiger Reihenfolge. Alle 2012er Konzerte haben als Grundgerüst Seamonsters.


Ich war spät im Gebäude 9. Es war Sonntagabend und der Ausflug zu Best Coast steckte mir stärker in den Knochen als gewohnt. Die Vorgruppe wollte ich mir also schenken, was ganz gut gelang, ich kam mit den letzten Takten des vorletzten Lieds im Saal an. Dummerweise scheine ich wirklich etwas verpasst zu haben, wenn diese letzten anderthalb Stücke repräsentativ für The Society Islands waren!

Um halb zehn begann der Umbau für den Hauptteil. Die Vorgruppe hatte bereits vor einer riesigen Version des Covers der aktuellen Wedding Present Platte Valantina gespielt, was mich verwunderte, da ich wusste, daß Seamonsters heute auf dem Programm stünde.Umbauten sind ja (irgendwann) nicht mehr furchtbar spannend und erwähnenswert, hier gab es aber eine urkomische Szene, die den Tag schon rettete. Die Bandherlferin (ich glaube, das ist Davids Frau / Lebensgefährtin?) richtete das Gesangsmikro auf die richtige Höhe ein, indem sie es auf die Mitte ihrer Stirn ausrichtete, mit großer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit! Herrlich!

Um zehn nach einem kurzen Intro vom Band dann die nächste wundervolle Szene. Die Band erschien, der zweite Gitarrist setzte sich allerdings neben den Drummer und veranstaltete mit dem ein Synchrontrommeln. Das Lied dazu war End credits von der aktuellen Platte. Köstlich sah das aus!



Auch bei den anderen Alben-Abenden begannen The Wedding Present mit einigen Stücken, die nicht zur vorgestellten Platte gehören. Unter diesen acht Titeln stachen drei heraus, die überragenden Sports car und My favourite dress und das Klee Cover Erinner' dich, gesungen von Suzie Kerstgens. Davids andere Band Cinerama hat das Stück gecovert und aufgenommen. Dabei macht die härtere Instrumentierung und der deutsche Gesang des Frontmanns den besonderen Reiz des (besten) Klee-Songs aus. Heute drückte sich David, er bat Suzie auf die Bühne und schob es auf den deutschen Text. "It doesn't make any sense to me!" Die rumplige Version mit Klee-Stimme hatte zwar auch Reiz, mit David wäre es aber besonderer gewesen. Vor ein paar Jahren hatte er übrigens auch einmal bei einem Klee Konzert im Gebäude 9 eine zusätzliche Gitarre bei Erinner' dich gespielt.

Nach acht Liedern Einrollen begann dann mit (Überraschung!) Dalliance die Seamonsters Show. Das Konzept dieser Abende sieht vor, daß die Stücke der Platte komplett ohne Unterbrechungen in einem Fluß durchgespielt werden. Vorher und hinterher redet der Nordengländer, währenddessen nicht, das heißt, eigentlich nicht. Auf einen der vielen Zurufe reagierte David und teilte mit, daß er während Seamonsters nicht rede. "I don't speak during Seamonsters. Well actually I speak now." Danach war aber wieder Ruhe und das Werk wurde weiter vorgetragen - ober abgearbeitet, wenn das nicht zu negativ klänge. Die Songs von Wedding Present verlangen körperliche Arbeit. David lief der Schweiß in Strömen, er bearbeitete seine Gitarren aber auch mit einer enormen Intensität.

Zu Seamonsters muß man nicht viel sagen. Die über zwanzigjährige Platte wird auch heute noch einen Großteil von Gitarrenbands grün vor Neid werden lassen. Sie live am Stück zu erleben, ist noch einmal eine Spur besser und funktioniert auch beim zweiten Mal noch prima.



Danach war David platt. "Das ist ein intensives Album", so als überrasche ihn die Erkenntnis gerade. "Wir spielen noch zwei Lieder aber keine Zugaben!"

Anderthalb Stunden dauerte die Show. Es wurden gingen deutlich weniger Gitarrensaiten kaputt, das zu beobachten hatte mich während der Bizarro-Tour beschäftigt (da hatte er mindestens neun Saiten durchgehauen!). Heute war der große Hingucker weiter hinten! Schlagzeuger Charles verzog bei jedem einzelnen Schlag sein Gesicht, als sei er einem 20er Jahre Klamauk-Film entsprungen. Ich konnte meinen Blick einfach nicht vom Schlagzeug lösen, zu komisch war Charles' Mimik! 




The Wedding Present sind sicher nicht die hippste und originellste Band unserer Zeit. Aber sie sind so verflucht gut!

Setlist The Wedding Present, Gebäude 9, Köln:

01: End credits
02: Sports car
03: Stop thief
04: My favourite dress
05: Back a bit... stop
06: Erinner' dich (Klee Cover mit Suzie Kerstgens)
07: Don't touch that dial
08: Deer caught in the headlights

Seamonsters:
09: Dalliance
10: Dare
11: Suck
12: Blonde
13: Rotterdam
14: Lovenest
15: Corduroy
16: Carolyn
17: Heather
18: Octopussy

19: Click click
20: What have I said now?

Links:

- aus unserem Archiv:
- The Wedding Present, Barcelona, 30.05.12 (Seamonsters)
- The Wedding Present, Köln, 15.10.10 (Bizarro)
- The Wedding Present, Köln, 15.11.07 (George Best)
- The Wedding Present, Paris, 02.11.07 (George Best)

 


Sonntag, 23. September 2012

Hurray for the Riff Raff, Karlsruhe, 20.09.12

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Konzert: Hurray for the Riff Raff & Sam Doores
Ort: Karlsruhe
Datum: 20.09.12 
Zuschauer: 15 
Konzertdauer: 100 Minuten



Ich liebe intime Shows! Durch gute Beispiele konnte ich mir auch schon länger ein Privatkonzert in meinem eigenen Wohnzimmer vorstellen. So hatte ich schon zweimal Konzerte zugesagt, die dann nicht zustande gekommen waren, aber Anfang August zeichnete es sich ab, dass es mit Hurray for the Riff Raff nun vielleicht ernst würde. Ab da wohnten zwei Seelen ach in meiner Brust:
1) Das wird bestimmt gut und ich lade alle Freunde ein, die sonst nie zu solchen Konzerten kommen und  
2) ich kenne die doch gar nicht und es sind gleich so viele, wie werden sie mit den beengten Schlafplätzen zufrieden sein können und überhaupt, was hat mich nur geritten, so etwas verrücktes anzufangen! 

Am Tag zuvor hatte ich furchtbares Muffensausen. Am eigentlichen Tag klappte dann zum Glück unser Zeitplan fast ohne Stress und als die Band gerade noch so rechtzeitig für eine Essen vor der Show ankam und schon beim Hallo sagen nur einfach total sympatisch war, fiel mir die größte Last vom Herzen. Ab da war es einfach nett und eigentlich einfach. Erst sammelte ich sie alle um den Tisch mit Federweißem, Rotkohl und Schweinebraten, was ziemlich gute Noten bekam (*SchweißvonderStirnwisch*). 

Dabei trafen zum Ende hin schon die ersten Zuhörer ein. Mit einigen wenigen Handgriffen war schließlich der Tisch im Garten geparkt und das Wohnzimmer mit vielen Sitzplätzen bereit - die Gäste in der Küche bezüglich der Getränke eingewiesen. Es herrschte eine neugierige und vorfreudige Atmosphäre. Dass man beim Kommen die Band schon vorfand zum ansprechen und Hallo sagen ist schon etwas besonderes - sicher auch, dass die Band freundlich und zum schwatzen bereit ist! Es gab einige Gäste, die nach eigenen Erfahrungen in den USA sofort alle möglichen Geschichten zu teilen hatten und so kam gleich eine Nähe zustande, die auch auf die Atmosphäre des Konzertes zurück wirkte. 

Die große Frage im Raum: wie kommen die Musiker dazu, ausgerechnet hier aufzutreten, bzw. woher kenne ich sie und andere Fassungen der immer gleichen Frage. Dabei stellte ich fest, dass ich das gar nicht so kurz und bündig beantworten konnte. In dieser Kette gab es mindestens zwei Verbindungen, die auf recht blindem Vertrauen zueinander basierten und auf dem musikalischen Umfeld, das sich mir über soziale Netze in den letzten zwei Jahren geöffnet hat. Und genau genommen hätte es mit kühler Planung nicht dazu kommen können. Darüber hatte ich in der Vorbereitung des Abends gar nicht nachgedacht. Aber nun, im Moment, dass ich das anderen erklären sollte, was mir selbst selbstverständlich vorkam, merkte ich, wieviel Magie und Zufall hier am Werk gewesen war und wie dankbar ich dafür war, dass alle sich auf dieses Experiment eingelassen hatten. 

Und sobald Hurray for the Riff Raff begannen, war klar, dass auch der letzte im Raum nur einfach froh war, hier dabeisein zu können. Das Wohnzimmer wurde musikalisch nach New Orleans gebeamt und dort gefiel es uns sehr gut. Die Band hatte sich entschieden, ganz akustisch aufzutreten mit Kontrabass, 1-2 Gitarren, Geige und Schellen. Wichtiges Utensil auch ein Dutzend Mundharmonikas. Es herrschte kein Zweifel, dass hier Vollblutmusiker am Werk waren, die überall, wo sie ihre Instrumente auspacken problemlos eine Bühne entstehen lassen. Da die Show recht informell lief, wechselte traditionelles Liedgut (sozusagen Cover Songs) mit Hurray for the Riff Raff Material und Sam Doores Material auf Zuruf. Mit etwas mehr Platz hätte sicher auch ein Tänzchen zu manchem Lied gepasst - andere waren eher traurig und/oder nachdenklich. Aber alle anwesenden waren über die Interpreten an eine Quelle angeschlossen, aus der in den Tiefen der vermischten Volksmusiken geschöpft wurde. 

So kam es mir ein bisschen auch wie eine Zeitreise vor, wenn im Herbst und Winter sich die Familie in der warmen Stube zusammensetzt, sich Gruselgeschichten erzählen und ihre liebgewordenen Lieder zusammen singen. 

Es ergab sich die wohl eher seltene Situation, dass Hurray for the Riff Raff vor einem Publikum spielten, dass sehr überwiegend aus Mathematikern bestand: "As for tonight, we had a lovely house show in Karlsruhe and played to a room of mathematicians! Thank you to our new friends, the smart ones like Hurray for the Riff Raff obviously..."  

Nach diesem Abend bleibt mir nur eine besonders herzliche Empfehlung, eines der noch folgenden Konzerte zu besuchen und ein großer Dank an Sebastian, der hier die zentrale Figur im Hintergrund war und natürlich an Hurray for the Riff Raff, die sich auf Leute wie Sebastian und mich fast blind verlassen haben.

Tour Sam Doores und Hurray for the Riff Raff:
Sep 22 Sparte 4 Saarbrücken 
Sep 23 Gute Stube Darmstadt 
Sep 24 Silver Future Ortsteil Neukölln 
Sep 26 Lockengelöt Hamburg 
Sep 26 Hasenschaukel Hamburg 
Sep 27 House Show - http://www.youareawesome.de Bremen 
Sep 28 Heeren van Alede Aalden, Netherlands 
Sep 29 Roode Haan Warfhuizen, Netherlands 
Sep 30 Lokaal42 Helmond, Netherlands 
Oct 01 House Show http://homespunbooking.wordpress.com/ Paris 
Oct 02 Les Balades Sonores Paris 
Oct 03 Les Musicophages Toulouse 
Oct 04 House Show La Sauvetat 
Oct 07 La triperie Lyon 
Oct 08 Thunderbird Lounge Saint-Etienne 
Oct 09 O'brother Grenoble 
Oct 10 Condorito Club Cuneo, Italy 
 Oct 11 ARCI Ohibò Milano 
Oct 12 Bookique Trento 
Oct 14 La Mela di Newton Padua 
Oct 15 Osteria Da Filo (formerly knows as La Poppa) Venice

Amanda Mair, Paris, 21 & 22.09.12

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Amanda Mair
Orte: Le Môtel und L'Institut Suédois, Paris
Daten: 21 & 22.09. 2012
Zuschauer: Môtel: etwa 30, Institut Suédois gut 200
Konzertdauer: jeweils etwa 35 Minuten



Hätte ich das Debütalbum der extrem jungen Schwedin Amanda Mair (wie alt ist sie? 17? 18?) vorher gehört, wäre ich höchstwahrscheinlich nicht zu ihren beiden kurzen Pariser Konzerten an diesem Wochenende gegangen. Viel zu glatt und poppig ist das Ganze geworden, ohne jede Ecke und Kante, überzuckert und mainstreamlastig produziert. Allein schon das Cover, wie eine Werbung für ein Deo!



Vielleicht war dies auch der Grund, daß das ursprünglich in der 500 Zuschauer fassenden Flèche d'or zusammen mit Helio Sequence (USA) geplante Konzert am Freitag weger schwacher Vorverkaufszahlen gecancelt wurde. Zum zweiten Mal in diesem Jahr im Übrigen, denn schon vor ein paar Monaten war Amanda Mair (damals mit La Sera) hier angesetzt gewesen, bevor der Gig kurzfristig abgesagt wurde.



Die arme Amanda, nun musste sie ersatzweise mit dem winzigen Le Môtel vorlieb nehmen. Ein eher ranziger Ort, in dem sich in der Regel kleine französische Indiebands vor ein paar Freunden abmühen und erste Erfahrungen sammeln. Allerdings auch eine Kultstätte, weil hier viele Musiker verkehren, die Location als After Show-Ort sehr beliebt ist und hier auch schon Asse wie Liz Green, Loney Dear, Mina Tindle und Peter Doherty gespielt haben.



Als ich gegen 21 Uhr ins Môtel eintrat, spielte Amanda auf der winzigen Bühne gerade ihr erstes Lied auf ihrem elektrischen Piano. Die Köpfe der bereits anwesenden Leute vor mir erschwerten mir den Blick auf die Sängerin. Erst später konnte ich erkennen, wie puppig das Küken aussah. Aber Pluspunkte für niedliches Aussehen wollte ich heute, wie auch sonst, keine verteilen.



Mir fiel ziemlich bald unangenehm auf, daß viele Leute, die auf den Sofas rumhingen, laut plapperten. Das war in diesem winzigen Raum besonders störend, da man teilweise Schwierigkeiten hatte, den Gesang und die Ansagen zwischen den Songs zu verstehen. Dabei war die Stimme von Amanda wirklich schön. Den in der Presse oft gebrachten Kate Bush-Vergleich konnte ich allerdings nicht nachvollziehen, ich hörte wenn überhaupt gewisse Parallelen zu Frida Hyvönen, vielleicht auch deshalb, weil beide Pianistinnen sind. Allerdings waren die Texte von Amanda weit von dem herrlichen Zynismus und der Ironie von Frida entfernt. Ihre Lieder drehten sich um den typischen Liebeskummer bei Teenagern und ähnliche Themen. Allerdings muss man bedenken, daß Amanda beim Schreiben der Lyrics teilweise erst 15 Jahre alt gewesen ist und man insofern kaum ein reifes Songwriting erwarten kann. Milde im Urteil ist also gefragt und es wäre ungerecht, Amanda Mair jegliches Talent abzusprechen. Ich traue es ihr durchaus zu, in den nächsten Jahren bessere Texte zu schreiben und auch interessantere Arrangements hinzukriegen. Die Stimme ist da, das Gefühl auch und das Pianospiel wußte ebenfalls zu betören.



In der Vergleich zum Album reduzierten Variante gab es ein paar Lieder mit Potential. Skinnarvisberget, ein Lied über einen Berg (klar!) bei Stockholm und Leaving Early gehörten sicherlich dazu. Letztgenannter Titel hatte wirklich eine gute Melodie und zumindest die Qualität eines "guilty pleasure".



Am nächsten Tag spielte Amada dann das Ganze nochmal im äußerst gut besuchten schwedischen Kulturinstitut. Diesmal musizierte sie an einem wundervollen klassischen Konzertflügel und nun konnte man auch ihre Stimme deutlich besser und nuancierter hören. Die Leute standen dicht an dicht, hörten bis auf wenige Ausnahmen still und bedächtig zu und spendierten der jungen Dame ordentlich Beifall. Hier wurde nochmal deutlich, daß Amanda Mair Talent hat und zukünftig definitiv in der Lage sein wird, bessere Alben zu produzieren. Sie müsste sich mit den richtigen Leuten umgeben, vielleicht mal Loney Dear oder Anna Ternheim zu Rate ziehen und fragen, wie die ihre Songs schreiben. In der schwedischen Musikszene gibt es so viele gute Künstler, da muss es doch möglich sein, der hübschen Amanda auf die Sprünge zu helfen, oder etwa nicht?

Setlist Amanda Mair, Le Môtel, Paris:

01: Doubt
02: You've Been here Before
03: House
04: Before
05: Leaving Early
06: Sense 
07: Skinnarviksberget




 

Konzerttagebuch © 2010

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