Mittwoch, 12. Oktober 2011

Scott Matthew & Ladylike Lily, Paris, 10.10.11


Konzert: Scott Matthew (Ladylike Lily)

Ort: Le Point Ephémère, Paris
Datum: 10.10.2011
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft, geschätzte 200
Konzertdauer: etwa 75 Minuten


Ich war Nutznießer. So nennt man das dann wohl. Weil mein Pariser Freund Pascal an diesem Montag zu The Duke Spirit ins Nouveau Casino getigert ist, war er dann so nett, mir seinen bei einem Gewinnspiel ergatterten Platz für das Konzert von Scott Matthew im Point FMR zu überlassen. Da ließ ich mich nicht zweimal bitten und nutzte die Gunst der Stunde.

Ich hatte richtig gehandelt, denn das Konzert erwies sich als sehr gelungen. Bei entspannter und feierlicher Atsmosphäre zelebrierte der junge New Yorker Bartträger seine fragilen Songs und begeisterte mit viel Gefühl, brüchig-sentimentaler Stimme und feiner Instrumentierung. Wie immer hauptsächlich auf der Ukulele zupfend, wurde er heute abend von zwei Mitmusikern an Piano und Cello wundervoll begleitet. Die drei Burschen spielten natürlich viele Stücke des aktuellen Albums Gallantry Favorite's Son, ließen aber auch nicht das Altwerk außer Betracht.

Die Stimmung war sehr gelöst, was möglicherweise auch am Rotweinkonsum von Scott gelegen haben mag. Der liebenswürdige Australier lachte viel und oft, betonte gleich mehrfach wie sehr er Paris liebe ("it's a special city, I thought about this show tonight for weeks now") und scheute auch nicht vor Selbstironie zuürck. Zu dem Stück Felicity meinte er einleitend: "this is the cheesiest song I ever wrote and it speaks about birthday too." Fast angewidert verzog er die Mundwinkel, spielte uns dann aber diesen sehr melodieseeligen Song mit hohem Wiederkennungswert. Es stimmte schon, das Lied war in der Tat etwas cheesy, aber wenn man ehrlich ist, spart ja Scott grunsätzlich nicht an Zucker und Schwülsteleien. Dies war bisher auch immer ein Grund, warum ich Scott Matthew nur in homöopathischen Dosen genießen konnte. Irgendwann wurde mir der Herzschmerz und das Geseufze einfach zuviel. Nicht so heute. Ich merkte einfach, wie aufrichtig und authentisch er bei der Sache ist, fühlte, daß seine in Musik gepackte Seelenpain nicht gekünstelt ist. Wobei er schelmisch in den langen Bart grinsend manchmal vorausschickte: "jetzt kommt ein sehr trauriges Lied, dabei fühle ich mich heute eigentlich überhaupt nicht traurig, ganz im Gegenteil."

Seine gute Laune übertrug sich auch auf das bunt durchgemischte Publikum (junge und etwas ältere Leute, gay oder straight, viele Pärchen), das vorbildlich leise zuhörte und nach den jeweiligen Stücken stürmisch applaudierte. Mir persönlich gefiel von diesen Stücken Sinking am besten, weil hier einfach am meisten Emotionen rüberkamen und alles wunderbar harmonisch zusammenpasste: Cello, Piano und der nahegehende Gesang von Scott. Auch der Text war sehr schön: "... all alone in the night I will suffer, I'll fight, that the truth is this dead wish is a prison..."



Froh war ich auch über das ältere Stück In The End (bekannt aus dem Film Shortbus), bei dem sich Scott ganz auf seinen Gesang konzentrierte und weder Ukulele noch Gitarre spielte. Er hauchte die Zeilen geradezu ins Mikro, greinte aber auch immer mal wieder und verstand es auf das Beste, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.



Er fühle sich nicht alleine gelassen sondern im Kreise von Freunden, meinte er schließlich während es Zugabenteils im Hinblick auf seinen Hit Abandoned und auch bei Community beschwor er den Kollektivgedanken, was keinswegs aufgesetzt sondern wahrhaftig klang.

Ein wundervolles Konzert also, in das die junge Französin Ladylike Lily gelungen eingeleitet hatte. Eine Mischung aus Mina Tindle, Soap & Skin, Marie Flore und Björk, so konnte man das Ganze musikalisch stark verkürzt zusammenfassen. Da ich lediglich zwei Lieder mitbekam (darunter mit Serenade ein Cover von Emiliana Torrini), muss ich mich auf diese Floskel und das Zitieren von Referenzen beschränken. Die Dame werde ich sicherlich noch einmal wiedersehen, sie ist noch sehr jung und hat Talent.



Setlist Scott Matthew, Le Point Ephémère, Paris:

01: The Wondering Of Falling

02: True Sting
03: Black Bird
04: Felicity
05: Duet
06: Sinking
07: Burried Alive
08: Upside Down
09: Seeling
10: Sweet Kiss In The Afterlife
11: Friends & Foes
12: In The Ende
13: No Place Called Hell

14: Abandoned
15: Only Girl (Rihanna Cover)
16: Little Bird
17: White Horse
18: Community



2 Kommentare :

Catweazle hat gesagt…

Wir haben den guten Scott und seine feine Band gestern abend in Düsseldorf (im Rahmen des New Fall Festivals) gesehen - wunderbar (Auf youtube gibt's ein paar Videos)! Leider war der Rahmen (Robert-Schumann-Saal, ca. 800 Leute) nicht ganz so intim, wie Scotts Musik ihn eigentlich braucht. Trotzdem toll!

E. hat gesagt…

schön, dass du nun auch ein scott jünger geworden ist. er ist live zauberhaft, anrührend, echt. ich hoffe, ihn im dezember (wieder-) sehen zu können.

 

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