Konzert: Cyann & Sun Airway (Eldia)
Ort: Le Petit Bain, Paris
Datum: 22.1.2011
Zuschauer: etwa 60
Konzerte auf den Pariser Hausbooten liebe ich ganz besonders. Es ist immer exotisch und urgemütlich, wenn im Batofar, der Dame de Canton oder auf der Peniche El Alamein Gigs stattfinden.
Kürzlich ist eine Location dieser Art hinzugekommen: Le Petit Bain. Mit den vorgenannten, auf charmante Weise gammeligen und amateurhaft betriebenen Hausbooten, hat dieser neue Veranstaltungssort aber nicht viel gemein. Le Petit Bain ist kubusförmig und besticht schon von außen durch sein modern-schlichtes Design. Nach Boot sieht hier nix aus und auch drinnen herrschen klare Linien und eine schnörkellose Sachlichkeit. Klarer Fall, hier waren Profis am Werk! Leute, die genaue Vorstellungen haben, wie moderne Konzertsäle aussehen sollen: Puristisch, funktionell und soundtechnisch durchdacht.
Hinsichtlich der Promo kann man aber noch deutlich besser werden. Höchstens 60 Mitbürgerinnen und Mitbürger fanden sich an jenem Oktober-Samstag hier ein und man fragt sich, wie die Kosten für einen solchen Abend gedeckt werden.
Diejenigen, die da waren, hörten allerdings bedächtig und leise zu, als die Pariser Pianistin Cyann ihre sehnsuchtsvollen Klavierballaden performte. Cyann hatte erst im vergangen Juni eine wundervolle Oliver Peel Session gespielt, in der Zwischenzeit aber ihre Lieder verfeinert und perfektioniert. Neu hinzugekommen war ein Tonverzerrer (sagt man das so? Ich spreche von dem kleinen Kasten auf ihrem Klavier, mit dem sie experimentelle und sphärische Geräusche erzeugte), an dem sie immer mal wieder drehte. Altbekannt war aber die Wirkung ihrer in moll gehaltenen Stücke auf mich: umwerfend, benebelnd, berauschend! Sie entführt mich immer wieder ins Reich der Träume, nimmt mich mit auf ihre Reise durchs Unterbewußtsein, läßt mich sehnsüchtig schwelgen. Ich liebe ihre zarte, sinnliche Stimme, ihre Fragilität, ihre Emotionalität.
Der Hit schlechthin in ihrem Set war Wall Of Silence. Eine betörende Klaviermelodie leitete ein in diesen verwunschenen, wolkenverhangenen Melancholiefetzen, der geradezu süchtig machende Wirkung entfaltete. Aber auch der Rest des Programms, in dem die gothisch angehauchte Ukrainerin Yelena Valer'evna Moskovich einen gefeierten Gastauftritt bei The Wind Is More Than Silence hatte, konnte sich sehen und hören lassen. Egal ob der Opener Should I Cross My Fingers oder der Closer Tongue Of Ashes, alles klang wahnsinnig intensiv und bewegend.
Ein wundervolles Konzert, von dem ich hoffentlich bald auch Livevideos nachreichen kann.
Nach Cyann eroberten drei junge Kerle aus Philadelphia die Bühne. Sun Airway nennen sie sich und ich glaube es war ihr erstes Konzert in Paris überhaupt. Eine Dream Pop Band mit elektronischem und bisweilen auch psychedelischen Einschlag, die bereits von Pitchfork abgefeiert worden war. Leider konnte die Amis in Paris aber nicht durchgängig überzeugen. Ihrem aus dem Zusammenspiel von Keyboard, Bass und Schlagzeug resultierenden Sound fehlte bisweilen einfach eine Gitarre, die dem ganzen mehr Tiefe und Wärme hätte geben können. So aber blieb es meistens bei eher unterkühlten und recht sterilen Posongs, die nur dann an Schwung und Durchschlagskraft gewannen, wenn das Schlagzeug einmal so richtig losgallopierte. Erst am Ende nahm das ziemlich kurze Konzert mehr Fahrt auf und mit etwas Phantasie konnte man an moderne amerikanische Nachfahren von New Order denken.
Mein Tip an Sun Airway: schmeißt das verfluchte Keyboard in die Mülltonne und kauft euch zwei Gitarren. Chillwave braucht kein Arsch, Indierock hingegen schon!
Mein Tip an Sun Airway: schmeißt das verfluchte Keyboard in die Mülltonne und kauft euch zwei Gitarren. Chillwave braucht kein Arsch, Indierock hingegen schon!
"Wild Palms" Sun Airway - Official Music Video from Monogram on Vimeo.
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