Montag, 26. März 2007

The Noisettes, Paris, 24.03.07

Konzertbericht The Noisettes
Datum: 24.03.2007
Ort: The Showcase, Paris
Zuschauer: 15 (22 Uhr), 1500 und mehr (24 Uhr)

Beim Surfen über meine MySpace-Seite habe ich den Beweis dafür erhalten, daß dieser Service doch zu mehr gut sein kann, als maximal den Kommentar: "Thanks for the add" zu bekommen, zumindest was die Kommunkation mit Musikgruppen betrifft. Nelson, die aufstrebenden Pariser Dark-Rocker waren so nett, ein Bulletin zu versenden, um darauf hinzuweisen, daß sie vor und nach dem Konzert der Noisettes im hippen Showcase ein bißchen mixen, sprich Platten auflegen werden. Sie verbanden diesen Hinweis freundlicherweise mit der Nachfrage auf etwaig gewünschte Eintragung in die Gästeliste.

Wie bitte, eine Guest-List?? Hätten sie das nicht erwähnt wäre ich wie ein Idiot einfach so unter die schmucke Brücke "Pont Alexandre III" getappt. So aber durfte ich der Tussnelda und dem Gorilla am Eingang des im Moment stark angesagten Clubs ganz cool verkünden: "Oliver. Oliver Peel. Steh' auf der Liste von Nelson!"

Schwups, und schon war ich drin, so einfach kann das gehen! Natürlich war ich für so einen obercoolen Laden viel zu früh da, um 22 Uhr hatten sich neben den gestylten Kellnern nur ein paar andere ähnlich unwissende Pappnasen eingefunden. Zwei dieser circa. 15 Pappnasen waren schon etwas älter als das gewöhnliche Konzertpublikum. Herr und Frau Boring nämlich, wie sich herausstellen sollten, die Eltern des Sängers der später auftretetenden Pariser Band Naive New Beaters.

Bis die ihre Show aber abzogen, war erst noch etwas rumlungern - ähh, ich meine natürlich chillen, wie man das in diesen Kreisen nennt- auf den schicken Ledersofas angesagt. Währenddessen starrten alle Anwesenden krampfhaft und etwas gelangweilt auf die Videoleinwände, die einen alten Streifen mit Jane Birkin aus den 60ern oder 70ern darboten. Ganz, ganz allmählich füllte sich der noble Laden dann etwas und es wurde daraufhin auch gleich ein bißchen gemütlicher.

Irgendwann war es voll genug, um beginnen zu können. Ein Ansager verkündete den Auftritt dreier junger Pariser, den Naive New Beaters. Der Sänger der Band, ein Typ mit einem ganz scheußlichen Pullover, stellte sich aber aus L.A. stammend vor und sprach mit gebrochenem amerikanischen Akzent. Das war natürlich alles nur Show, aber wir waren ja im Showcase... David Boring hieß er angeblich, der Oberlippenbartträger, begleitet von Martin Luther BB King an der Gitarre (ha,ha) und Eurobelix am Keyboard.

Die drei waren wirklich so was von schräg drauf, aber mit ihrem Mix aus Funk im Stile von Prince, Rap à la Public Enemy und ironischem Elektro-Pop-Rock Marke Philipp Katerine kamen sie von Anfang an extrem gut an. Unterhaltsam waren sie ja, vor allem der Sänger, der immer wieder den harten amerikanischen Gangster-Rapper heraushängen ließ. Einige fragten sich wirklich, ob sie aus L.A. kämen, so perfekt zog der Typ seine Nummer ab. Wenn die Lieder gut ankamen, was sie eigentlich alle taten, kommentierte das David dann immer mit Worten wie: "Stimmt, ihr habt Recht, das Stück war wirklich top, allererste Sahne, etc."

Auch zu seinem grauenvollen Pulli verlor er ein paar Sätze: "Den habe ich Mami aus dem Kleiderschrank geklaut, der ist toll, oder? Mami, die im Publikum stand, war ganz gerührt. Mein Sohn, ein richtiger Rockstar! Irgendwann war aber Schluß mit lustig, denn das letzte Lied war unter tosendem Beifall abgefeiert worden. Der Sänger hatte aber immer noch nicht genug. Er wollte gerne noch eine Zugabe spielen. Angeblich wurde ihm das aber "von Oben" verweigert. "Hey, die vom Showcase haben uns verarscht, die wollen bestimmt an der Gage rumtricken", war sein (ironisch gemeintes?) Statement.

Setlist Naive New Beaters:

01: Hamburger
02: Balu
03: Porc rapé
04: L.A.
05: Tokyo
06: Live good
07: Bang bang
08: Cristal
09: Flam n' cut
10: That's what I like

Das Publikum stand nach diesem humoreskem Auftritt noch eine Weile breit grinsend in Bühnennähe, vielleicht aus Angst, sie könnten doch noch eine Zugabe verpassen. Als sie merkten, daß dies nicht der Fall sein wird, verzogen sie sich aber zum Großteil in Richtung Bar, oder lauschten dem DJ-Set von Nelson, die uns u.a. mit Titeln von Kraftwerk und der Gang of Four beglückten.

Gegen 24 Uhr hatte aber dann endlich die Stunde der Noisettes aus London geschlagen. Wie eine Wildkatze sprang die ursprünglich aus Zimbabwe stammende Shingai Shoniwa auf die Bühne, begleitet von ihrem Gitarristen Dan und Schlagzeuger Jamie.

Ihren ersten Hit "Sister Rosetta" brachten sie gleich zu Beginn. Musikalisch ein wild donnerndes Monster aus harten Gitarrenriffs, explosiven Drums und der unglaublichen Rockröhrenstimme von Shingai. Der Songtitel nimmt übrigens Bezug auf eine Gospelsängerin aus den späten 30er Jahren, Sister Rosetta Tharpe, die damals in den Clubs Chicagos mit ihrer Mischung aus Gospel, Blues und Swing für Furore sorgte.

Den Einfluß von Sister Tharpe hört man auch bei den Noisettes heraus, denn dem ungestümen Garagenrock ist mehr als eine Prise Blues und Soul beigemischt. Aber selbst denjenigen, denen Blues und Soul eher auf die Nerven gehen, könnte die Musik der englischen Newcomer gefallen, denn genannte Kunstformen werden auf unglaublich moderne Weise eingewebt. Unter den zeitgenössischen Musikbands haben die Noisettes eh schon viele berühmte Fans zu bieten. So urteilen die ehemaligen Tourpartnern Muse über das Trio schlicht mit: "Fantastic", die Guillemots reden von: "An inspired band with a brilliant singer" und Bloc Party entlockt es ein: "Noisettes are the complete package." Viele Vorschußlorbeeren also, für eine Band, die mit "What's the time Mr Wolf?" gerade eben erst ihr Debütalbum auf den Markt gebracht hat.

Wenn man Shingai in ihrer roten, ultrakurzen Shorts mit den giftgrünen Strumpfhosen so rumrocken sah, konnte man aber auch ins Schwärmen geraten. Was für ein Vulkan, diese (im übrigen barfuß rumlaufende) Frau, welche Sexbombe! Mit ihrem Hinterteil könnte sie noch Nüsse knacken!

Daß sie sich aber auch auf leisere Töne verstehen, konnte man anhand der ein oder anderen Ballade erkennen, ein Lied, das irgendwie an Edith Piaf erinnerte, kann hierzu als Beispiel dienen. Es handelte sich um ein exklusives Frankreich-Special. "Your language is much more sensitive, much more sexy than ours", urteilte Shingai dann auch folgerichtig. Insgesamt dominierten aber die rockigen, lauten Stücke, nicht umsonst hat die Band ja das "Noise"(Lärm) schon im Namen. Das brachte dann auch das szenige Publikum in Wallung und so verging die Zeit mal wieder wie im Fluge, zumal das Set relativ kurz gehalten war, was allerdings normal ist, bei Auftritten dieser Art, schließlich handelte es sich heute nicht wirklich um ein reguläres Konzert. Eher um ein Appetithappen für ein paar Auserwählte.

Zumindest eine Zugabe hatten die "Lärmmacher" aber dann doch noch im Gepäck, Shingai spielte hierzu auf einer neu hereingereichten roten Gitarre. Danach der obligatorische Spruch: "Thanks a lot, I'll see you guys quite soon.", der allerdings in diesem Fall stimmte, denn schon im Mai kommen die Engländer zurück in die Stadt der Liebe, diesmal dann aber mit Sicherheit mit einem längeren Konzert.

Setlist The Noisettes:

01: Sister Rosetta
02: Iwe
03: Bridge to Canada
04: Rifle song
05: Angry angels
06: Signs
07: Monte Cristo
08: Scratch your name
09: Nothing to dread
10: Don't give up

von Oliver




1 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Zimbabwe? Da hatte Art Brut doch mal einen Nummer-1-Hit!

 

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