Konzert: Dean Wareham
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 29.07.2014
Dauer: 85 min
Zuschauer: 50 bis 60
Galaxie 500 waren oft live alles andere als gut, sagt Dean Wareham über seine erste bekannte Band. Luna seien eine viel bessere Liveband gewesen, egal, was man von den jeweiligen Alben gehalten habe. Ich habe Galaxie 500 1990 auf der Loreley beim Bizarrefestival gesehen und war vorher massiver Fan und war es auch danach. Wie genau das Konzert war, weiß ich nicht mehr, es kann aber nicht so schlecht gewesen sein. Luna hatte ich nie live gesehen, auch nicht das einzige Konzert im Gebäude 9 2002. Meine nächste Begegnung mit Dean Wareham war erst 2010 beim zweiten ATP Bowlie. Belle & Sebastian waren für das Line-Up verantwortlich und luden den Sänger ein, der damals als "Dean Wareham plays Galaxie 500" unterwegs war. Die Belle & Sebastian Mitglieder hatten je drei Wunschbands nennen dürfen, Dean Wareham war Stuart Murdochs erste Wahl.
Meine erste Begegnung mit meinen Lieblingsliedern nach zwanzig Jahren war wundervoll! Flowers, Strange, Tugboat, Snowstorm, Don't let our youth go to waste... atemberaubend gut gespielt. Mir fiel erst gegen Ende des Konzertes auf, daß Deans Frau Britta die Bassistin der Band war (als die beiden ein Dean & Britta Stück spielten). Ich hatte nur Augen (nunja) für die Musik. Dean Wareham mit Galaxie 500 ist live sehr viel besser, als seine alte Band es offenbar war. Vermutlich harmonierten die drei Freunde auf der Bühne ähnlich schlecht wie bei strittigen Entscheidungen in der Spätphase ihrer kurzen Karriere.
Nach der guten und abwechslungsreichen Vorgruppe Die Sonne aus Köln, über die ich in Kürze noch einmal ausgiebiger schreibe (und die feststellte, daß bei es bei ihren Auftritten immer regne, offenbar der Bandname schon die Sonne kompensiere - ich denke eher, daß das schlechte Wetter an den Mitgliedern der Sonne, die früher bei Wolke waren, liegt, war das Gebäude 9 noch erschütternd leer. Es ist Urlaubszeit in NRW, es hagelte den ganzen Tag Unwetterwarnungen - aber es war ein Dean Wareham Konzert! Davon gibt es leider nicht viele - und auch künftig nicht mehr, wenn die Leute aus Trägheit zu Hause bleiben. Die 50, 60, die da waren, erlebten ein Konzert, bei dem ich an Anfang kurz den Eindruck hatte, daß die Band zu deutlich gesehen hatte, wie wenige Zuschauer da waren, das sich aber nach und nach massiv steigerte und am Ende umwerfend war.
Dean Wareham ist zur Zeit mit einem Gitarristen (Raymond Richards), einem Schlagzeuger, dessen Namen ich wieder nicht mitbekommen habe, und seiner Frau Britta unterwegs. Am Anfang wirkten die Musiker auf mich eine Spur lustlos. Beim ersten Galaxie 500 Stück (Temperature's rising von der ersten Platte), schleppte sich das Schlagzeug träge durch den Song. Bei Holding pattern, einem der zahlreichen Solostücke - beim Indietracks in Ripley hatte das Set am Samstag noch zumeist aus Galaxie 500 Titeln bestanden - sang Dean anfangs stark neben dem Takt, was seine Frau am Keyboard zum Lachen brachte. Irgendwann am Anfang nuschelte der Sänger "this was more" oder "this was no fun". Ich hatte da nicht den Eindruck, ein ähnlich gutes Konzert wie vor drei Tagen sehen zu können. Aber wer kann ihnen das verdenken, wenn ein Konzert so schlecht angenommen wird.
Gottseidank kippte es aber sehr schnell in die andere Richtung, nach Holding pattern wurde es immer besser. Das kleine Publikum klatschte wie ein ausgewachsenes. Man merke insbesondere bei den Galaxie 500 Liedern, wie wenig Laufkundschaft da war, und das schien auch auf der Bühne anzukommen. Wie bei meinem Konzert im Dezember letzten Jahres spielte die Band (damals eine andere) auch Luna-Lieder. Das erste diesmal war Tiger Lily von der zweiten Platte Bewitched - toll! Später kam noch Lost in space. Der Großteil der Songs stammte aber von Deans Soloplatten (EP und Album). Komischerweise gefiel mir von den Liedern Love is not a roof against the rain plötzlich außerordentlich gut. Bisher zählte es (auf Platte) nicht zu meinen Lieblingen und konnte nicht gegen Stücke wie The dancer disappears, Holding pattern, Beat the devil, My eyes are blue oder Love is colder than death anstinken. Diese Liveversion wurde aber plötzlich enorm schmissig und gefiel mir richtig gut.
Nach Love is not a roof against the rain wurde es plötzlich lauter. When will you come home hatte ein herrlich krachiges Ende, bei den Zugaben drehte der Mischpultmann noch einmal hoch, hatte ich den Eindruck. Wenn wir schon für zwei klatschten, konnten wir auch für zwei um die Ohren bekommen. Letztenendes war es egal, welches Lied die Band im zweiten Teil anstimmte, alles war hervorragend, auch Babes in the wood, das vorletzte Stück der Soloplatte - und vorletzte Lieder sind, wie ich in Deans extrem empfehlenswerter Biographie Black postcards gelernt habe, meist die schlechtesten Lieder eines Albums. Blue thunder und Tugboat waren aber natürlich die größten Knüller vor den Zugaben!
Die Zugaben begannen mit Happy & free von der Soloplatte. Danach wechselte Britta wieder einmal die Position, sie spielte abwechselnd Bass und Keyboard und musste bei jedem Wechsel die Bühne überqueren, vergaß dabei grundsätzlich immer ihr Kölsch und musste noch einmal zurück.
Ich war sicher, daß nach Fourth of July Schluß sein würde. Es kam aber ein noch würdigerer Abschluß, das wundervolle Joy Division bzw. New Order Cover Ceremony.
Es war ein großartiges Konzert! Sind Lieblingsbands heutzutage live schlecht, vergeht mir leicht die Lust an ihnen. Die Gefahr besteht bei Dean Wareham nun wirklich nicht!
Setlist Dean Wareham, Gebäude 9, Köln:
01: Emanzipated hearts
02: Heartless people (Michael Holland Cover)
03: Temperature's rising (Galaxie 500)
04: The dancer disappears
05: Holding pattern
06: Tiger Lily (Luna)
07: Air
08: Love is not a roof against the rain
09: When will you come home (Galaxie 500)
10: Babes in the wood
11: Blue thunder (Galaxie 500)
12: Lost in space (Luna)
13: Tugboat (Galaxie 500)
14: Happy & free (Z)
15: Fourth of July (Galaxie 500) (Z)
16: Ceremony (Galaxie 500 / Joy Division bzw. New Order Cover) (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Dean Wareham, Indietracks, 26.07.14
- Dean Wareham, Paris, 07.12.13
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Barcelona, 28.05.11
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Paris, 19.02.11
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Minehead, 11.12.10
Tourtermine:
30.07.: Privatclub, Berlin
31.07.: Off Festival, Katowice
02.08.: Lokalhelden, Augsburg
06.08.: Club Barby, Tel Aviv ABGESAGT
Mehr Fotos später!
4 Kommentare :
Hallo Christoph,
toller Bericht, der den Abend schön widerspiegelt. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass mehr Leute da waren. Mindestens 80 werden's schon gewesen sein, allerdings immer noch viel zu wenig für so ein großartiges Konzert.
Hallo Christoph,
sehr schöner Bericht. Mir war gestern zu Beginn ja auch bange ob der wenigen Besucher und der Wirkung auf die Band. Sie haben's dann aber wirklich gut rumgerissen. Laut meinem ewigen Kalender war ich übrigens am 17.09.1999 auch noch bei einem Luna-Konzert im MTC ...
Luna haben mindestens zweimal in Köln gespielt, aber nur einmal im Gebäude 9. Ich habe alle verpasst :-)
Herr Wareham zieht immer einen Schlusstrich, bevor er sich unwohl fühlt. So spielt er immer wieder in leeren Hallen. Würde er heute mit Galaxie 500 auftreten, kämen viele Tausend. Eine Club-Tour mit Luna würde wohl auch für ein ausverkauftes Gloria sorgen. Hätten Dean & Britta das Gebäude 9 gefüllt? Davon unabhängig war es ein tolles Konzert: Highlights: "Blue thunder" und "Ceremony".
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