Konzert: Blur
Ort: Ippodromo delle Capannelle, Rom, Italien
Datum: 29.07.2013
Dauer: ca. 7.000
Zuschauer:ca. 90 min
von Ursula von neulich als ich dachte
Das Publikum um uns herum war ein anderes als am Vorabend und vor allem sehr viel fröhlicher (man könnte in zahlreichen Fällen auch "betrunkener" schreiben). Nachdem ich selbst mich im Blur-Back-Catalogue eher mäßig auskenne, war ich darüber überrascht, dass die Italiener während der Wartezeit wieder und wieder Tender anstimmten ("Oh my baby / Oh my baby / Oh why? / Oh my") - das kannte ich nämlich im Vorfeld überhaupt nicht, scheint aber südlich der Alpen Blurs größter Hit überhaupt zu sein.
Die offizielle Konzert-Beginn-Zeit kam und verstrich, von Blur war nichts zu sehen. Erst mit 30 Minuten Verspätung erschienen Damon, Graham, Alex und Dave begleitet von vier Backgroundsängern und drei Bläsern auf der Bühne und lösten mit dem ersten Song Girls and Boys in der Menge sofort begeistertes Toben aus. Damon spritzte literweise Wasser ins Publikum, alle sprangen auf und ab, man sang und brüllte. Seltsamerweise wurde man bei alldem als etwas ruhigerer Konzertbesucher nicht oder zumindest kaum herumgestoßen oder angerempelt: Die "Nachbarn", um deren Konzertgebahren und Alkoholpegel ich mir im Vorfeld bereits ein wenig Sorgen gemacht hatte, zogen alle nach weiter vorne ab.
Während Popscene und There's No Other Way tobte die Menge weiter, bis ihr Beetlebum einen ersten Stimmungsdämpfer versetzte. Das lag natürlich an der Langsamkeit des Songs, allerdings gab es für vorbereitete Konzertbesucher noch einen zusätzlichen Stimmungskiller: Blur haben nämlich momentan für Festivals eine feste, aus 17 Songs bestehende Setliste. Bei "eigenen" Konzerten spielen sie aber mindestens zwei Lieder mehr, und das erste von ihnen hätte vor Beetlebum kommen müssen. Folglich wurde uns an diesem Punkt klar, dass an diesem Abend die Festival-Setliste zum Einsatz kam - angesichts der langen Wartezeit eine ziemliche Enttäuschung.
Es folgten - wegen der Vorab-Bekanntheit der Setliste nicht unerwartet, aber für ein "Best-of-Set" dennoch ziemlich kurios - Out Of Time, Trimm Trabb und Caramel. Bei Out Of Time wurde um mich herum noch ergriffen mitgesungen, mit den anderen zwei Songs (beide vom eher sperrigen Album 13) wurde das Publikum dann definitiv nicht mehr richtig warm. Gut, dass darauf Coffee and TV folgte, das die Stimmung wieder verbesserte.
Bereits während der Wartezeit hatten wir gesehen, dass zwei Konzertbesucherinnen die Milchkartons aus dem zugehörigen Video ziemlich perfekt nachgebastelt hatten. Diese waren schon bei vorausgegangenen Liedern hochgehalten und durch die Menge gereicht worden und traten nun, bei ihrem eigenen Lied, besonders stark in Erscheinung. Schade, dass die Band diese sicherlich anstrengende Bastelarbeit mit keinem Wort würdigte - wobei ich natürlich auch nicht weiß, mit wie vielen nachgebastelten Milchpackungen sie im Laufe ihrer Karriere bereits konfrontiert wurde.
Ansonsten konnte man Blur nicht vorwerfen, keine Begeisterung zu zeigen: Alle Mitglieder der Band waren völlig verschwitzt, wirkten dabei fröhlich und schienen alles zu geben. Damon sprach als einziger und erklärte, er wisse zwar nicht, wann man zuletzt in Rom gewesen sei, es sei aber offensichtlich zu lange her. Außerdem wollte er anschließend mit uns allen ausgehen.
Weiter ging es mit dem mir mittlerweile aus den Fangesängen bestens bekannten Tender. Darauf folgten Country House, bei dem sich Damon ins Publikum stellte, und Parklife, das er offensichtlich nur mit einer albernen Plastiksonnebrille darbieten darf. Wir blieben also auf sicherem Hit-Terrain, bevor nach End of a Century mit Blurs eigenem Favoriten This is a Low bereits das letzte Lied des Sets gespielt wurde.
Natürlich gab es, trotz der wiederum ausgesprochen schweigsamen Zugabeforderungen, noch einen Nachschlag, der aus vier Songs bestand. Das Finale Song 2 sorgte selbstverständlich wieder für kollektives Ausflippen, danach war endgültig Schluss.
Zeit für uns, wieder den Veranstalterbus zurück in die Innenstadt zu nehmen, dessen Zugangskontrolle wieder genauso chaotisch organisiert war wie am Vortag - immerhin wir hatten aber mittlerweile Routine gewonnen. Der Konzertabend ließ auf der anschließenden Reise ins Hotel gemischte Gefühle zurück: Die Band hatte einen begeisterten und engagierten Eindruck gemacht und nicht zuletzt sehr gut gespielt, sich aber für eine etwas merkwürdige Songauswahl entschieden, die dauerhafte Begeisterung geradezu unterband. Hinzu kam die lange Wartezeit auf den Auftritt, gefolgt von einer eher kurzen Setliste: Der Hauptauftritt ohne die vier Zugabensongs hatte um die 75 Minuten gedauert. Möglicherweise hatte aber gerade der verzögerte Auftritt (an dem wohl technische Probleme schuld waren) dazu geführt, dass man eben nicht länger spielen konnte?
Setlist Blur, Ippocampo della Capanelle, Rom:
01: Girls & Boys
02: Popscene
03: There’s No Other Way
04: Beetlebum
05: Out Of Time
06: Trimm Trabb
07: Caramel
08: Coffee & TV
09: Tender
10: Country House
11: Parklife
12: End Of A Century
13: This Is A Low
14: Under The Westway (Z)
15: For Tomorrow (Z)
16: The Universal (Z)
17: Song 2 (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Blur, Barcelona, 24.05.13
- Blur, London, 12.08.12
Fotos: Dirk von Platten vor Gericht
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