Konzert:Malcolm Middleton beim Mo'Fo' Festival.
Ort: Mais d'Ouevres, Saint Ouen bei Paris
Datum: 31.01.2009
Zuschauer: so einige
An dieser Stelle muß trotz der inzwischen verstrichenen Zeit noch einmal gesagt werden, daß Malcolm Middleton mein ganz großer Held des wundervollen Mo' Fo Festivals in Saint Ouen bei Paris war! Der blass-blonde Schotte erschien alleine mit seiner Akustikgitarre und bestach durch sein äußerst feines, gefühlvolles und hochpräzises Spiel. Selten hat mich ein Singer/Songwriter so berührt und geradezu benommen gemacht vor Glück wie der Ex Arab Strap Musiker. Es war einfach wunderwunderschön und dies trotz all dieser deprimierenden Texte! Mit Four Cigarettes vom dritten Album A Brighter Beat hatte er mich erstmals angeknockt. In einer im Vergleich zum recht rockigen und reichhaltig instrumentierten Album reduzierteren Version, setzte er mit seinen typisch niederschmetternden Lyrics erste Wirkungstreffer: "You know I'm trying to find my way, I don't remember luck, I don't remember luck, I remember failure, after failure, I'm drinking too much, I'm running away." So ganz abgespeckt auf der Gitarre vorgetragen, wurden die Texte noch eindringlicher, noch berührender.
Kurze Zeit später traf der Schotte erneut wunde Punkte, als er nämlich Cold Winter vom ersten Album 5:14 Fluoxytine Seagull Alcohol John Nicotine intonierte. Wie er auf herzzereißende Art und Weise Sätze wie I'm to cold to be alone this winter oder vor allem I think I need professional help to get better this may take some time ", sang, daß war schon zum Schluchzen und manchmal hatte ich fast das Bedürfnis, mich an den Schultern meines Konzertnachbarn auszuweinen. Aber es galt Fassung zu bewahren, schließlich verzog auch Malcolm selbst kaum eine Miene. Wenn er seine depressiven Songs beendet hatte, bedankte er sich jeweils nur kurz, griff zu seinem Bierbecher, nahm einen kurzen Schluck und machte weiter. Anekdoten zu erzählen, ist wahrlich nicht seine Stärke, alles was er mitzuteilen hat, äußert er in seinen Liedern, großartige Erläuterungen braucht es da aus seiner Sicht anscheinend nicht mehr. Diese Zurückhaltung macht ihn sehr sympatisch, man merkt, daß er niemand ist, der eine große Show abziehen will und daß es ihm fast peinlich ist, für die Dauer seines Auftritts imMittelpunkt zu stehen. Ein Stoiker, dieser Malcolm, aber eben ein unglaublich liebenswürdiger, weil man merkt, daß er sein Publikum liebt und sich größte Mühe gibt, sein bestmögliches Konzert abzuliefern. Er ist einfach sehr konzentriert bei der Sache und spielt traumwandlerisch sicher, feinfühlig und präzise auf seiner Gitarre, wie man es ansonsten nur ganz selten erlebt. Er hat's einfach drauf, das wird einem schnell bewußt! Und wer verfügt schon über ein solch ungewöhnliches Songwriting, daß einem geradezu Lust darauf gibt, traurig und dpressiv zu sein.? Ja, die Depression wird hier regelrecht zelebriert und abgefeiert, bei dem wunderbaren Crappo The Clown, ebenfalls vom Debütalbum 5:14 Fluoxytine Seagull Alcohol John Nicotine stammend, wird das noch einmal ganz deutlich: "I can guarantee bad time and yes I can promise tears. I can destroy hope." Geht es niederschmetternder? Seltsamerweise führt aber gerade dieser Pessimismus zum Aufkeimen von Hoffnung, weil er mit einem solch lässigen Schulterzucken gegenüber den Unwägbarkeiten und Grausamkeiten des Lebens gespielt wird, daß man unweigerlich denkt: Schlimmer kann es ja wirklich nicht mehr kommen und überhaupt: Wer sagt denn, daß Leiden immer nur schrecklich sein muß? Hat uns Thomas Mann in seinem Zauberberg nicht gezeigt, daß im Leiden und der Krankheit auch eine bestechende Ästhetik liegen kann?
Ganz besonders aufhorchen ließ mich schließlich auch noch das abschließende The Devil and the Angel. "Last night when I was sleeping a devil came to me. She said Malcolm , Malcolm , your soul belongs to me. And you'll never amount to anything, you'll never achieve anything, you'll never be good at anything... and your songs are shite."
Kurze Zeit später begegnet Malcky aber im Traum ein Engel, der genau das Gegenteil von dem Teufel sagt und mit dem zutreffenden Satz : "And your songs are alright" abschließt. Am Ende muss sich Malcky für einen Weg entscheiden und ich empfehle jedem einmal das Ende des Songtextes zu lesen.
Das spielte aber für mich für die Beurteilung des Konzertes keine Rolle mehr, denn ich hatte es bereits Im Laufe des Sets getroffen: Die Lieder von Malcky sind mehr als nur "alright", die sind grandios! Und Malcolm Middleton ist in eine Reihe mit Helden wie Bonnie "Prince" Billy oder Elliott Smith zu stellen. Nichts weniger als das, jawohl! Cheers!
Malcolm, Malcolm , Malcolm!!!
Setlist Malcolm Middleton, Mo'Fo Festival, Mains d'ouvres Saint Ouen (der Künstler überreichte sie mir persönlich: cheers again!):
01: D&A
02: The Loneliest Night Of My Life Came Calling
03: Break My Heart
04: Devastation
05: Monday Night Nothing
06: A Brighter Beat
07: Four Cigarettes
08: Cheer Down
09: Pick Me Up
10: Week Off
11: Total Belief
12: Just Like Anything
13: Red Travellin' Socks
14: Shadows
15: Made Up Your Mind
16: The Devil & The Angel
Zusätzlich wurden auch Follow Robin Down, Cold Winter und Crappo The Clown gespielt, so ziemlich in der Mitte. M. Middleton hat sie erst später hinzugefügt, nachdem er Somebody Loves You und Ballad Of Fuck All kurzfristig aus dem Programm genommen hatte.
Links:
- Malcolm Middleton Videoclip Cold Winter
- Malcolm Middleton Videoclip Crappo The Clown
- Week Off live @ Santiago Alquimista
3 Kommentare :
the wave pictures sind schon lange kein geheimtipp mehr. aber dass man auch in 2009 mit ihnen rechnen muss, beweist das neue album. also, eigentlich hast du ja recht.
ich freue mich auf den bericht, vor allem aber auf die unbekannten größen. wobei mir middleton nun selbst auch mal vor die flinte kommen muss!
Haha, das mit dem Gehimtip ist mit einem Augenzwinkern zu sehen. Die Wave Pictures haben sich darüber gewundert und auch köstlich amüsiert, daß sie in dem Programmheft als Hoffnung und Tip für 2009 bezeichnet werden,obwohl sie schon 2002 (!) bei diesem Festival dabei waren.
ah, ok. ich sollte geduldiger sein und deine traktate abwarten! sorry.
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