Freitag, 13. Februar 2009

Sophia & Dear Reader, Köln, 12.02.09


Konzert: Sophia & Dear Reader
Ort: Museum Ludwig, Köln
Datum: 12.02.2009
Zuschauer: vielleicht 400


An Dear Reader kommt man zur Zeit nicht vorbei, wenn man sich für unsere Art von Musik interessiert. Natürlich war ich zunächst überzeugt, das große Interesse liege vor allem am ungewöhnlichen Heimatland der Band. Schließlich ist Südafrika bisher höchstens über ein paar Ecken mit Indie in Verbindung zu bringen (Leeds - Lucas Radebe - Kaizer Chiefs). Ich habe in den letzten Jahren mehr Bands aus der Türkei oder Koblenz als aus Südafrika gesehen (je eine). Als ich aber ihre Single Dearheart zum ersten Mal gehört habe, interessierte mich nur noch die Musik. Und der Wunsch, ganz schnell mehr davon zu hören.

Die Gelegenheit bot sich schnell, denn City Slang und Intro luden ins Museum Ludwig, um da Dear Reader gemeinsam mit Sophia zu präsentieren. Das klang schon sehr verlockend.

Durch das Foyer des zweitschönsten Kölner Museums bin ich schon oft gegangen, ohne es dabei näher wahrzunehmen. Ein kleiner Teil des länglichen und sehr großen Raums war bestuhlt, es wurde aber schnell deutlich, daß diese Stühle nicht ausreichen würden. Der Rest des Publikums stand hinter und neben den
Stuhlreihen. Einige wenige (wahrscheinlich aktuelle und ehemalige Musikjournalisten) standen in der anderen Ecke des Raums und tranken.

Dear Reader begannen. Die Band aus Johannesburg besteht aus Sängerin Cherilyn MacNeil, Bassist Darryl und Schlagzeuger Michael Wright. Im Mittelpunkt der aufregenden Musik steht Cherilyns irre tolle Stimme. Soweit ich das beurteilen kann, saß jeder Ton, es wäre aber auch egal, wenn nicht, denn Cherilyn war mitreißend! Der erste Song war schon einmal sehr schön, aber noch nicht besonders spektakulär. Das sollte sich schnell ändern.

Vor
Way of the world erklärte die Sängerin, daß ihnen nie jemand glaube, daß sie alles live singe, weil sie mit vielen Loops arbeiteten. Nichts davon käme aber von Band, alles werde live gemacht. Es war sehr gut, daß sie das erwähnte, denn die vervielfachte Stimme klang großartig und erzeugte aufregende Effekte! Und obwohl Way of the world schon fabelhaft war, kam das Highlight direkt danach: "Das ist unser Folklied, es heißt Bend" war maßlos untertrieben. Bend ist ohne Zweifel eines der schönsten Lieder, die ich kenne!

The same war auch alles andere als normal. Schlagzeuger Michael kam dafür nach vorne, richtete das Mikro mit großer Konzentration auf seine Körpergröße ein, er sollte also wohl das nächste Lied intonieren. Schon bei Bend hatte Michael mitgesungen. The same fing mit ein paar Lala-Passagen von Michael und Cherilyn an. Nach zehn Sekunden ging der Schlagzeuger aber wieder an seine Trommeln, als wäre nichts gewesen. Zum Schreien!

Nach der Single Dearheart (sehr schön aber bei weitem nicht das schönste Stück) und
Release me (toll! kann man auf myspace hören) wanderte Michael bei Sad one wieder. Er stand irgendwann an Darryls Keyboard, tippte zwei, drei Tasten - und ging ans Schlagzeug. Offenbar scheint er Leerlauf nicht zu mögen.

Danach erzählte Cherilyn eine niedliche Geschichte von Eisbären, in denen man sich perfekt verstecken könne; charmant wie alles an dieser Band. Das war Einleitung zum Schlußsong
Great white bear! Musikalisch gefiel mir Bend etwas besser, aber hey, das war ein Lied über Bären!

Eine ganz wundervolle Band, die hoffentlich noch viel mehr gehypt wird! Im April oder Mai kommen Dear Reader wieder nach Deutschland verriet mit
Darryl hinterher - übrigens der erste Grammy-Gewinner, den ich bisher gesprochen habe (für seine Arbeit als Tontechniker des Soweto Gospel Chors erhielt er 2007 den Staubfänger). Das Konzert ist gesetzt!

Setlist Dear Reader, Museum Ludwig, Köln:

01: Never goes
02: Way of the world
03: Bend
04: The same
05: Dearheart
06: Release me
07: Sad one
08: Great white bear

Hinter dem folgenden "Sophia String Quartett" verbarg sich dann Sophia-Kopf Robin Proper-Sheppard, begleitet von zwei Geigen, einer Viola und einem Cello. Für mich war es Sophia-Premiere, ich hatte die Band also auch noch nie in "klassischer" Besetzung gesehen.

Robin erschien nur mit akustischer Gitarre. Und offenbar mit sehr guter Laune. Diese ungewohnte Konstellation mit Streichern schien ihm wirklich Spaß zu machen, er war nämlich sehr redselig und trotz (nein, eher wegen) seiner wahnsinnig zynischen Art hoch unterhaltsam. "I'm not manic-depressive. I'm depressive. And I'm manic." Daß er so viel erzählte, lag an seiner Trinkfestigkeit: "Ein Bier und ich giggele wie ein Schuljunge."

Bis auf zwei Lieder begleiteten die vier Streicher Robin bei allen Stücken. Die Einsätze der klassischen Instrumente waren dabei wohlproportioniert und passten ganz hervorragend zu den lauten (aber ruhigen) Liedern des Amerikaners.
Das Set umfasste Stücke von allen Sophia-Platten. Von der demnächst (im April wohl) bei City Slang erscheinenden There are no goodbyes spielte Robin allerdings nur Heartache.

Obwohl alle Stücke durch diese besonderen Arrangements enorm reizvoll waren, gab es einige besondere Perlen. Mit Abstand am besten gefiel mir Swept back von People are like seasons! Aber auch Oh my love oder Lost
(she believed in angels) waren ganz besonders fabelhaft.

Glücklicherweise war die Laune des Sängers wohl durch nichts zu erschüttern. Denn obwohl die Musik recht laut geregelt war, war der Krach aus dem hinteren Teil des Foyers (in der sich eine Bar befand) unerträglich laut! Es standen nicht furchtbar viele Menschen da, die Akustik des Saals reichte aber aus, daß man jede scheppernde Flasche zigfach hörte. Aber Robin ignorierte dies und erzählte lieber, was das Lieblingslied seiner Mutter sei (Bastard), wieso er Panik vor einem Einbruch habe (aus Angst davor, daß jemand seine Text in die Hände bekommt und liest - "meine Texte sind so schlecht!") oder lud uns ein, ihm hinterher einen Drink auszugeben. "White Russian, Cola, Bier, Gin Tonic, was auch immer. Zeigt einfach eure Dankbarkeit!"

Nach dem regulären Teil, der eine Stunde dauerte, spielte Sophia String Quartett drei Zugaben. Das hervorragende I left you war der Schlußpunkt des gelungenen Abends. Schade nur, daß der Ort zwar besonders und sehr schön, für Konzerte aber aufgrund des Hintergrundkrachs ungeeignet war. Was wäre der Abend zum Beispiel in der KulturKirche aufregend gewesen!

Setlist Sophia String Quartett, Museum Ludwig, Köln:

01: The sea
02: So slow
03: Birds
04: Where are you now
05: Razorblades
06: Swept back
07: Oh, my love
08: Pace
09: Lost (she believed in angels)
10: Bastards
11: Heartache

12: Ship in the sand (Z)
13: If only (Z)
14: I left you (Z)



5 Kommentare :

Ryka_ hat gesagt…

Sehr fleissig um diese Zeit noch die Setlist usw. zu tippen - ich bin gespannt auf den Rest! :)

Oliver Peel hat gesagt…

Na das klingt doch alles sehr gut!

E. hat gesagt…

dear reader werden ganz schön durchs dorf gejagt. bin gespannt, wie lange sie sich halten.

Anonym hat gesagt…

als ob eine Band ein Joghurt wäre :(

Christoph hat gesagt…

Homer Simpson würde jetzt sagen: "Hmmmm! Joghurt!"

Bei mir werden sich Dear Reader sehr lange halten! Großartige Band!

 

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