Donnerstag, 10. Juli 2008

Death Cab For Cutie, Köln, 10.07.08


Konzert: Death Cab For Cutie
Ort: Live Music Hall, Köln
Datum: 10.07.2008
Zuschauer: ausverkauft (1.500)


"Wer Death Cab For Cutie nicht mag, ißt auch kleine Hunde!" Treffender als meine Konzertnachbarin kann man die Liebenswürdigkeit (im wahrsten Sinne des Wortes) der Band aus Seattle nicht beschreiben. Wer sie dagegen seit Jahren liebt aber noch nie live gesehen hat, gehört eigentlich mit Hundefleisch süßsauer bis an sein Lebensende bestraft. So wie ich bis heute...

Warum man Death Cab For Cutie lieben muß, ist einfach. Die Washingtoner Band schreibt wundervoll-melodische Indie-Pop Lieder, die niemals langweilig, nervig, kitschig oder belanglos sind. Ich hatte sie ja nun live noch nicht gesehen und war trotz aller Vorfreude unsicher, ob mich knapp zwei Stunden Konzert in einer knallvoll-ausverkauften Live Music Hall bei unerträglichen Temperaturen, dazu müde und übelgelaunt nicht irgendwann meine Konzentrationsfähigkeiten kosten würden und ich in der Mitte des Konzerts das Ende herbeisehnen würde. Welch
vollkommen falsche Einschätzung! Ich hätte auch nach gut anderthalb Stunden Death Cab noch lange weiterhören mögen, obwohl mich vermutlich die Hitdichte irgendwann geschafft hätte.

Bevor die vier Amerikaner um Punkt neun begannen, hatte es schon eine halbe Stunde schönen Indie-Pop gegeben. Styrofoam aus Antwerpen, von denen ich bisher (Schande!) keine Platten habe. "Denen" ist falsch, denn eigentlich ist Styrofoam der Projektname des belgischen Musikers Arne van Petegem. Zu Konzerten verstärkt sich van Petegem, in Köln waren eine junge Keyboarderin und ein Schlagzeuger mit Micky
Maus Kopfhörern mit auf der Bühne. Leider fehlt mir bislang der Vergleich, wie Styrofoam live klingt (die Band; wie der Schaumstoff klingt, kann ich mir vorstellen). Live kamen mir sehr schnell äußerst angenehme Assoziationen in den Sinn, die Stars oder vor allem Immaculate Machine bzw. die New Pornographers. Von diesen Lieblingsbands unterschied sich die Musik der Belgier durch einen unterlegten elektronischen Beat, gemeinsam haben sie die schönen Melodien und die wundervoll zueinander passenden Stimmen von Arne van Petegem und seiner Keyboarderin. Schade, daß das so schnell vorbei war! Ich hätte gerne mehr von dieser schönen Musik gehört und war enttäuscht, als der Sänger das letzte Lied ankündigte. Die habe ich ganz sicher nicht zum letzten Mal gesehen! Hoffentlich hat Arne van Petegem dann wieder die quirlige Keyboarderin dabei, die mit ihrem Gehüpfe und Getanze viel von der Freude, die sie offenbar hatte, verteilte (unsinniges Bild, denn dann hätte sie am Ende ja kaum noch Freude gehabt...).

Setlist Styrofoam, Live Music Hall, Köln:

01: After sunset
02: Microscope
03: Other side of town
04: Ticket out of town
05: Bright red helmet
06: No deliveries list

Punkt neun, nach akribischer Umbauphase, begann dann eine echte Hitparade. "I descended...", mit dieser herrlich quäkenden Stimme von Sänger Ben Gibbard. Hach, wie schön! Vorher auf der Fahrt nach Köln war ich sicher, daß "
Bixby Canyon Bridge" der Auftakt sein würde, zum einen, um damit einer Gesetzmäßigkeit zu folgen (meine Theorie besagt, daß am häufigsten Lied eins der aktuellen Platte Startlied bei Konzerten ist - eine andere, ebenfalls hochinteressante These führt mich zu dem Schluß, daß meist Lied sieben auf Alben das beste ist, aber das führt hier gerade zu weit) und zum anderen, weil gerade dieses "I descended" sich so unfassbar gut als Konzertbeginn macht.

Überhaupt mag ich "Narrow Stairs" sehr gerne, auch wenn ich mich damit bei aufrechten Musikjournalisten vermutlich disqualifiziere. Auch daß Vorgänger "Plans" mein Liebling der Band ist, ist sicher nicht korrekt, mir
allerdings vollkommen egal. Als ich vorher gehört habe, daß DCFC zuletzt wenige Stücke von "Plans" gespielt haben, war ich ein wenig enttäuscht, weil damit Lieblinge sicher rausfliegen würden. Neben sieben Titeln von "Narrow Stairs" waren allerdings je fünf von "Plans" und "Transatlanticism" Teil des Programms, es war also alles bestens (um ganz ehrlich zu sein, hätte ich das bei anderen Verteilungen oder ausschließlich alten Stücken auch geschrieben...).

Schön war, daß die ersten fünf Lieder alle von unterschiedlichen Platten (und Phasen) stammten. Ich glaube, das habe ich bisher noch nie bei einem Konzert
erlebt. Gleich mal ein "das ist die Bandgeschichte" zum Auftakt. Nur ein kleiner Schönheitsfehler dabei: "Company calls" kam zu spät.

Ben Gibbard hat mittlerweile ziemlich lange Haare und eindrucksvolle Koteletten. Um bei den Frisuren zu bleiben... Bassist Nick Harmer hat an Kinn und Kopf etwa gleich viele und lange Haare. Am Bart merkt man, daß
Seattle eben nicht weit von Kanada entfernt ist. Gitarrist und Keyboarder Chris Walla dagegen schien seine Kappe nicht wegen lichter werdender Behaarung zu tragen.

Die Luft in der Live Music Hall war brütend heiß, wahrlich kein Vergnügen, im Sommer hier Konzerte zu sehen. Draußen hatte es zwar deutlich abgekühlt - und hinterher sogar geregnet, in der Halle dagegen stand die Luft. Den Bandmitglieder floß der Schweiß in Strömen. Wie bei Handball- oder Basketballspielen kamen dauernd Helfer und wischten den Bühnenboden trocken. Ben mutmaßte dann auch, daß man hier den ältesten Trick der Nachtclubgeschichte angewandt habe, um die Getränkeverkäufe zu erhöhen.

Abgesehen vom Klima war alles perfekt. Die Liedauswahl zweifelsfrei, der Sound war punktgenau und glasklar (ja, es war die LMH) und - zumindest da, wo ich stand -
angenehm unbedrängt. Irgendwie getragen wirkte das Publikum. Es war sehr ruhig, ging nach den Liedern aber ab wie eine Rakete. Eigentlich eher gesetztere Theater-Stimmung, so wie man es vielleicht von DCFC erwarten konnte. Ein Blick in den Saal verriet aber anderes, die Zuschauer waren deutlich jünger, als ich gedacht hatte.

Ich empfand alles als wahnsinnig schnell. Irgendwann - gefühlt im ersten Drittel des Sets - guckte ich in mein Setlist-Mitschreib-Büchlein und sah, daß bereits das elfte Lied lief. Es war unfassbar kurzweilig! Lied elf war dann übrigens eines der Highlights des Konzerts. "
Soul meets body" war toll wie auf Platte und löste riesige Begeisterung aus. Das anschließende "I will follow you into the dark" spielte Ben alleine und stellte "Soul meets body" locker in den Schatten. Ein ganz großer Moment!

Als die Perfektion fast schon unheimlich wurde, folgte die eine Panne des Abends. "
I will possess your heart" begann mit dem langen Gitarren-Intro-Teil. Als sein Gitarrenpart beendet war, hetzte Ben zum Klavier, um da weiterzuspielen. Am Ende des Instrumentalteils verpatzte er dann aber vollkommen seinen Gesangseinsatz und ärgerte sich sichtbar, schlug mit der flachen Hand aufs Klavier, spielte und sang das Lied aber bis zum Schluß, obwohl es sich kurz anhörte, als wollte er abbrechen.

Dann gab es bei "Cath..." noch einmal kurzfristig Soundproblemchen, die vordere rechte Box funktionierte wohl nicht so, wie es ihr Job gewesen wäre. Das war aber schnell behoben und eher Randnotiz.

Nach 65 Minuten und vermutlich zehn Litern Schweiß an Bens Körper war Teil eins beendet. Vier und ein Zugabestück, darunter "Expo '86", "
Marching bands of Manhattan", sowie "Transatlanticism" zum Schluß streckten das Konzert noch auf fast 100 Minuten, die einfach grandios waren!

Setlist Death Cab For Cutie, Live Music Hall, Köln:

01: Bixby Canyon Bridge
02: The new year
03: Why you'd want to live here
04: Crooked teeth
05: Photobooth
06: Long division
07: Grapevine fires
08: A movie skript ending
09: Company calls
10: Summer skin
11: Soul meets body
12: I will follow you into the dark
13: I will possess your heart
14: Cath...
15: No sunlight
16: The sound of settling

17: Title and registration (Z)
18: Expo '86 (Z)
19: Your new twin sized bed (Z)
20: Marching bands of Manhattan (Z)

21: Transatlanticism (Z)



4 Kommentare :

tomtetummetott hat gesagt…

Wie unterschiedlich doch das erleben ist. Als ich DCFC zuletzt in der Live Music Hall sah, war das eines der großartigsten Konzert perfektes Konzert dem ich je beigewohnt habe. Nicht zuletzt auch deshalb weil der Sound perfekt war. Gestern hörte sich das ganze sehr verwaschen an. Ich hatte auch den Eindruck, dass die Band total unzufrieden war. B.G. hat oft gestikuliert das da was nicht stimmte.
Nichtsdestotrotz, eine wunderbare Band. Heute sind sie in Amsterdam, hab mich bei der Frage erwischt, ob ich da hin soll?
liebe Grüße
tomtetummetott

Christoph hat gesagt…

Vielleicht liegt das aber auch am Saal, daß wir es unterschiedlich erlebt haben. Mir ging das jedenfalls bei den Shins so. Ein Teil der Leute, mit denen ich danach gesprochen habe, fand es sehr gut, die, die in meiner Nähe standen, fanden den Sound eklig schlecht.

Anonym hat gesagt…

Lecker Hundebabies! Die zählten schon immer zu meinen Lieblingsspeisen!

Und ich las:
"Nur ein kleiner Schönheitsfehler dabei: "Company calls" kam zu spät. Ben Gibbard hatte mittlerweile ziemlich lange Haare und eindrucksvolle Koteletten."

Hätten sie es doch früher gespielt, als seine Haare noch kurz waren! ;)

blackhelicopters hat gesagt…

Hmm;

Ich hab die Herren gestern in Hamburg gesehen. Gleiche Setlist wie in Köln; insofern äußer ich mich gerade auch mal kurz. :-)

Ich persönlich fand das gestern gut, aber irgendwie auch sehr routiniert und überraschungsarm; mich haben die "Plans"-Tour Konzerte da doch mehr begeistert. Sound war OK, Kommunikation mit dem Publikum ging (wie dann wohl auch in Köln) bis auf ein paar Standards gegen Null. Wie gesagt, insgesamt auf jeden Fall ein gutes Konzert, aber zum Teil zog sich´s etwas.

Außerdem fand ich Herrn Gibbard sympathischer als er noch aussah wie ein trauriger Buchhalter mit Hornbrille - das gestern war mir zu sehr Rockstar. :-)

Größte Überraschung an dem Abend war für mich dann eher Styrofoam, die ich wirklich, wirklich toll fand. Weiß jemand, ob es außer der doofen MySpace-Seite noch ne richtige Präsenz mit gescheiten Infos/Downloads/wasauchimmer von denen gibt?

Besten Gruß,
andreas

 

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