Konzert: Angel Olsen
Ort: La Gaité Lyrique
Datum: 04.11.2016
Angel Olsen war in die Stadt der Liebe und des Lichts gekommen um ihr neues Album My Woman live zu präsentieren. Bei der Tour ihres letzten Albums Burn Your Fire With No Witness spielte sie noch in eher kleinen Venues (Fleche d'or, Divan du Monde), heuer schaffte sie es die moderne und etwa 800 Personen fassende Gaité Lyrique auszuverkaufen. Nicht schlecht für eine Künstlerin, die als filigrane Folksängerin mit einer überschaubaren Anhängerschaft und einer ersten EP 2011 angefangen hatte. Aber ihr einstmals solo vorgetragener Akustik Folk hat inzwischen mehr und mehr einem Indie Rock im Stile von PJ Harvey Platz gemacht, die Songs sind im Laufe der Jahre lauter und elektrischer geworden und statt solo ist Angel nun längst mit ausgewachsener Band unterwegs. Einer Band (in der sich auch zwei weitere junge Damen befanden) die optisch was her machte, mit eleganten himmelblauen Hochglanzköstumen, weissen Rüschenhemden und Pommade in den Haaren. Allerdings war der Kontrast zur Hauptperson etwas heftig. Während die Begleitmusiker aussahen als würden sie eine Silvestergala spielen, war Angel selbst schlicht und unauffällig gekleidet, leichter karamellfarbener Pulli, ein helles Halstuch, das wars.
Erstes grosses Highlight war das druckvolle, rockige Shut Up, Kiss Me, das definitiv an Polly Jean erinnerte und mit knackigen Gitarrenriffs glänzte. Angel schien sich schon da die Seele aus dem Leib zu schreien. Dieser eindringliche, wehklagende Gesang, dieses Vibrieren in der Stimme, irre !
Sister an sechster Stelle hatte ein leicht countryeske Note, starte langsam und feierlich, entwickelte aber im weiteren Verlaufe fiel Druck. Hier einnerte mich Angel stimmlich an Marissa Nadler, die auch diesen sirenenhaften Grabesgesang perfekt beherrscht. "I want to know you i want to show, I want to be there" you sang Angel und es leif mir kalt den Rücken runter.
Heiss war es in der Gaité Lyrique und mein Standplatz auch nicht so ideal, entweder ich war zu nahe an den Boxen oder hinter gross gewachsenen Leuten. Am Ende lehnte ich mich gegen die rechte Wand, war dadurch aber etwas abgeschnitten.
Nach 8 Songs, von denen 5 von My Woman stammten, spielte Angel mit Fly On The Wall an 9 Stelle nun eine nicht auf einem Album befindliche Ballade. "Haunting" war die Stimmung, so würden es wohl die Engländer sagen. Knisternd, geheimnisvoll könnte man es auf deutsch ausdrücken. Das ebenfalls unveröffentlichte Special schloss daran an.
Besonders gut war das Set wenn angriffslustige Stücke wie das grungig angehauchte Not Gonna Kill You kam. Da wirkte Angel dann fast verbissen und böse, aber als sie hinterher verschmitzt lächelte, wusste man, dass sie wirklich niemanden umbringen wollte.
Mit Forgiven/Forgotten kam gegen Ende dann noch ein älterer Indierocksong, der auch von Pavement oder Built To Spill hätte stammen können. "I dont know anything but i love you, yes i do", greinte Angel zu diesem flotten Uptempo Song, bei dem der Drummer mächtig zu trommeln hatte.
Mit Give It Up wurde dann der offizielle Teil abgeschlossen, bevor noch zwei Zugaben gespielt wurde. Angel hatte sich hierzu hinter eine Orgel gestellt und performte zunächst den Opener des letzten Albums Intern. Ihre Stimme war mit starken Halleffekten versehen, man fühlte sich wie in der Kirche. Wer stimmlich ein wenig an Lana del Rey dachte hatte nicht unrecht, das hatte was von Hollywood, David Lynch und Drama. Intern ging nach einer packenden Orgelinstrumentalpassage direkt und ohne Pause in Woman über, die Positionen der Musiker wurden beibehalten. Woman war fast schon ein wenig seicht zu nennen, flirtete ein ganz klein wenig mit dem Kitsch, blieb aber auf der geschmackssicheren Seite. "To the Ground" sang Angel Olsen immer wieder, während sich das Lied langsam nach vorne schlich und irgendwann fast noisig wurde. Die letzten Minuten dann beinahe Postrock à la Anna von Hauswolff mit jaulenden Gitarren und einer Angel Olsen die mit ihrer Backgroundsängerin um die Wette brüllte. Beeindruckend.
Und die Vorgruppe? Nicht wirklich umwerfend. Little Wings, das folkpoppige Projekt des bärtigen Kyle Field war zwar gefällig, aber auch eine Spur belanglos. Witzig war der stimmlich an Cat Stevens erinnernde Singer Songwriter aber trotzdem, er hatte ein paar ulkige Tanzschritte drauf.
Setlist:
01: Never Be Mine
02: Hi-Five
03: Shut up Kiss Me
04: Lights Out
05: Heart Shapped Face
06: Sister
07: Those Were The Days
08: Drunk And With Dreams
09: Fly On The Wall
10: Special
11: Not Gonna Kill You
12: Sweet Dreams
13: Forgiven/Forgotten
14: Give It Up
15: Intern
16: Woman
1 Kommentare :
die vorband hast du nicht ganz richtig eingeschätzt,
weil: der bursche ist genial.
der rest: unstrittig.
;-)
Kommentar veröffentlichen