Freitag, 30. Dezember 2016

Luna, Paris, 12.10.16


Konzert: Luna, Matt Elliott, Corrina Repp
Ort: Petit Bain
Paris: Zuschauer: gut 400
Konzertdauer: Corinna Repp 35 Minuten, Matt Elliott 50 Minuten, Luna 100 Minuten

 
Das moderne und technisch perfekte Hausboot Petit Bain hat für mich eine besondere Bedeutung. Hier feierte ich an einem sehr heissen 17. Juli 2015 meine 100ste und letzte Oliver Peel Session mit The Wedding Present und Cinerama. Auf die musikalischen Gäste war ich zur recht stolz, hatte aber im Vorfeld auch mehr als einen Gedanken drauf verschwendet, Luna zu buchen. Ich wollte eine Kultband die selten spielt und da waren Cinerama und Luna nun mal weit vorne in der Präferenzenliste.

Dass gut ein Jahr später Luna auf eben jenem Hausboot spielen sollten, war letztlich kein so grosser Zufall, denn der dortige Programmgestalter Nicolas Cunier hat einen ähnlichen Musikgeschmack wie ich. Schon damals hatte er mir gesteckt, dass es ihn reizen würde Luna zu buchen.

Am 12 Oktober 2016 war es dann soweit: 14 Jahre nach ihrem letzten Konzert in Paris, würden die Amerikaner endlich mal wieder in der Stadt des Lichts und der Liebe spielen! Ein Highlight im Herbst, das auch noch durch ein attraktives Vorprogramm zusätzlich aufgehübscht wurde.

Den Anfang machte um 20 Uhr Corinna Repp aus Portland, die viele noch von Tu Fawning her kennen. Ihr Soloprojekt ist wesentlich reduzierter, intimer und auch folkiger als Tu Fawning, aber ebenso gut. Die Blondine mit dem kessen Pagenschnitt hatte bereits vor gut einer Woche einen kleinen Showcase in einem Indieplattenladen gegeben, hier und heute unter perfekten Bedingungen klang das Ganze aber noch wesentlich besser. 



Repp arbeitete häufig mit Halleffekten in der Stimme, verwendete 2 Mikros und sampelte, insofern war es für sie sehr hilfreich, dass der Sound im Petit Bain so gut war. Hauptattraktion war ihre feste und sehr markante Stimme, die mich manchmal an Marissa Nadler dann aber auch an Lana Del Rey erinnerte. Bei dem Gig im Plattenladen hatte sie schon gesagt, dass sie gerne mal in einem David Lynch Film auftauchen würde und in der Tat ist ihre mysteriöse, dunkle und sinnliche Musik dazu prädestiniert.

Corinna überzeugte aber auch als Gitarristin, in einigen Passagen zeigte sie ihr ganzes Können an dem Instrument.


Die Songs stamten von ihrem letzten Album The Pattern Of Electricty, das durch seinen dreamigen Schwebesound besticht und über das französische Label Discolexique (House Of Wolves, Gareth Dickson) releast wurde. Live konnte sie natürlich das Ganze nicht ganz so wiedergeben wie auf Platte, aber sie war nahe dran, das geschaffene schwül-heisse Ambiente war beeindruckend.

Ich habe das Set von Corrina in sehr guter Erinnerung behalten. In qualitativer Hinsicht hätte sie auch Headliner sein können.


Nach Corrina Repp war der Brite Matt Elliott an der Reihe, ein sehr frankophiler Singer-Songwriter der häufig in Frankreich spielt und hier auch lebt. Ich hatte ihn schon einige Male live gesehen und wie immer war sein Vortrag sehr schön und brutal melancholisch, aber auch ein wenig langatmig und eintönig. Einzelne Lieder dauerten mitunter 15 Minuten, die Trauigkeit der Stücke war kaum zu überbieten und hinterher war ich doch nahezu erleichtert als er mit seinem Set durch war.


Dann endlich Luna mit der Darbietung ihres dritten Albums Penthouse! Schon nach den ersten Klängen steigerte sich meine Stimmung merklich. Chinatown wurde angestimmt und sofort schmeichelte mir die weiche und gutmütige Stimme von Dean und als später süssliche Bam-bam-bam Chöre hinzukamen, hatten sie mich schon in der Tasche. Das war einfach so herrlich lässig aus dem Ärmel geschüttelt, so ungemein unprätentios und so wunderbar ungekünstelt! Die grosse Klasse einer Band zeigt sich ja oft an diesen Merkmalen. Was zählt ist die Güte des jeweiligen Songs, Rumgehampel oder Starallüren gehören da nicht hin.

Und lustig waren die Lunas ! Als Dean Wareham anmerkte, dass sie das letzte Mal 2005 in der Pariser Boule Noire gespielt hatten, sagte der 2. Gitarrist auf französisch:" Non, ce n'est pas vrai" Einfach nur um Rumzublödeln, obwohl er es besser wusste! Er hatte die Lacher auf seiner Seite, vielleicht auch wegen seines Akzents. Später erzählte Dean, dass sie sich extra für diese Show neue Hosen gekauft hätten, Paris sei schliesslich die Stadt der Mode, da wolle man gut aussehen.


Ein famoser Song war Moon Palace an dritter Stelle. Vielleicht der beste im Set überhaupt. Er war sehr eingängig, bestach durch einen einprägsamen Refrain und konnte auch mit hohen "Lala-Gesängen" glänzen. Double Feature danach war recht schnell und melancholisch und erinnerte mich seltsamerweise an Sven Regener und Element Of Crime, vielleicht wegen des nöligen Gesangs. ("I dont know why i feel so high")

23 Minutes in Brussels hingegen kam sehr schleppend und etwas eintönig rüber, entfaltete aber irgendwann seinen ganz eigenen Charme, vielleicht auch wegen der sehr langen Gitarrenparts am Ende.

Mit Lost In Space wurde dann bereits in die zweite Seite des Albums eingeleitet. "It's true, your lazy" croonte Dean ganz wundervoll und dieser fabelhafte Song hatte jede Menge Popappeal, gefiel durch seine Sanftheit und seine schöne Melodie. Hier erinnerten mich Luna an Grandaddy oder Mercury Rev.

Rhythm King hatte einen tollen Bass zu bieten, war sehr rhythmisch (logisch!) und besass eine nette Gitarrenmelodie die mehrfach wiederholt wurde, während Kalamzoo langsam und feierlich vor sich hin schlich, bevor es sich in nahezu endlose psychedelische Gitarrrenparts verlor.

Hedgehog im Anschluss war wesentlich schneller als Kalamzoo und bekam durch ein fetziges Schlagzeug noch mehr Würze. Die Plattenfirma habe den Titel damals gegen den Willen der Band als 2. Single gewollt, nur weil es ein Uptempo Song war. Das sei halt diese Phase des Post Grunge gewesen, maulte Dean und verzog leicht angewidert sein Gesicht. 


Freakin Peakin kam sehr lässig rüber, wieder gab es langes Gitarrenintro und es war eher ein lahmer Song mit wenig Gesang, der gegen Ende aber stark beschleunigte und ein wenig an Stereolab erinnerte. Stereolab war dann auch ein gutes Stichwort um die Überleitung zum nächsten (und letzten Song des offiziellen Sets) herzuleiten, denn der Hidden Track auf dem Album Penthouse war ein Gainsbourg Cover, Bonnie and Clyde, bei dem die Stereolab Sängerin Laetitia Sadier den weiblichen Gesangespart inne hatte. Hier und heute erfüllte Britta Philipps diese Rolle ausgezeichnet und das Stück kam sinnlich und, nun ja, auch sehr französisch rüber (wenn man freilich über den Akzent ein wenig hinwegsieht). Nach dem Verklingen der letzten Note verkündete Dean kurz vor dem Gang in die Kabine, dass es nun noch 2 Songs als Zugabe geben würde.


Aus 2 wurden aber schliesslich vier und dann noch mal zwei, also bekamen vier noch 6 (!) Lieder geboten. Herausragend darunter war die 2. Zugabe Malibu Love Nest, ein sehr starker Uptempo Song des Albums Rendezvous, bevor die verhallte Ballade Bewitched das Tempo wieder drosselte und ein wenig dröge vor sich hin kroch. Mit Ceremony wurden wir aber alle wieder geweckt, dieses Joy Divsion/New Order Cover, das Dean auch schon solo gespielt hatte, war einfach wieder sensationell! Etwas langsamer und feedbackgetränkter als das Original, aber ebenso euphorisierend und nostalgisch. Danch sollte laut geschriebener Setlist eigentlich Schluss sein, aber mit und Tiger Lilly und Indian Summer ging es noch gut 15 Minuten weiter.

Setlist Luna:

Chinatown
Sideshow By The Seashore
Moon Palace
Double Feature 23 Minutes in Brussels
Lost In Space
Rhythm King
Kalamzoo
Hedgehog
Freakin' And Peakin'
Bonnie et Clyde

Bewitched
Malibu Love Nest
Ceremony

Tiger Lilly
Indian Summer (Beat Happening Cover)



 

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