Samstag, 17. Dezember 2016

Vanishing Twin, Paris, 12.12.16


Konzert: Vanishing Twin
Ort: Le Supersonic, Paris
Datum: 12.12.2016
Zuschauer: etwa 150


Als ich Cathy Lucas beim diesjährigen Haldern Festival im August zufällig über den Weg lief, war das wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl  des Indiemusikgottes, dass man auf die junge Dame, die dereinst bei Fanfarlo die Geige gezupft und gestrichen hatte, aufpassen muss. In Haldern spielte die Britin für Daughter Synthesizer, aber darüber hinaus hat die vielseitige Musikerin seit 2015 auch ein eigenes Projekt ins Rollen gebracht, in dem sie die Hauptrolle spielt: Vanishing Twin.

Über den Namen war ich im Herbst ein paar Mal gestolpert, aber so richtig neugierig wurde ich erst, nachdem ich einen Titel (The Conservation Of Energy) auf einem Sampler des französischen Musikmagazins Les Inrocks gehört hatte. Das klang für mich ein bisschen wie Stereolab, war aber auch irgendwie artverwandt mit Laure Briard, Julien Gasc, Aquaserge oder Barbagallo, allesamt Franzosen die dem Psychedelic Pop Revival huldigen und mir sehr gefallen.


Nachdem ich dann noch gelesen hatte dass Julien Gasc und Aquaserge mit Cathy Lucas aktuell zusammenarbeiten, war meine Neugierde vollends entflammt. Ich musste Vanishing Twin live sehen und zwar so schnell wie möglich! Und siehe da!, kurz vor Jahresende ergab sich die Möglichkeit ein Konzert der Briten zu besuchen: "Vanishing Twin le12 décembre, Supersonic, Paris" las ich entzückt auf Facebook.

Ich war nicht der Einzige, der auf Vanishing Twin aufmerksam geworden war. Eine gute Promo in Frankreich und der aktuelle Neopsychedelic Hype hatten dafür gesorgt, dass viele Leute in den Pariser Gratisclub Supersonic gekommen waren, um die ausgeflippte Formation zu begutachten. Es hatte zwar Vorgruppen gegeben, aber die hatte ich bewusst ausfallen lassen, was diejenigen, die diese beiden Bands gesehen hatten, augenzwinkernd als cleveren Zug meinerseits bezeichneten. 


Gegen 22Uhr30 kletterten dann Vanishing Twin auf der Bühne. Eine fünfköpfige Band, mit zwei Mädels, Valentina Magaletti an den Drums (The Oscillation, Tomaga, Neon Neon, Shit And Shine, Raime) und der oben vorgestellten Cathy Lucas an Gesang, Flöte Geige. Analoge (?) Syntheziser wurden von einem langhaarigen, guruhaft aussehenden Burschen  namens Phil M.F.U. bedient, Bass spielte Susumu Mukai und Flöte und Keyboard Elliott Arndt.


Das Quintett hatte ausgefallene Weltraumkostüme an, man fühlte sich wie bei Raumschiff Enterprise! Und so spacig die Glitzerkostüme, so "Not from this world" auch die Musik! Allein die eingesetzten Instrumente waren kurios*. Cathy Lucas spielte zum Beispiel am Anfang auf einer speziellen kurzen Flöte die bizarre Töne absonderte und  Phil M.F.U (Man from Uranus) erzeugte sehr obskure und fast umheimlich wirkende Töne auf seinen Synthesizern. Das Ganze nahm dann bisweilen experimentelle und krautrockige Züge an.

Aber es gab auch ein paar Titel mit fast klassischen Popstrukturen wie beispielsweise das wundervolle Telescope oder das bereits oben erwähnte The Coversation Of Energy, das wirklich deutlich an Stereolab erinnerte, nicht nur wegen der Stimmverwandheit von Caty Lucas und Laetitia Sadier. Diese beiden Stücken gehören ohne Zweifel zum Besten, was das Musikjahr 2016 hervorgebracht hat.

Manche Lieder waren tanzbar und so schwangen dann auch ein paar langbärtige Hipster mit ihren obligatorischen Mützen das Tanzbein zu den loungeartigen Klängen, feierten hierbei aber eher sich selbst als die Band auf der Bühne. Aber darauf war geschissen, irgendwer nervt ja immer ein wenig bei Konzerten.


Die Vorstellung von Vanishing Twin kam so gut an und der Beifall am Ende war so frenetisch und langanhaltend, dass noch eine nicht eingeplante Zugabe gegeben wurde.

Der Andrang nach Vinyl und Band T-Shirts war dann hinterher auch entsprechend rege, und man sah so einige Pariser Nachtschwärmer das Supersonic mit einer Platte unterm Arm  verlassen.

Man muss Vanishing Twin für 2017 im Auge behalten, das geht was, die Gruppe hat Potential!

Setlist:



* auf dem Sticker der CD kann man hierzu lesen: "Vanishing Twins use forgotten drum machines, home-made electronics, vibraphones, tablas and harp"



 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates