Sonntag, 14. August 2011

Warpaint, Haldern, 13.08.11


Konzert: Warpaint

Ort: Haldern Pop Festival
Datum: 13.08.2011
Zuschauer: gut 800 (volles Zelt)
Dauer: 60 min


Das Konzerttagebuch wird dieser Tage fünf Jahre alt. In dieser
"musikalisch so spannenden" Zeit sind viele Bands gekommen, wurden (auch von uns) gefeiert, interessierten aber über kurz oder lang niemanden mehr. Leider sind darunter viele Künstler, die uns einmal sehr am Herzen lagen, die aber mittlerweile keine Emotionen mehr auslösen. Die, die über eine längere Spanne im Kreise der Lieblinge bleiben, haben sich entweder aufgelöst (und können daher nichts mehr versauen) oder sind wirklich so besonders, daß sie auch bleiben werden.

Vielleicht sollte man Warpaint jetzt also nahelegen, sich aufzulösen, für alle Fälle. Aber das ist Unsinn, die Amerikanerinnen werden in meiner Gunst bleiben, ohne jeden Zweifel. Denn diese Gunst ist nicht Resultat eines Hypes (an dem wir hier nicht unschuldig wären), sondern der wundervollen Musik der Band, auf Platte wie live. Zu den Livebesonderheiten aber später.

Daß Warpaint in Haldern spielen würden, kam nicht überraschend. Daß sie trotz der Verzückung darüber im Forum des Festivals
z.B. nur im Zelt angesetzt wurden, schon. Das Zelt, ein wirklich sehr schönes, ist nicht der Typ Zelt, der üblicherweise bei Festivals aufgebaut wird. Bei großen Veranstaltungen steht gerne ein ausgewachsenes Zirkuszelt, daß im Idealfall überall an den Seiten offen ist, und daher eher wie eine überdachte Bühne wirkt. Das in Haldern eingesetzte ist wunderhübsch, hat eine schöne Decke, ist gemütlich, hat Sitzecken; es ist ein Prachtexemplar eines Zelts. Diesen Vorzügen stehen die begrenzte Zuschauerzahl und die extrem miese Luft innen gegenüber. Wenn bei einem Festival mit 6.000 bis 7.000 Zuschauern Programmhighlights nur von vielleicht 800 Menschen gesehen werden können (mehr gehen wohl nicht rein), ist das ein Problem, auch wenn die Organisatoren dies nicht mehr hören können mögen. Daß Warpaint im Vorfeld haldernintern so begehrt waren, daß sie die Hauptbühne hätten füllen können, war leicht absehbar, daß sie dies auch musikalisch locker meistern würden, dazu brauchte man nicht viel Phantasie. Und wenn man das Glück hatte, die Band einmal bei einem Festival auf großer Bühne zu sehen, ohnehin nicht.

Aber genug der Besserwisserei. Das Festival ist insgesamt zu gut, um nachzutreten. Zurück also zum so sehr erwarteten Konzert der Band aus LA.

Eine halbe Stunde vor ihrem Auftritt hatten wir Gelegenheit, Schlagzeugerin Stella zu interviewen, die so kurz vorher erstaunlich redselig und locker war. Dabei sprachen
wir unter anderem über ihre Konzertdauer und über die Art, wie die vier Frauen ihre Lieder mittlerweile live spielen. Bei den beiden letzten Konzerten, die ich gesehen hatte, war mir aufgefallen, daß Warpaint viele Stücke enorm ausdehnen und geradezu ins Jammen geraten. In der KulturKirche in Nippes hatten die Kalifornierinnen Beetles scheinbar endlos ausgeweitet und in herrlichen Gitarrenkrach münden lassen. Bei kurzen, 45 minütigen Festivalauftritten ginge das aber leider nicht, sagte Stella.*

Ich stand doof an den Boxen, mit eingeschränkter Sicht (Gitarristin Emily tauchte nur ab und zu hinter dem Pfosten rechts auf). Viel dramatischer wäre aber gewesen,
wenn der Ton vor den Lautsprechern eingeschränkt gewesen wäre, der aber war von Beginn an glasklar, ganz wunderbar!

Warpaint begannen mit dem gleichnamigen Titel vom Album The Fool. Die getragene Stimmung des Songs,
das düstere Licht, die glücklichen Gesichter der vielen mitsingenden Leute, das war schon verflucht gut. Das Niveau blieb so, keine Minute des Konzerts war langweilig. Auch wenn mir mein Liebling Billie Holiday fehlte (von der Debüt EP Exquisite corpse spielten Warpaint stattdessen Elephants, Beetles und Burgundy), war der Auftritt durchweg fabelhaft und überzeugend (so nötig).

Ich bin nicht eingebildet genug, zu behaupten, ich hätte Stella auf die Idee gebracht, jedenfalls machten Warpaint nach Beetles das, wozu sie keine Zeit haben würden, sie jammten nach dem (Album-) Ende des Lieds lange weiter. Gut war das! Und so
dauerte das Konzert auch nicht 45 Minuten, es dauerte genau eine Stunde. Pete Doherty hat sich vor ein paar Jahren bei Rock am Ring durch eine verspätete Anreise mal zum Headliner gemacht. Den Warpaint Weg mag ich noch lieber.

Eine einzige kleine Panne gab es, und die war komisch. Bei Majesty war es plötzlich auf der Bühne hell, weg war das schummrige Licht. Zum Fotografieren wäre das perfekt gewesen, die Tourmanagerin machte es aber nervös, sie intervenierte schnell, um es wieder düster zu machen.

Am zehnten Konzerttagebuch-Geburtstag rede ich sicher immer noch über Warpaint, ich kann mir nicht vorstellen (und ich kann mir viel vorstellen), daß ich diese Band irgendwann einmal nicht mehr mögen könnte.

Setlist Warpaint, Haldern Pop Festival:

01: Warpaint
02: Bees
03: Composure
04: Undertow
05: Burgundy
06: Beetles
07: Majesty
08: Elephants

Links:

- aus unserem Archiv:
- Warpaint, Köln, 28.06.11
- Warpaint, Amsterdam, 19.06.11

- Warpaint, Barcelona, 28.05.11
- Warpaint, Frankfurt, 11.11.10
- Warpaint, Paris, 06.11.10
- Warpaint, Brüssel, 16.05.10


* das Interview folgt hier in den nächsten Tagen!



1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Ich glaub du hast direkt neben mir gestanden! Schöner Bericht, war echt ein beeindruckender Auftritt.

 

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