Julianna Barwick & Chelsea Wolfe
Ort: Le Pop In, Paris
Datum: 08.03.11
Zuschauer: gerammelt voller Keller. 100 vielleicht?
Konzertdauer: Julianna etwa 45-50 Minuten, Chelsea etwas kürzer
Wow! So viel Herzlichkeit erfährt man heutzutage nur noch selten.
Was war passiert? Nun, die junge Amerikanerin Julianna Barwick hatte mir zum Abschied einen richtig schönen "hug" verpasst und mich ganz doll geherzt. Nach meinen Oliver Peel Sessions passiert mir das schon mal häufiger, da pressen mich gerade die Amerikaner öfter mal gegen ihre Brust und ich liebe es. Fast wie beim Fußball, wenn der Torschütze von seinen Mannschaftskameraden geradezu erdrückt wird.
Dabei hatte ich nichts Besonderes geleistet, sondern war einfach nur zum zweiten Mal hintereinander zu einem Konzert von Julianna erschienen. Das Normalste der Welt, wenn man bedenkt, wie atemberaubend schön das gestern in dieser Kirche war. Auch ihr lieber Daddy war wieder mit von der Partie, um auf seine Tochter aufzupassen. Er erkannte mich wieder, drückte mir fest die Hand und bedankte sich für mein neuerliches Erscheinen.
Anders als die peinlichen Eltern der unsäglichen Casting- Schützlinge von RTL kann er stolz auf seine Tochter sein. Auf ihr ungeheures Talent, ihre glasklare Stimme, ihre Kreativität und auch auf ihr natürliches und herzliches Auftreten. Julianna Barwick ist eine Künstlerin, wie sie selbst einem altgedienten Konzertjunkie wie mir nicht alle Tage über den Weg läuft. Sängerinnen ihrer Güteklasse entdecke ich höchstens 2 bis drei pro Jahr, wenn überhaupt. Was sie heute abend im Pop In zu Paris ablieferte, war Hörgenuß pur, ein Fest für die Sinne, ein unvergessliches Erlebnis. Die New Yorkerin begeisterte mich mit ihrem "One Woman Choir" über alle Maßen. One Woman Choir? Ja, Julianna schafft Klangwelten, die ansonsten nur ein ganzer Kirchenchor hinbekommt. Dank sei der modernen Looptechnik und der Fähigkeit Barwicks, diese gewinnbringend einzusetzen. Durch scheinbar bloßes Drehen an ein paar Knöpfchen ist die Amerikanerin in der Lage, ihre sensationelle Stimme aufzunehmen und an passender Stelle wieder abzurufen. Dergestalt enstehen dichte, in Watte gepackte Chorgesänge, die so engelsgleich schön sind, daß man sich im Paradies wähnt. Der gesamte kleine Keller im Pop In wurde von Julianas luftigem, cremig gerührten Gesangesorgan durchflutet und ihr ätherischer Gesang durchdrang jede Pore meines Körpers. Ein sinnliches, benebelndes Erlebnis, das lediglich durch die große Hitze ein wenig gestört wurde. Aber viele Menschen erzeugen nun einmal Wärme und ganz Indie-Paris war auf den Beinen, um zu hören und zu staunen.
Barwick setzte ihre Stimme auf unterschiedliche Weise ein. Manchmal loopte sie nur ein paar Töne, in anderen Momenten aber auch längere, konventionelle Songzeilen (aber was sang sie da bloß?), über die sie dann noch einmal drüber intonierte. Das Ergebnis war mehr oder minder experimentell, aber immer ergreifend und verblüffend. Die Gesänge schienen nicht von dieser Welt zu sein. Performt wurde überwiegend Material des neuen Albums The Magic Place aber auch Sanguine kam zu seinem Recht.
Jeder, der heute dabei war, wird bestätigen können, das dies ein ganz ganz besonderes Konzert war. Die Frau wird ihren Weg gehen, ihr Daddy muss sich keine Sorgen machen! Ace!
Vor Julianna Barwick war die aus Los Angeles stammende Chelsea Wolfe aufgetreten. Eine gothisch gekleidete Frau, die ihr Gesicht hinter einem schwarzen Schleier verhüllt hatte und rabenschwarze Musik zelebrierte. Ihre Stimme erinnerte mich an Marissa Nadler und das Ganze hatte mich so neugierig gemacht, daß ich hinterher ihre CD erwarb. Sie wird in den nächsten Tagen und Wochen noch mehrfach in Paris auftreten, dann kann ich Genaueres berichten. Nicht unterschlagen werden sollte der Gastauftritt einer weiteren verschleierten Frau am Ende des Sets von Chelsea Wolfe, die zwei sehr experimentelle Songs zum Besten gab. Bei einem Stück ließ sie eine Kassette mit russischem spoken word laufen und begleitete das Gebrabbel irgendwann mit ihrer eigenen Stimme. Ich fand's spannend, was die aus der Ukraine stammende Wahlpariserin da ablieferte. Wie sie heißt? Elena Dingenskirchen. Elena auf jeden Fall. Werde es herausfinden.
1 Kommentare :
Die Dingenskirchens sind eine alte ukrainische Familiendynastie.
Was DSDS angeht, muß ich widersprechen! Einer der Väter scheint doch noch im ganzen Geldmachtaumel Restvernunft zu haben und hat seine Tochter nach Hause geholt. Man sollte da eh mal die zuständigen Jugendämter informieren und die alle abholen lassen.
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