Konzert: Gaspar Claus, Sir Alice & Gaspar Claus, She Keeps Bees (Jessica solo)
Ort: Crêperie West Country Girl, Paris
Datum: 05.03.11 (eigentlich 06.03.11, 1 Uhr morgens)
Zuschauer: etwa 40-50 Konzertdauer: Gaspar Claus, ein Lied à 20 Minuten, Gaspar & Alice und Jessica jeweils 3 Lieder
Eine ganz spezielle Sache, diese nachmitternächtliche Session in der stimmungsvollen Crêperie West Country Girl des Bretonen Erwan Le Floch und seiner Frau Sophie!
Ich gehörte zu den Auserwählten, die eine geheime Einladunsgmail erhalten hatten, um an der privaten Veranstaltung teilzunehmen. Erwan hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, diese Mail an niemanden weiterzuleiten, keine Tweets zu versenden und auch keine Facebook-Events auszurufen. Ich hielt mich an die Vorgaben, nahm aber meinen konzertbegeisterten Freund Michael mit. Zusammen hatten wir vorher das explosive Konzert von She Keeps Bees im International gesehen und es war reichlich spät geworden. 0 Uhr 30 um genau zu sein, und die Session sollte planmäßig eigentlich um 23 Uhr 30 beginnen. Trottelig wie wir nun einmal sind, hatten wir uns glatt auch noch verlaufen und kamen erst deutlich nach 1 Uhr in der zur Konzertbühne umfunktionierten Creperie an. Hier hatten in der Vergangenheit schon Größen wie Josh T. Pearson (Foto links), Bosque Brown und sogar Micah P. Hinson akustisch vom Leder gezogen und die Geschichte in Insiderkreisen bekannt gemacht. Sogar eine Platte auf Vinyl ist schon über das flux gegründete Label erschienen und über den Konzertabend im Nouveau Casino hatte ich ja berichtet. Seitdem ist es etwas stiller um die West Country Night Sessions geworden, aber Erwan und Sophie denken gar nicht daran, aufzuhören. Josh T. Pearson ist zwar aus den über der Crêperie liegenden Räumlichkeiten ausgezogen, aber mit She Keeps Bees aus Brooklyn konnte man eine Band gewinnen, die hier die allererste West Country Night- Session überhaupt gespielt hatte.
Bevor die Bienenzüchter Jessica und Andy aber loslegten, standen erst noch andere Künstler auf dem Zettel.
Kein Geringerer als der Pariser Ausnahme- Cellist Gaspar Claus hatte den Abend mit seinem innovativen und experimentellen Stil eröffnet. Der klassisch ausgebildete Musiker ist durch Videos von der Blogothèque bekannt geworden, aber auch dadurch, daß er mit der Schwester des frankophilen Bryce "The National " Dessner liiert ist.
Was Gaspar so alles mit dem Cello anstellt, verschlägt einem glatt die Sprache. Er zupft, streicht, zwirbelt und lässt Töne erklingen, die ich in dieser Form noch nie gehört hatte. Man sah deutlich, daß er eine Symbiose mit seinem Instrument einging, es fast herzte und im Arm hielt wie eine geliebten Menschen. Zwanzig Minuten dauerte der einzige Titel, den er heute abend spielte und keiner im Raume wagte es , sich auch nur zu räuspern. Die totale Stille. Diese war allerdings auch unerläßlich, denn manchmal berührte Gaspar sein Cello nur hauchzart.
Ein bizarrer, verstörend schöner Auftritt.
Fünf Minuten später leistete ihm die blondgelockte Alice Daquet aka Sir Alice aka Viva & The Diva Gesellschaft. Die ausgebildete Naturwissenschaftlerin spielte Akustikgitarre und keifte wie zu den Hochzeiten des Grugne aggressive Töne ins Rund. Ein Mikro hatte sie nicht. Gaspar spielte Cello dazu und er und Alice ergänzten sich meisterhaft. Das Cello, die Gitarre und die tiefe Stimme von Sir Alice schufen eine düstere, aber anziehende Atmosphäre. Da es extrem spät war, schienen schon einige Leute hinwegzudämmern, aber das kurze, dreistückige Set (darunter ein Cover von k.d. Lang) hatte es in sich!
Auch Jessica Larrabee äußerte sich euphorisch und meinte Richtung Sir Alice: "My goodness, I would love to have your voice!" Sympatisch, wenn man bedenkt, daß Jessica für ihre vokalen Fertigkeiten Lobhudelei von allen Seiten (z.B. von Sharron von Etten etc.) erfährt und in der New Yorker Indieszene einen extrem guten Ruf genießt. Ihr Partner Andy saß an der Bar während sie ebenfalls drei Songs auf der Akustikklampfe performte, den letzten 'a cappela.
Inzwischen war es 2 Uhr geworden, viele Mitbürgerinnen und Mitbürger verdrückten sich, noch in der Hoffnung die letzte U-Bahn zu kriegen. Ich persönlich führte aber noch ein schönes, angeregtes Gespräch mit Jessica, bei dem ich die ganze Herzlichkeit und Warmherzigkeit der Amerikanerin erfahren durfte. Besonders der Gig im Deutschen Theater in Berlin war ihr in bester Erinnerung geblieben.
Dann war es Zeit zu gehen. Von draußen blickte ich auf den Laden und sah das obere Stockwerk in dem Jessica und Andy nächtigen würden, genau wie Josh T. Pearson damals. Nun ist der legendäre Bartträger gerade dabei, Karriere zu machen. Hier im West Country Girl werden Helden gemacht. Eine tolle Sache das, Riesenkompliment an Erwan und Sophie!
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